11.30

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Vor allem aber: Geschätzte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Sie sind es, über deren Geld wir heute reden. Es macht ein bisschen den Eindruck, als redeten wir über das Geld dieser Regierung – vor allem der ÖVP –, das verteilt wird, aber Sie sind es, die dieses Geld zur Verfügung stellen, und Sie sind es, die im Endeffekt diese Schulden, die heute verteilt werden, wieder werden bezahlen müssen – das ist der Punkt.

Ich kann Ihnen Ihr Budget gerne zusammenfassen, liebe ÖVP und lieber Herr Finanz­minister: Es ist eine Nullnummer und eine Bestätigung dessen, mit welchem Selbst­verständnis die ÖVP die Republik als Selbstbedienungsladen sieht, dieses Geld der Steuerzahler in ihre Strukturen, in ihre Vereine hineinschiebt und damit ihre Politik macht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, Herr Minister, haben gestern gesagt: Dieses Budget ist in Zahlen gegossene Po­litik. – Ich sage Ihnen, was dieses Budget ist: Dieses Budget ist eine in Zahlen gegos­sene Zusammenfassung Ihrer Pressekonferenzen – nichts anderes. Sie haben die Pres­sekonferenzen der letzten Monate, in denen Sie der österreichischen Bevölkerung einen Bären nach dem anderen aufgebunden haben, in diesem Budget zusammengefasst – das ist dieses Budget.

Sie haben die Chance vertan, jegliche Reformen einzuleiten: Sie haben die Chance vertan, die Krise zu nutzen, um Föderalismusreformen, Strukturreformen und eine wei­tere Umsetzung der Steuerreform einzuleiten. Das, was Sie heuer vorgezogen haben, war ein erster kleiner Schritt einer Steuerreform, die unser Staatssekretär Hubert Fuchs ausgearbeitet hat, und Sie haben es verabsäumt, in dieser Krise die Steuerreform umzusetzen und weitere Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns an – das ist heute schon erwähnt worden –, wie Sie mit dem Föde­ralismus und unserer staatspolitischen Verantwortung, die Sie immer so hervorstreichen, umgehen, wie Sie die Gemeinden und Länder in Ihrem Budget und in Ihren Überle­gungen behandeln! Sie wissen genau, dass die Einnahmenausfälle der Gemeinden in einer Größenordnung von 2 Milliarden Euro liegen. Das kommunale Investitionspaket war ein Antrag der ersten Stunde von uns – das war in Ordnung, das war ein Paket für die Wirtschaft, damit Geld in die Wirtschaft fließt. Das fließt jetzt auch nicht, wie Kollege Muchitsch schon gesagt hat, weil Sie die Kriterien falsch aufgestellt haben. Das haben wir auch kritisiert.

Den Gemeinden gehen heute noch 2 Milliarden Euro ab. Wie sollen sie die fehlende Infrastruktur vor Ort aufrechterhalten? Was machen wir als nächstes? Schließen wir die Schulen, schließen wir die Kindergärten? – Sie haben es ja heute schon getan: Sie haben gestern einen zweiten Lockdown ausgeschlossen, jetzt schließen Sie in Kuchl alles. Sie sperren die Schulen zu, Sie sperren die Kindergärten zu, die Betriebe werden geschlossen. Gestern haben Sie noch gesagt, Sie schließen einen zweiten Lockdown aus. Herr Minister, Sie werden dieses Budget schneller wieder in den Mistkübel werfen müssen, als Ihnen lieb ist.

Schauen wir uns noch einmal die Konstrukte an, die Sie verwenden, um Ihre Parteipolitik umzusetzen! Nehmen wir einmal die Wirtschaftskammer her: Die Wirtschaftskammer weigert sich seit Anfang der Krise, ihren Unternehmern – sie ist die Interessenvertretung der Unternehmer – mit dem Geld, das die Unternehmer dort eingezahlt haben, zu helfen. (Abg. Kirchbaumer: Stimmt ja gar nicht!) Am Anfang war die große Aussage: Die Wirtschaftskammer wird das alles schaffen, sie hat die Kapazität, sie kann das um­setzen, man wird auf die Rücklagen zurückgreifen, die Grundumlage wird nicht einge­hoben. – Was passiert jetzt? – Die Grundumlage wird vorgeschrieben, und wir machen eine Querfinanzierung über das Budget. Sie greifen schamlos in das Budget hinein und finanzieren die Wirtschaftskammer quer über das Budget. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Unglaublich!)

Ich habe mir das Budget im Wirtschaftsbereich angeschaut: Da sind noch einmal 12 Mil­lionen Euro drinnen und noch einmal 1,2 Millionen Euro für eine Digitalisierungsagentur, die wiederum in die Wirtschaftskammer hineingeschoben wird. Von der Cofag reden wir gar nicht: 18 Milliarden Euro des österreichischen Staatsbudgets schieben Sie in eine Gesellschaft namens Cofag, die der parlamentarischen Kontrolle völlig entzogen ist. Das hat es in dieser Republik noch nie gegeben – das muss man auch einmal sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, Sie schreiben auf der zweiten Seite der Budgetrede: „Es gilt das ge­sprochene Wort.“ Jetzt hätte ich fast das gebrochene Wort gesagt. „Es gilt das ge­sprochene Wort“ – bei euch, der ÖVP, bei Ihnen, Herr Minister? Von wem gilt das gesprochene Wort? (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Sie haben uns vor zwei Jahren noch versprochen: Es wird keine Erhöhung des EU-Budgets geben, wir werden bei unserem Beitrag von 1 Prozent des BIP bleiben. – Heute sind wir in der Situation, dass wir jedes Jahr 400 Millionen Euro mehr nach Brüssel zahlen werden. Was zählt Ihr Wort, Herr Minister? Was zählt Ihr Wort am Ende des Tages? Was soll man davon halten?

Ihr Budget erinnert mich ein bisschen an ein Stammbuch. Sie haben ja mehrere Zitate drinnen – eines hat unser Klubobmann schon erwähnt –: Schuldenleugner sind Klima­leugner, „es gilt das gesprochene Wort“, und so weiter. Ich schreibe Ihnen jetzt auch etwas in Ihr Stammbuch, das ganz gut zu Ihnen passt, Herr Minister: Theodor Heuss, den ich hiermit zitiere, sagt: Wer immer die Wahrheit sagt, kann sich ein schlechtes Gewissenleisten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.35

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.