17.44

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Herr Gesund­heitsminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Im Gesundheitswesen sind, wie wir wissen, Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Das passiert in mit­telbarer Bundesverwaltung und funktioniert so, dass die Hauptverantwortung der Minis­ter trägt und die Vollziehung durch die Landeshauptleute und die Behörden, die ihnen unterstellt sind, erfolgt.

Das ist ein System, das es in Österreich in ganz, ganz vielen Materien gibt und das sich gut bewährt hat. Dass es natürlich in so einem Sonderfall nicht immer einfach ist, von oben nach unten alle Informationen durchzubringen, hat uns der Bericht gezeigt. Der Bericht der ExpertInnenkommission hat das aufgezeigt, hat es zum Glück aufgezeigt. Er hat aufgezeigt, dass verbesserungswürdige Umstände vorlagen, und das ist auch gut so.

Es hat sich auch gezeigt, dass wir natürlich eine Novellierung des Epidemiegesetzes brauchen – das wissen wir eigentlich seit Februar/März. Aber: Wir haben jetzt eine Pan­demie! Wir sind mitten in einer Pandemie, und zwar in einer, wie wir sie seit 100 Jahren nicht hatten. Natürlich haben wir die Notwendigkeit dieser Novellierung erkannt, jetzt ist aber nicht der Zeitpunkt, an dem wir diese Änderungen vornehmen können.

Stellen Sie sich vor, Sie sind mit dem Rad unterwegs und Sie merken, Sie haben einen Patschen. Dann ist es notwendig, stehen zu bleiben und den Schlauch zu wechseln. Man kann nicht einfach weitertreten und hoffen, dass es eh geht und dass das eh nicht ganz kaputt wird, man muss stehen bleiben und den Reifen wechseln. Dafür braucht man Zeit, diese Zeit haben wir jetzt aber nicht. Was haben wir also gemacht? – Wir sind abgestiegen und sind gegangen.

Das heißt, wir haben nicht das Epidemiegesetz novelliert, sondern wir haben ein COVID-19-Maßnahmengesetz gemacht, und zwar einvernehmlich und alle gemeinsam, weil wir wussten, dass es nicht möglich ist, jetzt einen großen Wurf zu schaffen, der für alle Fälle Vorkehrungen trifft, das Gesetz so zu bereinigen und zu reparieren, dass es wieder in allen Fällen ein gutes Mittel zur Bewältigung solcher Krisen ist. Wir haben ein Hilfsmittel gebraucht, und das war zu diesem Zeitpunkt die richtige Maßnahme.

Die Evaluierung kommt am Ende, und da sind wir noch lange, lange nicht angelangt. Wir sind mitten drinnen in der Pandemie, wir sind mitten drinnen in der Krise. Ischgl konnte jetzt evaluiert werden, weil dort eine abgeschlossene Situation vorlag.

Die Expertenkommission – und sie heißt wirklich Expertenkommission, obwohl dort auch eine Virologin und eine Touristikerin drinsitzen, aber das ist halt Tirol – hat festgestellt, dass es dort Mängel gegeben hat, und darauf kann man reagieren. Das kann man mit­nehmen in die jetzigen Prozesse und in das, was wir jetzt zu tun haben, aber wir sind noch nicht am Ende der Gesamtsituation. Wir können auch noch nicht vergleichen, wel­che Maßnahmen international besser oder schlechter gewesen wären, weil wir noch nicht wissen, wie sich die Maßnahmen, die in anderen Ländern gesetzt wurden, am Ende ausgewirkt haben werden.

Das alles brauchen wir aber! Wir brauchen diese Informationen, wir brauchen diese Er­kenntnisse, diese Erfahrungen, um etwas richtig Gutes zu schaffen. Wir können das Ge­setz, das natürlich, wie wir alle wissen, geändert gehört, nur dann ändern, wenn wir alle notwendigen Informationen haben.

Wir müssen jetzt diese Krise bewältigen. Wir müssen das mit den Mitteln tun, die uns jetzt zur Verfügung stehen, und dafür haben wir hier – wir alle gemeinsam im Übrigen – die Möglichkeit gewählt, das COVID-19-Maßnahmengesetz zu beschließen. Die Verun­sicherung ist nicht dadurch entstanden. Verunsicherung entsteht auch nicht dadurch, dass die Bevölkerung laufend über alle neuen Fakten und über alle Änderungen infor­miert wird. Die Verunsicherung entsteht dadurch, dass ständig auch hier in diesem Ho­hen Haus alternative Fakten präsentiert werden. Das verursacht die Verunsicherung!

Die Verunsicherung entsteht auch nicht dadurch, dass Anfragen beantwortet werden. Sie haben eine umfangreiche Anfrage mit insgesamt 155 Detailfragen gestellt, und noch während diese Anfrage beantwortet wurde, noch während der Herr Gesundheitsminister gesprochen hat und jede einzelne Ihrer Fragen im Detail, gut recherchiert und mit Fakten unterlegt beantwortet hat, haben Sie schon getwittert: Das dauert alles viel zu lange und auch so kann man die lästige Opposition stillreden! (Abg. Meinl-Reisinger: Sie haben die entscheidenden Fragen nicht beantwortet! – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.) – Also was wollen Sie denn?

Wollen Sie Informationen oder wollen Sie einfach nur die Öffentlichkeit mit Fragen unter­halten? (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!)

Eine Änderung des Epidemiegesetzes ist notwendig und sie ist sinnvoll. Wir werden sie auch machen, wenn uns alle Fakten vorliegen, und ich hoffe, wir können das alle ge­meinsam machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

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