18.05

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Ministerin! Hohes Haus! Man hat nach sieben Monaten oft auch nicht mehr die richtige Einschätzung, wann wir was gewusst haben, wie der Wissensstand war. Viel­leicht einmal meine persönlichen Erlebnisse: Ich bin am 20. Februar von Wien nach Rom geflogen, und als wir am Flughafen in Rom gelandet sind, waren dort schon Thermo­scans vorgeschrieben und wir wurden am Flughafen registriert. Am gleichen Wochenen­de am Sonntag ist dann ein Zug aus Rom über den Brenner gefahren, in dem zwei Ver­dachtsfälle waren, und der Herr Innenminister hat den Zug noch vor der Grenze anhalten lassen. Die Verdachtsfälle haben sich zum Glück als unbegründet erwiesen, man hat die Menschen registriert, man hat Contacttracing gemacht.

Das Problem dieser Regierung ist, dass sehr viel Show gemacht wird, denn als ich am gleichen Abend in Wien am Flughafen gelandet bin, war genau gar nichts. Das heißt, der Flieger aus Rom konnte ungehindert landen, es wurden keine Personen kontrolliert, es wurde kein Fieber gemessen, gar nichts. Ich glaube, das Thema ist, dass man – ge­rade auch in den größeren Parteien – Mechanismen hat, die gut trainiert sind, wenn es den Feind von außen betrifft; aber wenn es dann darum geht, vielleicht im eigenen Land hinzuschauen, dann ist es anders. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe noch die Worte von Herrn Landeshauptmann Platter im Ohr, als er im Wahl­kampf 2013 plakatiert hat: Wir wollen „keine italienischen Verhältnisse“. Am 23. Februar hat es in Venedig zwei Coronafälle gegeben und aufgrund dieser zwei Coronafälle wurde der gesamte Karneval in Venedig abgesagt. Wenn man dieses Wissen von damals auf jetzt umlegt, was heißt das für Ischgl? Welche Konsequenzen hätte es mit diesem Wis­sensstand und mit dieser Konsequenz, die Italien in der Coronabekämpfung bewiesen hat, gegeben?

Beim Durchschauen der Akten habe ich ein Bild von Mister Bean vor mir gehabt (Zwi­schenruf des Abg. Martin Graf) – ich weiß, die Jüngeren kennen ihn wahrscheinlich we­niger, aber die Älteren kennen ihn noch sehr gut (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) –: Mister Bean hat auf sehr einfache Art und Weise versucht, sein Zimmer neu auszumalen. Er hat in die Mitte des Raumes eine Farbdose gestellt, dann einen Schweizer Kracher mit angezündeter Zündschnur hineingeworfen und die Tür geschlossen. – So ähnlich war auch die Situation in Ischgl. Jeder hat ge­wusst: Das ist gefährlich. Jeder musste mit dem Wissensstand von damals wissen, dass man hinsichtlich dessen, welche Maßnahmen in Ischgl gesetzt werden, vorsichtig vorge­hen muss.

Man kann es bei Mister Bean als lustig empfinden, dass dieser natürlich genau in dem Moment die Tür aufreißt, in dem die Farbdose explodiert. Bei ihm war es ein Mantel, den er im Zimmer vergessen hat. Was aber war der Grund, warum man in Ischgl unkontrol­liert die Tür geöffnet hat? (Beifall bei der SPÖ.) – Der Grund war das große Ego unseres Herrn Bundeskanzlers. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Er hat es nicht ausgehalten, dass der Bezirkshauptmann, so wie es eigentlich vorgeschrieben wäre, und was, wie ich glau­be, in dieser Situation auch angemessen gewesen wäre, diese Schließung veranlasst hätte, sondern er musste es medienwirksam verkünden. Wir haben schon darüber disku­tiert, dass das nicht geordnet passiert ist, es ist Chaos ausgebrochen.

Man kann jetzt natürlich fragen, warum wir den Bundeskanzler kritisieren, wenn doch der Herr Minister hier sitzt, und ich glaube, diese Kritik, die man an den Bundeskanzler richtet, kann man durchaus auch an den Minister richten. Denn wenn man dieses Bild der geschlossenen Tür nimmt, dann bist du (in Richtung Bundesminister Anschober) daneben gestanden, du hast gewusst, das ist gefährlich, diese Tür sollte nicht geöffnet werden, aber du hast es zugelassen. Du hast zugelassen, dass diese Tür aufgeht und das Coronavirus unkontrolliert nach Europa entsendet wird. Das ist damals passiert.

Und ja, es ist generell nicht alles richtig gelaufen, denn wenn ein Bürgermeister eine Verordnung zwei Tage nicht aufhängt, dann ist das kein Kavaliersdelikt. Nein, es wurde auf diese Krise nicht rechtzeitig reagiert, man hat zugewartet; auch das ist Realität.

Vielleicht noch zum Schluss: Ich weiß nicht, wer heute in der Früh das „Morgenjournal“ gehört hat. Dort hat eine Betroffene darüber gesprochen, wie es ihr nach dem Ableben ihres Gatten geht. Und ja, aus konsumentenschutzpolitischer Sicht sind da noch Forde­rungen offen. Es wird Verfahren geben, es wird Klagen geben, es wird Urteile geben.

Lieber Rudi, weißt du, was diese Frau aber eigentlich am liebsten gehabt hätte? – Der Schaden kann mit keinem Geld der Welt wiedergutgemacht werden, aber man könnte sich bei den Menschen für den Schaden entschuldigen, den man durch ein nicht richtiges Vorgehen angerichtet hat. Ich weiß, dass du erst in zweiter Linie dafür verantwortlich bist, entschuldigen müsste sich in dieser Situation der Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte.