17.58

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir wissen, dass wir keine tatsächliche Berichtigung von einer tatsächlichen Berichtigung machen können, aber, Herr Loacker, ich möchte das hier schon richtigstellen: Sie behaupten, Kollegin Hebein hätte gesagt, sie kann sich einen zweiten Lockdown vorstellen. Richtig ist aber, dass sie gefragt wurde, ob sie sich das vorstellen kann, und mittels Taferl hat sie Ja gesagt, mit dem Zusatz, dass sie sich das vorstellen kann, dass es aber umso wichtiger ist, dass wir ihn mit vernünftigen Maßnahmen und aller Anstrengung verhindern. (Zwi­schenruf und Heiterkeit bei FPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Wurm.) Wenn Sie gerne zitieren, dann bitte richtig. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Wurm, zu Ihnen komme ich gleich. (Abg. Loacker: Sie hat Ja gesagt! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was ich zuerst positiv erwähnen möchte – das sehen wir sicher ganz anders (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) –, ist der Ischglbericht, denn der Bericht klärt das Ganze offen, schonungslos und lückenlos auf (Zwischenrufe bei der SPÖ) und ist auch vollkommen transparent präsentiert worden. Da ist von der Expertenkommission sehr gute Arbeit geleistet worden.

Ja, Herr Wurm, Sie sehen das anders, aber in Ihre Richtung würde ich auch gerne noch etwas sagen. Ich bin froh, dass Sie jetzt, während der größten Pandemie, nicht mehr Teil der Regierung sind, denn wenn ich jetzt auf Social Media und so weiter schaue, was da an Verschwörungstheorien von der FPÖ Nahestehenden oder von FPÖ-Funktio­närInnen verbreitet wird, ja dann halleluja! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Zurück zum Aufdecken statt zudecken: Der Bericht ist auch für das Fehlermanagement wichtig, denn – unsere Klubobfrau hat es angesprochen – Fehler zuzugeben ist nicht einfach. Niemand hier herinnen tut sich leicht, Fehler zuzugeben. Das Fehlermanage­ment in der Politik ist sehr mangelhaft, darum ist es sehr wichtig, dass da Pionierarbeit geleistet wird und dass man einfach sagt: Ja, das ist nicht so gut gelaufen, ja, das hätte man besser machen können!, und sich sogar entschuldigt. Das ist für unsere politische Kultur sehr, sehr wichtig, und dafür möchte ich mich auch bei unserem Minister bedan­ken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sprechen wir aber über Ischgl, dann kommen wir über kurz oder lang nicht daran vorbei, darüber zu sprechen, welche Ausmaße der Wintertourismus angenommen hat. Viele werden sich an die ORF-Dokumentation zu Ischgl erinnern können – falls sie sie gese­hen haben – und waren wahrscheinlich einigermaßen erstaunt, denn wenn ernsthaft da­rüber geredet wird, dass Pinguine zur Gaudi für TouristInnen nach Ischgl gebracht wer­den, dann frage ich mich schon, ob das nicht spätestens dann eindeutig in eine falsche Richtung geht. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Leichtfried.)

Kollege Hörl, Sie können die tatsächliche Situation jetzt nicht leugnen und sagen, dass es in Ischgl mit der Wintertourismusindustrie keinen Ballermann oder sonst irgendetwas gibt. Natürlich gibt es den, das wissen wir ja alle, und genau darum ist es wichtig, dass wir uns den Wintertourismus genauer anschauen. Und ja, natürlich schaut der Wintertou­rismus aufgrund der Covid-Zeit und aufgrund der Reisewarnungen nicht rosig aus.

Ich möchte jetzt aber einen Schritt zurückgehen und den Wintertourismus anschauen, wie er davor war. Wir wissen, spätestens auch seit der Covid-Krise, dass die Branche trotz der Boomzeiten hoch verschuldet ist. Beim Wachstumswahn, gekoppelt mit dem gegenseitigen Konkurrenzdruck und dem Dogma, immer und immer größer werden zu müssen, frage ich mich schon, wohin das führen soll. Wir müssen von diesem Wettrüsten in den Alpen wegkommen. Der Tourismus muss sich grundlegend verändern, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Die Bevölkerung, gerade in Vorarlberg, Tirol und Salzburg, hat den Wachstumswahn im Tourismus lange mitgetragen, aber mittlerweile leidet die Bevölkerung zum Teil auch darunter. Wenn man sich das anschaut: einheitliche Chalet­dörfer, Verkehrschaos, überteuerte Wohnungspreise, Ballermann in den Alpen fernab von der ursprünglichen Vorstellung, in den Alpen Urlaub zu machen. Das hat sich zum Teil auch zum Gegenpol der Bevölkerung entwickelt, und das müssen wir ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist letztlich eine Abwärtsspirale, ein Wettrennen gegen die Zeit, wovon nur wenige profitieren, worunter aber viele leiden. Wir brauchen weder ein Disneyland in den Alpen mit Nachbildungen – und das gibt es tatsächlich – von Pamela Andersons Brüsten, auf denen man Skifahren kann – es gab Ideen dazu –, noch Pinguine in Ischgl (Zwischenruf des Abg. Wurm) oder irgendwelche weggesprengte Berggipfel, um noch eine Piste mit Kunstschnee zu errichten. Wir brauchen keine Massenabfertigungen mehr! Unser Win­tertourismus wird langfristig nur dann funktionieren, wenn die Natur nicht darunter leidet, die Bevölkerung davon profitiert und Wertschöpfung erzielt wird. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Leichtfried.)

Fehlermanagement braucht es auch in der Tourismuspolitik und im Wintertourismus. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Leichtfried. – Abg. Leichtfried: Das war die passende Antwort auf Kollegen Hörl!)

18.04

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeord­nete Selma Yildirim zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.