17.17

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Zuerst möchte ich mich beim Kollegen Loacker für sein Referat bedanken, in dem er uns chronologisch sehr schön die Causa Ischgl aufgezeigt hat und auch sehr sinnvolle und wichtige Fragen gestellt hat, die meiner Meinung nach heute nur zu einem kleinen Teil beantwortet wurden, sodass man dann wirklich gewusst hat, was genau passiert ist.

Aber wenn man als Tiroler – und ich bin ja Tiroler, wie man unschwer hören kann – die Allmacht der ÖVP in Tirol kennt – den schwarzen Filz –, dann kann es einen auch nicht verwundern, dass bei diesem Rohrer-Bericht jetzt nicht wahnsinnig Sensationelles, Neues aufgetaucht ist. (Ruf bei der ÖVP: Das ist so eine Unterstellung!) Er ist zwar sehr umfangreich, aber es wird dort vielleicht eher ein bissl nach Bauernopfern gesucht, und das ist für mich dann schon auch ein bissl der Konnex zur Bundesregierung, denn wir haben ja mittlerweile nicht nur seit einigen Jahren in Tirol Schwarz-Grün, sondern haben jetzt auch im Bund Schwarz-Grün, und dieser Filz scheint sich jetzt von Tirol auf Wien durchzuziehen. Und dass dann wenig Transparenz und wenig echte Aufarbeitung he­rauskommen, kann, glaube ich, niemanden überraschen; nur jemand, der sehr naiv ist, hätte hier etwas anderes erwartet.

Was man schon gesehen hat, ist ein Sittenbild dieser Regierung, die sich eigentlich pri­mär auf Pressekonferenzen und Marketing konzentriert und bei der halt dann echte Ar­beit sehr oft auf der Strecke bleibt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Einige Dinge möchte ich vielleicht jetzt im Laufe der Diskussion noch einmal zur Sprache bringen: diese berühmte Pressekonferenz vom 13. März, bei der wahrscheinlich nicht einmal Minister Anscho­ber – er wird es nie zugeben – darüber informiert war, dass Bundeskanzler Kurz da of­fensichtlich die Quarantäne ausruft, völlig überraschend für alle Beteiligten und selbst­verständlich auch überraschend für die Behörden in Tirol. Man muss dazusagen, da hat man auch die Behörden, die kleinen Beamten, die Bürgermeister vor Ort, schon vor voll­endete Tatsachen gestellt, ohne ihnen wirklich zu helfen. Ich sage, da muss man schon die Schuld oben suchen und nicht bei den Beamten vor Ort in Ischgl.

Was ich aber sagen darf oder sagen muss, ist: Ausbaden wird dieses ganze Ischgldi­lemma, sage ich einmal, vor allem die Bevölkerung in Tirol, vor allem jene, die vom Tou­rismus leben. Das sind in Tirol sehr, sehr viele, und die werden für dieses Fehlverhalten einerseits der Tiroler Landesregierung – mit, ganz vorneweg, Landeshauptmann Platter, aber der bekommt ja sein Fett, wie man hört, auch bei vielen Diskussionen im Tiroler Oberland bereits täglich ab, und das zu Recht – auch einmal Verantwortung einfordern, aber das wird andererseits auch im Bund irgendwann entsprechende Konsequenzen haben müssen.

Ich darf schon auch einmal sagen: Bundeskanzler Kurz fühlt sich offensichtlich für alles zuständig, aber leider Gottes für nichts verantwortlich, und er findet es auch heute nicht der Mühe wert, sich hier eine Stunde herzusetzen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Obernosterer und Pfurtscheller.) Das muss man Minister Anschober zumindest zugu­tehalten, dass er sich hersetzt, aber Bundeskanzler Kurz scheint, wenn es irgendwie einmal spannend wird, dann immer weg zu sein. (Abg. Pfurtscheller: Die Anfrage ist ja nicht an ihn gerichtet!)

Was ich auch vermisst habe, ist ein, ich sage einmal, runder Tisch mit allen Beteiligten, wo man sich auch einmal entschuldigt hätte oder versuchen hätte sollen, eine Lösung zu finden, Entschädigungszahlungen anzubieten oder sonst etwas, weil der Kollateral­schaden für Tirol und für den ganzen Tourismus in Österreich natürlich ein ganz massi­ver ist; und die anhängigen Klagen hören ja nicht von selber auf, wie wir alle wissen.

Herr Minister Anschober, was Sie jetzt natürlich schon auch ein bisschen sanft ver­schwiegen haben, das sind diese Tage des 4. März, 5. März und die danach folgenden, an denen ja die ersten Meldungen von den Behörden aus Island beim Gesundheitsmi­nister eingetrudelt sind, woraufhin nichts passiert ist, außer dass das nach Tirol mehr oder weniger weitergeschickt und gesagt wurde: Ja, Tiroler, macht, was ihr wollt, das geht mich mehr oder weniger nichts an! – Da sind sehr, sehr schwere Versäumnisse passiert. Man darf sich auch nicht wundern, dass dann über 10 000 Personen ausgereist sind – wir haben ungefähr von einem Viertel davon die jeweiligen Ausreisedaten. Wer an diesem Wochenende in Tirol unterwegs war – und ich war es, auch am Flughafen –, der weiß, was sich da abgespielt hat. Das waren eigentlich filmreife Hollywoodszenen, würde ich einmal sagen.

Herr Minister, eine Antwort, die Sie bis heute auch schuldig geblieben sind, ist: Sie haben nicht genau gesagt, ob Sie dann auch – denn Sie haben ja am 5. März die genauen Namen der Betroffenen inklusive Hotels erfahren – die betreffenden Staaten, aus denen diese Gäste gekommen waren, entsprechend informiert haben. Diesbezüglich habe ich nichts gehört.

Interessant ist – und das ist jetzt auch schon einige Male aufgepoppt, dieser Sache sollte man nachgehen –, dass in den Protokollen des Krisenstabs in dieser Woche das Wort Ischgl offensichtlich nicht einmal vorkommt, wenn man diesen Protokollen trauen darf – außer die Protokolle wurden gefälscht, was ich aber in Österreich, obwohl ich ja einiges gewohnt bin, dann doch nicht annehme.

Ja, Ischgl wird uns, glaube ich, noch eine Zeit lang beschäftigen. Wie gesagt, der Scha­den ist angerichtet, und die Verantwortung für den Schaden liegt für mich schon primär, ich sage es auch noch einmal ganz deutlich, beim Gesundheitsminister und beim Bun­deskanzler, die da etwas in Gang gesetzt haben, ohne die Konsequenzen durchzuden­ken – Konsequenzen, mit denen dann in letzter Konsequenz der kleine Hotelier und Gastronom und Zulieferer in Tirol werden leben müssen.

Wir haben ja heute von einigen auch ausführliche Geschichten zum Thema Covid oder Corona gehört. Ich darf vielleicht, nachdem ich jetzt auch schon sieben Monate mit dem Thema beschäftigt bin und im Gesundheitsausschuss von Ihnen auch nicht immer be­friedigende Antworten bekommen habe, schon auch noch einmal ganz kurz zusammen­fassen:

Fragestellung: Ist dieses Coronavirus jetzt mehr oder weniger ein Killervirus – Fragezei­chen –? Antwort, ganz deutlich: Nein! Trotz dem, was Sie seit März der Bevölkerung vermitteln – und nicht nur Sie, dieser Irrsinn passiert ja in der halben Welt ‑: Dieses Kil­lervirus ist von den Zahlen her einfach nicht nachzuweisen. Punkt, aus, amen. Das be­sagen alle Zahlen, die man sich anschauen kann. (Abg. Pfurtscheller: ... die Steigerung von blöd!) Es ist nicht das Killervirus, das Sie uns seit Anfang des Jahres verkaufen wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Pfurtscheller: ... die Steigerung von totaler Blöd...!)

Vielleicht am Rande vermerkt, Frau Kollegin Schwarz: Auch in Ihrer Fraktion haben es die vier Abgeordneten ganz gut überstanden. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) Ich habe gesehen, auch der Kollege, der letzte Woche noch sehr schwer geschnauft hat, war heute schon gut bei Stimme und Stimmung, und es scheint ihm wieder besser zu gehen. Das freut mich auch für die ÖVP.

PCR-Tests: Sind sie zuverlässig? Was sagen sie aus? – Großes Fragezeichen. Das wä­re ein Thema für eine eigene Diskussionsstunde.

Kommen wir zur Dunkelziffer! Wie hoch ist die Dunkelziffer? (Zwischenrufe der Abge­ordneten Weratschnig und Lukas Hammer.) Da darf ich vielleicht einen kleinen Rekurs zu Ischgl machen. So viel wissen wir ja zumindest aus den Medien – denn den offiziellen Ischglbericht, was die Gesundheitsdaten betrifft, ist der Minister diesem Parlament bis heute schuldig –: 42 Prozent der Ischgler haben Antikörper. Das heißt, für das halbe Dorf dürfte die Geschichte erledigt sein. Man kann auch darauf hinweisen: Wenn Sie heuer im Winter sicher Urlaub machen wollen, dann fahren Sie nach Ischgl! Dort haben Sie die größte Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Virus nicht erwischt, weil das halbe Dorf bereits immun ist. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kommen wir jetzt zur Herdenimmunität, einem auch beliebten Thema: Die Schweden haben das ja ketzerischerweise ins Spiel gebracht. Es spricht ja heute kaum noch je­mand sehr gerne über Schweden. (Abg. Gabriela Schwarz: 6 000 Tote, Herr Kollege!) Die Frage wird sein: Wann kommen wir zu dieser Herdenimmunität? (Abg. Gabriela Schwarz: 6 000 Tote bei zehn Millionen Einwohnern!) Auch was die Fragestellung Imp­fung und natürliche Immunität betrifft: Es kommt mir ja schon so vor, als werde den Imp­fungen, die jetzt in Milliardenanzahl auf uns zurollen – weshalb sich einige Pharmafirmen die Hände reiben –, ein höherer Wert beigemessen als einer natürlichen Immunität, wie sie eben zum Beispiel 42 Prozent der Ischgler bereits haben. – Auch ein Fragezeichen; ich freue mich auf weitere Diskussionen.

Dann auch zum Gesundheitssystem in Österreich – man kann es noch einmal sagen, es war aber vom Start weg bereits Ende März, Anfang April klar –: Das Gesundheitssys­tem in Österreich ist dank der vielen Steuerzahler der letzten Jahrzehnte so gut aufge­stellt, dass es mit dieser Covid-Geschichte leicht zurande kommt. Wir haben nicht einmal annähernd irgendwelche Kapazitätsgrenzen erreicht, und ich darf es noch einmal erwäh­nen – ich habe es auch letztes Mal gesagt –: Mit dem, was Sie damals an die Wand gemalt haben – und ich kann mich noch sehr gut an Ihre Worte hier im Haus erinnern –, haben Sie allen Angst gemacht. Sie haben gesagt, die Beatmungsgeräte werden ausgehen, so nach dem Motto: Jetzt müssen wir irgendwo noch 10 000 Beatmungsgeräte kaufen, denn sonst bricht alles zusammen. Davon spricht jetzt kein Mensch mehr, weil man fest­gestellt hat, dass Intubieren die schlechteste aller Ideen ist und dass wir auch niemals ein Problem in diese Richtung hatten.

Und was Maßnahmen betrifft: Großes Fragezeichen. Alles, was Sie an Maßnahmen ge­setzt haben, war mit Kollateralschäden in der Wirtschaft, im sozialen, aber auch im ge­sundheitlichen Bereich verbunden, Kollateralschäden, die uns einige Sitzungen hindurch abendfüllend beschäftigen würden.

Ich möchte zum Schluss noch einen Satz sagen, der mir auch mit Blick auf die Phasen des Lockdowns – weil ja hier immer ein zweiter Lockdown im Raum steht – wichtig ist. Ich kann mich noch gut erinnern: Wenn ein 97-Jähriger an oder mit Covid gestorben ist, dann war das eine Schlagzeile in der Presse wert. Wenn aber im damaligen Zeitraum im Jugendschutzbereich Kinder vernachlässigt wurden, weil das ganze System zusam­mengebrochen ist, weil keiner mehr nachgeschaut hat, was in Problemfamilien passiert, dann war das in Österreich nicht einmal eine Fußnote wert. Das sind meiner Meinung nach die falschen Prioritäten, die da gesetzt wurden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Ottenschläger hat sich zu einer tat­sächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.