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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

57. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 15. Oktober 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

57. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode        Donnerstag, 15. Oktober 2020

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 15. Oktober 2020: 9.05 – 13.28 Uhr

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Tagesordnung

Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021) samt Anlagen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Ordnungsruf .................................................................................................................... 15

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wor­tung 2909/AB gemäß § 92 Abs. 1 GOG ...................................................................................................................... 9

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a GOG ............................................... 63

RednerInnen:

Andreas Kollross .......................................................................................................... 64

Ing. Manfred Hofinger .................................................................................................. 66

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ......................................................... ..... 69

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ..... 70

Erwin Angerer ......................................................................................................... ..... 71

Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. ..... 72

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 73

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG             ................................................................................................................................. 9

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried betreffend üblichen Ver­lauf einer kurzen Debatte über eine Anfragebeantwortung ....................................................................... 68


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 2

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 8

Ausschüsse

Zuweisungen .............................................................................................................  8, 63

Verhandlungen

Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021) samt Anlagen (380 d.B.) .............................. 10

RednerInnen:

August Wöginger .................................................................................................... ..... 10

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .................................................................................. 13

Herbert Kickl ............................................................................................................ ..... 15

Sigrid Maurer, BA ................................................................................................... ..... 19

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ..... 21

Gabriel Obernosterer .............................................................................................. ..... 23

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 25

MMag. DDr. Hubert Fuchs ...................................................................................... ..... 26

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................. ..... 29

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 31

Angela Baumgartner .............................................................................................. ..... 33

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 35

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ..... 37

Dr. Gudrun Kugler (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 38

Lukas Hammer ........................................................................................................ ..... 38

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 40

Peter Haubner ......................................................................................................... ..... 42

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ..... 44

Erwin Angerer ......................................................................................................... ..... 46

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. ..... 47

Mag. Martina Künsberg Sarre ............................................................................... ..... 48

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ...................................................................... ..... 49

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 51

Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... ..... 53

Bedrana Ribo, MA ................................................................................................... ..... 54

Michael Bernhard .................................................................................................... ..... 56

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ..... 57

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................................................ ..... 59

Hermann Brückl, MA .............................................................................................. ..... 61

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ ..... 62

Zuweisung der Regierungsvorlage 380 d.B. an den Budgetausschuss ....................... 63

Eingebracht wurden

Petition ............................................................................................................................ 8

Petition betreffend „Platz frei! Mehr Platz bei SchülerInnentransporten im Gelegen­heitsverkehr“ (Ordnungsnummer 43) (überreicht von den Abgeordneten Andreas Kollross und Maximilian Köllner, MA)

Anträge der Abgeordneten

Mag. Gerald Loacker, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung der Freibeträge für Auslandspensionsbezieher (959/A)(E)


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Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eigenkapital steu­erlich gleichstellen (960/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mobilisierung von Spenden für Bildung (961/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zweiten Lockdown ausschließen – Planungssicherheit für die Wirtschaft herstellen (962/A)(E)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Umsetzung des Projekts einer gemeinsamen Internen Revision der Bundesmuseen (963/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsord­nungsgesetz 1975), geändert wird (964/A)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Zuwan­derung in unser Sozialsystem (965/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Gurgelsong ein Marketingschmäh? (3750/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Jedes Video kann eine Lüge sein: Deepfakes bei Videoüberwachung (3751/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Datenleck Tirol Kliniken (3752/J)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Folgeanfrage – Fragwürdige Studie des ÖIF zu „Sozialen Brenn­punkten“ und Integration (3753/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Ist das vorhandene Gesund­heits­beruferegister als Planungsinstrument in der Pflege hinreichend ausgestaltet?“ (3754/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Projekt ,Edelstein‘ – geplante (Teil)Privatisierung des Bundesrechen­zen­trums“ – Nachfragen (3755/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionskonto: Gesamtgut­schriften 2019 (Folgeanfrage) (3756/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionskonto: Beitragsgrund­lagen von 1970 bis 2019 (Folgeanfrage) (3757/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ausschreibung und Betrauung Leitungs­funktionen (3758/J)


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Michael Seemayer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Rechtsberatung für Asylwerbende/Fremde (3759/J)

Michael Seemayer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Zugang zur gewerblichen Berufsausübung (3760/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Bundesminister Anschobers „Stopp-Corona App“-Verfahren vor der Daten­schutz­behörde (3761/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „rechtliche Anpassungen“ durch die Stopp-Corona Plattform (3762/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Zunahme der psychischen Erkran­kungen seit dem Corona-Lockdown (3763/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Migrationskosten (3764/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ver­kehrs­knotenpunkt Gösting (3765/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Stopp der Lebensmittel­verschwendung (3766/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Stopp der Lebensmittelverschwen­dung – Folgeanfrage (3767/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3768/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3769/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3770/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3771/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3772/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3773/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3774/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3775/J)


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Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend nachteilige Verwal­tung des Personalakts (3776/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­ver­teidigung betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3777/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend nachteilige Verwaltung des Personalakts (3778/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend nachteilige Verwaltung des Per­sonalakts (3779/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Einmietung der Sozialversiche­rungs­träger und Ihren Einrichtungen in Gebäuden von Dritten (3780/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend nach­teilige Verwaltung des Personalakts (3781/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3782/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend durchgeführte Corona Testun­gen in Ihrem Ministerium (3783/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3784/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend durchgeführte Co­rona Testungen in Ihrem Ministerium (3785/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3786/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3787/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3788/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3789/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3790/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3791/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3792/J)


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Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3793/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3794/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend durchgeführte Corona Testungen in Ihrem Ministerium (3795/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend durchgeführte Corona Testungen im Bundeskanzleramt (3796/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend die unbeantworteten Fragen des Bundeministers für Finanzen über Bereich „Kosten der Justiz“ (3797/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Ermöglichung des Zugangs zur Schwerarbeiter­regelung für Justizwachebeamte (3798/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Ermöglichung des Zugangs zur Schwerarbeiterregelung für Justizwachebeamte (3799/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Burgenland (3800/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Kärnten (3801/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Niederösterreich (3802/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Oberösterreich (3803/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Salzburg (3804/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Steiermark (3805/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Tirol (3806/J)


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Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Vorarlberg (3807/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-19 bei Exekutivbeamten und Vertragsbediensteten der Landespolizeidirektion Wien (3808/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Republik Österreich als Gläubiger (3809/J)

*****

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend durchgeführte Corona Testungen im Parlament (18/JPR)

Anfragebeantwortung

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3113/AB zu 3103/J)

 

 

 

 


 

 


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09.05.10Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.11*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordneten! Ich darf Sie am zweiten Sitzungstag zur 57. Sitzung des Nationalrates, die ich hiermit eröffne, recht herzlich begrüßen.

Ich begrüße den Herrn Bundesminister für Finanzen. Ich begrüße die Damen und Herren der Presse und vor allem unsere Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fern­sehgeräten.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Alexan­der Melchior, Klaus Köchl, Philip Kucher, Maximilian Lercher, Ing. Markus Vogl, Rainer Wimmer, Mag. Gerald Hauser, Edith Mühlberghuber, Walter Rauch, Mag. Georg Bürstmayr und Josef Schellhorn.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Bundeskanzler Sebastian Kurz wird durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler vertreten.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3750/J bis 3809/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 18/JPR

2. Anfragebeantwortung: 3113/AB

B. Zuweisungen:

1. Zuweisung seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 43 betreffend "Platz frei! Mehr Platz bei SchülerInnentransporten im Gele­genheitsverkehr", überreicht von den Abgeordneten Andreas Kollross und Maximilian Köllner, MA

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:


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Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2021 bis 2024 erlassen wird – BFRG 2021-2024 (381 und Zu 381 d.B.)

Budgetbegleitgesetz 2021 (408 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internatio­nale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2020) erlassen und das Bundesschatz­scheingesetz geändert wird (410 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­minis­terin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (412 d.B.)

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz, das Telekom­muni­kations­gesetz 2003 und das Wettbewerbsgesetz geändert werden (409 d.B.)

Verkehrsausschuss:

39. KFG-Novelle (411 d.B.)

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2909/AB


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mit­teilen, dass ein gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestelltes Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 2909/AB der Anfrage 2905/J der Abgeordneten Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auszahlung Kommunales Investitions­programm 2020“ durch den Herrn Bundesminister für Finanzen abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

*****

Ich darf wie üblich bekannt geben, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr und im Anschluss von ORF III bis 19.15 Uhr übertragen wird, anschließend wird sie in der TVthek kommentiert übertragen.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Gestaltung und die Dauer der Debatten erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung wurde eine Tagesblockzeit von 4 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 78, SPÖ 54, FPÖ 44, Grüne 40 sowie NEOS 32 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeord­neten, die keinem Klub angehören, für die gesamte Tagesordnung je 16 Minuten, pro Debatte je 5 Minuten.

Für die erste Lesung zum Bundesfinanzgesetz 2021 wurde folgende Redeordnung ver­einbart: Es werden maximal sechs Rednerrunden als Generaldebatte abgehalten,


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Reihenfolge nach Fraktionsgröße. Die Vertretung der Bundesregierung im Rahmen der ersten Lesung erfolgt durch den Bundesminister für Finanzen. Eine Wortmeldung von der Regierungsbank erfolgt frühestens nach der ersten Rednerrunde.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Gestaltung und die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Ich danke dafür.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

09.08.24Erste Lesung: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021) samt Anlagen (380 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum einzigen Tagesordnungspunkt dieser Sitzung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Wöginger. Ich darf ihm das Wort erteilen.


9.08.41

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „,Gemeinsam durch die Kriseʻ. Aus Verantwortung für Arbeitsplätze und Standort“: Wir haben ein besonderes Budget in ganz besonderen, herausfordernden Zeiten zu verhandeln. Wir erleben derzeit eine weltweite Pandemie, die als Folge eine gewaltige Wirtschaftskrise nach sich zieht, und deshalb ist es in unserer Verantwortung, die notwendigen Schlüsse daraus auch im Budget zu ziehen.

Es liegt ein Budget für 2021 mit einem Abgang von 21 Milliarden Euro vor, und es ist notwendig, dass wir es auch erklären, warum wir das in dieser Form so beschließen wollen.

Eines möchte ich vorausschicken: Wir haben in den letzten Jahren gut gewirtschaftet in Österreich. Wir haben das Prinzip verfolgt: Man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt, und wir müssen mit dem, was wir haben, letzten Endes auch den Staats­haushalt ausgleichen! – Das haben wir gemacht und deshalb können wir uns dieses Budget 2021 auch leisten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben ein Konjunkturpaket von rund 50 Milliarden Euro aufgestellt, das in das jetzige Budget, aber natürlich auch in das der nächsten Jahre hineingreift. Es geht um drei we­sentliche Punkte: Rettung von Menschenleben, von Arbeitsplätzen und Unternehmen, Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und Investitionen in den Standort und in die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Darum geht es, meine Damen und Herren, und das trifft nicht nur uns in Österreich, das ist derzeit in ganz Europa und eigentlich auch weltweit abgebildet.

Zur Rettung: Wir haben 8,2 Milliarden Euro für Kurzarbeit eingestellt, 6,8 Milliarden Euro für Steuerstundungen, 6,7 Milliarden Euro sind an Garantien vergeben, 600 Millionen Euro für den Härtefallfonds, 200 Millionen Euro für den Fixkostenzuschuss. Das sind Maßnahmen, die wir setzen müssen, damit wir letzten Endes auch die Wirtschaft am Leben halten.

Zur Entlastung: Wir müssen natürlich darauf achten, dass der Wirtschaftskreislauf intakt bleibt, dass die Menschen so viel Einnahmen, so viel Geld haben, dass sie letzten En­des auch konsumieren können. Deshalb haben wir Steuern um 1,6 Milliarden Euro gesenkt, den Kinderbonus von rund 700 Millionen Euro bereits ausbezahlt, wir haben


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den Arbeitslosen eine Einmalzahlung in der Höhe von rund 200 Millionen Euro gewährt, und es steht auch eine Pensionsanpassung vor allem für die kleineren und mittleren Pensionen in Höhe von 3,5 Prozent an – 1 000 Euro wird es in Zukunft durch die Erhöhung der Ausgleichszulage geben –, damit wir die Kaufkraft der Menschen stärken, damit der Wirtschaftskreislauf in Österreich funktioniert, denn das, meine Damen und Herren, ist das Rezept dafür, dass wir letzten Endes einen Gesamtwirtschaftskreislauf haben, der funktioniert. Deshalb setzen wir diese Entlastungsmaßnahmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben Investitionsprämien von 2 Milliarden Euro aufgestellt, und das wird von den Betrieben wirklich sehr gut angenommen. Das ist aus meiner Sicht auch das richtige Instrument, um direkt in die Wirtschaft hinein zu unterstützen. Das sichert, schafft und schützt die Arbeitsplätze vor allem auch in den Regionen.

An dieser Stelle erwähnt sei auch das Gemeindepaket von 1 Milliarde Euro – wofür derzeit auch die Anträge kommen –, um Projekte vor Ort fördern zu können, die regio­nale Wirtschaft vor Ort unterstützen zu können. Das ist das, was in den Regionen Arbeitsplätze schützt und was auch neue Arbeitsplätze schafft. Das ist der richtige Weg in einer Krise, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich darf nun einige Bereiche herausgreifen.

Sicherlich das wichtigste Thema in der nächsten Zeit sind Arbeitsmarkt und Beschäftigung. Es wird darum gehen, dass wir die Menschen wieder in Arbeit bringen. Wir haben eine viel zu hohe Arbeitslosigkeit, über 400 000 Menschen sind arbeitslos, 270 000 Menschen sind noch in Kurzarbeit; wobei ich dazusage, dass das Instrument der Kurzarbeit in der Krisensituation ein sehr erfolgreiches ist. Über 1,3 Millionen Men­schen waren in Kurzarbeit – das hat auf der einen Seite die Einkommen der Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer gesichert und hat auf der anderen Seite die Arbeitskräfte für die Unternehmerinnen und Unternehmer erhalten und hat sichergestellt, dass dann, wenn die Wirtschaft wieder in Gang kommt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch wieder verfügbar sind.

Die Kurzarbeit ist ein Erfolgsmodell, meine Damen und Herren, das seinesgleichen sucht. Ich betone es noch einmal: Ich kenne kein anderes vergleichbares Konzept aus anderen europäischen Ländern. Wir in Österreich haben das sehr gut gemacht, die Kurzarbeit sichert zum einen die Einkommen und ist zum anderen auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer ein ganz wichtiges Instrument. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem und im nächsten Jahr geben wir rund 29 Milliarden Euro für Arbeitsmarkt und Beschäftigung aus. Ich nenne nur zwei, drei Punkte:

Wir haben den Lehrlingsbonus eingeführt, bis zu 3 000 Euro pro Betrieb, um unter­stützend zu wirken, weil uns natürlich die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ein besonderes Anliegen ist.

Ein wesentlicher Punkt sind die 700 Millionen Euro für die Arbeitsstiftung. Es geht darum, umzuschulen, zu qualifizieren, damit wir die Menschen wieder in Jobs, wieder in den Arbeitsmarkt bringen. Ich nenne nur ein Beispiel: die Pflege. Wir werden Stiftungen über die Länder, über die AMS-Konstruktionen sozusagen, über die Verwaltungsräte, auf den Landesstellen bis hinein in die Bezirke aufstellen. Das hat vor einigen Jahren schon sehr gut funktioniert, wir müssen also das Rad nicht neu erfinden, sondern können auf dem aufbauen, was da ist. Wir brauchen mehr Pflegekräfte, und diese Arbeitsstiftung wird uns helfen, die notwendigen Fachkräfte in diesem Bereich auch zu bekommen. Wir sind seitens der Bundesregierung gerade in den Verhandlungen, damit wir dieses Konzept neu aufstellen. Diese 700 Millionen Euro für die Arbeitsstiftung werden in Summe rund


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100 000 neue Jobs bringen. Das ist die beste Aktion, meine Damen und Herren, die wir in diesem Bereich setzen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir stocken im Bereich der Sicherheit auf: plus 7,3 Prozent, plus 215 Millionen Euro, es geht um 4 300 Planstellen, die in diesem Budget auch abgebildet sind. Wir stocken beim Bundesheer auf: 2,6 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist notwendig, wir brauchen eine funk­tionierende Landesverteidigung. Es geht um Cyberkriminalität, es geht um Sicherheit im gesamten Bereich der Verteidigung. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Und auch in den Bereich der Justiz fließen zusätzlich 300 Millionen Euro. – Das heißt mehr Geld für die Polizei, mehr Geld für das Bundesheer, mehr Geld für die Justiz, und das sind auch die richtigen Ansagen in diesem Budget, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Was kosten denn die Corona-Überstunden ...?) – Herr Kollege Kickl, es nutzt nichts, das hast du als Innenminister nicht erreicht! Wir wissen, deine Bilanz geht vom blauen Teppich bis zu den Pferden, aber da hast du wenig erreicht. Aber das ist so, damit muss man leben. Wir setzen Maßnahmen, die auch ankommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Im Bereich Soziales, Gesundheit und Pflege weisen wir ebenfalls ein Plus aus: Plus 700 Millionen Euro für Testungen, für den Impfstoff, damit bereiten wir uns letzten Endes auf die Phase vor, in der wir dann hoffentlich einen Impfstoff gegen das Coronavirus haben werden. Das ist im Budget abgebildet. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Insgesamt sind zusätzlich 1,1 Milliarden Euro für die Pflege vorgesehen. Ein Altern in Würde ist ein Menschenrecht, ist ein Grundrecht und ist etwas, das dieser Bundes­regierung besonders am Herzen liegt, daher sind diese Mehrausgaben im Budget auch ausgewiesen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben plus 1,2 Milliarden Euro für den Bereich der Wissenschaft und der Univer­sitäten, plus 145 Millionen Euro für Fachhochschulen, plus 340 Millionen Euro für den Bereich der Forschung vorgesehen. Als Oberösterreicher sei mir gestattet, zu sagen, dass ich stolz darauf bin, dass es eine Technische Universität in Linz geben wird. Diese ist in den Grundzügen im Budget abgebildet, und auch in der Öffentlichkeit ist kund­gemacht worden, dass dieses Projekt umgesetzt wird. Wir müssen in den Bereich Wis­senschaft und Forschung investieren, das ist ein Erfolgsrezept in Österreich. Das bilden wir in diesem Budget ab und das werden wir auch in Zukunft maßgeblich unterstützen, weil wir letzten Endes auch international unsere Stellung am Markt behaupten wollen. Deshalb bauen wir im Bereich Wissenschaft und Forschung auch aus. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir investieren zusätzlich in Klimaschutz und Mobilität. Das 1-2-3-Ticket wird auf den Weg gebracht. Der ÖBB-Rahmenplan ist mit über 17 Milliarden Euro ausgewiesen. In den Klimaschutz fließen zusätzlich 1,1 Milliarden Euro.

Meine Damen und Herren! Es ist ein Budget, das der Krisensituation entgegenwirkt. Wir nehmen viel Geld in die Hand, und natürlich ist uns bewusst, dass dieses Geld einmal zurückzuzahlen ist, aber in einer Krisensituation kann es nur eine Antwort von der Politik geben: die Menschen, die Unternehmen und die Gesellschaft zu unterstützen, damit der Wirtschaftskreislauf letzten Endes intakt bleibt.

Österreich ist ein hervorragend aufgestellter Staat. Wir haben in den letzten Jahren gut gewirtschaftet, daher können wir uns dieses Budget auch leisten. Wir nehmen viel Geld in die Hand in der Hoffnung, dass wir diese Krise gemeinsam gut überstehen, dass wir gemeinsam gut durch diese Krise kommen. Wir nehmen die Verantwortung für die Arbeitsplätze, für den Standort und letzten Endes auch für die Menschen in unserer Republik wahr. Ich kann nur an Sie appellieren, dass wir eine breite Mehrheit für dieses Budget finden. Herr Bundesminister, ich danke Ihnen, Ihrem gesamten Stab, dem ganzen Kabinett, den Sektionen, dass dieses Budget auch in dieser schwierigen Zeit


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ausgearbeitet wurde. Es ist notwendig, das zu beschließen, damit wir auch die notwen­digen Investitionen tätigen und den Menschen in Österreich die notwendigen Zuschüsse, Entlastungen und Förderungen geben können. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.)

9.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. – Bitte.


9.21.11

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es in den letzten Wochen und Monaten immer wieder diskutiert: Die Herausforderungen für dieses Budget sind besonders groß, weil die sozialen, die wirtschaftlichen Folgen dieser Coronakrise mehr als verheerend sind. Österreich leidet unter der größten Wirtschafts­krise seit 1946. Das Wifo prognostiziert ein Minus von 7,5 Prozent – das sind 30 Milliar­den Euro, die Österreich in den nächsten Jahren fehlen werden.

Im September, Sie haben es schon genannt, waren über 400 000 Menschen arbeitslos – auch die höchste Zahl seit 1946. Dem gegenüber steht eine kleine Zahl an offenen Stellen und Jobs, nämlich knapp mehr als 60 000. Größer könnte diese Differenz fast nicht sein, glaubt man. 300 000 Menschen in Kurzarbeit: Auch das ist, Herr Wöginger, noch immer eine große Summe, vor allem angesichts der Prognosen der Wirtschafts­forscher, die uns auch für nächstes Jahr eine weiterhin große Arbeitslosigkeit voraus­sagen.

Das Bedrohliche ist, dass jetzt die großen Flaggschiffe der heimischen Industrie zu wackeln beginnen. Die heimische Industrie ist ein großer Arbeitgeber in unserem Land, und wenn diese Flaggschiffe ins Wanken geraten, dann droht das zu passieren, was wir jetzt fast täglich in den Zeitungen lesen, nämlich dass Standorte schließen und massivst Stellen gekürzt werden. Die Liste der Betriebe, die Probleme haben und Arbeitsplätze einsparen, wird täglich länger.

Die Frage ist, ob diese Entwicklungen wirklich neu sind. Sind sie überraschend? – Nein, sie sind nicht ganz überraschend, weil Wirtschaftsforscher dieses Landes diese Entwick­lung, diese zweite Pleitewelle im Herbst und im Winter bereits seit Wochen und Monaten vorausgesagt haben. Auch wir hier im Parlament haben mehrmals vor dieser zweiten Pleitewelle gewarnt.

Die Wirtschaftsforschung prognostiziert für diesen Winter eine Rekordarbeitslosigkeit, eine Rekordarbeitslosigkeit von mehr als einer halben Million Menschen, die in Öster­reich ohne Jobs sind. Die haben es nicht leicht, weil sich die Wirtschaftskrise nicht von heute auf morgen auflöst. Es wird für diese Menschen in den nächsten Monaten und Jahren ganz, ganz schwierig sein, wieder einen Job zu bekommen. Daher braucht unser Land ganz dringend – das ist längst überfällig – eine aktive, eine starke, eine voraus­schauende Arbeitsmarktpolitik, eine Arbeitsmarktpolitik mit Weitblick und mit Plan. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Pressekonferenzen, Ankündigungen, Versprechungen und einfach auch nur Milliar­den Euro alleine machen noch keine kluge, zukunftsorientierte Arbeitsmarktpolitik und schaffen auch keine Arbeitsplätze in der Zukunft.

Ich sage es Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie hätten jetzt, spätestens jetzt, eine große Chance, nämlich die große Chance, ein Budget vorzulegen, das die in Zahlen gegossene Kampfansage gegen diese riesige Arbeitslosigkeit in Österreich ist. Was muss ein Budget in dieser Krise nämlich jedenfalls können? – Es muss jedenfalls Arbeitsplätze und Unternehmen retten, ganz klar, es muss Einkommen, vor allem kleine


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und mittlere Einkommen, sichern, um die Kaufkraft, das Benzin der Wirtschaft, zu stärken, und ein Budget in Zeiten der historisch größten Wirtschaftskrise braucht natür­lich das historisch größte Konjunktur- und Investitionspaket, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Doch das türkis-grüne Budget, das Sie gestern vorgelegt haben (Abg. Hanger: Sie haben das Budget noch nicht gelesen, oder?), zeigt etwas anderes und ist vielmehr in weiten Teilen ein Manifest gebrochener Versprechen. Ein Versprechen, das der Kanzler erst vor zwei Wochen abgegeben hat – spät, aber doch, muss ich sagen, sieben Monate Coronakrise, Arbeitslosigkeit schon jenseits der 500 000, auch schon zu Beginn der Krise –: Der Kanzler meint, jetzt ist es Zeit, Arbeit zur Chefsache zu machen. – Okay, das nehmen wir zur Kenntnis, allein, die Frage ist, ob dieses Versprechen ein leeres Versprechen ist.

Wenn man genauer hinschaut, dann sieht man, dass das Arbeitsmarktbudget, das Sie in Ihrem Budget vorlegen, wenn man es pro Kopf betrachtet, kleiner ist als das Budget 2017. 2017 war kein Rekordjahr hinsichtlich einer Krise, einer Wirtschaftskrise und auch kein Rekordjahr hinsichtlich Arbeitslosigkeit, trotzdem war das AMS-Budget pro Kopf betrachtet höher als in Ihrem Budget heute. Das kann nicht die Antwort auf eine Rekordarbeitslosigkeit sein, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich die Gruppe unter den Arbeitslosen anschaut, die es jetzt besonders schwer hat und in den nächsten Jahren noch schwerer haben wird, einen Job zu finden, nämlich die Gruppe der älteren Langzeitarbeitslosen, dann fragt man sich: Was haben Sie dazu zu sagen? Was sagen Sie diesen Menschen? Welche Mittel stellen Sie hierfür zur Verfügung? Ich konnte dafür in Ihrem Budget keine zusätzlichen Mittel finden. Was Ihre Steuersenkung betrifft: Ihr Regierungsprogramm ist schon einige Monate alt, und da steht eine sogenannte zweite Etappe der Steuerreform für 2021, 2022 drinnen, doch in Ihrem Budget findet sich diese Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen nicht mehr wieder.

Gerade jetzt wäre es so wichtig, Einkommen zu sichern, zu stabilisieren und die Kauf­kraft zu stärken, um damit die Wirtschaft anzukurbeln, aber diese versprochene Steuer­senkung ist einfach abgesagt – gerade jetzt unverständlich. (Abg. Wöginger: Die ist schon umgesetzt!)

Drittes Versprechen: Vor vier Monaten, im Juni dieses Jahres, gab es eine Regierungs­klausur. (Abg. Wöginger: Das war wichtig!) Einer der großen Outcomes, die Sie präsentiert haben, war die Klimaschutzmilliarde – zusätzliche Mittel in enormem Ausmaß für das Klima. Weder ich noch Wirtschaftsforscher können aber diese zusätzlichen Mittel, können diese nachhaltigen Pläne für die nächsten Jahre über die Coronakrise hinaus zur Rettung des Klimas und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in diesen Bereichen finden. (Abg. Wöginger: Das muss man lesen! – Abg. Hanger: Vielleicht das Budget einmal lesen! – Zwischenruf des Abg. Hörl.) Auch das ist eine vergebene Chance – ganz eindeutig, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso wenig können wir zusätzliche Mittel für die von Ihnen so oft versprochene Pflegereform finden. Ich kann mich erinnern, der erste PR- und Fernsehauftritt, den die Bundesregierung – der Kanzler mit dem Vizekanzler – hatte, war in einem Pflegeheim. Das große Projekt der türkis-grünen Bundesregierung: Warum finden sich dann keine großen Mittel in Ihrem großen Budget, Herr Bundesminister, wenn Ihnen Pflege so wichtig ist? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Eines haben Sie seitens der Regierungsfraktionen auch mehrmals betont: dass wir Danke zu sagen haben für ein gut finanziertes, gut funktionierendes öffentliches Gesund­heitssystem. Dank diesem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem ist Österreich zumindest zu Beginn besser als andere Länder durch diese Krise gekommen. Ich frage


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mich aber, warum genau dieser Bereich jetzt keine zusätzlichen Mittel zur Absicherung bekommt – die Spitäler, die Sozialversicherungen, die durch die Coronakrise doppelt gebeutelt wurden –, denn es fehlen Hunderte Millionen in den Bundesländern, in den Spitälern. Wenn Sie es mit Ihrem Lob des österreichischen Gesundheitssystems ernst meinen, dann sollte sich das auch in Ihrem Budget widerspiegeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, auch da fordere ich Sie auf: Beenden Sie endlich diese Politik der leeren Versprechen! Übernehmen Sie endlich Verantwortung – Verant­wortung für die Zukunft Österreichs! Ergreifen Sie die Chance, die Sie jetzt mit diesem Budget haben, das angesichts der großen Herausforderungen ein historisches Budget ist! Ergreifen Sie diese Chance und machen Sie ein Budget, das Wirkung zeigt! Machen Sie ein Budget, das zukunftsorientiert ist, machen Sie ein Budget, das eine Kampf­ansage gegen diese Arbeitslosigkeit ist! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Abgeordneter Herbert Kickl. – Bitte.


9.30.50

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Etwas abseits des Protokolls möchte ich alle dazu einladen – im Übrigen bitte auch den ORF –, mit mir gemeinsam einen Blick in den Sektor der Österreichischen Volkspartei zu werfen. Vielleicht kann man die Bilder mit einem Kameraschwenk einfangen. – Herr Kollege Wöginger, ich bin einigermaßen besorgt! Was ist denn da in Ihrem Bereich los? Lauter demaskierte Leute! Lauter Leute ohne Maske! (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, ungeheuerlich, was da passiert ist! Die Verharmloser, die Wirtschaftsgefährder, die Arbeitsplatzgefährder und die Gesundheitsgefährder sitzen im Sektor der Österreichi­schen Volkspartei! – Ich benenne das deshalb so, weil das die Vokabel gewesen sind (Zwischenruf des Abg. Wöginger), mit denen Ihre Abgeordnete Schwarz vor etwas mehr als einer Woche so mit dem Finger (mit dem Zeigefinger zweimal ins Plenum zeigend) auf alle anderen Abgeordneten in diesem Haus gezeigt und sie als Gesundheits­gefähr­der hingestellt hat. (Abg. Gabriela Schwarz: Herr Kollege, ...!) Deshalb halte ich Ihnen diesen Spiegel vor! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ganze ist umso schlimmer, Herr Abgeordneter und Kollege Wöginger, weil ich nicht mehr weiß, ob es der August Wöginger oder der Wögust Auginger ist, mit dem man spricht, denn das ist eine gespaltene Persönlichkeit. (Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.) Mit einem der beiden war ich in der Koalition, der andere sitzt mir jetzt gegenüber.

09.32.12*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für die Namensverunglimpfung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Klubobmann Kickl. (Beifall bei der ÖVP.)

*****

9.32.19


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Herr Kollege Wöginger – wie auch immer –, heute ist die Situation betreffend die Infektionen schlimmer, als sie es vor mehr als einer Woche gewesen ist. Der Kanzler droht mit drastischen Maßnahmen und Sie sitzen ohne Masken da. Ich finde das sehr interessant! Was ist los in der ÖVP? – Sie selbst folgen Ihren eigenen Empfehlungen nicht. Das heißt doch nichts anderes, als dass die


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Österreichische Volkspartei selbst nicht an die Wirksamkeit der Maßnahmen glaubt, die sie den Österreichern verordnen will. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: ... sinnlos ...!)

Es ist notwendig, diese Heuchelei hier einmal aufzuzeigen. So funktioniert Unglaub­würdigkeit, so funktioniert Chaos, so funktioniert Heuchelei. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Diesen Spiegel halte ich Ihnen vor, einfach deshalb, weil es notwendig ist, und im Gegensatz zu Ihnen missbrauche ich dazu nicht Geschäftsord­nungsdebatten! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Ja, ja!)

So, meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum Herrn Finanzminister: Ich habe eine kleine Liste mitgebracht, ich nenne sie Best of Grauslichkeiten, denn als etwas anderes kann man eine Illustration dessen, was sich am heimischen Arbeitsmarkt abspielt, ja gar nicht bezeichnen. (Abg. Wöginger: ... 23 Prozent!)

MAN Steyr: minus 2 300 Arbeitsplätze (Zwischenruf des Abg. Lausch), Swarovski: minus 1 000 Arbeitsplätze, FACC Ried: minus 650 Arbeitsplätze, Casinos Austria: minus 600, Voestalpine: minus 550, Laudamotion: minus 370, ATB Spielberg: minus 300 – und so weiter, und so fort; und was ich Ihnen hier kurz vorgelesen habe, ist nur die Spitze des Eisberges! Das sind die großen Fälle, die es in das Licht der Öffentlichkeit schaffen und über die in den Medien diskutiert wird.

Es gibt Abertausende kleine Unternehmen, Einzelunternehmen, denen es genauso geht, denen das Wasser schon weiter als bis zum Hals steht, die aber nie auch nur eine Erwähnung in den Medien finden. Diese Zahlen jedoch und die Arbeitslosenstatistik sind in Wahrheit die in Zahlen gegossene Politik dieser Bundesregierung des Jahres 2020. Das ist die ungeschminkte Wahrheit hinter der türkis-grünen Coronapolitik in dieser Republik!

Ich sage Ihnen, auch Ihr Budget ist dazu angetan, dass diese Talfahrt und dieser Crashkurs seine Fortsetzung im Jahr 2021 finden wird. (Abg. Wöginger: Die FPÖ ist auf Talfahrt!) Vor diesem Hintergrund herzugehen und sich hierherzustellen, so, wie Sie es gestern getan haben, und von Verantwortung für Arbeitsplätze und für den Standort zu reden, ja, meine Damen und Herren, das ist eine Paarung aus gefährlicher Realitäts­verweigerung mit propagandistischem Zynismus einer Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Zynismus ist ein gutes Stichwort. Ich habe Ihnen gestern sehr genau zugehört, Herr Finanzminister, ganz genau habe ich hingehört: Schuld an dem eben skizzierten Desas­ter bezüglich des Arbeitsmarktes sind natürlich nicht Sie. Sie sind ja nur die Bun­desregierung, Sie sitzen ja nur auf den Milliarden, Sie machen ja nur seit vielen Monaten ein Krisenmanagement. Sie sind nicht schuld, Sie können nichts dafür. Sie sind nur zuständig, wenn einmal irgendetwas positiv läuft.

Schuld sind die Österreicher! Schuld sind diejenigen, die so verantwortungslos sind, dass sie es wagen, Ihr Krisenmanagement zu kritisieren! Schuld sind diejenigen, die sich die Grund- und Freiheitsrechte nicht wegnehmen lassen wollen, und schuld sind diejeni­gen, die nicht aufgehört haben, ihr eigenes Hirn zum Nachdenken zu gebrauchen, ganz so, wie es im Übrigen der Herr Kanzler einer Redakteurin im Fernsehen empfohlen hat – das sage ich Ihnen auch noch, Herr Wöginger, falls Sie es schon vergessen haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Lausch.)

Sie, Herr Finanzminister, haben gestern von Klimaleugnern gesprochen, von Schul­denleugnern. – Ja, wissen Sie was? Sie und die gesamte Regierung, Sie sind eine ein­zige Ansammlung von Verantwortungsleugnern. (Abg. Lausch: Ich glaub’ der Wöginger!) Das ist der treffende Begriff: Verantwortungsleugner, mit V wie Volkspartei. (Beifall bei der FPÖ.)


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Es ist immer das Gleiche, was wir erleben. Es ist egal, ob es Ischgl ist, wobei wir ja jetzt in der Zwischenzeit wissen, dass der Bundeskanzler der Superspreader in Europa ge­wesen ist, ob es dieser Kleinwalsertaler Andachtszug gewesen ist oder ob wir von den Hunderttausenden Arbeitslosen in diesem Land reden, von den Kollateralschäden (Zwischenruf des Abg. Wöginger) – immer waren es die anderen. Immer gibt es eine Täter-Opfer-Umkehr, die Regierung ist für nichts verantwortlich, es sind immer die blöden Leute. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – So einfach wird das nicht funktionieren, Herr Wöginger, und Sie werden auch noch die Rechnung dafür präsentiert bekommen. (Beifall bei der FPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Gestern stellen Sie sich mit Ihrer Budgetrede her und jonglieren mit Milliardenbeträgen. Es sind immer die gleichen Kugerln, mit denen Sie da in der Gegend herumjonglieren, damit man möglichst wenig erkennt. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Es ist immer der gleiche Inhalt in neuer Verpackung, diesmal heißt es halt Budget 2021. Und was steckt da drinnen? – Ein Teil ist das reale Geld. Das ist jener Teil, bei dem Sie nichts Besseres zu tun gehabt haben, als eine aufwendige Konstruktion zur Bevorzugung Ihrer Freunde, Ihrer Interessenvertretungen zu schaffen, der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Auf gut Deutsch, Kollege Wöginger: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft (Zwischen­ruf des Abg. Wöginger) und große die Spendenbereitschaft Ihrer Unterstützer im Hintergrund. – Das ist das System Ihrer Finanzhilfe! (Beifall bei der FPÖ.)

Die zweite Komponente – ja bitte! – sind die großartigen, die ach so großzügigen Ent­lastungen, die Stundungen und die Garantien. – Ja, das ist dasjenige, das sich die Unter­nehmer selber verdienen müssen, das ist der großzügige Verzicht auf die Be­steuerung von Gewinnen, die es gar nicht gibt, und das ist das weitere Hineintreiben der Unter­nehmerschaft in die Schulden. Das ist der zweite Teil des Paketes, für das Sie sich jetzt selber großartig auf die Brust klopfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir können auch noch schauen, was es an weiteren zusätzlichen Maßnahmen, unab­hängig von Corona, gibt. Da findet sich schon etwas, Kollege Wöginger. Da finden sich tatsächlich Teile einer Steuerreform. Diese aber hat Hubert Fuchs in seiner Schublade liegen gelassen, als wir die Regierung verlassen haben, und von dort haben Sie sie wieder hervorgeholt.

Stecken Sie sich doch nicht dauernd fremde Federn auf den Hut! Da ist 0 Prozent Eigenleistung dieser Regierungskonstellation drinnen. (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Und wenn Sie schon Inhalte von uns übernehmen, dann hätten Sie bitte gleich auch den zweiten Teil der Steuerreform nach vorne gezogen, dann hätten wir Kaufkraft generiert! – Das ist das, was dringend notwendig ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, so ist es, im Übrigen auch betreffend die Pensionserhöhung, für die Sie sich jetzt selber loben. Sie ist die Errungenschaft eines freiheitlichen Staatssekretärs – ich sage es nur noch einmal dazu. Sie waren ja mit Novomatic und anderen Dingen beschäftigt. (Heiterkeit des Abg. Wöginger.)

Die einzigen konkreten neuen Zahlen, die man Ihrer gestrigen Rede entnehmen und festmachen kann, Herr Finanzminister, sind die Zahl 12 – das bezieht sich auf die 12 Kilo, die der Papierstapel (mit den Händen etwa einen Meter andeutend) wiegt, mit dem Sie sich haben fotografieren lassen –, die Zahl 25 – das sind die Seiten, die Sie einigermaßen lustlos vorgelesen haben –, und die dritte Zahl ist 31 – das sind die Minuten, die es Ihnen wert waren, in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg über das österreichische Budget zu reden. – Das sind die neuen Zahlen und die neuen Erkenntnisse des gestrigen Tages. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich sage Ihnen: Die Coronahilfe, von der Sie reden, ist keine Genesungsmaßnahme, keine Medizin, sie ist eher eine palliative Begleitung. Es ist eine Sterbehilfe, was Sie da anbieten.


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Wir haben Sie hier ja vor einigen Tagen befragt, da haben Sie es zugeben müssen: 3 000 Euro: Das ist die durchschnittliche Auszahlung aus dem Härtefallfonds. 7 000 Euro: Das ist die durchschnittliche Auszahlung aus dem Bereich Fixkostenzuschuss. – Ja, das ist etwas ganz anderes als die Milliarden, die Sie immer wie eine Monstranz vor sich hertragen, das ist ganz etwas anderes. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Das sind lächerliche Beträge für die Unternehmer (Zwischenruf des Abg. Wöginger), denen die Kosten davonlaufen und denen die Einnahmen wegbrechen (Zwischenruf des Abg. Haubner) und für die Sie es nicht zustande bringen, endlich einmal Ruhe, Ordnung, Planungssicherheit und Vertrauen herzustellen – das ist das, was notwendig wäre. (Abg. Wöginger: Die FPÖ-Wien ...!)

Für besonders skurril halte ich es, wenn der Finanzminister wie gestern hier steht, jammert und sagt, es war ihm ja bitte schön unmöglich, im Frühjahr ein Budget vor­zulegen, weil es eine mangelnde Planungssicherheit gab. (Anhaltende Rufe und Gegen­rufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Ja, aber diese mangelnde Pla­nungssicherheit für alle Unternehmerinnen und Unternehmer ist genau dasjenige, was diese Bundesregierung im Kollektiv seit vielen Monaten jeden Tag produziert und womit sie das Land in eine wirtschaftliche Misere führt. (Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Dann noch ein Wort zu MAN in Steyr: Der Verlust dieser Arbeitsplätze hat mit Corona überhaupt nichts zu tun (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lausch), das ist ein Versagen Ihrer Standortpolitik. Das heißt, Sie zerstören im Land nicht nur unnötig Arbeitsplätze mit Ihrer falschen Coronapolitik, sondern auch Ihre Standortpolitik ist nicht dazu geeignet, neue attraktive Unternehmen und damit Arbeitsplätze ins Land zu bringen, nein, vielmehr vertreibt sie noch diejenigen, die wir im Land haben, und mit ihnen die Arbeitsplätze. – Das ist MAN auf den Punkt gebracht.

Diese Unternehmen gehen dann nach Polen oder in die Türkei. Polen und die Türkei sind die Länder, bei denen Sie als Herr Finanzminister durch die erhöhten Nettobeiträge der Europäischen Union großzügig sind, da finanzieren wir ja diese Empfängerländer mit, die uns dann konkurrenzieren. In diesen 750 Milliarden Euro im Zusammenhang mit dem Coronafonds der Europäischen Union stecken ja auch Gelder für diese Länder drinnen, die dann nichts Besseres zu tun haben, als uns zu konkurrenzieren und ein guter Standort für die Unternehmen zu werden, die aus Österreich abwandern. Zu so viel Wirtschaftskompetenz und zu so viel Standortsicherungsqualität kann man nur gratulieren, meine Damen und Herren von der ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister, Ihre Budgetpolitik soll angeblich auf der einen Seite einen Flächen­brand am Arbeitsmarkt und im Bereich der Unternehmen in Österreich löschen – das ist dasjenige, was Sie überall erzählen. Bitte hören Sie – Sie und Ihre Kollegen in dieser Chaosregierung – damit auf, mit Ihrer Panikmache und mit Ihrem stümperhaften Mana­gement täglich daran zu arbeiten, dass auf der anderen Seite dieser Brand wieder angefacht wird, denn das ist dasjenige, das Sie tun, so wie Sie gerade daran arbeiten, die Wintersaison im Tourismus zu zerstören – und dann stellen Sie sich hierher und bejammern die negativen Auswirkungen! So wird das nichts.

Sie können Milliardenbeiträge sparen, Sie können Hunderttausende verunsicherte Men­schen beruhigen, wenn Sie diejenigen schützen, die schützenswert sind, aber die ande­ren so normal arbeiten und leben lassen, wie das nur irgendwie möglich ist. Das ist der Weg, der uns aus der Krise führen wird. Nur so kommen wir aus diesem Triple A aus Arbeitslosigkeit, Abhängigkeit und Almosen heraus, Herr Wöginger, nur so und nicht durch einen Impfstoff, wie Sie vielleicht glauben. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

9.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte.



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9.43.25

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Im Gegensatz zum Vorredner möchte ich tatsächlich zum Budget sprechen. Wir beginnen hier heute, ein Budget zu debattieren, das die richtige Antwort auf die Krise ist, auf die Klimakrise nämlich, wie Markus Marterbauer heute Früh im „Morgenjournal“ gesagt hat. Die eigentliche Gewinnerin, hat er gemeint, ist Klimaministerin Leonore Gewessler. – Das ist selbstverständlich nicht richtig, denn wenn das Klima gewinnt, gewinnen wir alle. Die Klimakrise zu bekämpfen ist ein Auftrag und die Verantwortung von uns allen, und das ist in diesem Budget abgebildet. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieses Budget ist ein grünes Budget, es ist ein Klimabudget. Es steht für die ökologische Wende so viel Geld wie noch nie zuvor zur Verfügung: für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, für die thermische Sanierung, für die Energiewende. Dieses Budget mit diesem großen Klimaschwerpunkt ist selbstverständlich auch die Antwort auf die anderen Krisen, mit denen wir konfrontiert sind und die uns leider auch das kommende Jahr und in den kommenden Jahren beschäftigen werden.

Die Pandemie hat eine Beschäftigungskrise gigantischen Ausmaßes produziert, eine Wirt­schaftskrise, die uns alle schwer beschäftigt, der wir uns mit aller Kraft entgegen­stellen müssen. Wir müssen uns aus dieser Krise hinausinvestieren, und das geht am allerbesten, indem wir auf Zukunftsthemen setzen, auf das Zukunftsthema schlechthin, nämlich den Klimaschutz. Wir tragen die Verantwortung dafür, den nächsten Genera­tionen einen bewohnbaren Planeten zu hinterlassen und die Zerstörung der Umwelt zu stoppen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Umbau unserer Energiesysteme schaffen Beschäftigung. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) In der 700 Millionen Euro schweren Arbeitsstiftung werden wir genau jene Umschulungen organisieren, die es für viele, viele Menschen ermöglichen werden, aus ihren derzeitigen Jobs oder den Jobs, die sie verloren haben, in eine neue Branche zu gehen, in Green Jobs, sich umschulen zu lassen, wieder Hoffnung schöpfen zu können.

Ja, diese Krisen, die hohe Arbeitslosigkeit schaffen Unsicherheit und sie schaffen auch prekäre Situationen zum Beispiel für Familien, bei denen ein großer Teil des Einkom­mens wegbricht. Wir haben bereits in diesem Jahr sehr viele Maßnahmen gesetzt, um zu verhindern, dass Menschen in die Armut abrutschen. Wir haben 450 Euro zusätzlich für Arbeitslose bezahlt, wir haben 360 Euro für jedes Kind ausgezahlt, wir haben die kleinen Pensionen und die Mindestpension überproportional erhöht. Die von Altersarmut besonders betroffenen Frauen haben in Zukunft 1 000 Euro im Monat, und das ist eine wichtige Maßnahme. Die Erhöhung der Ausgleichszulage führt auch dazu, dass die Mindestsicherung steigt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Damit wir aber auch in Zukunft armutsgefährdete Familien bestmöglich unterstützen kön­nen, haben wir in diesem Budget weitere 90 Millionen Euro für zusätzliche Maßnahmen eingestellt.

Wir haben die erste Phase der Coronakrise gut gemeistert, auch dank dem uner­müdlichen Einsatz vieler Menschen, die sonst weniger sichtbar sind, wie die PflegerIn­nen, die einen so wichtigen Beitrag für die älteren Generationen leisten. Wir wissen, dass wir in diesem Bereich dringend Nachwuchs, dringend eine Ausbildungsoffensive brauchen – auch dafür ist in diesem Budget gesorgt, über die Arbeitsstiftung und mit zusätzlichem Geld für die Pflege fürs Sozialministerium. Selbstverständlich hat Gesund­heitsminister Rudi Anschober mit diesem Budget auch das notwendige Geld – August


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Wöginger hat es bereits skizziert – zur Verfügung, um die gesundheitlichen Problema­tiken, die nach wie vor bestehen, bestmöglich bewältigen zu können.

Es gibt aber auch in anderen Bereichen wichtige Aufstockungen. Im Coronafrühling waren es oft die Mütter, die die Verantwortung übernommen haben, die doppelte, dreifache Belastungen auf sich genommen haben, um sich um das Homeschooling ihrer Kinder zu kümmern. Die Coronakrise hat auch da Druckpunkte aufgezeigt. Wir sind bei der Digitalisierung noch nicht dort, wo wir sein müssten, und dementsprechend gibt es in diesem Budget auch einen Schwerpunkt im Bildungsbereich bei der Digitalisierung an den Schulen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch zu einem zweiten Punkt im Bildungsbereich: Damit sich die Situation für jene Schülerinnen und Schüler, die es oft am schwersten haben, verbessert, für jene SchülerInnen, deren Eltern ihnen nicht gut bei den Hausaufgaben helfen können, die oft aus schwierigen Verhältnissen kommen, haben wir im Regierungsprogramm das Projekt 100 Schulen mit besonderen Herausforderungen verankert. Unter wissenschaftlicher Begleitung werden da jene Schulen unterstützt, die besonderen Bedarf haben, die eben eine besondere Herausforderung zu meistern haben, und dafür stehen 15 Millionen Euro zur Verfügung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch für die Wissenschaft ist gesorgt. Mit 1,2 Milliarden Euro sorgen wir dafür, dass auch da in Zukunftsthemen investiert werden kann, in die Forschung und in die gute Ausbildung, in hochqualitative Bildung für die Studentinnen und Studenten.

In diesem Budget stecken noch viele andere wichtige Dinge. Als wir in diese Regierung eingetreten sind, haben wir zum Beispiel auch verankert, dass das Budget für den Gewaltschutz und für die Frauen aufgestockt wird, substanziell erhöht wird. Schon in diesem ersten Jahr haben wir die Mittel für den Gewaltschutz, auch für die Zeitverwen­dungsstudie, die wir dringend brauchen, um fast 50 Prozent erhöht. Heuer sind bereits 19 Frauen ermordet worden: Jede Einzelne ist zu viel, und in diesem Budget sind auch Mittel vorgesehen, damit die Gleichstellung und der Gewaltschutz entsprechend aus­gebaut werden können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir erinnern uns noch, zu Beginn dieses Jahres hat der ehemalige Justizminister Clemens Jabloner den stillen Tod der Justiz befürchtet, sollte das Budget so niedrig bleiben. Alma Zadić hat dafür gekämpft und es ist ihr damals gelungen, das Justizbudget entsprechend zu erhöhen. Auch in diesem Budget werden die Mittel für die Justiz weiter erhöht, sodass sich unsere Justiz gut aufgestellt um die rechtlichen Angelegenheiten in unserer Gesellschaft kümmern kann.

Last but not least: Ein Bereich, der bei Corona besonders in Mitleidenschaft gezogen worden ist, betrifft das kulturelle Leben, das uns allen fehlt. Der Bereich Kunst und Kultur hat in diesem Budget die größte Ausstattung, die er jemals hatte, um wieder aufleben zu können. Ein paar Monate wird es noch dauern, aber 2021 werden wir da sehr viel investieren können, damit das kulturelle Leben wieder aufblüht.

Die Herausforderungen sind groß, dieses Budget ist es auch. Wir setzen mit diesem Budget die notwendigen Schwerpunkte, um in dieser Krise nicht nur die Krisenbe­wälti­gung vor Augen zu haben, sondern auch die Zukunft – eine lebenswerte Zukunft, eine solidarische Zukunft in einer intakten Umwelt, wie es so schön heißt. Ich freue mich auf eine intensive Debatte in den nächsten Wochen dazu, wie wir das ausgestalten. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 21

09.51.20

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich über das Budget rede, möchte ich eingangs eine ganz dringende Bitte an alle Mitglieder dieses Hauses richten: Das Thema Maske darf bitte nicht zu einem – ich weiß nicht was – polarisierenden Kampfbegriff werden. Da schaue ich aber auch die ÖVP an, denn ihr habt es genauso gemacht. Wenn wir jetzt also das Thema Mund-Nasen-Schutz zu einer Fahnenfrage erheben, werden wir sicherlich nicht gemein­sam gut aus der Krise herauskommen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

Sehr geehrter Herr Finanzminister, ich habe Ihre gestrige Budgetrede mit großem Inter­esse gehört. Das waren viele Worte, es war sehr ruhig gesprochen, aber es ist erstaun­lich ambitionslos, was Sie uns da vorgelegt haben, und ich werde ausführen wieso.

Meiner Meinung nach haben Sie gleich zu Beginn den allerwichtigsten Punkt vergessen, Sie haben sich zwar an die Österreicherinnen und Österreicher, auch an die Steuer­zahle­rinnen und Steuerzahler gewandt, aber Sie haben vergessen, den Menschen in Österreich, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Konsumentinnen und Konsumenten, den Unternehmerinnen und Unternehmern zu danken (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Hammerschmid und Oberrauner), Danke dafür zu sagen, dass sie ihre Beiträge leisten, und zwar grosso modo auch gerne und freiwillig leisten, und so dazu beitragen, dass Sie hier das Geld anderer Leute verteilen können.

Ich möchte das also nachholen: Ein herzliches Dankeschön an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Land! Es ist Ihnen zu verdanken – die Bundesregierung heftet es sich gerne an die Fahnen –, dass wir überhaupt in der budgetären Situation sind, um auf diese Weise agieren zu können. Es ist nämlich nicht die Leistung der Bundesregierung und schon gar keine jahrelange Leistung gewesen, dass wir einen konsolidierten Haushalt hatten, sondern es ist vorwiegend – das sagen alle Ökonomen – durch Mehreinnahmen aufgrund Ihrer Leistungen passiert. Danke, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich kann Ihnen das auch sagen, weil gestern gesagt wurde: dank einer soliden Budget­politik in den vergangenen Jahren. – Das ist irgendwie in Form von Eigenlob gelobt worden – das kann die Regierung gut, die ÖVP kann das am allerbesten. Das sind so die Zahlen (eine Tafel mit der Aufschrift „2020/2021 Historische Budgetdefizite“ und einem Säulendiagramm in die Höhe haltend – Abg. Wöginger: Sehr rot ist das!), ich habe die Jahreszahlen nicht draufgeschrieben, aber Sie können erkennen: 2020, wir sind jetzt hier (die Erklärung auf dem Säulendiagramm mit dem Finger nachvollziehend), hier gab es einen leichten Überschuss, hier ein ausgeglichenes Budget, und ich würde einmal sagen, die ÖVP-Finanzminister haben irgendwann einmal hier angefangen. Die Leistungen in der Konsolidierung des Budgets waren also nicht so wahnsinnig großartig (Beifall bei den NEOS), sondern es waren Sie, meine Damen und Herren, mit Ihren Steuerleistungen. (Abg. Wöginger: Das ist nicht mehr pink, das ist schon rot!) – Keine Sorge, Herr Wöginger (Abg. Wöginger: Sehr rot ist das!), die Verantwortung der Sozialdemokratie, was diese Schulden hier (wieder auf das Säulendiagramm zeigend) betrifft, werden wir als NEOS nicht vergessen, aber diese Verantwortung liegt bei Ihnen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Aber sehr rot ist es schon! – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

Sie haben ein Krisenbudget vorgelegt, das ist schon etwas, aber nichts darüber hinaus. Dieses Krisenbudget haben Sie natürlich mit der Pandemie gerechtfertigt – klar –, aber vor allem sind Sie auch sehr schnell dabei, es einer Weltwirtschaftskrise zuzuschieben – Sie haben gestern von den globalen Auswirkungen gesprochen. Was ich vermisst habe, ist ein Bekenntnis dazu, dass es auch Sie mit Ihrem doch überaus scharfen Lockdown


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waren, der letztlich bewirkt hat, dass die Unternehmen in die Krise geschlittert sind, dass Einnahmen von einem Tag auf den anderen weggebrochen sind, die Kosten weiter­gelaufen sind und Menschen ihren Job verloren haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ottenschläger, Pfurtscheller und Wöginger.) Das alles nur auf eine globale Krise zu schieben erscheint mir ein bisschen zu billig, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien.

Ich möchte auch ganz bewusst nach Deutschland schauen, wo damit und auch mit der Verantwortung, die eine Regierung in der Frage: Lockdown, ja oder nein?, hat, ganz anders umgegangen wird. Gesundheitsminister Spahn hat sich entschuldigt und gesagt: Ja, das war zu scharf. – Er hat auch etwas gesagt, was ich bemerkenswert finde, er hat nämlich schon im Februar oder März gesagt: „Wir werden in ein paar Monaten einander wahrscheinlich viel verzeihen müssen.“ – Sehen Sie, das ist ein ganz anderer – ein demütiger, ein verantwortungsbewusster – Umgang mit und Zugang zu dieser Krise als Ihre Selbstherrlichkeit und Ihr Eigenlob. (Beifall bei den NEOS.)

Es hat mich auch etwas überrascht, aus dem Mund eines ÖVP-Finanzministers zu hören, dass Sie im Zusammenhang mit den getätigten Rekordausgaben sagen, dass Sie stolz darauf sind. Ich kann das nicht nachvollziehen, ich weiß nicht, was einen stolz darauf machen kann, Rekordausgaben zu tätigen. Es ist nötig, aber wesentlich besser wäre es – und darauf wäre ich stolz –, müssten wir es nicht tun, hätten wir Unternehmen, die gut wirtschaften, die Arbeitsplätze schaffen, die Arbeitsplätze sichern, und hätten wir genügend freie Jobs, damit die Menschen auch wieder Arbeitsplätze haben und so selbstständig ein eigenes Einkommen haben. Stolz ist da also wahrscheinlich das falsche Wort.

Sie haben all Ihre Leistungen unter das Motto „Koste es, was es wolle“ gestellt. Schauen Sie, ich finde das problematisch, denn was heißt „Koste es, was es wolle“? – Das ist eigentlich ein Bekenntnis dazu, dass Sie auch in eine wirklich exzessive Schuldenpolitik gehen können, ohne ein Bekenntnis zu einer gewissen Solidität des Budgets. Ich glaube, viel besser wäre der Satz: Koste es, was nötig ist!, gewesen. Ich habe damals gesagt: Whatever it takes!, was auch etwas ganz anderes ist, nämlich im Sinne von: Was auch immer nötig ist, um das aufzufangen, was unter anderem auch Sie – ich möchte kein Hehl daraus machen, dass wir diese scharfen Maßnahmen auch mitgetragen haben – mit dem Lockdown verursacht haben, wobei Sie gleichzeitig auch den Entschädi­gungs­anspruch vor allem der Unternehmer abgeschafft haben. Der Ansatz „Koste es, was es wolle“ ist brandgefährlich und die Verlockungen des Füllhorns sind natürlich sehr groß, das haben wir in der Vergangenheit gesehen.

Es ist aber vor allem ein Krisenbudget und kein Aufschwungsbudget. Was meine ich damit? – Ich bin davon überzeugt, dass wir die konsolidierten Budgets auch und gerade in Zeiten der Krise im Blick behalten müssen. Ich bin davon überzeugt, dass wir nicht so tun können, als gäbe es ein Comeback und alles wird genauso sein wie vor der Krise, wenn es dereinst vielleicht einen Impfstoff geben wird und dieses Virus wirklich besiegt sein wird. Ich bin davon überzeugt, dass wir lernen müssen, noch viele Monate mit diesem Virus zu leben. Das bedeutet aber vor allem eines, nämlich den Mut zu haben, in eine echte Erneuerung zu gehen, einen Aufschwung zu schaffen, den Mut zu haben, diese Kreativität und Schaffenskraft wirklich zu entfesseln. Das geht nicht durch Almosen, das geht nicht, indem man sagt: Euch wird gegeben werden!, sondern das geht ausschließlich mit einer Entlastung, mit einer Deregulierung und mit einer Entbürokratisierung. (Beifall bei den NEOS.)

Ich meine eine echte Entlastung, denn Sie loben sich regelmäßig für die größten Steuerreformen aller Zeiten, und in Wahrheit machen Sie Tarifreformen. Ich habe nichts dagegen, aber Sie wissen ganz genau, dass das, was Sie jetzt an Entlastung vorge­zogen haben, zu wenig ist. Ich bin auch der Meinung gewesen, dass man auch auf den


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Mittelstand schauen muss – untere Einkommensbezieher ja, aber auch den Mittelstand muss man im Auge behalten. Das wird von der kalten Progression aufgefressen. Sie machen da einen Taschenspielertrick. Sie ziehen den Menschen Jahr für Jahr mehr Geld aus der Tasche, um es dann großzügig in Eigenlob, teilweise in kleinen Tranchen, wieder zurückzugeben.

Haben Sie doch endlich den Mut zu einer wirklichen Steuerreform, einer wirklichen Entlastung der Menschen, denn trotz Ihrer kleinen Tarifreform bleibt Österreich im euro­päischen Vergleich ein Hochsteuerland! Wenn wir wirklich entlasten wollen, dann wäre ein Volumen von ungefähr 9 Milliarden Euro nötig, und das sehe ich in diesem Budget nicht.

Last but not least fehlen die großen Zukunftsinvestitionen. Das Thema Klima wurde angesprochen – ich bin froh, dass da etwas weitergeht, aber umso erstaunter war ich, als ich gestern lesen musste, dass elf Staats- und Regierungschefs in Europa sich in einem Brief für eine mutigere CO2-Reduktion um mindestens 55 Prozent bis 2030 ausgesprochen haben. Ich habe gedacht, es wäre doch schön (erheitert), wenn die Grünen in Österreich in der Regierung wären, Österreich war nämlich nicht dabei.

Das sind schon erste Schritte in die richtige Richtung, ich glaube aber, es braucht vor allem eine Steuerreform.

Es geht darum, diese Investitionslücke in die Zukunft zu schließen. In anderen Ländern, wie etwa der Schweiz oder Schweden, ist der Anteil der Zukunftsinvestitionen an 100 Euro weit höher als bei uns. In Österreich wird die Vergangenheit verwaltet, anstatt in die Zukunft und in einen Aufschwung zu investieren, und das geht vor allem über Bildung.

Sie haben ein Krisenbudget vorgelegt, aber kein Aufschwungsbudget. Sie haben ein Krisenbudget vorgelegt, aber keinen mutigen Schritt in Richtung eines Neustarts, und Sie haben damit ein Vergangenheitsbudget vorgelegt und kein Zukunftsbudget. (Beifall bei den NEOS.)

10.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Obernosterer ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


10.01.05

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Fernsehzuschauer zu Hause! Einleitend nur ein paar Worte zu Herrn Klubobmann Kickl: Wir von der ÖVP halten uns an die Vorgaben des Gesundheitsministers. Es ist in der Präsidiale hier im Hause gesagt worden, dass wir aufgrund dessen, dass die Glasscheiben zwischen den Abgeordneten aufgebaut wurden (Zwischenruf des Abg. Kickl), wenn wir hier herinnen sitzen, die Maske ablegen können. – Das zur Korrektheit! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Klubobmann Kickl, ich werde auf Ihre Rede sicherlich nicht eingehen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), sondern sage nur: Was die Menschen von der Politik halten, die Sie in der letzten Zeit verkünden, hat sich am Sonntag in Wien gezeigt, dort ist die Rechnung dafür gekommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Was die Menschen von der Politik und von der Arbeit unseres Finanzministers halten, hat sich auch am Sonntag in Wien gezeigt, dort haben die Wähler ihre Meinung dazu abgegeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)


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Herr Finanzminister, Sie haben gestern in Ihrer Budgetrede das Budget vorgestellt, mit dem Titel: „,Gemeinsam durch die Krise‘. Aus Verantwortung für Arbeitsplätze und Standort“. Ich möchte das jetzt nicht wiederholen, sondern im Zusammenhang mit diesem Budget, das Sie aufgestellt haben, nur sagen: Sie sind in einer schwierigen Zeit Finanzminister, sodass Sie eine so schwierige Aufgabe zu erledigen haben, wie sie niemand vor Ihnen in der Zweiten Republik vorgefunden hat.

In der wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs in der Nachkriegszeit hat es vorher nur zweimal ein negatives Wirtschaftswachstum gegeben, und zwar Mitte der Siebzigerjahre in der Zeit der Ölkrise – ganz minimal, minus 0,4 Prozent – und 2009 während der Finanz- und Wirtschaftskrise, als wir ein Minuswachstum von 3,8 Prozent hatten.

Wie schaut es jetzt aus? – Als ich vor acht Monaten als Budgetsprecher der ÖVP nominiert wurde und im Anschluss von euch zum Vorsitzenden des Budgetausschusses gewählt wurde, hatte ich andere Vorstellungen für die Budgets – Sie, Herr Finanz­minister, sicherlich auch.

Ich bin seit 40 Jahren selbstständig. Das Budget, das wir im Dezember für das heurige Jahr aufgestellt haben – das wisst ihr alle! –, konnten wir im April wegwerfen. Das Budget, das wir im April für unsere Betriebe aufgestellt haben, können wir jetzt, im Herbst, nach dieser Sommersaison auch wieder wegwerfen und neu aufstellen. Die Voraussetzungen zur Bewältigung der Herausforderung, in einer solch schwierigen Zeit die Betriebe über Wasser zu halten, und der Herausforderungen an den Finanzminister – das Rad ist zwar immer gleich, aber es hat eine andere Größe –, diesen Staat sicher durch diese Krise zu führen und auch die Zukunft zu gestalten, haben Sie in diesem Budget abgebildet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie schaut es wirklich aus? – Die Wirtschaftsforscher sind, wie gesagt, bis März noch von 0,8 Prozent ausgegangen, dann waren es minus 7 Prozent, jetzt liegen die Pro­gnosen für heuer bei circa minus 6,8 Prozent, nächstes Jahr sollten es, wie schon gesagt wurde, plus 4,4 Prozent werden – wieder ein Wachstum –, im Jahr darauf 2,4 Prozent – die Wirtschaft sollte sich erholen.

Wie gesagt, das Budget, das Sie gestern vorgestellt haben, zeigt aus heutiger Sicht wirklich in die richtige Richtung, das sieht man, wenn man es sich genau anschaut. Meine Vorredner haben eigentlich auch nur Sätze anders formuliert, und Zahlen kann man immer in diese und jene Richtung argumentieren. Wir werden erst in vielleicht zwei, drei oder vier Jahren sehen, ob alles hundertprozentig richtig war. Das wird die Praxis zeigen. Sie, Herr Finanzminister, und Ihr ganzer Stab haben aber nach bestem Wissen und Gewissen ein Budget erstellt, das absichert und hilft, dass wir diese Wirtschaftskrise halbwegs bewältigen, und trotzdem die Investitionen in die Zukunft nicht vergisst.

Diese Regierung und dieses Haus haben heuer im März ein Hilfspaket für die Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt in der Höhe von 40 Milliarden Euro beschlossen. Bei der Klausur der Regierung wurde es noch um 10 Milliarden Euro aufgestockt, und zwar mit drei ganz klaren Schwerpunkten: Rettung von Menschenleben und Unternehmen, Entlastung der Bürger und Bürgerinnen, damit Kaufkraft vorhanden ist, und Investitionen in den Standort und die Wettbewerbsfähigkeit.

Ich werde draußen immer gefragt: Wie können wir uns das leisten? – Die gute Arbeit, auch budgetäre Arbeit, der Regierung in den letzten Jahren hilft uns dabei. Im Jahr 2015 hat Österreich eine Staatsverschuldung von circa 85 Prozent gehabt, im Jahr 2019 waren es 70,5 Prozent. Mit diesem Budget, mit dem so viel Geld in die Hand genommen wird, haben wir dann, wie gesagt, wieder einen Schuldenstand von 85 Prozent.

Österreich ist gut aufgestellt und bekommt auf dem internationalen Markt zu günstigsten Konditionen Geld. Vor zehn Jahren waren wir, wenn Geld ausgeliehen wurde, von der


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Höhe der Zinsen noch mit den Italienern gleichgestellt, heute ist Österreich europaweit unter den besten vier und bekommt Geld mit einem Minuszinssatz von 0,28 Prozent. (Abg. Kickl: Das hat aber mit dem ... nichts zu tun! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Wie liegen wir nach diesem Budget verglichen mit dem EU-Durchschnitt? Der EU-Durch­schnitt – das ist die durchschnittliche Verschuldung bezogen auf die Wirtschaftsleis­tung – liegt bei 95,1 Prozent. Wir in Österreich brauchen uns nicht zu rühmen, aber wir sind trotzdem gut und liegen mit 84 Prozent im unteren Bereich. Es wurde schon vom Klubobmann ausgeführt, was das in Zahlen heißt: Heuer fehlen circa 29 Milliarden Euro, nächstes Jahr 20 Milliarden Euro.

Wie sind diese 50 Milliarden Euro aufgeteilt? – Wie gesagt, es geht nicht nur darum, durch die Krise zu führen, sondern sie sind so aufgeteilt, dass auch in die Zukunft inves­tiert und den Unternehmen geholfen werden kann, über diese Krise drüberzukommen.

Zum Abschluss: Für Österreich ist die derzeitige Situation fast noch schwieriger als für andere Staaten in Europa. Unsere Wertschöpfung ist erstens hauptsächlich vom Export abhängig, das heißt, wir sind davon abhängig, dass uns Waren abgekauft werden, und zweitens sind wir ein Tourismusland. Die Wertschöpfung im Tourismus macht bei uns 16 Prozent aus, im Verhältnis dazu sind es in den Niederlanden und in Dänemark 5 Prozent. In Spanien, das das Obertourismusland ist, hat der Tourismus auch keinen größeren Anteil als in Österreich.

Deshalb ist es wichtig – das sehen wir an den Zahlen und an dem Budget, das hier vorgelegt wurde –: Halten wir uns an die Regeln, schauen wir, dass wir die Coronazahlen niedrig halten! Ich sage euch nur, was das für den Tourismus bedeutet: Österreich hat circa 152 Millionen Nächtigungen, 70 Prozent davon von Gästen aus dem Ausland.

Wenn es uns nicht gelingt, die Zahl der Infizierten zu senken, sind wir auf der roten Liste, das heißt, 70 Prozent der Gäste dürfen nicht nach Österreich einreisen. Diese Verant­wortung erwarte ich wirklich von euch allen, damit die Wertschöpfung wieder steigt und damit wir wieder positiv in die Zukunft schauen können. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Zanger: Das war jetzt wie der schmerz­hafte Rosenkranz!)

10.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Leichtfried. – Bitte.


10.10.34

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ich habe jetzt den RednerInnen vor mir intensiv zugehört, und es waren eigentlich sehr unterschiedliche Standpunkte zu diesem Budget, das Sie vorgelegt haben, Herr Bundesminister. Ich möchte es aus der Sicht von Menschen versuchen, die jeden Tag in der Früh aufstehen und hart für ihr Geld arbeiten müssen (Zwischenruf der Abg. Niss), und da kann man es so zusammenfassen: Selbstaufgabe (Zwischenruf des Abg. Haubner), Herr Bundes­minister – Selbstaufgabe der Republik in der größten Jobkrise, die diese Republik je erlebt hat. Das muss man ganz klar zu diesem Budget sagen, geschätzter Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Es ist ja kein Zufall, dass Ihnen das sozusagen passiert ist. Ihnen ist in dieser Periode, ich sage es einmal so, schon allerhand passiert, und jetzt legen Sie ein Budget vor, das keinen Cent mehr für Arbeitsmarktpolitik vorsieht als im Jahr 2017 (Zwischenruf des Abg. Wöginger), und im Jahr 2017 hatten wir Hochkonjunktur, Herr Bundesminister, wir hatten geringe Arbeitslosigkeit. In der größten ökologischen, ökonomischen Krise, in der größten Wirtschaftskrise unserer Republik legen Sie das Gleiche vor, wie es bereits 2017


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war, und ich sage Ihnen ganz offen: So geht es nicht, Herr Finanzminister, so haben die Menschen nichts von diesem Budget! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Ich krieg’ einen Zorn!)

Nicht nur, dass Sie nichts für die Menschen tun, die jeden Tag in der Früh aufstehen und hart für ihr Geld arbeiten müssen, sondern Sie haben umgekehrt auch nicht dafür gesorgt, dass zumindest die, die von dieser Krise nicht irgendwie betroffen sind, nicht von der Krise profitieren. Sie haben nicht dafür gesorgt, dass Staatshilfen mit einem Verbot von Boni verknüpft werden, Sie haben nicht dafür gesorgt, dass Staatshilfen mit einem Verbot von Dividenden verknüpft sind. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Diese Menschen versorgen Sie, und die, die hart arbeiten müssen, sind Ihnen egal, Herr Bundesminister, und das drückt dieses Budget ganz, ganz eindeutig aus. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Sie hätten es unterbinden müssen, dass diese Menschen von der Krise profitieren. Das haben Sie aber nicht getan, Herr Bundesfinanzminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Sie nicht daran interessiert sind, wie es den Menschen in der ganzen Republik geht, zeigen Sie auch symbolisch. Ich meine, es ist lustig und nett, dass Sie dafür Zeit haben, den Zoo in Wien anlässlich des Ausbaus aufzusuchen – aber wo waren Sie in Spielberg? Wo waren Sie in Spielberg, dort, wo die Menschen verzweifelt sind, Herr Bundesminister? Wo waren Sie da, wo über 300 Menschen arbeitslos werden (Abg. Pfurtscheller: Wo war der Herr ...? – Zwischenrufe der Abgeordneten Gerstl und Wöginger), wo ganze Familien arbeitslos werden? Wo waren Sie da, Herr Bundes­minister? (Beifall bei der SPÖ.) Diese Menschen warten seit acht Wochen auf eine Reaktion des Bundeskanzlers und niemand, niemand hat Ihnen geholfen, niemand hat reagiert. Das muss man auch einmal ganz klar sagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was mich sehr, sehr verwundert hat – ich verwende das Wort einmal so – ist schon, dass die ÖVP jetzt quasi sagt: Das, was wir tun, ist das Beste aller Zeiten. – Ich meine, das sagen Sie immer, ja. Das muss nicht verwundern, da haben Sie recht, wenn Sie das einwenden, Herr Wöginger (Abg. Wöginger: Ihr sagt es auch, nur stimmt es nicht!), aber da muss man sich einmal umschauen, ob das, was passiert ist, wirklich so gut ist. Wenn man sich ein bisschen umschaut und nach Deutschland blickt, dann sieht man, dass sie ein besseres Wirtschaftswachstum, Negativwachstum haben, dass sie eine bessere Arbeitslosenquote haben (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger), dass sie einen besseren Budgetsaldo haben und dass sie auch bei den Verbraucherpreisen besser sind. Der Unterschied ist wahrscheinlich der oder ist ziemlich sicher der, dass sie eine Regierung haben, die seriös arbeitet, und bei uns eine Showtruppe am Werk ist; und das, Herr Bundesminister, macht den Unterschied aus. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Wöginger: ... Rede!)

Hören Sie bitte mit dem Märchen auf, dass wir so gut durch die Krise gekommen sind, denn das stimmt einfach nicht! Das kann Ihr Budget auch nicht, im Gegenteil, es wird die Menschen im Land ärmer machen, es wird die Republik ärmer machen und es wird den Menschen, die jeden Tag in der Früh aufstehen und hart arbeiten, überhaupt nicht helfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Wöginger: ... Kundgebung!)

10.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte.


10.15.28

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Öster­reicher! Wenn Klubobmann Wöginger meint, wir hätten in den letzten Jahren gut gewirtschaftet, daher könnten wir uns das Defizit leisten – dasselbe hat Kollege Obernosterer gesagt


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und auch der Finanzminister hat in der gestrigen Budgetrede dieses Märchen ver­breitet –, dann muss man das einfach richtigstellen: Wahr ist, dass wir mit dem türkis-blauen Doppelbudget 2018/2019 die Trendwende geschafft haben. Wir haben ein Plus erwirtschaftet, aber wir haben nicht 21 Milliarden Euro an Reserven angehäuft, die wir jetzt so leichtfertig ausgeben können. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Das heißt, das, was wir hier gehört haben, ist die falsche Begründung.

In diesem Budgetentwurf spiegelt sich die Hilf- und Tatenlosigkeit dieser Bundes­regierung wider. Wieder einmal werden Milliardenbeträge unter dem Titel Coronahilfs­maßnahmen verteilt, die der Bundeskanzler und der Herr Finanzminister bereits in zig Pressekonferenzen verteilt haben. Das Geld kommt aber leider nicht bei den Unter­nehmern an, wie die Anfragebeantwortung des Finanzministers von letzter Woche ge­zeigt hat. Jeder Unternehmer hat bisher durchschnittlich 3 000 Euro aus dem Härtefall­fonds und 7 000 Euro Fixkostenzuschuss erhalten. Das ist zu viel zum Sterben, aber zu wenig zum Überleben.

Wir haben die größte Wirtschaftskrise der Zweiten Republik – rund 410 000 Personen sind arbeitslos oder in Schulung, knapp 300 000 Personen sind in Kurzarbeit und keiner weiß derzeit, wie viele von der Kurzarbeit letzten Endes in die Arbeitslosigkeit wechseln müssen. Wir müssen auch mit einer großen Insolvenzwelle für 2021 rechnen, und zu all diese Herausforderungen gibt es nur unzureichende Gegenmaßnahmen und auch kein schlüssiges Gesamtkonzept.

Warum ist es möglich, die MAN-Standortgarantie in Steyr, für die man sicher nicht wenig Zugeständnisse gemacht hat, nach Ablauf von nur zwei Jahren aufzukündigen? – Da muss man mit den VW-Managern Klartext reden. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Große Teile der Produktion in Steyr sollen nach Polen und in die Türkei verlegt werden. Dadurch gehen 2 300 Arbeitsplätze verloren und das hat mit Corona überhaupt nichts zu tun. Ich bin auch schon neugierig, wie viel Wert die AUA-Standortgarantie hat, die ein Teil der Bundesregierung und die Öbag mit der Lufthansa ausverhandelt haben.

Die Produktion bei ATB in Spielberg wurde bereits eingestellt, die Maschinen sollen demontiert und bei den ATB-Produktionsstandorten in Polen und in Serbien wieder aufgebaut werden. 360 Mitarbeiter werden dadurch arbeitslos und auch das hat mit Corona überhaupt nichts zu tun.

Es kann nicht sein, dass Hunderte Millionen Euro an EU-Beihilfen an Länder fließen, die uns in der Folge unsere Arbeitsplätze abspenstig machen. Da zahlen wir Österreicher ja doppelt drauf. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch beim EU-Budget hat unser Finanzminister schlecht verhandelt. Wir werden ab 2021 jährlich 400 Millionen Euro mehr nach Brüssel überweisen – Geld, das wir drin­gendst in Österreich benötigen würden.

Die Verdoppelung des Auslandskatastrophenfonds ist auch ein Schritt in die falsche Richtung, wir brauchen jeden Cent in Österreich.

Angesichts dessen, dass die Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes eines der großen Ziele im Regierungsprogramm dieser Bundesregierung ist, ist die diesbezügliche Perfor­mance der Bundesregierung sowohl auf nationaler Ebene als auch auf EU-Ebene bis dato eine Bankrotterklärung.

Besonders kurios ist eine Aussendung des Finanzministers vom letzten Freitag – ich zitiere –: „Gleichzeitig haben wir auch bewusste Schwerpunkte unabhängig von der Corona-Pandemie gesetzt. Wir stärken die Wettbewerbsfähigkeit [...]. Wir wollen nicht nur gut durch diese Krise kommen, sondern gestärkt daraus hervorgehen.“ – Herr


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Finanzminister, das glauben Sie ja wohl alles selbst nicht mehr! Wie stärken Sie mit diesem Budget die Wettbewerbsfähigkeit?

Die Wirtschaft wurde von dieser Bundesregierung an die Wand gefahren. Die Unternehmer wurden zu Bittstellern degradiert und verzweifeln an der Bürokratie und an der Intransparenz der Hilfsmaßnahmen des Finanzministers. Rasch und unbürokratisch funktioniert bei den Coronahilfsmaßnahmen gar nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit dieser schwarz-grünen Bundesregierung kommen wir weder gut durch die Krise noch gestärkt aus der Krise. Wir brauchen eine Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, damit heimische Betriebe die Wirtschafts­krise überleben, ausländische Unternehmer sich in Österreich ansiedeln und keine Unternehmer mehr ihre Produktion ins Ausland verlagern.

Eine Vorziehung der Steuerreform, insbesondere der Steuerstrukturreform, wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen auch einen Konsumturbo wie zum Beispiel den Österreichtausender. Das wäre die richtige Antwort. Jedem österreichischen Staats­bürger sollen Gutscheine in einem Gesamtwert von 1 000 Euro ausgestellt werden, welche nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können, nicht aber im Onlinehandel. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Damoklesschwert bei den aktuellen Wirtschaftsprognosen ist ein möglicher zweiter Lockdown. Dieser zweite Lockdown wäre natürlich der Todesstoß für die heimische Wirt­schaft. Besonders besorgniserregend in diesem Zusammenhang sind die laufenden Reisewarnungen gegen Österreich beziehungsweise gegen unsere Bundesländer. Diese Reisewarnungen sind möglicherweise auch eine Retourkutsche der Nachbarstaaten für die teilweise undifferenzierten Reisewarnungen durch die Bundesregierung im Sommer. So war beispielsweise die Reisewarnung für ganz Kroatien im Sommer überhastet, überzogen und nicht nachvollziehbar. Eine partielle Reisewarnung für die betroffenen Gebiete in Kroatien hätte vollkommen gereicht und würde auch noch immer reichen. Österreich steht derzeit viel schlechter da als Kroatien, weshalb man die pauschale Reisewarnung für Kroatien eigentlich sofort aufheben müsste.

Wir brauchen bei den Reisewarnungen auch eine einheitliche und sinnvolle Vorgangs­weise in der EU. Wir müssen Planungssicherheit für die Wirtschaft sicherstellen und dürfen nicht vergessen, dass Planungssicherheit auch ein entscheidender Standort­faktor ist, ansonsten werden wir die Rechnung im Rahmen des Wintertourismus präsen­tiert bekommen.

Der Finanzminister rechnet für das Jahr 2021 mit einem Budgetdefizit von fast 21 Mil­liarden Euro. Die Staatsschulden werden rund 85 Prozent des BIP ausmachen. Wie all das finanziert werden soll und wer letzten Endes die Kosten dieser Krise bezahlen muss, darüber schweigt der Finanzminister allerdings. Es muss jedoch klar sein: Steuer­geschenke an multinationale Großkonzerne zulasten der österreichischen Arbeitnehmer und Kleinunternehmer darf es nicht geben. Da darf es keinen Verzicht in Bezug auf Steuern geben.

Die FPÖ wird auch den Kampf gegen die Intransparenz der Regierungsparteien bei der Vergabe der Coronahilfsmilliarden nicht aufgeben. Da geht es um das Steuergeld der Österreicher, und da haben Transparenz und Kontrolle noch nicht geschadet. Es braucht daher nach wie vor einen parlamentarischen Covid-19-Unterausschuss, der mit ent­sprechen­den Kontrollrechten ausgestattet ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schwarz ist zu Wort gemel­det. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 29

10.25.00

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebes Hohe Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben in den letzten Monaten ein paar paradoxe Auswirkungen der Coronakrise auf Umwelt und Klima feststellen können. Wir können zum Beispiel Delfine in Triest beobachten oder sehen, dass der Canal Grande auch einen Boden hat.

Wir haben aber vor allem gesehen, dass die CO2-Emissionen massiv gesunken sind: minus 1,6 Milliarden Tonnen an CO2-Emissionen im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr, in etwa 9 Prozent der globalen Emissionen. Kurzfristig kann eine Rezes­sion also Emissionen senken. Das ist allerdings weder eine große Kunst, noch ist es nachhaltig, und drittens ist es vor allem schmerzhaft. Die Kunst und die große Heraus­forderung bei der Emissionsreduktion sind es, Wirtschaftswachstum und Umweltver­schmutzung zu entkoppeln. In diesem Sinn ist das Budget, das die Bundesregierung vorgelegt hat, ein Meilenstein, weil es damit gelingt, auf diese Herausforderung, vor der wir insbesondere im Zusammenhang mit der Bewältigung der Coronakrise stehen, eine eindrucksvolle Antwort zu liefern, nämlich dass Wachstum der Wirtschaft möglich ist, dass die Beschäftigung wieder steigt und gleichzeitig die Emissionen niedrig bleiben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mit diesem Budget werden schon in der Krise die Weichen so gestellt, dass wir nach­haltiger wieder herauswachsen, als wir in diese Krise hineingekommen sind. So schaut es von oben betrachtet aus. Wie aber läuft es im Detail ab? – Nehmen wir zum Beispiel das große Sorgenkind der österreichischen Klimaschutzpolitik her, den Verkehr: In diesem Bereich gibt es die Herausforderung, einerseits die Emissionen zu reduzieren und andererseits gleichzeitig die Wirtschaft anzukurbeln, regionale Jobs zu schaffen und die nationale Kaufkraft zu stärken.

Wie geht das? – Indem wir massiv in die Schiene, in Elektromobilität und sanfte Mobilität, vulgo Radl, investieren. Dieses Budget sieht das vor: 40 Millionen Euro für den Rad­verkehr, das ist eine Verzehnfachung des Budgets seit 2019, und 40 Millionen Euro für die Förderung von Elektromobilität. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs gibt es einen Ausbau und eine Attraktivierung in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro, seien es die vorhin schon angesprochene Erhöhung von 95 Millionen Euro für das 1-2-3-Ticket, 124 Millionen Euro für die Elektrifizierung der Privatbahnen oder 92 Millionen Euro für die Ausweitung und Verdichtung von Fahrplänen. Über 17 Milliarden Euro ist der neue ÖBB-Rahmenplan schwer. Damit gelingt im Verkehrsbereich die Wende. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ähnliches – ohne das jetzt durchzugehen – gilt natürlich auch für die anderen großen Sektoren mit wesentlichen CO2-Emissionen, sei es im Bereich der Gebäude, wo wir 350 Millionen Euro für die thermische Sanierung budgetiert haben, sei es im Bereich der Stromerzeugung – immer noch einer der größten Emittenten in Österreich –, wo wir 62 Millionen Euro für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgesehen haben, oder sei es im Bereich der Industrie, auch sehr zentral, wo es 110 Milliarden Euro zusätzlich für die Förderung klimafreundlicher Technologien gibt.

Dabei gibt es oft auch Investitionen, die Produkte und Technologien schaffen, die auch im Ausland nachgefragt werden, und das schafft eine Erhöhung der Wettbewerbs­fähigkeit der österreichischen Industrie, indem nämlich die Exportnachfrage gestärkt wird. Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger, natürlich ist der Einbruch der Exportnachfrage ein wichtiges und sozusagen dramatisches Element unserer Coronakrise und hat dra­matische Auswirkungen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) – Ja, schon, aber in dieser Situation haben wir bei der Exportnachfrage schon einen wesentlichen Anteil hin­sichtlich des Einbruchs unseres BIP. Mit dieser Zukunftsinvestition, die auch in diesem


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Budget vorgesehen ist, gibt es eine Reaktion darauf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gleichzeitig können diese Exporte aber auch dazu beitragen, die weltweiten Emissionen zu reduzieren. Das geht jetzt ein bisschen in Richtung FPÖ: Sie behaupten ja oft, dass sozusagen das kleine Österreich keinen Beitrag in der großen Welt leisten kann. – Mit diesen Exporten, die quasi auch dazu beitragen können, klimafreundliche Technologien in andere Länder zu bringen, schaffen wir es auch dort und damit weltweit, die Emis­sionen zu reduzieren.

Insgesamt ist in diesem Budget über 1 Milliarde Euro für den Klimaschutz vorgesehen. Damit geht die Regierung einen wichtigen Schritt in Richtung Transformation. Eine jähr­liche Klimamilliarde ist – um es mit Werner Kogler zu sagen – sicherlich eher ein Wumms als ein Klacks. Das werden auch die meisten einsehen.

Was ich allerdings aus den Vorreden ein bisschen herausgehört habe, ist sozusagen, dass zwar eine Klimamilliarde und die anderen Zukunftsinvestitionen nicht wenig sind, dass deren Volumen aber, im Zusammenhang mit den massiven Überbrückungshilfen und insbesondere auch dem 21 Milliarden Euro schweren Defizit gesehen, sozusagen in der Relation nicht groß sind. – Da fragt man sich aber: Was passiert denn mit diesen Überbrückungshilfen für die von Corona betroffenen Unternehmen und Arbeitslosen, mit der Kurzarbeit, mit dem Fixkostenzuschuss, mit den Steuerstundungen? – Die gehen ja nicht verloren, sondern sie stützen mit den Mitteln des öffentlichen Haushalts den privaten Sektor, und das kostet natürlich Geld, schafft aber gleichzeitig für Arbeitneh­merInnen und Unternehmen die Möglichkeit, wieder in die Wirtschaft zu investieren.

Das ist für sich schon gut, ist aber insbesondere dann – da kommt wieder die Kunst ins Spiel – von Vorteil, wenn man es schafft, diese Investitionen auch noch zu lenken. Dafür gibt es im Budget einen weiteren Hebel, nämlich dass man private Investitionen so lenkt, dass sie quasi dazu beitragen, dass wir in die richtige Richtung aus der Krise wachsen. Das beste Beispiel dafür ist die Investitionsprämie. Mit der Investitionsprämie werden allein 5 Milliarden Euro an privatem Kapital mobilisiert, um Ökoinvestitionen voranzu­treiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wichtig für diese große Transformation, vor der wir stehen, ist aber natürlich nicht nur das Kapital. Klarerweise braucht es budgetäre Mittel und es braucht auch privates Kapital, es braucht aber auch die Menschen, es braucht die Arbeitskräfte – in dieser Transformation braucht es insbesondere qualifizierte Arbeitskräfte. Auch dafür ist im Budget etwas vorgesehen, nämlich die 700 Millionen Euro schwere Arbeitsstiftung, von der 350 Millionen Euro bereits im Voranschlag für 2021 budgetiert sind. Damit wird einer­seits sichergestellt, dass wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen und Beschäftigung schaffen, und gleichzeitig werden die Menschen, diese qualifizierten Arbeitskräfte zum Motor für diese Transformation. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist Arbeitsmarktpolitik mit Weitblick, die Ihre Klubobfrau, Herr Leichtfried, eingefordert hat!

Dieses Budget setzt also mehrere wesentliche Hebel für eine erfolgreiche Transfor­ma­tion in Bewegung, schafft gleichzeitig Arbeitsplätze und sichert ein nachhaltiges wirt­schaftliches Wachstum. Vielen Dank an die Bundesregierung und an Sie, Herr Minister, und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.



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10.32.24

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Fangen wir heute einmal mit der guten Nachricht an, und die gute Nachricht ist ja eindeutig: Wir haben ein Budget. – Ja, jetzt schmunzeln manche hier im Raum, denn von Herrn Blümel kennen wir das ja durchaus anders. Es ist offenbar nicht selbstverständlich. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir erinnern uns noch alle an das Frühjahr, als es geheißen hat: Ja meine Güte, das ist alles so schwierig mit diesen Zahlen in einer Krise!, weshalb wir damals einen Entwurf bekommen haben, den der Minister selbst schon als Altpapier bezeichnet hat. (Zwi­schenruf des Abg. Wöginger.) Also vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die verfas­sungsmäßig vorgesehene Hoheit des Parlaments bei der Beschlussfassung von diesem Bundeshaushalt diesmal respektieren. (Abg. Wöginger: Das haben wir immer gesagt!)

Damit ist es aber auch durchaus schon vorbei mit dem Fortschritt in diesem Budget, denn dieser Budgetentwurf ist eigentlich das Gegenteil von dem, was wir uns heute hier erwartet hätten. Was wir nämlich brauchen würden, was wir wirklich brauchen würden, sind innovative Ansätze, neue Ideen, Zukunftsstrategien, die uns aus dieser massiven Krise heraushelfen. Wir brauchen sozusagen ein Drehbuch, eine Vision, wie wir es auch in zehn Jahren schaffen, dass wir in einem wohlhabenden Land zu Hause sein dürfen – mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, mit einem hohen Beschäftigungsgrad, guten Jobs und, so wie ich es mir wünschen würde, mit dem besten öffentlichen Bildungs­system. Dort müssen wir hin! (Beifall bei den NEOS.)

Leider ist das halt in diesem Budgetentwurf, Herr Finanzminister, nicht wirklich ablesbar. Der Plan, wie man den Weg dorthin gehen würde, fehlt vollkommen. Was Sie hier vorlegen, ist schlichtweg more of the same. Es ist ein bisschen mehr Coronakurzarbeit, es ist der Fixkostenzuschuss – alles gut und richtig, hoffentlich kommt er diesmal auch an –, es sind vor allem Millionenausgaben ohne Strategie, Millionenausgaben mit der Gießkanne – und das kennen wir eben schon.

Das heißt, es ist nicht nur eine schwache Performance, die Sie aus unserer Sicht hier abliefern, sondern es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein No-Future-Budget, das Sie vorlegen; ein No-Future-Budget, mit dem diese Bundesregierung wirklich sehenden Auges riskiert, dass die Wettbewerbsfähigkeit und der Wohlstand in diesem Land – und damit letztendlich auch der soziale Frieden in diesem Land – tatsächlich gefährdet werden. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hanger: Das glauben Sie jetzt selber nicht, was Sie da sagen!)

Das größte Defizit in diesem Budget ist nicht der Unterschied zwischen den Einnahmen und den Ausgaben, meine Damen und Herren, das größte Defizit ist, dass man vollk­ommen auf die Zukunftsthemen vergessen hat. (Abg. Pfurtscheller: Das stimmt doch überhaupt nicht! – Abg. Hanger: Sie haben es nicht gelesen!)

Deswegen haben wir NEOS da natürlich einen besseren Vorschlag, den wir auch auf den Tisch gelegt haben: Wir schlagen ein Aufbaubudget, ein Aufschwungbudget, ein Wiederaufbaubudget vor. Dazu braucht es aus unserer Sicht vier wesentliche Säulen: Auf der einen Seite braucht es Investitionen, smarte Investitionen, es braucht andererseits Entlastungen, es braucht Reformen (Abg. Brandweiner: Sie hat es wirklich nicht gelesen!), und natürlich braucht es auch Kontrolle und Transparenz.

Was das Investieren betrifft, so kennen wir ja die Vergleichszahlen – unsere Klubobfrau hat es schon angesprochen. Wir kennen diese auf EU- und auf OECD-Ebene, und man sieht daran ganz klar, wo wir Aufholbedarf haben würden.

Wir fangen natürlich wieder einmal mit der Bildung an. Bei der Bildung ist es einfach so, dass zum Beispiel in Schweden und in der Schweiz viel mehr Geld investiert wird:


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15 Prozent der Staatsausgaben zum Beispiel in der Schweiz – bei uns sind es unter 10 Prozent. Wir liegen da sogar unter dem EU-Durchschnitt, und das ist natürlich nicht nur bedauerlich, das macht es auch wirklich, wirklich schwierig, da – was dringend notwendig ist – den Weg in die Zukunft zu gehen. Wir müssen dringend etwas tun!

Das nächste Beispiel, das daran ja wirklich anschließt, sind die Investitionen in die Infrastruktur und vor allem auch in Forschung und Entwicklung. Auch da sind wir im EU-Durchschnitt hinten (Zwischenruf der Abg. Niss), und die Schweiz und Schweden zeigen es natürlich wieder einmal vor, wie man es machen müsste. Auch da gibt es einen Weg, auf dem sehr, sehr viel zu tun wäre.

Und dann gibt es natürlich einen Punkt, wo wir vorne sind, wo wir bei den Ausgaben über dem EU-Durchschnitt liegen – ja, das ist jetzt nicht wahnsinnig überraschend –, das sind die Pensionen. 25 Prozent des Budgets in Österreich gehen für Pensionen drauf. Das, meine Damen und Herren, muss man sich natürlich anschauen und da muss man auch Reformen wagen – denn wenn wir uns die Zahlen zu den Zukunftsinvestitionen anschauen, dann wissen wir ja auch alle: Das ist natürlich das Geld, das für die nächsten Generationen, für die Jugend wichtig ist, und da haben wir auf der einen Seite wirklich einen Nachholbedarf – und auf der anderen Seite sehen wir eben die Pensionen, die in Österreich sehr, sehr viel Geld verschlingen. Einfach zum Vergleich: Von 100 Euro, die ausgegeben werden, fließen 25 Euro in Pensionen und 6 Euro in Investitionen. Das ist das, was wir hier ankreiden.

Deswegen der nächste Punkt: Es braucht Reformen. Es braucht mutige Reformen: eine Pensionsreform, eine Föderalismusreform und, ja, es braucht eine ökologische Steuer­reform mit einer CO2-Bepreisung – auch dafür stehen wir. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Fischer.)

Wie auch schon angesprochen worden ist, braucht es natürlich auch Entlastungen. Das heißt nichts anderes, als dass wir die Unternehmen entlasten müssen, aber natürlich auch die Menschen: Steuern und Lohnnebenkosten senken, weniger Bürokratie, endlich die Abschaffung der kalten Progression; und es braucht auch steuerliche Rahmen­bedingungen für die Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihnen helfen, wieder Eigenkapital in die Unternehmen zu bringen – unsere Vorschläge dazu, unsere Anträge dazu liegen auch auf dem Tisch –, denn nur so werden wir die Wirtschaft nachhaltig wieder ankurbeln können.

Jetzt werden viele sagen: Das ist ja keine Raketenwissenschaft, und der Herr Bun­desminister oder die Bundesregierung hat das ja ohnedies auch gesagt. – Ja, aber Reden reicht nicht! Sie müssen es halt endlich auch einmal tun! (Beifall bei den NEOS.)

Was Sie getan haben, ist – und da waren Sie natürlich schnell –: Sie haben den Nährboden für Freunderlwirtschaft geschaffen. Das hat wunderbar funktioniert! Ja, meine Damen und Herren, natürlich rede ich da von der fragwürdigen und intrans­parenten Konstruktion, der Cofag. Milliardenbeträge verschwinden in dieser Blackbox ohne parla­mentarische Kontrolle! Niemand weiß, wer das Geld bekommt (Abg. Pfurtscheller: Sie hätten ja in den Beirat gehen können!), warum das Geld ausgezahlt wird oder warum es eben nicht ausgezahlt wird. – Da spielen wir nicht mehr mit, meine Damen und Herren! Wir fordern weiter einen begleitenden Budgetausschuss, um alle Maßnahmen, alle Gelder, die in der Coronakrise ausgezahlt werden, zu kontrollieren. Das braucht es! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zum Schluss kommen (Ruf bei der ÖVP: Endlich!) – ja, die einen sagen so, die anderen sagen so –: Natürlich würde ich mir wirklich wünschen – und ich glaube, es wäre auch durchaus von Vorteil –, dass wir einen Finanzminister hätten, der wirtschaftliche Zusammenhänge versteht. (Abg. Hörl: Was heißt denn das?! ..., präpotente!) Noch besser wäre es vielleicht, wenn er auch einmal


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in der Wirtschaft gearbeitet und Unternehmen auch einmal von innen gesehen hätte. (Beifall bei den NEOS.)

Mit Neugier, mit Fleiß und vor allem auch mit Leidenschaft lassen sich solche Defizite sicher auch ausgleichen, aber ganz im Ernst, Herr Finanzminister – und ich sehe es heute wieder –: Wollen Sie das auch wirklich? – Sie wirken wirklich lustlos. Sie wirken oftmals so, als ob Sie das Ganze nichts angehen würde. Sie sitzen in einer der wichtigsten Positionen, auf einem der wichtigsten Posten in dieser Republik, aber wenn Sie dieser Job nicht wirklich freut, dann sollten Sie sich das einfach eingestehen und im Interesse der Republik diesen Platz freimachen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hörl: Die präpotenten NEOS!)

10.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Baumgartner. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Baumgartner –: Danke! Danke!)


10.40.18

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaft ist das Netz, das den Wohlstand in Österreich trägt, und jede Österreicherin und jeder Österreicher knüpft einen Knoten in dieses Netz und macht es stabil und fest. (Beifall des Abg. Hörl.)

Durch Corona wurden für sicher gehaltene Knoten dieses Netzes wieder gelöst, darum unternimmt die Bundesregierung gemeinsam mit den Regierungsfraktionen seit Beginn der Ausbreitung alles, um diese Pandemie und die daraus entstandene Wirtschaftskrise zu bekämpfen. Mit jeder Infektion werden Arbeitsplätze gefährdet – deshalb auch meine Bitte an dieser Stelle: Abstand halten, Hände waschen und Mund-Nasen-Schutz tragen, wo notwendig, Herr Klubobmann Herbert Kickl! (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Herr Klubobmann, Sie stellen sich hier ans Rednerpult, sind künstlich aufgeregt und speien Gift und Galle. Sie verharmlosen gleichzeitig das Virus und verunsichern und spalten dadurch die Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Die Bundesregierung war von Anfang an bestrebt, die negativen Folgen der Gesund­heits- und Wirtschaftskrise abzufedern. Aus einem erwirtschafteten Überschuss wurde ein notwendiges Defizit, denn es war wichtig, schnell und effizient zu handeln – koste es, was es wolle. Es war eine Verdeutlichung der Entschlossenheit, die gewaltige Herausforderung gemeinsam zu bewältigen.

Wir haben schon einmal gezeigt, dass steuerliche Entlastung und ein ordentlicher Haus­halt möglich sind. Ziel muss es sein, durch eine gute Standortpolitik Wachstum zu generieren und für etwaige Krisen – die hoffentlich nicht mehr so schnell kommen werden – vorzusorgen. Ein Budgetüberschuss ist keine Verzierung, sondern sorgt für Krisenzeiten vor.

Der Lockdown – und die NEOS haben bei dieser Entscheidung am Anfang mitge­stimmt – hat unsere Wirtschaft um 25 Prozent einbrechen lassen – die schrittweisen Lockerungen haben dann jedoch spürbar zur Entlastung und Erholung beigetragen. Eindeutig ist, dass die Infektionszahlen und die wirtschaftliche Dynamik aneinander gekoppelt sind, darum passen wir bitte aufeinander auf und, das sage ich vor allem in Richtung der Opposition, bedenken wir eines: In Zeiten wie diesen hat parteipolitisches Hickhack wirklich keinen Platz! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) – Ja, es ist so!

Halten wir zusammen, dann wird sich unsere Volkswirtschaft schon bald wieder erholen. Jeder Einzelne kann durch das eigene Verhalten dazu beitragen, Arbeitsplätze zu


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schützen und Unternehmen in unseren Regionen zu retten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Klubobfrau Rendi-Wagner – sie ist jetzt nicht da –, Sie haben recht: Wifo und IHS rechnen mit einem realen BIP-Rückgang von rund 7 Prozent im Jahr 2020 – aber bereits für das Jahr 2021 wieder mit einem Wachstum von circa 4,5 Prozent. Es wird einen Auf­schwung geben und das Vorkrisenniveau wird hoffentlich bald wieder erreicht werden – das kommt natürlich auf die Infektionszahlen an. Womöglich werden wir dieses Niveau schon 2022 wieder erreicht haben.

Die staatlichen Hilfen haben die Knoten unseres Netzes wieder repariert. Es gibt Maß­nahmen wie steuerliche Entlastungen, Steuerstundungen und Herabsetzungen von Vor­auszahlungen sowie Zahlungserleichterungen, dazu werden Garantien gewährt und Haftungen übernommen.

Im Rahmen des Gemeindepakets wurden bereits 91 Millionen Euro für 781 Projekte ausbezahlt. Dadurch wurde ein Vielfaches an Investitionen ausgelöst, die wirklich in der Wirtschaft vor Ort und in den Regionen angekommen sind. Im Budget für den ländlichen Raum werden bis 2024 1,1 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen, außerdem wird in den so wichtigen Breitbandausbau mit zusätzlich 41,5 Millionen Euro investiert werden. All diese Maßnahmen sichern Arbeitsplätze und stärken die Wirtschaft, sie bilden einen Schutzschirm und haben mit dem 12-Milliarden-Konjunkturpaket ein Volu­men von 50 Milliarden Euro für die Jahre 2020 und 2021. Hilfe muss es geben, wenn sie notwendig ist – das darf aber kein Dauerzustand werden, sie darf kein Blankoscheck sein und sie darf nicht zu Bequemlichkeit führen.

Liebe Opposition! Bitte verwenden Sie Ihre Energie nicht dafür, die Coronamaßnahmen und jetzt dieses Budget schlechtzureden, sondern ermutigen Sie die Menschen in dieser schwierigen Zeit und verunsichern Sie sie nicht! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger.)

Es kann nicht oft genug gesagt werden: Halten wir zusammen, machen wir Werbung für Österreich, für unsere hochwertigen Lebensmittel und unsere Produkte sowie für unser Land als Reiseziel!

Das Budget ist natürlich von der Krise geprägt: Es soll uns gut durchbringen, aber auch gestärkt daraus hervorgehen lassen. So bald wie möglich müssen aber wieder die Öster­reicherinnen und Österreicher die Knoten unserer Netze knüpfen. Die Lebensumstände haben sich geändert; einiges davon wird bleiben, einiges wird zu verbessern sein und einiges wird durch die Krise erst richtig in Schwung kommen.

Manches wurde uns in Erinnerung gerufen, so ist etwa das Thema Selbstversorgung wieder ein Begriff – sei es im Gesundheitsbereich bei Schutzausrüstung und Medika­men­ten oder bei der Lebensmittelversorgung durch unsere Bäuerinnen und Bauern –: Diese Wertschätzung wird hoffentlich noch lange bleiben.

Wir richten mit diesem Budget unseren Blick in die Zukunft: Wir investieren in Digitalisie­rung, in Bildung und Forschung sowie in den Arbeitsmarkt für mehr Wettbewerbs­fähigkeit. Es gibt eine Zeit nach dieser Krise, und dieses Budget ist die in Zahlen gegossene Antwort auf diese Krise. Es gilt jetzt schon, weiter zu denken und die Weichen zu stellen – und dieses Budget stellt die Weichen. Es ist für mich wirklich unverständlich, dass jemand diesem Budget nicht zustimmen kann. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Herr Kollege Leichtfried, Sie sind verwundert – ich bin auch verwundert! Frau Kollegin Doppelbauer, Sie stellen sich hier ans Rednerpult und behaupten irgendwelche Sachen – es wurde noch nie so viel Geld für Arbeit und Beschäftigung veranschlagt! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf bei den NEOS.) – Habe ich, ja! Ich habe es gelesen!


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Es wurde auch noch nie ein Budget mit so einer Steigerung verabschiedet. Das ge­schieht aus Verantwortung für die Arbeitsplätze und für den Standort Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Loacker: Das ist ja Unfug!)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Ich glaube, der Kollege Krainer wird das jetzt richtig­stellen!)


10.48.01

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, die Sozialdemokratie hat nicht nur hier im Parlament bewiesen, dass sie Verantwortung übernimmt, dass sie auch Vorschläge macht und hier gemein­same Beschlüsse mitträgt, um diese Krise zu bewältigen. Wir stehen auch nicht für Verunsicherung – wenn Sie der Meinung sind, es wird vonseiten der Politik zu viel verunsichert, dann sollten Sie vielleicht mit Kanzler Kurz und mit Innenminister Nehammer reden, die sind nämlich bekannt dafür, dass sie verunsichern! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Wir haben bereits letzte Woche klar dargelegt, was ein Budget in der Krise können muss, um aus dieser Krise herauszukommen. Wir haben gesagt, erstens müssen die kleinen Einkommen gesichert werden, denn da geht es um die private Nachfrage und das Verhindern der Ausbreitung von Armut. Zweitens müssen Investitionen gesichert werden. Die dritte Säule ist, Betriebe und Arbeitsplätze zu retten. Wenn man sich jetzt aber ansieht, was der Finanzminister vorgelegt hat, dann muss man sagen: glattes Nicht genügend!

Kleine Einkommen sichern? – Keine einzige neue Maßnahme. Wir haben klar eine Reihe von Maßnahmen beschrieben, die man setzen kann und setzen sollte, zum Beispiel das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent zu erhöhen. (Abg. Haubner: Das sind halt verschie­dene Zugänge!)

Es ist so, dass jeder, der arbeitslos wird, fast nur noch die Hälfte seines Einkommens bekommt, das heißt, er muss von heute auf morgen mit dem halben Einkommen aus­kommen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Sie können eh zwischenrufen, aber es wäre besser, Sie würden einmal selber probieren, von heute auf morgen mit dem halben Einkommen auszukommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Vorschlag, den wir gemacht haben, betrifft die Lehrlingsausbildung. Sie haben die Lehrlingsentschädigung für Lehrlinge in der überbetrieblichen Lehrlingsaus­bildung halbiert. Da haben wir gesagt: Nehmen wir diese Kürzung zurück! – Das wollen Sie auch nicht machen, davon sehe ich nichts im Budget. Kleine Einkommen werden in diesem Budget nicht gesichert. Das passiert nicht, und das ist schlecht, vor allem für die Menschen, die davon betroffen sind. (Abg. Hanger: Die Einkommen steigen!)

Der zweite Punkt betrifft Investitionen. Wir wissen alle: Der größte Investor sind die Gemeinden, sie investieren jedes Jahr circa 3 Milliarden Euro. Wir wissen, dass diese Investitionen ganz, ganz wichtig für die Wirtschaft sind, für die regionale Wirtschaft, für die Betriebe und für die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Wir wissen außerdem: Die Länder und Gemeinden verlieren automatisch 3 Milliarden Euro durch geringere Steuereinnahmen. Wie viel stellen Sie in dieses Budget ein? – 600 Millionen Euro, um diese Investitionen zu sichern. Das wird nicht reichen, das wissen Sie selber auch: Dieses Budget sichert nicht die Fähigkeit von Gemeinden, zu investieren. Im Gegenteil, es wird dazu führen, dass Gemeinden wesentlich weniger


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investieren, das kostet vor allem die regionale Wirtschaft Arbeitsplätze, und das ist Gift in dieser Krise. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das stimmt aber nicht!)

Es gibt Sachen, die sind nicht gleich ein Nicht genügend, sondern ein Vierer oder ein Dreier, sogar einen Zweier haben wir bei den Investitionen gefunden: was die ÖBB betrifft. – Ja, das ist erledigt, das Budget wird aufgestockt, in etwa um so viel, wie man es in dieser Situation aufstocken muss, gemessen an dem, was die ÖBB leisten können.

Beim Klimaschutz würde ich sagen, es ist eine Viertelmilliarde, die jetzt zusätzlich dazukommt. Das ist keine Klimaschutzmilliarde jedes Jahr, sondern das ist eine Klimaschutzmilliarde aufgeteilt auf 4 Jahre, aber es ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Was den öffentlichen Nahverkehr betrifft, ist es auch circa ein Viertel dessen, was wir bräuchten. Insofern ist die Analyse, dass Ministerin Gewessler irgendetwas erreicht hat, richtig; aber das löst noch nicht unser Problem.

Im dritten Bereich, Betriebe und Arbeitsplätze retten, passiert gar nichts. Wir steuern auf eine Pleitewelle zu, es gibt keine Instrumente, wie Unternehmen gerettet werden sollen. Es gibt in Österreich gute Erfahrungen damit in den Achtziger- und Neunzigerjahren, als es mit der GBI ein Instrument gegeben hat. Die Deutschen haben einen Fonds aufgestellt, um ins Eigenkapital zu gehen, um kleine und mittlere Unternehmen und auch große Unternehmen zu retten. Da macht diese Regierung gar nichts, und das ist der schwere Fehler.

Lassen Sie mich noch drei Anmerkungen machen. Erstens: Die Basis dieses ganzen Budgets, nämlich die Annahme, wie sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren ent­wickelt, ist besonders spannend. Die Annahme ist nämlich quasi so: Bis 31. Dezember ist der Virus da und ab 1. Jänner ist er weg und es gibt keine gesundheitlichen Einschränkungen mehr und keine Einschränkungen mehr für die Wirtschaft. Ich würde mich freuen, wenn es so wäre – allein, mir fehlt der Glaube.

Die zweite Annahme ist, dass es keine Reisebeschränkungen gibt, und zwar dass es bereits heuer zum Beginn der Wintertourismussaison keine Reisebeschränkungen gibt. Ich würde mich eh freuen, wenn es so wäre – allein, mir fehlt der Glaube. Insofern: wenn ich schon die Basis, auf der das Budget berechnet ist, nicht glauben kann, dann glaube ich auch Ihren Zahlen nicht und dem Budget nicht. Dieses Budget wird nicht halten.

Die letzte Bemerkung ist mir ganz besonders wichtig. Sie haben gestern hier Hayek zitiert, und ganz ehrlich, das, was bei mir angekommen ist – und das sieht man an der Politik, die Sie machen –, ist: Verluste zahlen wir alle gemeinsam, die Allgemeinheit; die Gewinne sollen wieder privat sein. Das schönste Beispiel dafür ist: Wir haben am Anfang gesagt, wenn ein Betrieb Hilfe will, weil er die Löhne nicht bezahlen kann, weil er die Steuern nicht bezahlen kann, dann soll er auch keine Dividenden ausschütten, dann soll es keine Managerboni geben. Was haben Sie gemacht? – Sie haben gesagt, nein, die Dividenden dürfen ausgeschüttet werden, ja, die Managerboni auch dort, wo wir Hun­derte Millionen reinpumpen, wie bei der AUA, die sind berechtigt, die dürfen aus­geschüttet werden. Jetzt passiert Folgendes: Die Gewinne, die sie im 19er-Jahr gemacht haben, wo sie die Boni auszahlen dürfen, die Dividenden ausschütten dürfen, die Steuer, die sie damals bezahlt haben, die bekommen sie jetzt zurück. Das ist das beste Beispiel für Ihre Politik, nämlich: Verluste soll die Allgemeinheit tragen und die Gewinne bekom­men wenige Reiche, Private oder Manager. Das lehnen wir zutiefst ab. (Beifall bei der SPÖ.)

10.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 37

10.55.05

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, wir diskutieren heute, im Oktober 2020, ein Budget, und wir wissen eigentlich nicht, wie sich die Situation in Österreich im Oktober 2021 darstellen wird. Wir stehen permanent vor neuen Herausforderungen, und wir werden auch permanent vor neue Herausforderungen gestellt. Das ist aber schon auch aufgrund Ihres völligen Unvermögens der Fall: nicht nur Ihres persönlichen, son­dern des Unvermögens dieser Bundesregierung.

Herr Minister, man kann ja nur hoffen, dass Sie dieses Mal keine Nullen vergessen haben, aber es wird egal sein, denn es sind jedenfalls zu wenige gesetzt für die Situation, auf die wir jetzt zusteuern werden. Dieser Finanzbedarf, den wir haben werden, wird nämlich ein gewaltiger; denn das, was Sie in Österreich aufführen, wird dazu führen, dass Sie die Wirtschaft weiter verunsichern, die Arbeitgeber verunsichern, die ja ihren Wohlstand verlieren werden. Wir werden Arbeitnehmer in Armut haben. All das ist hausgemacht, Herr Bundesminister! All das ist hausgemacht, meine Damen und Herren!

Sie reden immer davon, dass der Staat zuschießen und noch weiter zuschießen wird. – Es wird sich irgendwann nicht mehr ausgehen, Herr Finanzminister! Das ist das Problem, das ich sehe.

Wissen Sie, auf der einen Seite ist die Wirtschaft am Krachen, wir werden erst noch sehen, welche enorme Insolvenzwelle über uns hereinbrechen wird – wir können sie noch hinausschieben, aber dauerhaft wird das nicht möglich sein –, auf der anderen Seite fahren Sie weiter Ihre Politik der Panik. Heute in der Früh sagt der Herr Bundes­kanzler, es braucht weit schärfere Maßnahmen. – Ja, was meint er denn? Wissen Sie, es ist nicht so, dass die Politik Arbeitsplätze schaffen kann, aber die Politik ist verant­wortlich für die Stimmung in diesem Land, und die Märkte und die Investoren reagieren nun einmal auf diese Stimmung, und jede Stimmung der Verunsicherung führt dazu, dass die Märkte reagieren, dass die Investoren nicht mehr investieren, dass wir weniger Arbeitsplätze und auch weniger Steuereinnahmen haben. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Hörl und Smodics-Neumann.) All das, meine Damen und Herren, hat die Ursache in dieser Bundesregierung.

Wissen Sie, Herr Bundesminister, es ist schön, dass Sie Ovid gern mögen, wie ich weiß – ich habe das auch schon mitbekommen –, aber Ovid wird Sie nicht weiterbringen, es ist einfach so. Vielleicht sollten Sie sich einmal die Grundzüge und die Einführung in die Volkswirtschaftslehre hernehmen, um auch einmal zu erkennen, wie Wirtschaft, wie Sozialstaat, wie all diese Systeme zusammenhängen, und dann auch noch einmal hinterfragen: Ist denn diese Politik der Panik, die wir den Österreichern vorleben, tat­sächlich notwendig?

Letzten Mittwoch sind wir alle hier herinnen von Frau Kollegin Schwarz – sie ist jetzt nicht da; heute, glaube ich, fürchtet sie sich besonders – als Lebensgefährder abgekanzelt worden, weil wir keine Masken getragen haben. (Abg. Gabriela Schwarz: Da bin ich!)

Wenn aber die ÖVP feiert, so wie letzten Sonntag, dann kommt so etwas raus! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit einem Foto, auf dem eng zusammenstehende Menschen zu sehen sind, auf das Rednerpult. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da kommen dann Bilder von Feiern in ÖVP-Lokalen heraus; im Übrigen gibt es auch noch Feiern in der Landesgeschäftsstelle, überall. Das ist dann die ÖVP: keine Mindestabstände und auch keine Masken. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Ottenschläger: Das ist nicht von Sonntag! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Erinnern wir uns an das Kleinwalsertal – ich lass es Ihnen stehen, Kollege Haubner, Sie können es gerne weiter betrachten –, auch da gab es ja keine Abstandsregeln, keine


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Masken. Damals hat uns der Herr Innenminister gesagt, das gilt nicht für die obersten Organe, das gilt auch nicht für den Herrn Bundeskanzler. (Abg. Gödl: Fakenews!) – Ja, passt schon. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Das gilt auch nicht für den Herrn Staatssekretär, das haben wir schwarz auf weiß.

Jetzt weiß ich nicht, gilt es für die ÖVP generell nicht? Gilt das, was Sie der Bevölkerung aufoktroyieren, für niemanden in der ÖVP?

Im Übrigen, Sie von den Grünen: Auch von Ihnen gibt es diese Fotos, die können Sie dann in Kürze auf unserer FPÖ-Facebook-Seite bewundern, meine Damen und Herren. (Abg. Kirchbaumer: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!) Das ist die Politik, die Sie machen: die Menschen verunsichern, die Menschen in Angst und Panik versetzen; aber wenn Sie sich unter sich glauben, dann ist alles anders. Wenn Sie glauben, Sie sind unter sich, meine Damen und Herren, dann kommen solche Fotos heraus, und derer gibt es viele. (Beifall bei der FPÖ.)

Offensichtlich haben der Herr Bundeskanzler und Ihre Messagecontrol hier versagt, denn die Fotos sind von der ORF-Homepage, und offensichtlich haben Sie zu wenig schnell interveniert, dass die wieder wegkommen. Seien Sie versichert, wir haben das.

Hören Sie daher auf! Hören Sie auf, die Menschen zu verunsichern! Lassen Sie die Bürger draußen so leben, wie die ÖVP feiert! (Abg. Ottenschläger: Das ist ja unglaub­lich! Das ist eine Spinnerei!) Hören Sie auf mit dem Dreißigerjahrestil, mit dem Be­spitzeln, mit dem Denunzieren! Dann kommt die Wirtschaft von ganz alleine wieder nach oben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordnete Kugler zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.00.14

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Liebe FPÖ! (Heiterkeit bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: „Liebe FPÖ!“) Dieses Bild stammt vom Oktober 2019. Ich bin da in der Mitte drauf, und das war der Bezirksparteitag der Jungen ÖVP in Floridsdorf.

Das, liebe Frau Belakowitsch, ist Fakenews, und Fakenews ist vieles, was Sie sich aus dem Internet herauskopieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Es reicht nicht (Abg. Schnedlitz: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?!), im Internet herumzusurfen und irgendwelchen Quellen zu glauben. (Abg. Kickl: Das ist eine Wortmeldung! ...!) Und im Hohen Haus haben wir ein höheres Niveau. (Abg. Kickl: Herr Präsident! ...! Der macht da, was er will!) Die Freiheitliche Partei hat gesagt, wir brauchen einen Erneuerungsprozess: Da müssen Sie aber ganz, ganz tief graben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.


11.01.14

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich versuche, wieder zum Budget zurückzukommen. Wir haben schon viel über das Budget gehört, auch über das Klimabudget. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


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Aus meiner Sicht ist es so: Es geht nicht darum, ob die Grünen beim Verhandeln für das Klimabudget so erfolgreich waren, und es ist auch nicht unsere Klimakrise. Es ist unsere gemeinsame Klimakrise und wir müssen sie auch gemeinsam angehen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Was man aber schon sieht, ist, dass es anscheinend uns Grüne in der Regierung braucht, damit etwas weitergeht – und wie etwas weitergegangen ist, meine Damen und Herren! (Ruf bei der FPÖ: Das haben die auch immer gesagt!) Im Vergleich zum letzten von Türkis-Blau vorgelegten Budget wird es nächstes Jahr um 1,2 Milliarden Euro mehr für den Klimaschutz und für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es macht einen Unterschied, wer in der Bundesregierung sitzt, und im Klimaschutz ist dieser Unterschied 1,2 Milliarden Euro groß. Das Klimaschutzbudget bringt nicht nur nächstes Jahr deutliche Steigerungen, sondern auch in den Folgejahren, wie wir im Finanzrahmen sehen. Das heißt, es ist nicht nur ein kurzfristiger Turbo, den wir hier im Rahmen der Coronakonjunkturpakete zünden, sondern es geht weit darüber hinaus, bis zu den Jahren 2023 und 2024, wie Sie dem Finanzrahmen entnehmen können. Das ist besonders wichtig.

Wenn Sie sich das Klimaschutzbudget anschauen, sehen Sie, dass alle wesentlichen Klimaschutzinstrumente gestärkt werden. Die UFI wird erhöht, der Klima- und Energiefonds wird erhöht und auch bei der thermischen Sanierung geht ordentlich etwas weiter.

Aus meiner Sicht ist der größte Berg, den wir im Klimaschutz bewältigen müssen, die Wärmewende. Wir müssen 600 000 Ölheizungen in den nächsten 15 Jahren und 1 Mil­lion Gasheizungen in den nächsten 20 Jahren tauschen. Das ist eine Mammutaufgabe, und wir brauchen sehr, sehr viele Fördermittel, um das zu bewerkstelligen. Dazu gibt es das Förderinstrument der thermischen Sanierung.

Klubobfrau Rendi-Wagner von der SPÖ hat vorhin kritisiert, dass wir dafür zu wenig Geld zur Verfügung stellen. – Herr Leichtfried, können Sie sich noch erinnern, als Sie das letzte Mal Minister waren, gemeinsam mit Klubobfrau Wagner, wie viel Geld Sie für die thermische Sanierung zur Verfügung gestellt haben? Es waren 38 Millionen Euro. Nächstes Jahr gibt es 300 Millionen Euro – das ist mehr als das Siebenfache! (Beifall bei den Grünen.)

Warum war das ein Problem, dass zu wenig Mittel da waren? – Es gab zwar die För­deraktion, aber die hat meistens im März begonnen, wenn Sie sich erinnern, und dann im Juni, Juli oder spätestens im August waren die Fördermittel weg. Es war eine Stop-and-go-Förderpolitik, die sehr schädlich war, weil sich sowohl Unternehmen, aber auch Privatpersonen nicht darauf einstellen konnten, dass sie eine Förderung bekommen, wenn sie zum Beispiel ihre alte Heizung tauschen, wenn sie thermisch sanieren wollen oder sonst wie in den Klimaschutz investieren wollen. Jetzt sind so viele Fördermittel da, dass es eine verlässliche Förderstruktur gibt und Fördermittel das ganze Jahr vorhanden sind. (Beifall bei den Grünen.)

Zusätzlich zum Umweltförderungsgesetz – das finde ich besonders wichtig und wir haben das auch in den Ausschüssen schon angesprochen – gibt es ein Just-Transition-Paket. Bei der thermischen Sanierung, wenn Menschen zum Beispiel ihre alte Ölheizung loswerden, stellen wir 5 000 Euro Bundesförderung bereit. Wenn zum Beispiel eine Mindestpensionistin im Einfamilienhaus mit diesen 5 000 Euro wenig anfangen kann, weil sie den Rest nicht stemmen kann, haben wir dafür jetzt erstmals einen eigenen Topf mit 50 Millionen Euro geschaffen, mit dem wir genau diesen Leuten helfen. Wir helfen damit jenen Leuten, die niemals so viel Eigenkapital aufbringen könnten, um zum Beispiel ihre alte Ölheizung zu tauschen. (Beifall bei den Grünen.)


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Auf die Maßnahmen zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs ist Kollege Schwarz schon eingegangen. Es wird mit dem neuen Rahmenplan in der Höhe von 17 Milliarden Euro nicht nur mehr Öffiverbindungen geben, mehr und bessere Bahnhöfe, sondern auch die bestehenden Verbindungen werden verbessert. Es wird mehr Züge auf den bestehenden Verbindungen geben, mehr Busverbindungen. Das 1-2-3-Ticket wird dafür sorgen, dass Mobilität auch leistbarer wird, vor allem für Pendlerinnen und Pendler.

Das alles sind nicht nur Ausgaben, die da im Budget so vermerkt sind, sondern das sind Investitionen in die Zukunft. Wenn wir Öffis ausbauen, Radwege errichten und Ölheizun­gen austauschen, sorgen wir für mehr Lebensqualität. Wir haben weniger Luftver­schmutzung, es gibt mehr leistbare Mobilität und wir schaffen Tausende neue Arbeits­plätze. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

Wir sagen zwar in der Klimapolitik immer, ja, die Energiewende schafft Arbeitsplätze, und das ist auch richtig so, und wir stellen jetzt ein Förderbudget bereit, das es so in diesem Land noch nie gab, wir wissen aber auch, dass wir das irgendwie auf den Boden bringen müssen. Wenn jedes Jahr 60 000 Ölheizungen getauscht werden müssen, wenn wir im Prinzip jedes Jahr Fotovoltaikanlagen in der Größenordnung von einer Terawattstunde aufbauen müssen, dann müssen wir das auch irgendwie auf den Boden bekommen, und wir wissen, wir haben einen Fachkräftemangel. Deswegen freut es mich besonders, dass es im Budget auch 400 Millionen Euro zusätzliche Mittel für Umschulun­gen, für Ausbildungen und für Weiterbildungsmaßnahmen gibt. Nur so bekommen wir das hin. Deswegen freut es mich besonders, dass wir diese Bereiche sozusagen im Rahmen der Just Transition verbinden konnten.

Unser Ziel ist klar: Wir wollen bis 2040, in den nächsten 20 Jahren, klimaneutral sein. Wir wissen auch, dass ein Budget, dass Fördermittel nur ein Teil der Instrumente sind. Wir wissen, wir brauchen wesentlich mehr, aber das heute von der Bundesregierung vorgelegte Budget ist auf jeden Fall ein sehr, sehr wichtiger und großer Schritt in diese Richtung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


11.07.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt muss ich meine Hände und meine Unterlagen da hinlegen, wo vorhin Kollege Hammer und Kollegin Baumgartner ihre Masken platziert haben. – Es ist alles ganz super. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

Kommen wir zum Budget! Wen trifft die Krise, für die Sie dieses Krisenbudget erstellt haben? Wen trifft die Krise? Sie trifft die Arbeiter und die Angestellten, die vielleicht ihren Job verloren haben und jetzt arbeitslos sind, die in Kurzarbeit sind und weniger verdienen. Sie trifft die Unternehmer, die Umsatzeinbußen haben, die oft vor dem Ruin ihrer Existenz stehen, oft nach vielen Jahren Unternehmertum.

Sie trifft nicht die Politiker, die ein festes Einkommen haben, sie trifft nicht die öffentlich Bediensteten, die ein festes Einkommen haben, und sie trifft nicht die Pensionisten, die ein gesichertes Einkommen haben. Sie haben für den öffentlichen Dienst eine Gehalts­erhöhung, die über der Inflationsrate liegt, budgetiert. Man muss einmal schauen, wohin Sie das Geld verteilen, das Sie verteilen.

Sie formulieren in einer Weise, die ich für nicht angebracht halte: „Noch nie zuvor wurde“ mehr Geld für den Arbeitsmarkt „zur Verfügung gestellt“. – Entschuldigung, was heißt „zur Verfügung gestellt“?! Ich erwarte mir ein bisschen Zerknirschung, dass Sie sagen: Entschuldigung, wir sind in einer unangenehmen Arbeitsmarktlage, die wir nicht alleine verschuldet haben, aber die wir zum Teil mitverschärft haben, und jetzt gibt es die


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Notwendigkeit, dass wir viel Geld ausgeben, viel Steuergeld ausgeben!, und da nicht gutsherrenartig und großzügig von Zurverfügungstellung sprechen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.) Es liegt hier ein falsches Rollenverständnis vor.

Dann muss man schauen, ob jene Menschen das Geld bekommen, die es auch brauchen. Das stelle ich in Abrede – weil Sie mit der Gießkanne verteilen. Ein Beispiel ist der Kinderbonus in Höhe von 360 Euro. Da gibt es ganz viele, die das brauchen und die das für ihre Kinder brauchen, aber es gibt auch ganz viele mit einem gesicherten, guten Einkommen, die dieses Geld nicht gebraucht hätten. 

Zu jenen, die diese 360 Euro für ihre Kinder bekommen haben und sie nicht gebraucht hätten, zählen auch einige in unserem Kreis hier, dazu zählen viele öffentlich Be­dienstete mit einem schönen Salär. Mein Bruder hat mich angerufen und hat gefragt: Du, ich habe so viel Geld überwiesen bekommen, was ist das? Er hat einen sicheren Job in der privaten Wirtschaft und hätte es auch nicht gebraucht.

Sie geben das Geld nicht dort aus, wo es wirklich gebraucht wird. Es profitieren auch die Bauern – für die haben wir in den letzten Wochen schöne Pakete beschlossen –, die auch nicht konjunkturabhängig arbeiten. (Abg. Wöginger: Was ... die Bauern und die Beamten?) – Ja genau, die Bauern und die Beamten, die ÖVP schaut schon, dass ihre Klientel die Schäfchen nach Hause bringt. (Beifall bei den NEOS.) Danke für den Offenbarungseid, August Wöginger! (Abg. Wöginger: Ein paar Tausend ...!)

Schauen wir uns an, wo Sie das Geld ausgeben: Im Bereich Arbeit und Soziales fließen 3 von 4 Euro in die Pensionen und nicht zu den Arbeitern, zu den Angestellten und zu den Selbstständigen, die von der Krise wirtschaftlich massiv getroffen sind. Das muss man einmal klarstellen. (Abg. Wöginger: Aber auch ... was sie selber einzahlen!)

Dann muss man schauen, wer die wirklich langfristigen Büßer sind. Das sind die Jungen, die büßen jetzt Bildungschancen ein, denen werden die Schulen gesperrt. Also einen wild gewordenen Salzburger Landeshauptmann muss man ja mit aller Kraft davon abhalten, dass er nicht sofort im ganzen Land die Schulen und die Kindergärten zusperrt, so von der Spur sind diese Leute. Ich muss aufpassen, dass ich keinen Ordnungsruf bekomme. Würde ich das sagen, was ich denke, hätte ich schon drei, vier. Die Jungen sind hinsichtlich Bildungschancen getroffen (Zwischenrufe bei der ÖVP), die Jungen sind in ihren Einkommenschancen getroffen, da sie einen späteren Berufseinstieg haben.

Glauben Sie, wir haben so wenige Lehrstellensuchende, weil die anderen alle eine Lehr­stelle gefunden haben? Oder gehen die Jugendlichen vielleicht einfach länger in die Schule, besuchen noch eine weiterführende Schule, weil es keine Lehrstelle gegeben hat? Hängen die Studenten an den Bachelor noch einen Master dran, da es keine Stelle für den Berufseinstieg gegeben hat? Sie wissen nicht, was Arbeitslosigkeit für die jungen Menschen heißt! Das heißt, die haben auf Dauer nachweislich geringere Lebens­zufrie­denheit. Arbeitslosigkeit bedeutet immer schlechtere Gesundheit und geringere Lebens­erwartung. Sie rechnen immer nur mit der Lebenserwartung der Coronapatienten, Sie rechnen nicht mit der gesunkenen Lebenserwartung der Arbeitslosen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie wissen auch, dass die, die im jungen Alter arbeitslos sind, ihr Leben lang in der Einkommenskurve beeinträchtigt sind. Das, was Sie machen, ist ein Umverteilen von den Jungen zu den Alten. Das ist nicht fair, es ist nicht ausbalanciert und es ist nicht generationengerecht. (Beifall bei den NEOS.)

11.12


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.



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11.12.52

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vor den Fern­sehbildschirmen! Also Herr Kollege Loacker, unser Landeshauptmann in Salzburg ist ein äußerst verantwortungsvoller Landeshauptmann (Abg. Loacker: Völlig durch den Wind!) und Landesvater und er geht mit der Situation, die eine große Herausforderung darstellt, sehr sorgsam um. (Beifall bei der ÖVP. Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Herr Loacker, entschuldigen Sie sich für Ihre Ausdrucksweise! (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Ich glaube, schön langsam sollten die NEOS ihr oberlehrerhaftes Ge­habe ablegen, meine Damen und Herren, es ist unerträglich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Wöginger: ...die rosarote Brille!) – So.

Frau Kollegin Belakowitsch ist leider nicht da, aber ich muss ganz ehrlich sagen, was Frau Kollegin Belakowitsch heute hier getan hat, ist äußerst unredlich. Herr Kickl hat heute ein paar Zahlen strapaziert, ich möchte für die FPÖ auch eine Zahl strapazieren: minus 23 Prozent beim Vertrauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.) Es wundert mich nicht, denn solche Aktionen tragen nicht zu einer Vertrauens­bildung bei, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, aber jetzt möchte ich zum Budget kommen. Wir behandeln das Budget des Jah­res 2021. Ich denke, wir haben ein Budget, das aufgrund dieser Pandemie eine große Herausforderung darstellt. Diese Pandemie ist ja nicht auf Österreich beschränkt, wir haben heute schon viele Vergleiche mit anderen Ländern gehört, daher sollten wir uns auch der Tatsache bewusst sein, dass diese Pandemie auf der ganzen Welt ihre Opfer findet. Wir haben am Arbeitsmarkt weltweit gegenüber Ende 2019 momentan 550 Mil­lionen Arbeitsplätze weniger zur Verfügung. Diese Situation, meine Damen und Herren, geht auch an Österreich nicht spurlos vorbei. Gerade deshalb haben wir ein Budget geschnürt, mit dem wir 29 Milliarden Euro in den Arbeitsmarkt investieren, um genau die richtigen Maßnahmen für Beschäftigung und für sichere Arbeitsplätze zu setzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kassegger.)

Ich bin sehr froh, dass der Finanzminister Gernot Blümel heißt, denn Gernot Blümel ist ein fleißiger, engagierter und fachkundiger Minister, der genau weiß, welche Schwer­punkte wir setzen müssen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die SPÖ fordert hier, kleine Einkommen zu entlasten – haben wir gemacht! –, Investitionen zu sichern – haben wir gemacht!  Betriebe zu retten: Da sind wir dabei. Jeder Betrieb ist uns sehr viel wert, denn die Betriebe sind es, die die Arbeitsplätze sichern, meine Damen und Herren, und nicht wir in der Politik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben uns diese drei großen Ziele gesetzt: die Rettung von Menschenleben, von Arbeitsplätzen und von unseren Betrieben, die Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher und Investitionen in den Standort und die Wettbewerbsfähigkeit. Dafür haben wir ein Paket von 50 Milliarden Euro geschnürt, meine Damen und Herren. Diese Maßnahmen bilden eben die ganze Vielfalt unserer Landschaft an Unternehmen und Betrieben ab. Wir haben die Steuern gestundet, wir haben Garantien gegeben, es gibt einen Fixkostenzuschuss, es gibt den Härtefallfonds, der bereits von 200 000 Personen in Anspruch genommen wurde. Es gibt die Kurzarbeit, für die wir 8 Milliarden Euro vorgesehen und schon fast 5 Milliarden Euro ausbezahlt haben. Meine Damen und Herren! Insgesamt haben wir bis jetzt 24,8 Milliarden Euro an Maßnahmen gesetzt und die entsprechenden Mittel dafür zur Verfügung gestellt, und auch 2021 wird es wieder die notwendigen Mittel dafür geben.

Wir wollen unsere Betriebe unterstützen, wir wollen Arbeitsplätze schaffen und sichern und wir wollen vor allem die Menschen wieder in Beschäftigung bringen, das ist uns


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eines der größten Anliegen. Deshalb investieren wir in Maßnahmen wie Aus- und Weiter­bildung und auch Umschulung, denn es ist ganz wichtig, dass wir die Menschen nicht in der Arbeitslosigkeit verwalten, sondern dass wir das gestalten und die Menschen wieder einen sicheren Arbeitsplatz in den Betrieben bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich weiß, es ist kein einfacher Weg. Ich bin auch viel bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, wir nehmen ihre Anregungen auch auf und versuchen ja permanent, unsere Maßnahmen anzupassen. Heute in der Früh hat auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gesagt, dass es notwendig ist, die Maßnahmen immer wieder an die Gegebenheiten anzupassen, da sich ja die Gegebenheiten permanent verändern. Genau das tun wir, meine Damen und Herren. Wir setzten mit Umsicht und Weitblick die richtigen Maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist mir ja als Unternehmer und Wirtschaftsvertreter ein besonderes Anliegen. In Österreich sind 80 Prozent der Unternehmen KMUs, kleine und mittelständische Unter­nehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Es ist ja ganz besonders wichtig, dass wir eben diese Unternehmen unterstützen, denn sie beschäf­tigen zwei Millionen Menschen. Genau das ist es, was wir brauchen, nämlich Wachstum in diesen Bereichen und eine Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb – Kollege Schwarz hat es heute schon angesprochen – ist die Investitions­prämie eine richtige und gute Maßnahme (Zwischenruf bei der SPÖ), denn durch Inves­titionen sichern wir die Arbeitsplätze und wir sichern unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Wir haben in diesem Bereich jetzt schon 24 000 Anträge vor allem aus dem KMU-Be­reich, von den Kleinstunternehmen und von Kleinunternehmen, und es wurden bereits 1,7 Milliarden Euro zugesagt. Das löst ein Gesamtinvestitionsvolumen von 17 Milliarden Euro aus, meine Damen und Herren, und das ist eine richtige und wichtige Maßnahme für den Standort Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir dann noch genau schauen, wofür dieses Geld investiert wird, dann sehen wir, dass über die Hälfte in den Bereichen Digitalisierung und Ökologisierung investiert wird. Das ist genau das, was wir in unserem Regierungsprogramm vereinbart haben – also die richtige Maßnahme punktgenau eingesetzt.

Ich möchte schon auch sagen: Wir haben auch Maßnahmen gesetzt, die jahrelange Forderung von vielen hier herinnen waren: Wir haben die degressive AfA umgesetzt, wir haben einen Verlustvortrag umgesetzt. Also, meine Damen und Herren, wir tun sehr viel, dass wir die Unternehmer auf diesem schwierigen Weg, der zweifellos noch vor uns liegt, begleiten.

Eines noch: Kollege Leichtfried hat wieder Deutschland als Beispiel gebracht, was die Arbeitslosenzahlen betrifft. Deutschland und Österreich kann man schon vergleichen, aber dann muss man auch die Ausgangssituation richtig darstellen. Österreich hat 16 Prozent der Beschäftigten im Tourismus, Deutschland knapp 10 Prozent. Österreich lebt vom Tourismus. 15 Prozent des BIP erwirtschaftet der Tourismus, in Deutschland sind es nur 10 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Ich glaube, wenn in Öster­reich die Gäste ausbleiben, dann ist es relativ logisch, dass die Arbeitslosigkeit auch entsprechend steigt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Herr Kollege Leichtfried, ich habe bei Ihrer Rede festgestellt: Sie sind von der Wirtschaft so weit weg wie ich jahrestechnisch von den punischen Kriegen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Herr Haubner! Wann waren denn die?)

Ganz zum Schluss möchte ich noch einmal eines einbringen: Ich möchte die Gelegenheit auch benutzen, um mich im Namen von Salzburg zu bedanken, nämlich für die Unter­stützung der Festspielhäuser, weil es nämlich ganz wichtig ist, dass wir weiterhin die


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besten Festspiele der Welt in unserem Land haben und damit sehr viel Positives für Österreich und für Salzburg beitragen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Ich wünsche mir, dass wir aus Verantwortung für Arbeitsplätze und Standort gemeinsam durch diese Krise gehen – gemeinsam ist da nämlich ganz wichtig. Wir als Unternehmen wissen nämlich, was gemeinsam bedeutet, weil wir das tagtäglich in unseren Betrieben mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen. Gemeinsam heißt miteinander und nicht gegeneinander, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.21.49

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Alle Prognosen von Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten prognostizieren das Gleiche: Österreich wird den Wirtschaftseinbruch 2020 nicht so rasch aufholen können, auch nicht 2021. Es wird länger dauern, bis wir die Konjunkturzahlen von 2019 erreichen werden.

Die Folge ist uns allen bekannt: eine anhaltende Rekordarbeitslosigkeit. Geschätzte Damen und Herren von ÖVP und Grünen, hätten Sie das Epidemiegesetz nicht aus­gesetzt, gäbe es jetzt nicht diese großen Probleme. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung hat vieles an Investitionen, an Prämien, an Bonuszahlungen und Unterstützungen angekündigt, 29 Milliarden Euro – Herr Abgeordneter Haubner hat es wieder angeführt – für Beschäftigung und Arbeitsmarkt, aber die Frage ist: Reichen diese Maßnahmen und kommen diese Maßnahmen, die Sie fast täglich in groß angelegten Pressekonferenzen verkündet haben, tatsächlich dort an, wo sie ankommen sollen: beim Klimaschutz, bei der Beschäftigung, beim Kampf gegen die Rekordarbeitslosigkeit oder auch bei der Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich?

Schauen wir uns das anhand von nur drei Beispielen konkret an! Zu den Investitionen in den Klimaschutz: ÖGB, AK, Global 2000, alle haben gesagt, wir brauchen mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr. Sie haben im Budget nicht einmal 250 Millionen Euro pro Jahr bis 2024 drinnen. Ich sage Ihnen: Das ist eindeutig zu wenig. Das ist keine Klimapolitik, damit machen wir keinen Klimaschutz. (Beifall bei der SPÖ.) Das, was Sie machen, ist keine Klimapolitik, geschätzte Damen und Herren von den Grünen, das ist eine Pflasterlpolitik. Dort und da gibt es ein Pflasterl drauf, damit man dementsprechend etwas zum Herzeigen hat. Damit lösen wir diese Probleme nicht.

Oder auch das Gemeindepaket – Abgeordneter Krainer hat es angesprochen; wir wer­den heute dazu noch eine Kurzdebatte führen; unser Abgeordneter Andreas Kollross hat eine parlamentarische Anfrage gestellt –: Welche Gemeinden haben von diesem Ge­meindepaket – 1 Milliarde Euro für 2 095 Gemeinden und Städte in Österreich – etwas abgeholt?

Herr Finanzminister, Sie haben geantwortet, Sie können das aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beantworten. Sie haben aber geantwortet: 464 Gemeinden haben sich Geld abgeholt, 464 von 2 095 Gemeinden. Es ist jetzt genau das passiert, was wir als SPÖ immer gesagt haben: Dieses Geld, diese Gemeindemilliarde können sich nur Gemeinden abholen, die finanzstark sind. Finanzschwache Gemeinden können sich dieses Geld nicht abholen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Finanzminister, Danke auch für Ihre Offenheit gestern in Ihrer Budgetrede, in der Sie uns mitgeteilt haben, dass mittlerweile 781 Projekte mit einer Investitions­förder­sum­me von 91 Millionen Euro genehmigt sind. Von 1 Milliarde Euro sind nur 91 Millionen Euro abgeholt worden. Bitte ändern Sie dieses Gemeindepaket so, dass alle Gemeinden in Österreich sich ihr Geld abholen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Das dritte Beispiel: Ihre groß angekündigte Coronaarbeitsstiftung. Das, was jetzt im Budget aufscheint, ist die Absicht, 700 Millionen Euro zusätzlich in Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung zu investieren – 700 Millionen Euro. Abgebildet sind im Budget überhaupt nur 522 Millionen Euro für zwei Jahre. Wo sind die restlichen 178 Millionen Euro? – Die werden Sie dem Anschein nach wieder aus dieser Rücklage des Arbeits­marktbudgets herausnehmen. Das sind Beiträge von Beitragszahlern für andere Maß­nahmen im Förderbudget des AMS, auch dort wird das Geld abgehen. Das ist keine Arbeitsstiftung.

Eine echte Arbeitsstiftung, Herr Finanzminister, ist eine Arbeitsstiftung, mit der ganz gezielt betroffene Menschen individuell gefördert werden, geschult werden, ausgebildet werden, damit sie nachher sofort in einen Job kommen können, von dem sie vorher schon wissen. Das ist eine Arbeitsstiftung, aber das, was Sie da machen, ist leider keine Arbeitsstiftung.

Sie haben gestern abschließend gesagt: „Ich glaube an den Fleiß der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und an die Kreativität und Leistungsfähigkeit der heimischen Unternehmen.“

Jetzt findet gerade eine Verhandlung in Hirschwang im Unternehmen Mayr-Melnhof statt. 150 Arbeiter kämpfen dort um einen fairen Sozialplan. Die Firmenleitung hat für diese 150 Arbeiter einen Sozialplan mit einem Gesamtvolumen von 4,5 Millionen Euro angeboten. Zum Vergleich: Im Vorjahr hat ein Manager in diesem Unternehmen in Hirschwang 8,6 Millionen Euro Abfertigung erhalten – 8,6 Millionen Euro für einen Manager im Vergleich zu 4,5 Millionen für 150 Arbeiter. Da funktioniert in unserem Land etwas nicht, Herr Finanzminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Ihnen wirklich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land so wichtig sind, wenn Ihnen die Unternehmen in Österreich so wichtig sind, dann sorgen Sie auch dafür, dass unsere heimischen Unternehmen mit ihren Beschäftigten Aufträge erhalten! Sorgen Sie dafür, dass die Investitionsprämie, die gut läuft, an Auftragsvergaben an österreichische Unternehmen gebunden wird, so wie wir in der Steiermark es bereits seit 20 Jahren mit der Winterbauoffensive machen! Öffentliche Gelder nur für jene Inves­titionen, mit denen die Wertschöpfung und damit Beschäftigung und Firmen in Österreich am Standort gesichert werden! Das wäre wichtige Wirtschaftspolitik.

Oder sorgen Sie dafür, dass das Bundesvergabegesetz auch wirklich so genutzt wird, dass österreichische Unternehmen gerade jetzt in der Krise diese Aufträge erhalten! Wir haben in diesem Hohen Haus alles gemacht. Wir haben das Bestbieterprinzip eingeführt, wir haben auch die Schwellenwerteverordnung gemacht, die mit Jahresende ausläuft. Bitte sorgen Sie dafür, dass die Schwellenwerteverordnung – Direktvergaben durch die öffentliche Hand ab 1.1.2021 – weiter besteht und dass diese Werte auch erhöht werden!

Nur wenn wir jetzt diese Vergaben, diese Ausschreibungen so gestalten, dass die Zu­schlagskriterien Regionalität und Klimaschutzmaßnahmen beinhalten, bleibt unser Steuergeld auch in der Krise in unserem Land.

Ein Beispiel zum Abschluss, weil Kollege Haubner gemeint hat, wir sind ein bisschen „weit weg“ von der Wirtschaft – ich frage Sie das abschließend wirklich, weil auch eine Abgeordnete, ich glaube, Frau Abgeordnete Baumgartner, gesagt hat: Reden Sie un­­ser Budget nicht schlecht! –: Finden Sie es richtig, dass Lärmschutzwände für unsere


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Autobahnen jetzt in Ungarn bestellt werden und gleichzeitig österreichische Unterneh­men, die Kurzarbeit angemeldet haben, bei denen Kündigungen im Raum stehen, diese Aufträge nicht erhalten? Finden Sie das richtig? Wenn Sie es nicht richtig finden, dann tun Sie etwas dagegen! Ich glaube, gerade mit diesem Beispiel sind wir vielleicht näher bei der Wirtschaft, als Sie (in Richtung ÖVP) es sind und als Sie (in Richtung Grüne) es sind.

Herr Finanzminister, wenn Ihnen die heimische Wirtschaft wirklich mit all ihren Beschäf­tigten und Unternehmen wichtig ist, dann zeigen Sie das bitte nicht nur in einer Budget­rede, sondern mit konkreten Maßnahmen! Welche Maßnahmen das sein können, das habe ich Ihnen jetzt in den letzten 5 Minuten ausgeführt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.


11.30.10

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Vor allem aber: Geschätzte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Sie sind es, über deren Geld wir heute reden. Es macht ein bisschen den Eindruck, als redeten wir über das Geld dieser Regierung – vor allem der ÖVP –, das verteilt wird, aber Sie sind es, die dieses Geld zur Verfügung stellen, und Sie sind es, die im Endeffekt diese Schulden, die heute verteilt werden, wieder werden bezahlen müssen – das ist der Punkt.

Ich kann Ihnen Ihr Budget gerne zusammenfassen, liebe ÖVP und lieber Herr Finanz­minister: Es ist eine Nullnummer und eine Bestätigung dessen, mit welchem Selbst­verständnis die ÖVP die Republik als Selbstbedienungsladen sieht, dieses Geld der Steuerzahler in ihre Strukturen, in ihre Vereine hineinschiebt und damit ihre Politik macht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, Herr Minister, haben gestern gesagt: Dieses Budget ist in Zahlen gegossene Po­litik. – Ich sage Ihnen, was dieses Budget ist: Dieses Budget ist eine in Zahlen gegos­sene Zusammenfassung Ihrer Pressekonferenzen – nichts anderes. Sie haben die Pres­sekonferenzen der letzten Monate, in denen Sie der österreichischen Bevölkerung einen Bären nach dem anderen aufgebunden haben, in diesem Budget zusammengefasst – das ist dieses Budget.

Sie haben die Chance vertan, jegliche Reformen einzuleiten: Sie haben die Chance vertan, die Krise zu nutzen, um Föderalismusreformen, Strukturreformen und eine wei­tere Umsetzung der Steuerreform einzuleiten. Das, was Sie heuer vorgezogen haben, war ein erster kleiner Schritt einer Steuerreform, die unser Staatssekretär Hubert Fuchs ausgearbeitet hat, und Sie haben es verabsäumt, in dieser Krise die Steuerreform umzusetzen und weitere Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns an – das ist heute schon erwähnt worden –, wie Sie mit dem Föde­ralismus und unserer staatspolitischen Verantwortung, die Sie immer so hervorstreichen, umgehen, wie Sie die Gemeinden und Länder in Ihrem Budget und in Ihren Überle­gungen behandeln! Sie wissen genau, dass die Einnahmenausfälle der Gemeinden in einer Größenordnung von 2 Milliarden Euro liegen. Das kommunale Investitionspaket war ein Antrag der ersten Stunde von uns – das war in Ordnung, das war ein Paket für die Wirtschaft, damit Geld in die Wirtschaft fließt. Das fließt jetzt auch nicht, wie Kollege Muchitsch schon gesagt hat, weil Sie die Kriterien falsch aufgestellt haben. Das haben wir auch kritisiert.


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Den Gemeinden gehen heute noch 2 Milliarden Euro ab. Wie sollen sie die fehlende Infrastruktur vor Ort aufrechterhalten? Was machen wir als nächstes? Schließen wir die Schulen, schließen wir die Kindergärten? – Sie haben es ja heute schon getan: Sie haben gestern einen zweiten Lockdown ausgeschlossen, jetzt schließen Sie in Kuchl alles. Sie sperren die Schulen zu, Sie sperren die Kindergärten zu, die Betriebe werden geschlossen. Gestern haben Sie noch gesagt, Sie schließen einen zweiten Lockdown aus. Herr Minister, Sie werden dieses Budget schneller wieder in den Mistkübel werfen müssen, als Ihnen lieb ist.

Schauen wir uns noch einmal die Konstrukte an, die Sie verwenden, um Ihre Parteipolitik umzusetzen! Nehmen wir einmal die Wirtschaftskammer her: Die Wirtschaftskammer weigert sich seit Anfang der Krise, ihren Unternehmern – sie ist die Interessenvertretung der Unternehmer – mit dem Geld, das die Unternehmer dort eingezahlt haben, zu helfen. (Abg. Kirchbaumer: Stimmt ja gar nicht!) Am Anfang war die große Aussage: Die Wirtschaftskammer wird das alles schaffen, sie hat die Kapazität, sie kann das um­setzen, man wird auf die Rücklagen zurückgreifen, die Grundumlage wird nicht einge­hoben. – Was passiert jetzt? – Die Grundumlage wird vorgeschrieben, und wir machen eine Querfinanzierung über das Budget. Sie greifen schamlos in das Budget hinein und finanzieren die Wirtschaftskammer quer über das Budget. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Unglaublich!)

Ich habe mir das Budget im Wirtschaftsbereich angeschaut: Da sind noch einmal 12 Mil­lionen Euro drinnen und noch einmal 1,2 Millionen Euro für eine Digitalisierungsagentur, die wiederum in die Wirtschaftskammer hineingeschoben wird. Von der Cofag reden wir gar nicht: 18 Milliarden Euro des österreichischen Staatsbudgets schieben Sie in eine Gesellschaft namens Cofag, die der parlamentarischen Kontrolle völlig entzogen ist. Das hat es in dieser Republik noch nie gegeben – das muss man auch einmal sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, Sie schreiben auf der zweiten Seite der Budgetrede: „Es gilt das ge­sprochene Wort.“ Jetzt hätte ich fast das gebrochene Wort gesagt. „Es gilt das ge­sprochene Wort“ – bei euch, der ÖVP, bei Ihnen, Herr Minister? Von wem gilt das gesprochene Wort? (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Sie haben uns vor zwei Jahren noch versprochen: Es wird keine Erhöhung des EU-Budgets geben, wir werden bei unserem Beitrag von 1 Prozent des BIP bleiben. – Heute sind wir in der Situation, dass wir jedes Jahr 400 Millionen Euro mehr nach Brüssel zahlen werden. Was zählt Ihr Wort, Herr Minister? Was zählt Ihr Wort am Ende des Tages? Was soll man davon halten?

Ihr Budget erinnert mich ein bisschen an ein Stammbuch. Sie haben ja mehrere Zitate drinnen – eines hat unser Klubobmann schon erwähnt –: Schuldenleugner sind Klima­leugner, „es gilt das gesprochene Wort“, und so weiter. Ich schreibe Ihnen jetzt auch etwas in Ihr Stammbuch, das ganz gut zu Ihnen passt, Herr Minister: Theodor Heuss, den ich hiermit zitiere, sagt: Wer immer die Wahrheit sagt, kann sich ein schlechtes Gewissenleisten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


11.36.00

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Finanz­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Im letzten Budget gab es eine erhebliche Aufstockung für den Bereich der Justiz. Sie war lange notwendig und überfällig, aber trotzdem nicht selbstverständlich. Natürlich wurde diese Erhöhung freudig begrüßt, viele haben aber auch gesagt: Das war es jetzt,


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das ist jetzt erreicht, und nichts wird mehr passieren. – Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt erneut 65,8 Millionen Euro mehr für den Bereich der Justiz – 65,8 Millionen Euro! (Beifall bei den Grünen.) Das ist ein Betrag, mit dem auf jeden Fall der eingeschlagene Weg fortgesetzt und die Justiz nachhaltig saniert werden kann.

2,6 Millionen Euro zusätzlich gibt es für die Finanzierung der Erwachsenen­schutz­ver­eine. Damit kann Menschen ermöglicht werden, dass sie ein weitestgehend selbststän­diges Leben führen und trotzdem dort Unterstützung und Vertretung bekommen, wo sie sie wirklich brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

4,2 Millionen Euro zusätzlich fließen in den Opferschutz. Opferschutz ist ein ganz we­sentliches Thema, und auch mit dem neuen Gesetz zu Hass im Netz wird der Opfer­schutz weiter gestärkt. 4,2 Millionen Euro stehen dafür zusätzlich zur Verfügung. Gleich­zeitig bekommt die Datenschutzbehörde um 15 Prozent mehr Planstellen. Sie hat eine wichtige Aufgabe – auch bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen Hass im Netz –, und diese Aufgabe wird sie mit der Erhöhung des Personalstands erfüllen können.

17 Millionen Euro fließen in den Maßnahmenvollzug – 17 Millionen Euro, mit denen unter anderem 100 Plätze im Forensischen Zentrum Asten neu geschaffen und rund 60 zusätzliche Betreuungspersonen eingestellt werden können. 3 Millionen Euro stehen für die psychiatrische Begutachtung von geistig kranken StraftäterInnen zur Verfügung. Rund 2,3 Millionen Euro fließen in die Aufstockung der Bewährungshilfe. Mit diesen Mitteln kann unter anderem auch der Einsatz der elektronischen Fußfessel erweitert werden und es können jene Maßnahmen verstärkt werden, die notwendig sind, um StraftäterInnen nach Verbüßung der Haft wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

10 Millionen Euro fließen in die Kommunikations- und Informationstechnologie. Mit diesem Geld kann nicht nur sichergestellt werden, dass die Justiz ordentlich arbeiten kann, sondern auch der Elektronische Akt kann flächendeckend eingeführt werden.

4,5 Millionen Euro stehen noch zusätzlich zur Verfügung, um Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung von Covid-19 umzusetzen.

Natürlich sind wir noch nicht am Ende: Es gibt Maßnahmen, die weiterhin einer Finan­zierung harren. Es ist zum Beispiel immer noch notwendig, die Gebühren für die Ge­richtsdolmetscherInnen anzuheben. Das ist uns bewusst, wir wissen, dass das noch aussteht. Dieses Budget hat aber gezeigt, dass es der Justizministerin nicht um Effekt­hascherei und kurzfristige Highlights geht. Es wurde ein Weg der nachhaltigen Sanie­rung des Justizbereiches eingeschlagen, und der wird auch fortgesetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


11.39.48

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! 600 Millionen Euro mehr für die Bildung, fast 10 Milliarden – das klingt ja nach richtig viel. Wenn man es sich aber genau anschaut, sieht man, dass Sie eigentlich nur das Bestehende fortschreiben, völlig mutlos und total visionslos. Da ist überhaupt nichts Neues enthalten. Wir haben eine Riesenkrise, für die können Sie zwar nichts, aber wofür Sie schon etwas können, ist, wie Sie auf diese Krise reagieren.

Was wir jetzt dringend bräuchten – und die Coronakrise macht es noch deutlicher: wir bräuchten es noch schneller –, ist zum Beispiel ein Qualitätsausbau in den Kindergär­ten. Wir haben im internationalen Vergleich die größten Gruppen und das schlechteste


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Betreu­ungsverhältnis. Das fällt uns vor allem jetzt in der Coronazeit auf den Kopf. Und was machen Sie, vor allem die ÖVP, in der Steiermark gerade diese Woche? – Sie machen gemeinsam, in diesem Fall mit der SPÖ, einen Rückschritt in die Vergangenheit anstelle irgendeines visionären Schrittes in die Zukunft.

Wir brauchen nicht nur 15 Millionen Euro für 100 Schulen – das ist das Prestigeprojekt der Grünen im Regierungsprogramm! Es ist zu einem Mickymausprojekt von 15 Millio­nen geworden, und das Bildungsministerium schreibt sogar in einer Anfragebe­antwor­tung, dass es sich um ein Forschungsprojekt handelt. Es gibt genügend Best-Practice-Beispiele international und wir brauchen eigentlich nicht mehr Forschungsprojekte, sondern wir brauchen eine flächendeckende Unterstützung an allen Schulen. Eines ist ja schon oft strapaziert worden, aber man kann es nicht oft genug sagen: Durch das Homeschooling ist die Bildungsschere noch weiter auseinandergegangen. Wir brauchen für alle Schulen, besonders für die Brennpunktschulen, mehr Mittel – und nicht nur 15 Millionen Euro. (Beifall bei den NEOS.)

Wir brauchen Mittel für Ganztagsschulen, um Wahlfreiheit zu ermöglichen. Wir brauchen Mittel für den Ausbau der Sommerschulen, das ist überhaupt nicht enthalten. Wir brauchen auch bedarfsgerechte Ressourcen für die Deutschförderung – und was wir vor allem brauchen, und nicht erst nächstes Jahr, ist eine Digitalisierungsoffensive, die jetzt be­ginnt oder die schon längst beginnen hätte sollen. Sie rühmen sich mit dem Austeilen von Endgeräten für die 5. oder 6. Schulstufe im nächsten Schuljahr. Jene, die älter sind, brauchen offensichtlich keine Endgeräte, aber das ist überhaupt eine andere Ge­schichte. Nur das Austeilen von Endgeräten ist noch lange keine Digitalisierungs­offen­sive, das ist zu wenig! (Beifall bei den NEOS.)

Von den von mir genannten Punkten ist überhaupt nichts im Budgetentwurf enthalten. Wir haben die größte Krise seit Jahren, und Sie machen Schule wie immer, wie die vergangenen Jahre und viele Jahrzehnte davor.

Wir werden mehr brauchen als nur Regeln für das Händewaschen und das Lüften in den Schulen. Wir brauchen mutige Investitionen in die Zukunft, wir müssen in die jungen Leute investieren, weil die nämlich all diese Schulden, die Sie jetzt aufnehmen, einmal zurückzahlen müssen. Für all diese Jugendlichen und Kinder haben Sie überhaupt keine Antworten – und ich spreche auch zu Ihnen, Herr Minister (in Richtung Bundesminister Blümel, der auf sein Smartphone schaut) – auf all die brennenden Fragen im Bildungs­wesen, da gibt es gar nichts! (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit der Abg. Krisper.)

Diese Nichtinvestition, dieses Zurücklassen von zahllosen Kindern und Jugendlichen ist eigentlich der teuerste Teil in diesem Budget, und das ist sehr, sehr traurig! (Beifall bei den NEOS.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Theresia Niss. – Bitte.


11.43.58

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minis­ter, ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen noch einmal ganz, ganz herzlich zu diesem hervorragenden Ergebnis bei der Wahl zu gratulieren, die Sie am Sonntag geschlagen haben. (Beifall bei der ÖVP.) In diesem Zusammenhang darf ich der FPÖ sagen: Mit diesen Fakenews, wie mit diesem Bild, das Sie, Frau Belakowitsch, gerade gezeigt haben, werden Sie auch in Zukunft keine Wahlen gewinnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen aber auch zum Budget gratulieren, das Sie vorgelegt haben. Ich glaube, das ist ein sehr solides, ein Mut machendes Budget, das einerseits auf die


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Herausforderungen, die sicherlich durch die Coronakrise gegeben sind, reagiert, das Planungssicherheit gibt, das aber andererseits auch die Weichen für eine erfolgreiche Zeit nach der Krise stellt. Liebe NEOS, weil ihr immer von einem mutlosen Budget redet: Wenn sogar Bürgermeister Ludwig sagt, dass sich die NEOS ideologisch in die richtige Richtung bewegt haben (Heiterkeit der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Krisper), dann fürchte ich mich ja fast vor einem Budget, das ihr vorlegt! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Dieses Budget, meine Damen und Herren, ist ein Budget der Verantwortung in der Krise, für die Arbeitsplätze und für den Standort, es ist aber auch ein Budget der Verantwortung für die nächsten Generationen und für den Standort nach der Krise. Diese zwei Schwer­punkte finden sich auch wieder.

Wir finden im Budget jene Ausgaben, die unsere Arbeitnehmer, die unsere Unternehmer, die aber auch alle Bürger, Kinder, Familien, Pflegebedürftigen unterstützen und entlas­ten. Ich erinnere dabei nur an die Steuerreform, die wir hier im Juli beschlossen haben, die 1,6 Milliarden Euro umfasst.

Exemplarisch darf ich weitere vier Maßnahmen der Entlastung beziehungsweise der Unterstützung erwähnen:

Eine davon ist die Kurzarbeit. Zu Spitzenzeiten war über eine Million Leute in Kurz­arbeit – jetzt sind es immer noch 270 000. All das sind Personen, die wir in den Unter­nehmen in Beschäftigung halten konnten und die sonst arbeitslos geworden wären. Genau diese Personen möchten wir jetzt auch weiterbilden, denn, meine Damen und Herren, wir haben immer noch einen akuten Fachkräftemangel. Ich glaube, dass wir die gegenwärtige Zeit nützen können, diese Leute weiterzubilden, damit wir dann nach der Krise auch wieder wirklich durchstarten können. Für die Kurzarbeit nahmen und nehmen wir 8 Milliarden Euro in die Hand – das ist ein einzigartiges Modell in Europa. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine weitere Maßnahme ist die Arbeitsstiftung: 700 Millionen Euro nehmen wir 2021 in die Hand, um Arbeitslose weiterzuqualifizieren, denn jeder Arbeitslose ist einer zu viel, hinter jedem steht ein Einzelschicksal. Ich glaube, dass es wirklich unser Anliegen ist, wir wollen diese Leute nachhaltig – und ich sage hier: nachhaltig, Stichwort: Aktion 20 000 – in Beschäftigung stecken und deswegen auch dafür ein großes Danke an die Bundesregierung! (Abg. Greiner: „Stecken“! „Stecken“ ist schon mal ...!)

Die nächste Maßnahme ist der Fixkostenzuschuss. Diese Maßnahme unterstützt jene Betriebe, die durch den Lockdown besonders von einem Umsatzeinbruch betroffen sind. Es sind die Betriebe im Tourismus, im Handel, aber auch in der Industrie. An dieser Stelle möchte ich mich beim Finanzminister für seine Hartnäckigkeit und für seinen Einsatz bedanken. Wir hätten sonst eine Obergrenze in der Höhe von 800 000 Euro. Viele haben Kritik am Finanzminister geübt, dass wir uns gegen die EU stellen. – Nein, meine Damen und Herren, wir stellen uns nicht gegen die EU, sondern wir stellen uns hinter unsere Unternehmen, wir wollen ihnen möglichst gut helfen und deswegen haben wir auch eine Obergrenze von 3 Millionen Euro erreicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Last, but not least möchte ich die Investitionsprämie nennen. Knapp 1,7 Milliarden Euro wurden beantragt, damit können wir Investitionen von 17 Milliarden Euro auslösen, wir haben schon gehört: 80 Prozent davon gehen an Klein- und Kleinstunternehmen und über 50 Prozent gehen in die Ökologisierung und Digitalisierung, also in unsere Zukunft.

Ich weiß deswegen auch nicht, warum Kollegin Rendi-Wagner oder auch Herr Muchitsch sagen, dass wir keine Anreize für Investitionen setzen, für einen Konjunkturaufschwung, um die Kaufkraft zu beleben: All das sind doch genau die Maßnahmen, die das bewirken sollen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Das ist aber auch ein Budget, mit dem in die Zukunft investiert wird, mit dem der Grundstein dafür gelegt wird, dass wir auch nach der Krise wachsen können, dass wir unseren Standort ausbauen können, unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand sichern, und dass wir – das ist das Wesentliche – nachher auch wieder in Richtung ausgeglichenen Staatshaushalt kommen, denn dafür brauchen wir Wachstum.

Als Forschungssprecherin möchte ich hier einige Maßnahmen aufzählen, die in diesem Bereich zu erwähnen sind, denn diese sind wirklich bahnbrechend. Zuerst zu den Uni­versitäten: plus 13 Prozent, das ist eine konsequente Weiterführung der Universitäts­finanzierung, die wir im Jahr 2017 beschlossen haben. Wir können einerseits weiterhin die Betreuungsverhältnisse und damit auch den Output – sozusagen die Absolven­ten­zahl – verbessern, andererseits können wir die Schwerpunktsetzung auf technische und auf naturwissenschaftliche Fächer verstärken und weiterführen, denn ich habe vorher schon erwähnt: Wir haben einen Fachkräftemangel, und damit können wir gegen­steuern.

In diesem Zusammenhang darf ich auch die neue TU, die in Oberösterreich errichtet werden soll, erwähnen. Ich glaube, das ist wesentlich. Wir setzen auf Exzellenz, auf Internationalisierung. Das ist wirklich eine Sternstunde des Technologie- und For­schungs­standortes Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr erfreulich ist, dass auch die Fachhochschulen mehr bekommen, zum ersten Mal seit 25 Jahren werden die Studienfördersätze valorisiert. Das bedeutet einerseits Pla­nungssicherheit, andererseits können wir aber auch die notwendigen Schritte in Rich­tung Digitalisierung und Internationalisierung gehen. Seit Jahren wurde das gefordert, von dieser Regierung wurde es umgesetzt. Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Grundlagenforschung wird um 16 Prozent erhöht, die so oft geforderte Exzellenz­initiative wird umgesetzt. Wir können Spitzenforschung, die besten Köpfe nach Öster­reich holen. Den Ausbau des IST Austria, des Institute of Science and Technology Austria in Maria Gugging, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften – alles exzellente Institute – können wir weiterführen. Das ist ein wirklich ermutigendes Zeichen.

Auch die angewandte Forschung bekommt mehr Geld, vor allem im Bereich der Klima- und Energieforschung. Je 100 Millionen Euro werden 2021 und 2022 dafür investiert, dass unsere Industrien, unsere Produktion CO2-ärmer und ressourcenschonender wer­den. Auch die wichtigen Ipse-Projekte im Bereich der Digitalisierung und der Ökologisie­rung können weiter finanziert werden.

Entgegen der Meinung der NEOS finde ich dieses Budget nicht mutlos, im Gegenteil, ich finde es eigentlich ermutigend und vor allem notwendig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Pater Schasching, Ratgeber von vielen Päpsten, Politikern, aber auch Wirtschafts­mana­gern, sagte einst: Wirtschafte sachgerecht, menschengerecht und gesellschaftsgerecht! Ich glaube, dieses Budget wird diesem Appell gerecht. – Dafür herzliche Gratulation und ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.51


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte.


11.51.57

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Auf das Zitat eines Paters muss meiner Meinung nach ein Zitat Johanna Dohnals folgen: „Aus taktischen Gründen leise zu treten, hat sich noch immer als Fehler erwiesen.“ Ich


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wandle es ein bisschen ab und zitiere die Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl, die dieser Tage einmal gesagt hat: In Coronazeiten leisetreten, wird sich für die Frauen viel­leicht als Fehler erweisen. Genau das Gegenteil müssen wir tun!

Ich möchte an dieser Stelle – weil es heute noch niemand getan hat, auch Sie nicht in Ihrer gestrigen Rede – einmal allen Frauen in diesem Land, die seit Monaten die Gesell­schaft und das Land am Laufen halten, Danke sagen. Ein großes Dankeschön all jenen, die sehr oft schlecht entlohnt, doppelt und dreifach belastet, unser Land am Laufen halten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Über Frauen reden auch viele Expertinnen seit Monaten, wenn nicht seit Jahren. Es sind Pädagoginnen, es sind Wissenschaftlerinnen verschiedener Richtungen, es sind teilweise natürlich Arbeitsrechtsexpertinnen, es sind Gewaltschutzexpertinnen. Wenn man in diesem Land Befragungen durchführt, sagen aber auch Arbeiterinnen und Ange­stellte, was sie brauchen und was in Zukunft passieren sollte. Und um auch einen Mann zu zitieren, möchte ich den Wifo-Chef heranziehen, der gestern gesagt hat: Na ja, die Wirtschaftspolitik in dem Land besteht ja nicht nur aus Corona. Auf andere drängende Fragen gibt es keine wirklichen Antworten in diesem Budget, es gibt keine Antworten zu einer wirklichen Pflegereform, keine Antworten zu einer wirklichen Ökologisierung, die wir bräuchten. Vielleicht hat die Energie gefehlt, sagt Christoph Badelt, vielleicht war die politische Einigkeit nicht vorhanden. Ebenso ist eine geplante Steuerreform nicht im Budget enthalten, und auch der Finanzausgleich ist offen.

So, und wo sind jetzt die Frauenschwerpunkte, die sich eigentlich wie ein roter Faden durch dieses Budget ziehen müssten? Wo sind diese Frauenschwerpunkte, Herr Bun­des­minister? Sie haben die Frauen gestern in Ihrer 25-seitigen Budgetrede – mit vielen leeren Seiten übrigens – nicht einmal erwähnt. Ich sage Ihnen, Frauen aus den ver­schiedenen wissenschaftlichen Richtungen, Zusammenschlüsse von Frauenverbänden haben Vorschläge gemacht. Wir brauchen beispielsweise längst ein Halbe-halbe-Kon­junk­turpaket. Es kann nicht sein, dass wir nur einseitig in Kurzarbeit, in Unternehmen investieren – das ist wichtig und richtig, keine Frage –, sondern auch in die Pflege, in das Gesundheitssystem und in die Bildung. Meine Kollegin Hammerschmid wird danach noch einiges dazu zu sagen haben.

Wir müssen dieses Halbe-halbe-Konjunkturpaket endlich durch die Geschlechterbrille betrachten, denn die Arbeitslosigkeit, eines der Hauptprobleme dieser Coronakrise, trifft zusehends mehr Frauen. Immer mehr Frauen werden arbeitslos und immer mehr Frauen schlittern dadurch auch in die Armut.

Das sind Maßnahmen, die Sie nicht umgesetzt haben, die wir aber vorgeschlagen haben: Sie brauchen ein höheres Arbeitslosengeld, sie brauchen bessere Unterstüt­zung. Weil zum Beispiel der Unterhalt nicht fließt, wenn Männer arbeitslos geworden sind, braucht es ein Unterhaltsvorschussgesetz. Ich höre und lese das nirgends bezüg­lich der Millionen, die zum Beispiel auch für die Justiz zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht nur der Österreichische Frauenring, sehr geehrte Damen und Herren, hat viele, viele Vorschläge gemacht, nein, in dem Fall auch die SozialpartnerInnen. Ich will dieses Papier (ein Schriftstück in die Höhe haltend) als Beispiel dafür herzeigen – und will es auch mit Ihnen diskutieren –, dass es möglich ist, dass die Wirtschaftskammer, gemein­sam mit der Industriellenvereinigung, gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer, gemeinsam mit Arbeiterkammer und ÖGB ein Manifest erstellen, das für die Verein­barkeit von Beruf und Familie, für junge Eltern, vor allem für die Frauen, die jetzt durch diese Coronakrise daheimstecken und nicht raus können, dringend notwendig ist. Es ist dringend notwendig – und das sagen alle, über alle Grenzen hinweg –, dass man einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz hat, dass wir ganztägige Schulen


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haben, dass wir auch eine bessere Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen haben, dass wir frühzeitig die Kinder mit Mathematik und den anderen Naturwis­sen­schaften konfrontieren, dass es eine Ausbildungsoffensive im Allgemeinen gibt. Und es muss endlich einen bundesweit einheitlich Rahmen geben, wann ein Kindergarten auf­sperrt, wann er zusperrt, wie viele Tage er im Sommer geschlossen hat, denn wenn das nicht der Fall ist, können Frauen nie einen Vollzeitjob antreten.

Bitte diskutieren Sie doch mit uns diese Einigung der Sozialpartner, damit hier etwas weitergeht! Auch dazu findet sich nichts im Budget, keine Kindergartenmilliarde, keine 2 Milliarden Euro für die Pflegereform, die dringend notwendig wäre, denn wir sind nach wie vor der Meinung, Pflege muss staatlich geregelt sein und darf die Menschen in diesem Land nichts kosten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

So gäbe es noch viele, viele Beispiele, die von gescheiten Frauen zur Verfügung stehen, auch Ihnen zur Verfügung stehen, Herr Minister. Sie bräuchten nur Umsetzungsschritte zu setzen.

Ganz zum Schluss noch eine Friedrich-August-Hayek-Gruselgeschichte. Ich kann gar nicht verstehen, Herr Finanzminister, dass Sie gestern im Zuge Ihrer Rede gesagt haben: Keynes, na ja, kurzfristig, aber langfristig hat natürlich Hayek recht. – Sie wissen aber schon, dass das ein Antidemokrat war, der das Augusto-Pinochet-Regime unter­stützt hat, unter dem Menschen verschleppt und gefoltert wurden und Arbeitneh­merIn­nenrechte mit Füßen getreten wurden, dem eigentlich der Wirtschaftsnobelpreis ab­erkannt werden müsste? Den loben Sie? – Wer das tut, muss sich schämen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch ist der nächste Redner. – Bitte.


11.58.31

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Lassen Sie mich einen Bereich der Sicherheitspolitik beleuchten, den Sie gestern in Ihrer Rede erwähnt haben, nämlich das Budget für die österreichische Landesverteidigung. Es wird im Jahr 2021 in der Tat eine Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets geben. Es ist allerdings nur eine kurze Phase der Konjunk­tur in Bezug auf die Notwendigkeiten, die in diesem Ministerium bestehen, weil nach dem Bundesfinanzrahmengesetz bereits im darauffolgenden Jahr, nämlich 2022, alles wieder auf in etwa 2,5, 2,4 Milliarden Euro zurückfällt.

Deshalb ist dieses Budget, das wir für das kommende Jahr hier vorliegen haben, ein Etikettenschwindel in Bezug auf die Notwendigkeit, die Weiterentwicklung des öster­reichischen Bundesheeres, wie sie ja unter den Ministern Doskozil und Kunasek be­gonnen worden ist, auch sicherzustellen, Herr Bundesminister. Wir glauben, dass das nur möglich ist, wenn wir das Regelbudget des österreichischen Bundesheeres im Jahr 2021 auf mindestens 3 Milliarden Euro erhöhen können. Mit dieser Summe – min­destens 3 Milliarden Euro für 2021 – befinden wir uns auf dem Stand der Regierungs­verhandlungen, die wir mit Ihrer Partei im Jahre 2017 geführt haben. Wir befinden uns auf dem Stand, der aus dem Appell des Herrn Generalstabschefs vom vergangenen Frühjahr herausfließt, der diese Summe auch genannt hat und sie als eine notwendige Investition in die Sicherheitspolitik dargestellt hat. Wir werden an dieser Forderung weiterhin festhalten müssen, weil uns die Landesverteidigung und auch die Sicherheits­politik der Republik das wert sind.

Sie erwähnen im Begleitheft auch, dass es Schwerpunkte im Bereich des Sanitäts­dienstes, des Terrorschutzes, der ABC-Abwehr, des Katastrophenschutzes, der Cybersicherheit,


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aber auch bei der Miliz geben wird. Das alles sind wohlklingende Schlagworte, und ich begrüße jede Million mehr, die in das österreichische Bundesheer und seine Strukturen fließt. Es ist aber zu bezweifeln, dass diese Schwerpunktsetzungen mit Leben erfüllt werden können, und es stellt sich die Frage, ob die Millionen, die da angekündigt werden – es handelt sich um jeweils 20 bis 25 Millionen Euro –, auch wirklich ins Fließen kommen.

Wie Sie wissen, Herr Minister, gibt es ein angespanntes Verhältnis zwischen Ihrem Ministerium und dem für Landesverteidigung. Es ist nicht sicher, dass all die Euro­millionen, die da zugesagt werden, dann auch wirklich zur Verfügung stehen werden. Wir werden im Ausschuss noch klären, was in diese insgesamt 2,6 Milliarden Euro alles mit hineingerechnet worden ist. Ich nehme an, dass auch das Hubschrauberpaket, das noch unter Mario Kunasek mit Ihrer Partei ausverhandelt worden ist und 300 Millionen Euro umfasst, zumindest Teile davon, in diesem Budget drinnen sind, dass auch Kfz-Mobilitätspakete früherer Minister mit einfließen, damit wir dann insgesamt auf die Summe von 2,6 Milliarden Euro kommen.

Wir haben mit der Pandemie eine neue Herausforderung, und Sie erwähnen als einen der Schwerpunkte die Sanitätstruppen, die aufgefrischt und in ihrer Struktur gestärkt werden sollen. Es bleibt aber festzuhalten, dass wir bislang keine richtigen neuen Sanitätskonzepte auf dem Tisch liegen haben, und es ist zu bezweifeln, dass wir diesen Bereich mit der notwendigen Geschwindigkeit so ausgestalten können, dass er der Republik wirklich hilft und noch in Zeiten der Pandemie wirklich eingesetzt werden kann.

Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, dass wir das Landesverteidigungsbudget in zwei Bereiche teilen müssen. Wir brauchen ein Regelbudget, das jene 3 Milliarden Euro überschreitet, und wir brauchen Sonderfinanzierungen, die für besonders große Anschaffungen vonseiten des Finanzministeriums freigemacht werden. Wenn wir diese beiden Bereiche zusammennehmen, dann ist klar, dass nur mit den notwendigen Budgetmitteln eine Weiterentwicklung des österreichischen Bundesheeres sichergestellt werden kann.

Das vorliegende Budget vertreibt den Verdacht nicht, dass die ÖVP nicht die Weiter­entwicklung des österreichischen Bundesheeres betreibt, sondern das österreichische Bundesheer an die Mangelbudgets anpassen wird. Wir sehen also keine wirklich kon­struktive Weiterentwicklung des österreichischen Bundesheeres und werden diesem Budget selbstverständlich nicht zustimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


12.04.09

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher daheim! Als Pflegesprecherin möchte ich heute auf das Thema Pflege und auf das Pflegebudget eingehen, welches in der UG 21 zu finden ist.

Immer wieder wird die Pflege als die Herausforderung unserer Zeit genannt. Das ist sie auch: eine Herausforderung, die mit der Zeit nicht einfacher, sondern eher komplexer werden wird. Warum ist das so? – Das lässt sich anhand einiger Beispiele gut erklären.

Pflege wurde über Jahre, wenn nicht über Jahrzehnte hinweg vonseiten der Politik, vonseiten der vorhergehenden Regierungen vernachlässigt. Das mutlose Agieren, das Hin- und Herschieben hat die ohnehin sehr herausfordernde Situation in der Pflege drastisch verschärft. Die Versäumnisse der Vergangenheit kommen jetzt an die Ober­fläche, und die Coronakrise hat das natürlich noch weiter verschärft. Umso wichtiger ist


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es, dass sich diese Regierung mit Minister Anschober diesen zentralen Herausforde­run­gen stellt.

Wir werden älter, das ist erfreulich. Die Lebenserwartung steigt, und natürlich wächst mit ihr auch der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung. Genau diese demografische Entwicklung ist ein Grund, warum das Pflegesystem so unter Druck gerät. In keinem anderen öffentlichen Aufgabenbereich werden in den kommenden Jahren die Kosten so sehr steigen wie in der Pflege.

Eine weitere Herausforderung ist der Personalmangel, der hier immer wieder erwähnt worden ist. Es wird jetzt schon ein Mangel an Pflegepersonal beklagt. Laut einer Studie des Sozialministeriums vom November 2019 werden wir bis 2030 – das ist in zehn Jahren – in der Pflege 75 000 Menschen brauchen. Wenn man die Realität in der Pflege kennt, weiß man, dass dort ganz viele Menschen Teilzeit arbeiten. Das bedeutet, dass wir in zehn Jahren 100 000 Menschen mehr in dieser Branche brauchen werden – Stich­wort Pflegekräftemangel. Daneben besteht natürlich auch die Herausforderung, die Menschen, die jetzt in der Pflege arbeiten, dort auch zu halten. Es ist nicht selbstver­ständlich, dass Menschen ewig in diesem Job bleiben; Stichwort: die sehr schwierigen Arbeitsbedingungen.

Die wichtigste Säule in der Pflege sind die pflegenden Angehörigen. Diese Menschen brauchen dringend Entlastung. In Österreich gibt es circa 1 Million pflegende Ange­hörige, 1 Million Menschen, die am Limit ihrer Kräfte angelangt sind, für die es keine 40-Stunden-Woche gibt; für die heißt es sieben Mal die Woche 24 Stunden.

Diese Beispiele zeigen so klar auf, dass wir dringend eine Pflegereform brauchen. Der Gesundheitsminister hat bereits am 5. Oktober den Startschuss dafür gegeben, und da werden genau diese Herausforderungen, diese Themen bearbeitet, wird mit den Betrof­fenen diskutiert, mit der Wissenschaft, mit Menschen aus der Pflege und natürlich auch mit der Politik, die dann handeln muss und handeln wird.

Es braucht einen starken gemeinsamen politischen Willen. Diese Bundesregierung hat ihn, dieser Wille wird auch im Budget sichtbar. Insgesamt gibt es 60 Millionen Euro an zusätzlichen Mittel für die Pflege, 40 Millionen davon für den Schwerpunkt Pflege, Demenz und Behinderung, plus 20 Millionen für innovative Projekte und Qualitäts­sicherung in der Pflege. Bei innovativen Projekten fällt mir sofort Communitynursing, Communitynurse ein. Wir haben das in unserem Regierungsprogramm. Das ist nichts, was wir neu erfinden müssten, das gibt es in den skandinavischen Ländern, das funk­tioniert dort gut, und so etwas wünsche ich mir auch für Österreich.

Weiters geplant ist ein pflegefreier Tag, der die pflegenden Angehörigen entlasten soll, oder auch eine Personaloffensive – heute bereits mehrmals erwähnt. Ich möchte die Arbeitsstiftung – diesen Erfolg –, die mit 700 Millionen Euro dotiert ist, trotzdem noch einmal erwähnen. Es ist ein guter und wichtiger Schritt, dass die Regierung diese Arbeitsstiftung ins Leben gerufen hat. Genau jetzt, da viele Menschen zum Beispiel im Tourismusbereich aufgrund von Covid arbeitslos werden oder ohne Arbeit bleiben, kann man sie in Richtung Pflege umschulen, sie finanziell unterstützen und sie für diesen Beruf motivieren.

Beim Pflegepersonalmangel schaue ich auch ein bisschen in die Richtung der SPÖ, denn ich finde, es ist nicht gerade sehr seriös, sich hierher zu stellen und immer wieder zu sagen: In der Pflege wurde das und das nicht gemacht. Ich erinnere euch sehr gerne daran: Ihr hattet das sehr lange selbst in der Hand, nicht nur die Pflege, sondern auch viele andere Agenden. Also bitte hier mehr Seriosität! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Einen Schwerpunkt – die Zeit läuft mir davon – möchte ich noch erwähnen, und zwar die Menschen mit demenzieller Erkrankung. In Österreich leben 130 000 Menschen, die an


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 56

Demenz erkrankt sind. Diese Menschen beziehungsweise ihre pflegenden Angehörigen brauchen Unterstützung. Der Prozess, wie der Pflegebedarf ermittelt wird, ist nicht aus­reichend. Die Erschwerniszulage von 25 Stunden pro Monat reicht nicht aus, das ist zu wenig. Mich freut es sehr, dass es das gemeinsame Ziel dieser Bundesregierung ist, die Lebensumstände von Menschen mit demenzieller Beeinträchtigung und ihren Familien zu verbessern und weiterhin auch in diesem Bereich qualitätsvolle Pflege zu sichern. Ich bin zuversichtlich, dass uns gemeinsam diese Erfolge gelingen werden.

Sowohl die Herausforderungen als auch die Erwartungen im Bereich der Pflege sind groß – ich glaube, die Bundesregierung und wir sind uns dessen bewusst –, aber unser gemeinsamer Wille, für die Menschen in der Pflege, für verschiedene Gruppen in der Pflege wirklich sichtbare Verbesserungen zu erreichen – das kann ich Ihnen ver­sichern –, ist auch sehr groß. Dieses Gemeinsame über alle Fraktionen hinweg wünsche ich mir wirklich für die Pflege. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


12.11.37

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe mir das Budget aus Perspektive der Nachhaltigkeit angeschaut. Das wird meine Kollegen und Kolleginnen wahrscheinlich nicht sehr überraschen.

Nachhaltigkeit ist – anders als viele glauben – kein so dehnbarer Begriff, wenn man ihn aus einer ökologischen Perspektive betrachtet. Es geht darum, dass die bestehende Generation nicht mehr Ressourcen verbraucht und benötigt als jene, die nachwachsen, damit die nächste Generation die gleichen Ressourcen in der gleichen Qualität und Quantität zur Verfügung hat. Das ist die ganze Idee der Nachhaltigkeit. Diese Definition gibt es übrigens schon seit dem 17. Jahrhundert, sie ist also nicht ganz neu und es haben sie ganz sicherlich nicht die Grünen erfunden. Das, was die Grünen uns aber zu erzählen versuchen, ist, dass dieses Budget jetzt ein wahnsinnig nachhaltiges Budget ist. Entsprechend der Definition, die es, wie gesagt, schon sehr lange gibt, ist es kein sehr nachhaltiges Budget.

Da kann man – und das ist natürlich auch ein wesentlicher Punkt – sich das Ganze genauer anschauen und sagen: Es haben in der aktuellen Situation die ÖVP und die Grünen gewonnen. Wie meine ich das? – Aufseiten der Grünen können sie das tun, was sie sehr gerne tun: Sie geben mehr Steuergeld aus, sie geben in allen Kategorien, wo sie mitreden können, mehr Geld aus. Da bin ich übrigens durchaus der Meinung, dass das mitunter sinnvoll eingesetzt wird, aber nicht immer. Die ÖVP ist auch zu ihrem Erfolg gekommen, weil sie all das behalten darf, wo sie bisher betoniert und blockiert hat, sie darf weiter die Umweltverschmutzung finanzieren.

Genau da ist der große Gap: Wenn es um Nachhaltigkeit geht, geht es nicht nur darum, richtige Dinge zu tun, also in bestimmte Klimaschutzmaßnahmen, in eine Energiewende, in eine bessere Mobilität zu investieren, sondern es geht auch darum, falsche Dinge nicht mehr zu tun. Dieses Budget ist der Beleg dafür, dass ein paar Dinge richtiger gemacht werden und alles, was falsch ist, weiter falsch bleibt. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn man sich das in Zahlen anschaut, dann ist es sehr leicht erkennbar, weil es nicht gut versteckt ist. Es hat sich auch niemand die Mühe gemacht, das – ehrlicherweise – sehr gut zu verstecken.

Was ist denn an diesem Budget anders als am letzten? – Man gibt in der Umweltpolitik – also im Näheren: Klimaschutz, Naturschutz – 220 Millionen Euro mehr aus als im letzten


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Jahr. Diese Maßnahmen unterstützen die NEOS mehrheitlich. Man gibt in der Mobilität (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), namentlich natürlich ganz stark für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, 400 Millionen Euro mehr aus als im letzten Jahr. Im gleichen Atemzug ist es aber so, dass man weiterhin 4,7 Milliarden Euro für die Subvention von umweltschädlichen Maßnahmen ausgibt. Das heißt, 600 Millionen Euro Plus haben die Grünen bekommen, 4,7 Milliarden Euro für Umweltverschmutzung hat die ÖVP be­kommen. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist alles andere als an die nächste Generation denkend. Das ist eine Augen­aus­wischerei. Das ist in Wirklichkeit billiger Zahlenpopulismus. Das ist keine Trendwende, das ist keine Transformation, das ist keine Zukunft, das ist nur ein bisschen ein größeres Pflaster auf die Wunde, die die ÖVP schon seit Dekaden diesem Land zufügt.

Was ich dazusagen möchte: Was wären denn die richtigen Antworten? – Im Übrigen sind das nicht nur wir NEOS, die das sagen: Ganz viele Ökonomen und Ökonominnen, ganz viele Wissenschaftler im Bereich der Klimaforschung zeigen vor, was es eigentlich in unserem Land bräuchte. Allem voran gibt es eine Maßnahme, die in jedem Interview, in jeder Studie genannt wird, die im Übrigen auch im Regierungsprogramm steht, nämlich eine Ökologisierung der gesamten Steuerstruktur, eine Ökologisierung der kompletten Abgabenstruktur und der Gebühren. Da geht es nicht nur um die CO2-Steuer, sondern um eine echte Ökologisierung. Die, die wir im Budget für 2021 sehen, ist marginal, sie ist verschwindend gering. Ganz ehrlich, das hätte eine FPÖ, wenn sie quasi schon ein bisschen später am Abend verhandelt hätte, auch zusammengebracht. Das ist nicht wahnsinnig grün. (Beifall bei den NEOS.)

Diesbezüglich bin ich maximal enttäuscht. Das, was unser Land dringend gebraucht hätte, wären Jobs, Jobs, Jobs. Wenn wir über die Umwelt- und Klimapolitik sprechen, dann gibt es eine unglaubliche Chance, wenn wir tatsächlich einen Wandel in Richtung neue Arbeitsplätze vollziehen. Es ist nicht einfach nur eine Sonntagsrede, sondern dazu gibt es Studien von der TU Wien abwärts. Es würde knapp 180 000 lokale und regionale Jobs in Österreich schaffen – 180 000 Arbeitslose weniger –, wenn man richtig inves­tiert. Diese 180 000 Arbeitslosen bringen Sie derzeit mit den geplanten Aktivitäten nicht in Beschäftigung. Mit den 600 Millionen Euro mehr, die ich errechne, der Milliarde, die die grüne Regierungsfraktion errechnet, kommen Sie nicht gegen die 4,7 Milliarden Euro an Umweltverschmutzungen, die Sie in diesem Budget beschließen wollen, an.

Aus unserer Sicht ist das eindeutig kein Vorankommen. Wir werden dieses Budget aus Sicht der Nachhaltigkeit keinesfalls unterstützen können, und es ist auch kein Budget, in dem wir so viel Grün sehen, wie uns jeden Tag aufs Neue verkauft wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.


12.17.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Geschätzter Herr Bundesminister! Wir kennen diese rhetorischen und kommunikativen Spielchen. Wenn einem die Argumente ausgehen, dann wird die Diskussion sehr persönlich. Oft werden persönliche Eigen­schaften, auch körperliche Eigenschaften von Politikern herangezogen, und ich sage ganz offen, wir tun uns da nichts Gutes. Es gibt aber dann die Zeit, wenn die Politik die Vertrauensfrage stellt, wenn Wahlen geschlagen werden. Das ist in Wirklichkeit die höchste Form der Demokratie und auch die höchste Form, das Vertrauen abzufragen, wie man denn in der Bevölkerung dasteht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 58

Ich darf dir, Herr Bundesminister, zum Wochenende, zu deinem Erfolg bei der Wienwahl gratulieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) 11 300 Vorzugsstimmen sind wirklich ein großer Erfolg, und ein Plus von 11,2 Prozent ist historisch. Ich möchte mich bei dir für deinen Einsatz (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) für die Volkspartei, für die Stadt Wien und für das Land Österreich bedanken. Wir sind auf einem guten Weg. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Peter Wurm von der FPÖ hat gestern von Demut gesprochen. Ich sage ganz offen: Ja, vereinbaren wir eine gewisse Demut. Demut würde der FPÖ gut anstehen. Nach Ibiza, nach der Wienwahl, nachdem Frau Kollegin Belakowitsch mit Fakebildern hier ans Red­ner­pult gekommen ist und uns als Volkspartei angeschwärzt hat, und nach 7,11 Prozent bei der Wienwahl: Vereinbaren wir eine gewisse Demut, die auch die FPÖ in diesem Rahmen an den Tag legen sollte. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zum Budget: Wir haben so etwas Ähnliches schon einmal gehabt, und zwar 2009, als in unserer Volkswirtschaft die Finanzkrise 2007/08 aufgeschlagen ist. Damals hat das BIP ein Minus von 3,8 Prozent verzeichnet. Ich war zu dem Zeitpunkt Bürgermeister, und viele von uns haben sich gefragt: Werden wir diese Krise stemmen? – Und ja, wir haben es geschafft. Zu diesem Zeitpunkt, 2008 auf 2009, ist die Schuldenquote von 68,7 Prozent auf 79,9 Prozent gestiegen. Und wir haben es dann von 2015 bis 2019 geschafft, unsere Schuldenquote von 84,9 Prozent auf 70,5 Prozent zu senken, und 2019 konnten wir uns sogar einen Maastrichtüberschuss von 0,9 Prozent erwirtschaften.

Dieser Rückblick auf die letzten zehn Jahre sollte uns, ja, mit Demut und auch mit einer gewissen Dankbarkeit erfüllen, aber auch mit Zuversicht. Warum haben wir das ge­schafft? – Wir haben es geschafft, weil es Menschen in diesem Land gibt, die wissen, wie es geht – in der Wirtschaft, in der Landwirtschaft, die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, die Menschen im öffentlichen Dienst, im Bildungsbereich, im Gesundheits­system, in der Verwaltung –, und weil auch die Politikerinnen und Politiker die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Das macht mich zuversichtlich, dass wir auch diese Krise, die budgetär und volkswirtschaftlich 2020 ein riesiges Loch reißt, bewältigen wer­den, weil wir in Österreich wissen, wie es geht.

Jetzt zum sogenannten Krisenbudget. In diesem bildet sich natürlich ab, dass es 2020 notwendig war, diese 50 Milliarden Euro zu investieren. In Wahrheit ist es eine Zukunfts­investition in die Unternehmen, in die Betriebe, in den Arbeitsmarkt, in soziale Projekte und auch in das Gesundheitssystem. Klar ist, dass daraus ein Budgetdefizit in der Höhe von knapp 30 Milliarden Euro resultiert. Es ist aber für uns auch ganz klar, dass wir dieses Defizit bis zu einer Höhe von 4,9 Milliarden Euro bis 2025 abbauen werden. Das ist eine Investition in die Zukunft, damit wir letztendlich unseren Wohlstand, unseren Sozialstaat, unser Gesundheitssystem erhalten und letztlich auch in Sachen Klima­schutz und Ökologisierung weiter vorankommen können.

Und an dieser Stelle eines, Kollege Bernhard: Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wird kommen, und wir werden mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz auch viele Green Jobs schaffen.

Damit wir uns die Projekte, die wir auf den Weg bringen, auch leisten können, ist dieses Budget und waren diese 50 Millionen Euro zur Rettung einfach notwendig.

Zur Landwirtschaft einige Worte: Ich bin froh, dass das Landwirtschaftsbudget, das Ministerin Köstinger verwalten wird, um zirka 600 Millionen Euro erhöht wird, wie in vielen anderen Bereichen auch, wo das dringend notwendig ist. Es wird in die Forst­wirtschaft investiert: ein Plus von 158 Millionen Euro; es wird in die ländliche Entwicklung investiert: ein Plus von 991 Millionen Euro; es wird in die Siedlungswasserwirtschaft investiert – das wird die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister freuen –: ein Plus von


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15,7 Millionen Euro; und es wird in den Breitbandausbau investiert: mit einem Budget in der Höhe von 260 Millionen Euro.

Das sind viele Signale für den ländlichen Raum, das sind aber auch wichtige Signale für uns Bäuerinnen und Bauern, damit wir in Zukunft mit einem entsprechenden Einkommen auch unseren Job machen können.

Ich komme zum Schluss: Es werden spannende Wochen, spannende Diskussionen in den Ausschüssen und auch im Plenum, und ich darf das geschätzte Publikum ermun­tern, zuzuschauen. Die Opposition wird weiter die Wunden lecken – die Regierung und die türkis-grüne Koalition werden weiter die Wunden pflegen, die diese Krise in unseren Systemen angerichtet hat. Ich bin überzeugt davon, dass mit viel türkis-grüner Hoffnung und Klarheit diese Wochen gut gemeistert werden. Ich freue mich schon auf die Diskussionen. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.24


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sonja Hammerschmid. – Bitte.


12.24.21

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen! So ein Budget kann etwas Charmantes, ja etwas Erhellendes und auch Reinigendes haben, denn es zeigt klar, was Sache ist. Die Fassade wird weggewaschen, es erfolgt mehr oder minder eine Demaskierung, denn wir sehen klar, was hinter diesen vielen Ankündigungen, Pressekonferenzen, Versprechen der Regie­rungsmitglieder steht.

Nun: Was steht dahinter? Was ist der wahre Kern?

Wir begrüßen zwei Maßnahmen, ich möchte mit dem Positiven beginnen. Es sind in diesem Budget 235 Millionen Euro eingestellt, die endlich Tablets und Laptops in die Schulen unserer Kinder bringen. Das ist schon einmal etwas Positives (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP) – nach drei Jahren Realitätsverweigerung des Bildungsministers zum Thema Digitalisierung. (Abg. Kirchbaumer: Nein, nein, nein! ...!)

Der Haken daran allerdings ist folgender: Das ist eine einmalige Investition in die Aus­stattung mit Computer, und nach Ihren eigenen Ausführungen im Budgetbericht landen die Computer nur in der fünften und sechsten Schulstufe. Da muss ich Sie fragen: Was ist denn mit den anderen Kindern? Was ist vor allem auch mit jenen Kindern, die dann das Jahr darauf in die fünfte Schulstufe kommen? Kriegen die keinen Computer? Was ist dann? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Was ist mit WLAN-Ausbau, was ist mit Wartungs- und Servicearbeiten? Sollen das die Lehrer machen? Das kann ja wohl nicht wahr sein! Was ist mit Lernprogrammen, Lernapps, Game-based Learning? Was ist mit Weiterbildungsmöglichkeiten für die Pädagoginnen und Pädagogen? Davon ist schon nicht mehr viel die Rede, davon ist auch nichts mehr im Budget zu finden.

Die zweite positive Geschichte ist das Miniminiminibudget zum Thema Chancenindex, nämlich für das 100-Schulen-Projekt. Allerdings handelt es sich auch da um eine einmalig eingestellte Budgetmaßnahme, in den Folgejahren ist schon wieder nichts mehr davon zu sehen. Das wird das Problem wirklich nicht lösen.

Wo sind die Herausforderungen in unseren Schulen zu suchen? – Die Ergebnisse der OECD-Studie Bildung in Zahlen zeigen einmal mehr, dass Bildungsvererbung in Österreich leider sehr großgeschrieben wird, und durch Corona wurde diese Bildungs­vererbung massiv verstärkt.


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Wir sehen allein aus den IHS-Studien zum Lockdown, dass mindestens 140 000 Kinder von der Schule nicht oder nur unzulänglich erreicht werden konnten. 140 000 Kinder haben keine Endgeräte, keinen Computer und konnten nicht lernen.

76 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer sorgen sich über die schwachen Kompetenzen, um das Kompetenzniveau der benachteiligten Schülerinnen und Schüler.

Und noch eine Studie: Die Pisa-Auswertung zur Bildungspolitik hat jüngst gezeigt, dass 66 Prozent der Schulen einen Mangel, einen wirklich hohen Mangel an Unterstützungs­personal haben – 66 Prozent! Und drei von zehn Kindern, liebe Kolleginnen und Kolle­gen, haben zu wenig Lernmaterial und haben zu wenig Schulbücher – und das in Öster­reich! Das sollte uns zu denken geben und das sollte uns vor allem handeln lassen.

Jetzt weiß ich, dass Bildungsminister Faßmann gerne Studienergebnisse und wissen­schaftliche Erkenntnisse zur Seite schiebt. Ich versuche es beim Budget anders, ich stelle Ihr eigenes Regierungsprogramm den Zahlen, die im Budget zu finden sind, ge­genüber:

Mittel für Integration im Bildungsbereich und Unterstützungspersonal abseits der 15 Mil­lionen Euro: nichts ist zu finden. Ich erinnere an die 80 Millionen Euro, die 2017 noch drinnen waren. Die Stärkung der Elementarbildung, die den Grünen so wichtig ist: Keine Mittel sind im Budget zu finden. Die bessere Deutschförderung: keine Mittel; die Stär­kung der dualen Ausbildung: keine Mittel; lebenslanges Lernen, Erwachsenenbildung: kein Mehr an Mitteln. – Das ist einfach unzureichend, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Budget ändert an den strukturellen Problemen, die wir im Bildungsbereich haben und die durch Corona verstärkt wurden, echt nichts. Melisa Erkurt schreibt das sehr treffend: Bildung wird in Österreich vererbt, und: Bildung muss man sich als Familie leisten können. – Die Familie muss es sich leisten können, die Kinder zu Hause zu unterstützen oder ihnen Nachhilfe zu zahlen, die Eltern müssen es sich leisten können, mehr Lernmaterialien zu kaufen, die Eltern müssen es sich leisten können, die Nach­mittagsbetreuung ihrer Kinder zu organisieren und zu bezahlen.

Die Kinder sind davon abhängig, wie gut sie von zu Hause unterstützt werden. Und genau das ist der zentrale Denkfehler: Wir müssen wegkommen von einer Hausübungs­halbtagsschule hin zu einer pädagogisch exzellent geführten ganztägigen Schule, die allen Kindern hilft, egal, wer ihre Eltern sind, egal, woher sie kommen, welchen Namen sie tragen und ob sie dafür zahlen müssen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das Budget soll allen Kindern die gleiche Chance geben, das ist meine Forderung, und diese sehe ich in keiner Weise darin abgebildet. Das Budget ist schlicht zukunfts­vergessen.

Als Forschungssprecherin noch ein Wort zum Wissenschafts- und Forschungsbudget: Dieses stimmt mich in der Tat versöhnlicher, aber auch da wird die Nagelprobe noch kommen, wenn wir in den Ausschüssen im Detail diskutieren, denn ich sehe ein Mehr an Mitteln für Universitäten und Fachhochschulen, ja, und eine gewisse Summe für die Forschungsfinanzierung und das Forschungsfinanzierungsgesetz, aber ich sehe nichts – das ist im Budget nicht dargestellt – für den Österreich-Fonds, ich sehe nichts für die Nationalstiftung. Und wenn ich jetzt davon ausgehe, dass das nicht dotiert wird, dann sind wir ganz schnell wieder bei einer Absenkung des Forschungsbudgets. Wir haben im Ausschuss also viel zu tun und viel zu diskutieren. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 61

12.30.45

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Schriftstellerin Astrid Lindgren hat einmal gesagt: „Wie die Welt von morgen aussehen wird, hängt in großem Maß von der Einbildungskraft jener ab, die gerade jetzt lesen lernen.“ – Die Welt unserer Kinder, die Welt von morgen, hängt aber auch ganz entscheidend davon ab, wie wir die Budgetpolitik von heute gestalten, damit es uns gelingt – und damit schließt sich der Kreis zu Astrid Lindgren wieder –, und es muss uns gelingen, dass unsere Kinder möglichst rasch und sinnerfassend lesen lernen.

Wir müssen ihnen die Chancen und die Möglichkeiten dazu aufbereiten, damit sie sie nutzen können. Dazu braucht es das beste und dazu braucht es das zuverlässigste Schulsystem und Bildungssystem, und wenn wir das wirklich wollen, müssen wir auch Geld in die Hand nehmen und die Wichtigkeit stets hervorheben und betonen.

Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer Budgetrede gestern gerade einmal drei Sätze zum Bildungsbudget, zu unseren Schulen und zu unserem Schulsystem geäußert – zu einem Bereich, einem Feld, das weite Teile der Bevölkerung betrifft. Eltern, Lehrer und Schüler haben in den vergangenen Monaten extrem großes Engagement an den Tag gelegt und viel dazu beigetragen, dass die oftmals chaotischen Zustände an unseren Schulen nicht gänzlich aus dem Ruder gelaufen sind.

Drei Sätze zum Bildungsbudget, Herr Bundesminister: Das ist eindeutig zu wenig! Sie schreiben das Bildungsbudget – und da stimme ich Kollegin Künsberg Sarre zu – einfach nur fort und sind dabei mutlos.

Der Bildungsbereich war wie kaum ein anderer in den vergangenen Monaten von großer Verwirrung und Unsicherheit gekennzeichnet: Schule auf, Schule zu, Distancelearning, Abschiebung der Betreuungspflichten auf die Eltern und Großeltern, Maskenpflicht an den Schulen ja oder nein, Unsicherheit durch ein nicht ausgereiftes Ampelsystem, Schul­sport ja oder nein, leere Zetteln bei der Matura. Heute ist mit der sogenannten Nost das nächste Thema aufgeploppt; das ist auch eine altbekannte Baustelle, an der man schon seit fast zehn Jahren herumpfuscht. Auch da haben die Eltern, die Schüler und die Lehrer Großartiges geleistet.

Herr Bundesminister, drei Sätze zum Bildungsbudget: Das ist zu wenig! Sie haben auch nicht gesagt, in welche Richtung Ihre Budgetpolitik unser Schulsystem drängt. Sie haben kein Wort darüber gesagt, dass die Ausgaben für die klassischen Integrationsagenden im Schulbereich wie das Erlernen der Unterrichtssprache, Werterziehung oder Konflikt­lösung zwar ständig steigen, es gleichzeitig aber kaum Budget für die Talenteförderung gibt. Es ist aber mindestens genauso wichtig, jene zu fördern, die eine höhere Begabung haben, die mehr Talente besitzen und die zu mehr Leistung fähig und bereit sind. Das haben sich unsere Kinder ganz einfach verdient.

Ihr Budget, Herr Bundesminister, setzt auch keinen Schritt in Richtung einer leistungs­orientierten Bezahlung der Lehrer, obwohl dies notwendig und wichtig wäre und obwohl wir das bereits in der Zeit unserer Regierungsbeteiligung vereinbart hatten.

Hohes Haus! Investitionen in die Bildung schaffen Gerechtigkeit, Investitionen in die Bildung verhindern Bildungsverlust. Laut einer aktuellen OECD-Studie, „Bildung auf einen Blick“, liegt der Anteil der öffentlichen Ausgaben für den Bildungsbereich, und zwar inklusive der Hochschulen, im Verhältnis zu den Staatsausgaben in Österreich unter dem OECD-Durchschnitt von 11 Prozent. Auch mit dem Anteil der Gesamtausgaben im Schulbereich am Bruttoinlandsprodukt liegt Österreich unter dem OECD-Durchschnitt.

Allein das, Hohes Haus, zeigt, dass vonseiten dieser Regierung weniger Gleichgültigkeit gegenüber unserer Jugend, gegenüber unseren Kindern und dafür mehr Kreativität und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 62

mehr Wille zum Fortschritt aufgebracht werden muss. Investitionen in die Bildung sind Investitionen in unsere Jugend, sind Investitionen in unsere Zukunft und in die Zukunft unserer Kinder und sind Investitionen in Wirtschaftswachstum. Und genau das ist es, was dieses Land jetzt braucht, genau das ist es, was die Österreicherinnen und Öster­reicher jetzt brauchen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


12.35.33

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum und vor den Screens! Wir beschließen demnächst ein Budget für Kunst und Kultur mit einem Plus von 30 Millionen Euro – ein Budget, das in den letzten 40 Jahren den Kunst- und Kulturministern und -ministerinnen weder der SPÖ noch der ÖVP gelungen ist. Uns, den Grünen, ist es gelungen, eine derart signifikante Steigerung zu erzielen. Die Summe, die jetzt zur Verfügung steht, macht ungefähr 495 Millionen, 500 Millionen Euro aus; je nach­dem, wie man es rechnet. 2018 hat der damalige – und auch derzeitige – Kultursprecher der SPÖ, Drozda, gesagt, man werde im Jahr 2021 ungefähr 500 Millionen Euro brauchen, damit man überhaupt irgendetwas machen kann. – Es werden 530 Millionen Euro sein, und somit ist das für die Kunst und die Kultur ein Fortschritt, eine Bewegung, die es in den letzten 40 Jahren so nicht gegeben hat. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Obernosterer.)

Vielleicht ein Wort zu den NEOS, die hier immer so gerne von Deregulierung sprechen: In New York haben alle Museen bis zum nächsten Jahr geschlossen, haben alle Theater bis zum nächsten Jahr geschlossen. Das ist die Folge von Deregulierung – nämlich dann, wenn Kunst und Kultur allein dem Markt und den Privaten überlassen wird und wenn es nicht der Staat ist, der dafür sorgt, dass Kunst und Kultur allen in diesem Land zugänglich gemacht werden. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

An dieser Stelle sage ich vielen, vielen Dank an alle, die sich in den letzten Monaten bemüht haben, alle möglichen Formate auf die Beine zu stellen und so dafür gesorgt haben, dass die Menschen Kunst und Kultur in der Pandemie genießen können, kon­sumieren können, daran teilhaben können. – Meinen herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wofür werden die 30 Millionen Euro nun sein? – Ein großer Teil wird für die sogenannte freie Szene sein. Was ist das? – Die freie Szene sind jene, die in Kulturinitiativen, die bei kleinen Festivals, die da und dort, über ganz Österreich verteilt, Kunst und Kultur machen, die sozusagen vorbereiten, die die Künstlerinnen und Künstler einbeziehen. Mein Dank gilt auch all den Interessengemeinschaften, sei es die bildende Kunst, sei es die Interessengemeinschaft Kunst und Kultur. Zur freien Szene gehört aber auch der Film, die Filmförderung. Es gehört auch dazu, dass Bad Ischl als Kulturhauptstadt 2024 mitfinanziert wird. Es geht immer darum, mit dem ersten Blick Künstler und Künstlerinnen zu fördern, jene, die sehr oft in prekären Verhältnissen leben.

In diesem Zusammenhang ist uns Fair Pay ein besonderes Anliegen. Was ist Fair Pay? – Fair Pay heißt, dass auch abseits des Kollektivvertrages „Gehälter“ – unter Anführungs­zeichen –, Werkvertragslöhne bezahlt werden, Werkvertragsentgelte, die einem halb­wegs normalen Standard von Einkommen entsprechen, damit einer Ausbeutung in der Kunst- und Kulturszene, die leider schon viel zu sehr Platz gegriffen hat, entgegen­gewirkt werden kann. Der Hinweis an die Künstler: Na ja, ihr macht das ja gerne!, ist echt kein Argument für schlechte Bezahlung oder keine Bezahlung – ja eh, ich mache es auch gerne und bekomme viel mehr bezahlt – ganz im Gegenteil!


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Ein weiterer Bereich, der über diese 30 Millionen Euro finanziert wird, ist die Sanierung der Festspielhäuser – das ist quasi das andere Spektrum – in Bregenz und Salzburg, aber auch von Ateliers und so weiter.

Ich möchte noch zwei Punkte zu anderen Budgets anführen:

Es ist mir ein besonderes Anliegen und eine besondere Freude, dass das Volksgruppen­budget – auch so ein Budget, bei dem eine Aufstockung in den letzten Jahrzehnten nie gelungen ist – von 3,9 auf 7,9 Prozent erhöht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Angesichts des 100-Jahr-Jubiläums der Volksabstimmung in Kärnten darf ich mich an dieser Stelle im Namen der Grünen sehr, sehr herzlich bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen für seine Entschuldigung in Klagenfurt bedanken. Ich glaube, es steht auch uns gut an, uns bei den Kärntner Sloweninnen und Slowenen für das Vorgehen in der Zweiten Republik zu entschuldigen. Das bedeutet eine Stärkung der Volksgruppen und zugleich eine Botschaft an den ORF, das Volksgruppenprogramm auf mehrere Volksgruppen auszudehnen und nicht nur Sendezeiten von einer Viertelstunde für Tschechen und Slowaken bereitzustellen, denn es besteht ein größerer Bedarf. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend ein Wort zu den Universitäten: Kollegin Niss hat bereits erwähnt, dass die zweite Phase der Studienplatzfinanzierung mit rund 1,2 Milliarden Euro fortgesetzt werden kann. Die Unis hätten natürlich gerne mehr gehabt. Das wäre auch gut gewesen, aber dieser Betrag sichert auf jeden Fall die zweite Phase ab. Das bedeutet vor allen Dingen für die Studierenden eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse und eine Erhaltung derselben, wo sie ohnehin schon gut sind.

Am Ende meiner Rede wie immer: Im Übrigen bin ich dafür, dass die Windisch-Kaserne endlich in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.41

12.41.51


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte zur ersten Lesung des Bundesfinanzgesetzes geschlossen.

Ich weise die Regierungsvorlage 380 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

12.42.09Kurze Debatte: Auszahlung Kommunales Investitionsprogramm 2020


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfrage­beant­wortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 2909/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regie­rung, darauf weise ich auch hin, sollen ebenfalls nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Sie sind schon am Rednerpult. Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 64

12.42.56

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte ZuhörerInnen und ZuseherInnen zu Hause! Ich beginne mit einer Frage, die sich wahrscheinlich mehrere hier im Saal und auch zu Hause stellen: Was kann Gernot Blümel?

Da ich, wie die Frau Präsidentin gesagt hat, 10 Minuten Redezeit habe und das keine abendfüllende Diskussion ist, wir also gleich mit der Beantwortung dieser Frage fertig sind, komme ich gleich zur nächsten Frage: Was kann Gernot Blümel nicht? – Dafür reicht die Redezeit wiederum leider nicht aus, aber ich werde trotzdem versuchen, dies in ein paar Punkten darzustellen.

Der Herr Finanzminister kann sich zum Beispiel nicht erinnern – 86 Mal im Unter­suchungsausschuss. (Ruf bei der ÖVP: Wer hat das gezählt?) Jeder Mensch mit Gedächtnisverlust ist gegen den Herrn Finanzminister ein wandelndes Lexikon. Er hat zum Beispiel keine Ahnung, ob er einen Laptop besitzt oder nicht. (Oje-Rufe bei der ÖVP.) Es gibt zwar aus der Vergangenheit Fotos vom Herrn Finanzminister, auf denen er an einem Laptop arbeitet, aber das ist eben die Messagecontrol. (Abg. Gerstl: Oje, einfallslos!) Da wird mit gestellten Fotos Arbeit vorgetäuscht, aber es wäre an der Zeit, Herr Minister, dass Sie in Wirklichkeit einmal mit der Arbeit beginnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Blümel kann kein Budget erstellen, das wissen wir. (Abg. Gerstl: Hat Ihnen das die Partei zusammengeschrieben?) Wenn es Kai Jan Krainer nicht gegeben hätte, hätten wir vor wenigen Wochen sehr müde ausgeschaut. Blümel kann kein Formular ausfüllen, um sich EU-Förderungen zu holen. (Ruf bei der ÖVP: FPÖ-Niveau!) Er kann auch keine Hilfs­pakete schnüren. Alles, was er in diesem Bereich macht, erweist sich am Ende des Tages als Rohrkrepierer.

Das gilt auch für das Gemeindehilfspaket. Die Anfragebeantwortung dazu hat es bereits gezeigt: Von dieser großartigen 1 Milliarde Euro – Kollege Muchitsch ist heute schon darauf eingegangen – sind von den Gemeinden bisher gerade einmal 4 Prozent abge­rufen worden. Das ist deshalb der Fall, weil die Gemeinden in der momentanen Situation ganz andere Probleme haben, als sich Förderungen zu holen. Diese müssen momentan in Wirklichkeit überlegen, wie sie das, was sie ihren Bürgerinnen und Bürgern anbieten, überhaupt aufrechterhalten können, und denken nicht sonderlich an neue Projekte, die sie zu 50 Prozent vorfinanzieren müssen, um vom Finanzministerium die restlichen 50 Prozent zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann wird es interessant: Ein Schreiben einer Finanzmitarbeiterin einer Gemeinde an die zuständige Stelle, die diese Förderungen bearbeitet, lautet wie folgt:

Ich versuche seit einiger Zeit vergeblich, über das System einen Antrag einzubringen, was mir aber nicht gelingt, weil ich immer folgende Fehlermeldung bekomme: Fehler bei der Berechnung der Formel. – Zitatende.

Die Antwort der Stelle lautet: Danke für den Hinweis auf den Formularfehler. Wir haben den Betreiber der Seite bereits darauf hingewiesen. Es wird bereits an der Behebung des Fehlers gearbeitet. Bitte haben Sie noch etwas Geduld und versuchen Sie es in den nächsten Tagen noch einmal. – Zitatende.

Jetzt könnte man sagen, okay, das ist wahrscheinlich ein Schreiben aus dem Juli, als dieses Gesetz beschlossen wurde. – Weit gefehlt! Das ist eine Antwort vom 12. Oktober. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Seit vier Monaten funktioniert das System, mit dem die Ge­meinden die Förderungen überhaupt beantragen können, teilweise nicht – seit vier Monaten! Blümel kann nicht einmal richtig gewährleisten, dass man auf einer Homepage


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Anträge stellen kann – für eine Förderung, die sowieso nicht funktioniert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Der Herr Finanzminister – und somit sind wir beim Punkt – kann natürlich auch nicht Anfragebeantwortung, er kann nicht Rechtsstaatlichkeit, er kann nicht Transparenz, und er kennt sich anscheinend auch beim Datenschutz überhaupt nicht aus. Übrigens hat Kollege Drobits mir gesagt, ich soll Ihnen sagen, wenn Sie sich ein bissl näher infor­mieren wollen, ist er gerne bereit, Ihnen eine kleine Unterrichtseinheit in Sachen Daten­schutz zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Anfrage: Kollege Stöger und ich haben eine Anfrage zum kommunalen Investitions­programm gestellt und wollten wissen, wie viel von dieser 1 Milliarde Euro schon an einzelne Gemeinden ausbezahlt worden ist, also nicht eine Summe, sondern konkret: Wie viel hat jede einzelne Gemeinde schon bekommen und wofür?

Die Antwort des Finanzministers lautet: „Von einer konkreten Bekanntgabe der Ge­meinden muss gemäß § 1 DSG aus datenschutzrechtlichen Gründen Abstand genom­men werden; das gilt auch für die weiteren Antworten.“

Dann schreibt er noch: „Aufgrund der großen Anzahl an erhaltenen Schreiben muss im Sinne der Verwaltungsökonomie von einer detaillierten Beantwortung Abstand genom­men werden.“

Herr Minister, geht’s Ihnen noch gut? Sie bestimmen, ob Sie eine Antwort geben oder nicht? Sie bestimmen, ob es verwaltungstechnisch zu aufwendig ist, einem Abgeord­neten und der gesamten Öffentlichkeit eine Antwort zu geben? Sie wollen das bestim­men? (Ruf bei der ÖVP: Reiß dich einmal ein bisschen zusammen! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Unerhört! Er muss sich nicht von jedem ... lassen da herinnen!)

Sie sind ja bekanntlich ein Philosoph. Sie kennen mit Sicherheit auch Diogenes in der Tonne. Ich würde Ihnen empfehlen: Kommen Sie raus aus der Tonne und gestalten Sie nicht ständig die Republik als Bananenrepublik – denn das tun Sie mit Ihren ständigen Verfassungsbrüchen, die Sie da betreiben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Salzmann: Unfassbar! – Abg. Gerstl: Eine Verunglimpfung der Republik! Unerhört! Unglaublich! – Abg. Steinacker: Ihre Wortwahl ist wirklich nicht passend! Wir sind keine Bananen­republik! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Mäßigung!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Kollross, ich würde Sie ersuchen, sich in der Ausdrucksweise ein wenig zu mäßigen. Sie können jetzt fortfahren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Abgeordneter Andreas Kollross (fortsetzend): Danke schön.

Zum Datenschutz – die Zeit läuft leider eh viel zu geschwind –: Sie widersprechen sich halt auch ständig. Einmal sagen Sie, es ist der Datenschutz, dann war vorige Woche Bundesratssitzung, da haben Sie wieder gesagt (Abg. Kopf steht an der Regierungs­bank und spricht mit Bundesminister Blümel – Abg. Greiner: ... als Bundesminister und er hört nicht einmal zu! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ): Nein, nein, eh nicht Datenschutz, es ist nur so aufwendig, aber wir reichen das natürlich gerne nach! – Da gilt der Datenschutz auf einmal nicht mehr, auf einmal könnten Sie die Informationen hergeben. Nebenbei bemerkt: Nachgereicht haben Sie die Informationen noch immer nicht, auch nicht an den Bundesrat.

Ich will aber nicht zu lange sprechen, und deshalb nur ein paar Beispiele zu der Frage, ob das nun unter den Datenschutz fällt oder nicht. Da lese ich dann in den „Vorarlberger Nachrichten“ vom Dienstag dieser Woche (eine Kopie in die Höhe haltend), dass der Herr Finanzminister und das Finanzministerium von sich aus Informationen an die „Vor­arlberger Nachrichten“ geschickt und mitgeteilt haben, welche Vorarlberger Gemeinden


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schon wofür Anträge gestellt und Gelder ausgezahlt bekommen haben. Das heißt, für die „Vorarlberger Nachrichten“ gilt der Datenschutz nicht, aber für einen Abgeordneten, für das Parlament und für die gesamte Öffentlichkeit gilt Ihrer Auffassung nach der Datenschutz. – Entschuldigung, Herr Minister, das ist lächerlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gerstl: ... Würde des Hauses! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist auch lächerlich, was passiert ist, als das Gesetz beschlossen worden ist: Da sind in allen Gemeinden diese ÖVP-Zettel verteilt worden (ein Schriftstück in die Höhe haltend) – sofort, da wart ihr schnell, denn da ist es um Medienarbeit, um Öffentlich­keitsarbeit gegangen, beim Auszahlen seid ihr nicht so schnell –, in allen Gemeinden sind die ausgeteilt worden. Da steht klar geschrieben: Die Gemeinde X, die Gemeinde Y kriegt aus diesem Paket so und so viele Gelder. – Wie viel sie aber schon bekommen haben, soll jetzt auf einmal unter Datenschutz fallen! – Entschuldigung, so kann es ja wohl nicht gehen.

Ich komme zum Abschluss: Herr Minister, kennen Sie – ich weiß nicht, wollen Sie vielleicht zu mir schauen? – diese Excel-Tabelle (ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend)? – Kommunalinvestitionsgesetz 2017, dasselbe also, worüber wir jetzt bezüglich 2019 diskutieren, nur aus dem Jahr 2017. Das ist eine Excel-Tabelle, in der fein säuberlich aufgelistet ist, welche einzelne Gemeinde in den Jahren 2017 und 2018 welche Summe aus dem Kommunalinvestitionsgesetz 2017 erhalten hat.

Jetzt raten Sie einmal, woher ich das habe! – Es stammt von der Homepage des Finanzministeriums. Das heißt, für das Kommunalinvestitionsgesetz 2017 gilt der Daten­schutz nicht, für eine Anfrage von Kollegen Stöger und mir gilt er auf einmal schon! (Zwischenruf der Abg. Greiner. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deshalb möchte ich abschließend nur noch Herrn Präsidenten Sobotka, der leider gerade nicht anwesend ist, darauf hinweisen, dass es Zeit wird, dass sich der Präsident einschaltet, denn es ist ja immer wieder dasselbe: Das Anfragerecht wird von manchen und ganz besonders von Ihnen mit Füßen getreten. Es wird Zeit, Herr Sobotka, wo immer Sie sich in diesem Haus gerade befinden, dass Sie Herrn Blümel endlich einmal die Leviten lesen. Das ist dringend notwendig! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gerstl: Herr Minister ...! – Abg. Steinacker: ... unglaublich! – Abg. Gerstl: Das ist nicht die Geschäftsordnung!)

12.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. (Abg. Leichtfried hebt die Hand.) – Herr Abgeordneter, ich habe Sie zu spät gesehen, ich habe das Wort bereits erteilt, aber nach dem Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Hofinger können wir in eine Geschäftsordnungsdebatte einsteigen. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


12.53.33

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ohne die Art der Ausdrucksweise von Herrn Kollross zu beurteilen, möchte ich eines festhalten: Bei all den Ausführungen ist es nicht um die Gemeinden gegangen (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ), das Wohl der Gemeinden ist Ihnen also anscheinend nicht wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Inhalt möchte ich noch sagen: Dass das mit der Antragstellung der Gemeinden bei der Bundesbuchhaltungsagentur nicht funktioniert, nehme ich so einfach nicht hin. Ich bin in vielen Gemeinden unterwegs und höre dort: Sie haben das Geld schon bekom­men. Sie haben nicht nur den Antrag gestellt, sie haben das Geld schon bekommen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Mit diesem kommunalen Investitionspaket für die Gemeinden 2020 haben wir, glaube ich, ein sehr gutes Paket geschnürt, um die Einnahmenausfälle der Gemeinden zu kom­pensieren. Die Ertragsanteile und die Kommunalsteuer sind die wichtigsten Einnahme­quellen der Gemeinden, diese gingen aber aufgrund der Coronakrise und der fehlenden Wirtschaftsleistung, die natürlich mit der Krise in Verbindung steht, zurück. Mit genau diesem Programm aber können wir viele notwendige Investitionen in den Gemeinden umsetzen, und ich glaube, da haben wir insgesamt ein gutes Paket geschnürt: Es kurbelt die Wirtschaft an, es schafft Arbeitsplätze, es sichert Arbeitsplätze und es werden viele sehr gute Projekte in den einzelnen Gemeinden umgesetzt.

Mittlerweile haben die Gemeinden 2 139 Anträge gestellt und es wurden bereits 256 Mil­lionen Euro beantragt. Fakt ist aber auch, dass zwei Drittel der Gemeinden noch nichts beantragt haben, daher lautet auch als Kommunalsprecher mein dringlicher Appell an die Gemeinden: Sie müssen den Antrag stellen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist aber nicht ganz so einfach, weil es natürlich den Gemeinden überlassen ist, in welche Projekte sie das Geld investieren, und sie müssen das natürlich auch im Gemeinderat erarbeiten und dort beschließen. Das dauert seine Zeit, und daher haben wir die Frist verlängert: Man kann bis Ende nächsten Jahres beantragen und diese Projekte dann bis 2024 abrechnen. Ich glaube, das ist ein entscheidender Punkt, dass wir den Gemeinden auch die nötige Zeit geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Als Kommunalsprecher habe ich auch die Zeit im Sommer genützt. Ich war in vielen Gemeinden in meiner Region und habe Gespräche mit den Bürgermeistern und Amts­leitern geführt. Sie alle freuen sich über dieses Investitionspaket und die meisten Ge­meinden haben schon ein Projekt zur Umsetzung in der Pipeline. Sie alle machen sich schon Gedanken und es werden viele schöne Projekte entstehen. Probleme gibt es nicht bei der Beantragung, sondern eher bei der Frage, wie man die Gelder in der Gemeinde dann aufteilt.

Ich bin selber Bürgermeister in einer kleinen Gemeinde mit 1 300 Einwohnern im wun­derschönen Innviertel. Wir haben im vergangenen Jahr ein Kanalprojekt begonnen, und laut Antragserfordernissen kann man auch solche Projekte hineinnehmen, die schon im letzten Jahr begonnen wurden und deren Finanzierung aufgrund der Coronakrise schwierig ist. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir so ein neues Siedlungsprojekt mit 20 Häusern umsetzen können. Genau da kommen die Hilfen des Investitionspaketes für Kommunen gerade rechtzeitig. Auch in vielen anderen Gemeinden werden schöne Projekte umgesetzt, Straßensanierung etwa, die Umstellung auf LED-Beleuchtungen und, wie aus den Berichten hervorgeht, sehr viele Investitionen in Kinderbetreuungs­ein­richtungen und Schulen. Das ist, glaube ich, ein ganz großer Mehrwert für die Bevöl­kerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt aber natürlich auch regionale Unterschiede, und da gebe ich auch jenen recht, die etwas kritisieren. Wir in Oberösterreich haben das Glück, dass uns auch das Land unterstützt, und das ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher Teil, denn diese Investition, diese Gemeindemilliarde, hat ja einen Mehrwert von eigentlich 2 Milliarden Euro, weil man natürlich Eigenmittel aufbringen muss. Das ist für manche finanzschwachen Gemeinden aber nicht ganz so einfach, und da sind natürlich auch die Länder gefragt, Unterstützungen zu geben. In Oberösterreich funktioniert das, glaube ich, sehr, sehr gut, somit ist auch der ordentliche Haushalt in den einzelnen Gemeinden gedeckt und diese Projekte können umgesetzt werden.

Noch ganz kurz zur Frage des Datenschutzes (Präsidentin Bures gibt das Glocken­zeichen): In § 1 des Datenschutzgesetzes steht, glaube ich, auch, dass natürliche und juristische Personen das Recht auf Datenschutz haben, und da zählen eben auch die Gemeinden dazu. Die Zahlen sind alle öffentlich - -



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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, den Schlusssatz bitte! Wir haben 5 Minu­ten Redezeit vereinbart.


Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (fortsetzend): Wichtig ist jetzt, nicht zu polemisie­ren und über Datenschutz zu sprechen, sondern die Gemeinden zu animieren, das Geld abzuholen und den Antrag zu stellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter Leichtfried.

*****


12.59.40

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt gelinde gesagt etwas erstaunt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es entspricht den Usancen dieses Hauses, dass an sich der Anfragende bei einer Anfragebesprechung (Zwischenruf bei der ÖVP) seine 10 Minuten Redezeit bekommt, in der er versucht, die Fragen an den Herrn Bundes­minister zu stellen (Rufe bei der ÖVP: Hat er ja nicht! Er hat keine einzige Frage gestellt! – Abg. Fürlinger: Er hat ihn nur beflegelt!), die in der Anfragebeantwortung nicht beantwortet wurden, und üblicherweise meldet sich dann das Regierungsmitglied zu Wort und versucht, die Dinge zu relativieren, zu beantworten oder sonst irgendetwas. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herrn Bundesminister Blümel wird vorgeworfen, dass er eine rechtswidrige Anfrage­beantwortung verfasst hat (Zwischenruf bei der ÖVP), und er sitzt nun da, als ob ihn das alles nichts angeht. Entschuldigen Sie, Herr Bundesminister, ist Ihnen das nicht peinlich, dass Sie dasitzen und so tun, als ob Sie das alles hier in diesem Haus nicht betrifft? Das ist ja unglaublich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, ich fordere Sie nun auf: Beantworten Sie die Dinge, die Sie gefragt werden! Sitzen Sie nicht nur hier herum, als ob Ihnen das Parlament egal wäre, denn diesen Eindruck hat man jetzt langsam. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie missachten hier den Parlamentarismus. (Abg. Fürlinger: Peinlich ist das, was der Herr Kollross ... hat!) Das tun Sie dadurch, dass Sie hier nichts tun. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Jetzt antworten Sie auf die Fragen des Kollegen Kollross und deuten Sie nicht herum! Das würde sich gehören. An Ihrer Stelle würde ich mich schämen! (Beifall bei der SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.01


Präsidentin Doris Bures: Ich frage, ob es noch Wortmeldungen zur Geschäfts­be­handlung gibt. – Das ist nicht der Fall.

Ich verweise darauf, dass es nach § 57a der Geschäftsordnung, wie ich das ja auch eingangs gesagt habe, eine Stellungnahme des Herrn Bundesministers geben kann. Es gibt keine Verpflichtung, aber es ist wie gesagt so Usance.

*****

Herr Minister, ich weiß nun nicht genau, ob Sie sich jetzt zu Wort melden. (Bun­des­minister Blümel: Ja!) – Sie sind bei mir nicht gemeldet, aber das ist kein Problem. Ich habe den nächsten Redner auch noch nicht aufgerufen. Dann erteile ich Ihnen das Wort, Herr Minister. Die Sollredezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.



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13.02.13

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Ganz verstehe ich die Aufregung nicht, denn ich bin nicht auf­gerufen worden, deswegen habe ich mich nicht zu Wort gemeldet. Das war der Kollege, der aufgerufen worden ist, dem folge ich. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wenn Sie das als Missachtung der parlamentarischen Gepflogenheiten empfinden, dann ist das Ihre Sache, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Ich darf zu Beginn dieser kurzen Debatte, wie schon öfters hier im Hohen Haus, auch im Bundesrat, betonen, dass die Bundesregierung sich der finanziellen Situation, die es in allen Bereichen des Landes und auch in den österreichischen Gemeinden gibt, sehr bewusst ist. Die Einnahmenausfälle, die es coronabedingt gibt, treffen natürlich alle Bereiche des Landes. Niemand, der im Staatsgefüge mit dabei ist, wird in diesem Jahr ein großes Geschäft machen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Um Österreich bestmöglich durch diese herausfordernde Zeit zu bringen, folgen wir bei all unseren Hilfsmaßnahmen denselben Grundsätzen. Priorität hat immer die Rettung von Menschenleben, von Arbeitsplätzen und Unternehmen sowie die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und die Stärkung des Wirtschaftsstandortes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Genau das machen wir mit dem Gemeindepaket von 1 Milliarde Euro, mit dem der Bund bis zu 50 Prozent der Investitionen übernimmt, um direkt vor Ort Wertschöpfung zu sichern. Dieses Paket ist in Anlehnung an das letzte kommunale Investitions­pro­gramm 2017 entstanden, das mit der SPÖ ausverhandelt worden ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Gegenüber diesem Vorgängerpaket haben wir allerdings massive Ausweitungen vorge­nommen. Der Bund übernimmt nun bis zu 50 Prozent der Kosten für Projekte, die im Zeitraum 1. Juni 2020 bis 31. Dezember 2021 begonnen werden oder bereits ab 1. Juni 2019 begonnen wurden, wenn die Finanzierung aufgrund der Mindereinahmen als Folge der Coronakrise nicht mehr möglich ist. Beim KIG 2017 gab es einen Förderanteil von lediglich 25 Prozent. Sie sehen also, bei diesem neuen Kommunalinvestitionsgesetz sind wir wesentlich flexibler und es steht auch wesentlich mehr Geld für die Gemeinden zur Verfügung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Gemeinde Wien beispielsweise erhält insgesamt 238 Millionen Euro aus diesem Paket. (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Bei diesem Betrag handelt es sich um den maximalen Förderbetrag, der sich aufgrund der Zuteilungsschlüssel für Wien ergibt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Dieser Schlüssel ist für jede Gemeinde bekannt und auch bereits veröffentlicht. Was wir bekannt geben dürfen, das werden wir selbstverständlich sehr gerne auch kommunizieren. Darüber hinaus steht es ja auch den Gemeinden frei, über ihre Anträge und ihre Projekte, die damit finanziert werden, zu kommunizieren – viele Gemeinden haben das bereits getan. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Was wir aber aus rechtlichen Gründen nicht sagen dürfen, das können wir natürlich nicht sagen, und damit komme ich zu Ihrer heutigen Anfrage. Wie bereits mehrmals im Hohen Haus, auch im Bundesrat, schriftlich und persönlich ausgeführt, ist das parlamentarische Interpellationsrecht ein Grundrecht, eine Säule der Demokratie, und deswegen nimmt das Finanzministerium dieses Recht sehr ernst. So habe ich selbstverständlich zu diesen Komplexen bereits einige Anfragen allesamt beantwortet und dazu in beiden Kammern ausgeführt. (Heiterkeit des Abg. Leichtfried.)

Erst letzte Woche habe ich im Bundesrat bei der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage aktuelle Informationen zur Verfügung gestellt. Warum habe ich die Anfrage, die derzeit


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besprochen wird, so beantwortet? – Weil es ein Faktum ist, dass nur, falls Gemeinden einer Veröffentlichung konkreter Details zustimmen, nach § 1 Abs. 2 erster Satz DSG keine datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen. Eine Zustimmung der Gemeinden zur Veröffentlichung der Daten als Bedingung für den Zweckzuschuss zu verlangen wäre rechtlich bedenklich. Sehr wohl können aggregierte Daten bekannt gegeben werden, die sich nicht auf einzelne Gemeinden zurückführen lassen, wie etwa auf Bezirksebene.

Für das Bundesministerium für Finanzen und alle datenschutzrechtlich verantwortlichen Stellen des Finanzressorts hat der Schutz der personenbezogenen Daten oberste Priorität. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte schön. (Abg. Hörl: ... schimpft er wieder!)


13.07.18

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst zu Abgeordnetem Hofinger: Erstens danke für alle diese Ausführungen, sie bestätigen eines ganz klar: Der Vorschlag der SPÖ, nämlich für jeden Gemeindebürger dem Bürgermeister 250 Euro zur Verfügung zu stellen, und das am 30. September 2020, wäre die unbürokratische Art gewesen, da hätten die Bürgermeister das tun können, was sie für ihre Gemeinde bräuchten, und wären nicht in einem Wirrwarr von Bürokratie untergegangen. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Ich sage es noch einmal dazu: Selbst die SPÖ hat Vertrauen in die Mehrheit der ÖVP-Bürgermeister, die wissen, wie man mit dem Geld, das man in der Gemeinde braucht, umgeht. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Herrn Bundesminister: Herr Bundesminister, ganz ehrlich, eine Frage: Wollen Sie sich wirklich um den Titel K.-u.-k-Geheimrat bewerben? (Rufe bei der ÖVP: Nein!) Das, was Sie tun, geht genau in diese Richtung. (Abg. Pfurtscheller: Frechheit!) Sie haben nicht gelernt, was es in einer Demokratie bedeutet, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen. (Rufe bei der ÖVP: Hat er eh! Hat er eh gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben ganz deutlich keine Monarchie mehr, in der man sich verstecken kann. Wir haben eine Demokratie, und wenn man den Begriff der Ver­antwortung nimmt, dann heißt das, man muss dem Parlament und damit der Öffent­lichkeit, dem Volk Rede und Antwort stehen – da muss man etwas sagen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie haben das nicht getan – auch im Gegensatz zu dem, was Sie in Ihrer Rede gesagt haben. Wir haben bis heute keine Antwort auf Frage 8 der Dringlichen Anfrage im Bun­desrat, in der es um die Darstellung dessen geht, welche Gemeinden wie viel Geld bekommen haben. (Abg. Gabriela Schwarz: Das hat er gerade erklärt!) Das haben Sie jetzt zwar ausgeführt, aber nicht gemacht. (Abg. Pfurtscheller: Na, bravo!)

Zum Zweiten: Herr Bundesminister, kennen Sie den Begriff VRV? – Das ist eine Ver­ordnung des Bundesministers für Finanzen. Das ist die Voranschlagsverordnung, in der klar geregelt ist, was eine Gemeinde in ihrem Budget und in ihrem Rechnungsabschluss veröffentlichen muss. Da haben Sie oder Ihr Vorgänger angeordnet, dass die Gemeinde das, was sie vom Bund bekommt, anführen muss. Das heißt, es kann sich um keine geheimen Daten handeln, es handelt sich um öffentliche Daten, weil es sich auch um öffentliche Fragen handelt; da gibt es keinen Datenschutz. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Fragen 13 und 14, die wir gestern an Sie gestellt haben: Hören Sie zu (in Richtung ÖVP), was wir gefragt haben! Wir haben den Bundesminister für Finanzen gefragt: Wie viele Gemeinden in Österreich können ihr Budget nicht ausgleichen? –


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Wissen Sie, welche Antwort wir bekommen haben? – Der Bundesminister dieser Repu­blik erklärt öffentlich, er hat keine Ahnung, wie viele Gemeinden in Österreich das Budget nicht ausgleichen können. (Abg. Hörl: Weil ihr die Transparenzdatenbank nicht zuge­lassen habt!)

Herr Bundesminister, da liegt Organisationsverschulden vor. (Abg. Hörl: Herr Stöger, diplômé! Ihr habt die Transparenzdatenbank nicht zugelassen!) Wenn ein Bundes­minister, der die Gesamtverantwortung für das Budget dieser Republik hat, und zwar für die Summe aller Budgets, keine Ahnung hat, was sich in den Gemeinden abspielt, dann habe ich das Gefühl, dass Ihnen die Gemeinden wurscht sind und dass Ihnen auch der Gesamthaushalt wurscht ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend: Es wurde angesprochen, dass diese Bundesregierung sehr, sagen wir, locker mit den parlamentarischen Rechten, mit dem Interpellationsrecht, umgeht. Ich kann nur daran erinnern, dass Frau Abgeordnete Petra Wimmer eine Anfrage zur Son­derbetreuungszeit gestellt hat, und diese wurde entgegen der verfassungsrechtlichen Pflicht auf Beantwortung innerhalb von zwei Monaten bis heute nicht beantwortet. (Ruf bei der SPÖ: Hört! Hört!)

Ich möchte darauf hinweisen, dass Herr Bundesminister Anschober auf die Frage, wer denn für die Schulschließungen in meinem Bezirk verantwortlich ist, gemeint hat, er ist für Corona nicht zuständig. – So kann diese Bundesregierung mit dem Parlament nicht umgehen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Aber ihr auch nicht so mit der Regierung!)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.12.33

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte die Anfragebeantwortungsdiskussion der SPÖ dazu nützen, um ein paar allgemeine Dinge zum Thema Gemeinde und Gemein­definanzen zu sagen und damit vor allem auch die Bürgermeister und Bürgermeis­terinnen in den einzelnen Reihen anzusprechen. Vielleicht versteht der eine oder andere Bundespolitiker nicht, in welcher Lage sich die Gemeinden befinden, deshalb möchte ich das jetzt noch einmal aufzeigen.

Schaut man sich die Gesamtstaatseinnahmen an, dann bekommt von den Gesamt­staatseinnahmen circa zwei Drittel der Bund, circa 20 Prozent gehen an die Länder und circa 11 Prozent an die Gemeinden. Die Gemeinden sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit diesem Geld immer ausgekommen, sie haben sogar in Summe in Österreich Überschüsse erwirtschaften können – das ist auch im Gemeindefinanzbericht belegt. Der Bund hat dies erstmals seit 65 Jahren im Jahr 2019 geschafft.

Die Gemeinden und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – da sitzen einige hier und oben (in Richtung Abg. Baumgartner) lächelt mich gerade eine an – wissen also, wie sie sparsam, zweckmäßig und wirtschaftlich mit dem Geld umgehen und damit haus­halten. Das muss man den Gemeinden zugutehalten, egal von wem sie geführt werden.

Was machen die Gemeinden mit diesem Geld? – Die wesentlichen Dinge des täglichen Lebens werden von den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Das beginnt bei der Kinderbetreuung und endet bei der Seniorenbetreuung. Wir betreiben über unsere Verbände Seniorenheime, wir betreiben über unsere Verbände Schulgemeinde­ver­bände, Volksschulen und Hauptschulen. Wir sind die Schulerhalter, wir haben dort Mitarbeiter angestellt. Die Gemeinden leisten alles, was im Bereich der Infrastruktur gebraucht wird, von der Wasserversorgung, von der Abwasserentsorgung, von der


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Müllabfuhr bis hin zur gesamten Infrastruktur, die eine Gemeinde und ihre Bürger brauchen. All das wird aus dem sogenannten ordentlichen Haushalt einer Gemeinde finanziert.

Jeder, der das kleine Einmaleins beherrscht – ich gehe davon aus, Herr Finanzminister, dass Sie das auch können –, weiß, wenn die Einnahmen des Staates so wie jetzt in der Größenordnung von Milliarden einbrechen – das bedeutet für die Gemeinden 2 Milliar­den Euro und für die Länder 5 bis 6 Milliarden Euro –, dann geht sich das nicht mehr aus, dann werden wir diese für die Bevölkerung notwendigen Strukturen nicht mehr aufrechterhalten können. Deshalb wird der Bund da helfen müssen, weil die Gemeinden nicht in der Lage sind – meine Bürgermeisterkollegen werden mich da wieder unter­stützen –, sich selbst zu finanzieren, weil sie es auch nicht dürfen. Sie werden von der Gemeindeaufsicht nicht dazu ermächtigt, dass sie sich auf dem freien Markt – so wie das der Bund heute macht – selbst zwischenfinanzieren, damit auf diese Weise Geld in die Gemeindekasse kommen könnte, das sie für die Zwischenfinanzierung, für die Aufrechterhaltung ihrer täglichen Aufgaben brauchen – das geht nicht.

Das, was heute das kommunale Investitionspaket ist, was wir als Freiheitliche als Erste gefordert haben, ist ein Paket, um auch in einem ersten Schritt die Wirtschaft zu stärken, indem unsere kommunalen, unsere regionalen Betriebe Aufträge bekommen. Die Ge­meinden sind einer der wichtigsten Auftraggeber in diesem Land, und wenn wir die Projekte nicht mehr umsetzen können, dann schadet das auch der Wirtschaft. Das hat aber mit dem allgemeinen Haushalt, mit dem ordentlichen Haushalt und mit dem Auf­rechterhalten der Standardaufgaben einer Gemeinde überhaupt nichts zu tun. Deswe­gen braucht es da eine zusätzliche Hilfe und ein zusätzliches Paket für die Gemeinden.

Viele Gemeinden – das liest man auch aus dieser Anfragebeantwortung heraus – sind natürlich auch aufgrund der Einnahmenausfälle jetzt nicht in der Lage, diese Projekte umzusetzen, unabhängig davon, dass man versucht hat, mit, ich sage einmal, grünen Vorschriften und Auflagen dieses Abholen der Gelder nur für gewisse Projekte zuzu­lassen und man das Ganze sehr verkompliziert hat. Man muss einen riesigen Aufwand betreiben, um diese Anträge entsprechend zu stellen und um vor allem entsprechende Projekte zur Verfügung zu haben, die man umsetzen kann.

Es wird aber nicht gehen, ohne den Gemeinden zusätzlich zu helfen, und deshalb haben wir auch schon vor dem Sommer einen Antrag dahin gehend gestellt, dass man einen Gemeindeeinnahmenausgleichsfonds schafft, um den Gemeinden zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Das wird notwendig sein, damit sie ihre Aufgaben aufrechterhalten können. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Elisabeth Götze. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.17.16

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich auf das Thema Datenschutz eingehen, das ja der Grund dieser kurzen Debatte ist. Es liegt die Aussage der Daten­schutzbeauftragten des BMF und der Finanzprokuratur vor, wonach die Daten der Gemeinden nicht herausgegeben werden dürfen. Wir werden uns das anschauen und entsprechend agieren. (Ruf bei der SPÖ: ... öffentlich! Anschauen! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich möchte aber die Debatte oder die Anfrage zum Anlass nehmen, über Gemeinden zu sprechen, und finde, das ist eine schöne Gelegenheit, weil ich davon überzeugt bin, dass die Gemeinden in Österreich ganz wichtig sind. (Rufe und Gegenrufe zwischen den


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Abgeordneten Matznetter und Koza.) Vielen Dank also für die Möglichkeit, darüber zu sprechen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gibt 2 095 Gemeinden in Österreich, wir alle haben eine Heimatgemeinde, und die Gemeinden sind durch das, was sie bieten, ganz stark dafür verantwortlich, wie wir uns im Land fühlen, auch dafür, wie das Gemeindeleben funktioniert oder wie die Lebens­qualität in der Gemeinde ist.

Wir haben es schon gehört, wir haben eine Wirtschaftskrise, wir haben die Coronakrise, und die Regierung hat in Bezug auf die Gemeinden auch reagiert und das kommunale Investitionspaket geschnürt. Per Anfang Oktober sind bereits für 790 Projekte 90 Mil­lionen Euro ausgezahlt worden. Das heißt, die Gemeinden holen das Geld ab. Wofür holen Sie es ab? – Für ihre Aufgaben in den Gemeinden. Mehr als 40 Prozent der aus­bezahlten Gelder sind in Schulen und Kindergärten, in Sanierung, Instandhaltung, Aus­bau und Neubau gegangen. (Abg. Leichtfried: Woher wissen Sie das?) Das ist eine Kernaufgabe der Gemeinde, und das weiß ich deshalb, weil das in der Anfrage­beantwortung der Anfrage, die Sie gestellt haben, drinnen steht. Ich habe die Antworten nämlich gelesen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10 Prozent werden jeweils für Wasserversorgung und Kanal – auch das sind Kernauf­gaben der Gemeinden, nicht so sichtbar, aber ganz entscheidend –, für Feuerwehrge­bäude und für die Sanierung von Straßen verwendet, denn auch dafür sind Gemeinden zuständig, und 5 Prozent für lebendige Ortskerne. Das sind die bisher getätigten Auszahlungen, aber gute Projekte brauchen, wie man weiß, Zeit, und viele Projekte sind sozusagen noch in der Pipeline, also in Ausarbeitung. Die Gemeinden arbeiten daran, sich ihr Geld abzuholen. Sie wissen, wie viel Geld ihnen zusteht, das ist auch auf der Homepage des Finanzministeriums ganz leicht abzurufen, und die Gemeinden planen und überlegen, was sie mit dem Geld machen wollen, auch um Förderungen zu kombinieren. Der Kollege hat es schon gesagt, es sind ja Doppel- und Mehrfach­förde­rungen möglich, in Niederösterreich beispielsweise wird die Errichtung von Geh- und Radwegen auch vom Land massiv gefördert. In Niederösterreich soll ein Radbasisnetz errichtet werden und da sind bis zu 100 Prozent Förderung der Projekte möglich.

Was auch der Fall ist: Das Geld wird unmittelbar nach Antragstellung ausgezahlt, das schafft Liquidität in der Gemeinde, und unmittelbar heißt durchschnittlich – das ist meine Information, ich bin Kommunalpolitikerin – innerhalb von vier Wochen, und mit diesem Geld kann die Gemeinde arbeiten. Abgerechnet wird am Ende, wenn das Projekt abge­schlossen ist, spätestens Ende 2024. Das gibt den Gemeinden wirklich viel Zeit.

Zusammenfassend: Ich glaube, es ist ein tolles Paket, und ja, wir sind weiterhin mit Gemeindebund, mit Städtebund, mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Ge­spräch, und wenn es weitere Unterstützung braucht, wird es diese auch geben. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.22.14

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, es geht heute darum – viele von uns haben es am Wochenende verfolgt –, dass Herr Finanzminister Blümel eine parlamentarische Anfragebeantwortung zu bestimmten Förderungen für Gemeinden eben mit dem Argu­ment Datenschutz abgeschmettert hat – erneut, muss man dazusagen. Die Debatte ist, wie gesagt, nicht ganz unerwartet, wir alle haben ja am Wochenende Zeitung gelesen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 74

Ich möchte mit Folgendem starten: Sie alle wissen, dass NEOS wirklich eine Partei der Transparenz ist. Es ist uns wirklich wichtig, dass alle Daten transparent dargestellt und demokratisch kontrolliert werden; aber, liebe SPÖ, dass Sie ausgerechnet wieder Herrn Abgeordneten Kollross – dort hinten ist er, ja, genau –, Herrn Bürgermeister Kollross vorschicken und hier eine Debatte über Transparenz anfeuern, das ist wirklich schon fast eine paradoxe Intervention. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Lassen Sie mich kurz erklären, warum ich das meine. Ich hoffe, man kann es ein bissl sehen (eine Tafel mit der Darstellung von unterschiedlich großen, verschiedenfärbigen Flächen auf das Rednerpult stellend), es ist nicht ganz gut lesbar: Das sind Gemeinden in Niederösterreich. Wenn Sie jetzt diesen weißen Fleck sehen, meine Damen und Herren, der von einem Kreis umrundet ist, über dem in Rot „Trumau“ steht: Das ist der weiße Fleck Trumau. Trumau – eine wunderschöne Gemeinde, ein schönes Schloss, aber eben eine der intransparentesten Gemeinden Österreichs! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Warum sage ich das? – Dieser weiße Fleck heißt nämlich nichts anderes, als dass sich Herr Bürgermeister Kollross weigert, zwei Mal klick zu machen – zwei Mal klick zu machen! – und so die Gemeindegebarungen der Gemeinde Trumau im Internet auf www.offenerhaushalt.at offenzulegen. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Schau! Schau!)

Ganz im Ernst: Ich weiß überhaupt nicht, warum Sie das noch einmal aufmachen. Wir hatten genau die gleiche Diskussion im Frühjahr, und im Frühjahr habe ich Sie gebeten: Machen Sie das doch einfach, das KDZ hat es mir gezeigt, es ist wirklich einfach, es sind zwei Klicks und Sie haben einen wirklich transparenten Haushalt auch in Ihrer Gemeinde, Herr Bürgermeister Kollross!

And by the way: Das Orangefarbene, das da daneben ist, ist die Gemeinde Traiskirchen. Dort gibt es auch einen roten Bürgermeister, aber der hat diese zwei Klicks gewagt. Der hat offenbar nichts zu verbergen, der ist transparent auf www.offenerhaushalt.at, ge­nauso wie 1 200 andere Gemeinden in Österreich auch. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, gut – nicht falsch verstehen, liebe SPÖ –, Intransparenz ist wirklich etwas, was mich wahnsinnig stört, aber noch einmal: Herrn Bürgermeister Kollross hier vorzuschicken war, glaube ich, nicht die beste Entscheidung des heutigen Tages. (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun aber zum Thema, denn das Interpellationsrecht, das heute angesprochen worden ist, ist schon ein sehr wichtiges Thema – Josef Urschitz hat es in einer Kolumne sehr gut gesagt. Er hat gesagt, auf der einen Seite ist es wirklich mehr und mehr Thema, dass Regierungsmitglieder Anfragen – er hat es so genannt – nach der Schmeck’s-Methode beantworten, also de facto gar nicht gescheit beantworten. Das sehen wir im Augenblick gerade im Finanzministerium sehr stark. Er hat richtigerweise aber auch gesagt, dass viele parlamentarische Anfragen immer öfter auch zu politischen Agitationen verkom­men, und auch das ist nicht in Ordnung und das müssen wir alle hier herinnen uns auch zu Herzen nehmen.

Was aber ganz, ganz wichtig wäre – jetzt komme ich wieder zum Thema Transparenz; wir haben es ja heute schon während der Budgetrede besprochen –, ist, dass wir Trans­parenz wirklich wichtig nehmen und dass vor allem die Bundesregierung endlich ihrer Ver­pflichtung nachkommt und eine wirklich gute Transparenzdatenbank schafft. Vor neun Jahren hat ja ein schwarzer Vorgänger – ich sage es jetzt bewusst so –, von der ÖVP, eine Transparenzdatenbank aufgesetzt, geschaffen, mit dem Ziel, dass alle Förde­rungen auch wirklich eingetragen werden. Das ist aber nicht passiert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung, 15. Oktober 2020 / Seite 75

Wir reden, meine Damen und Herren, von 20 Milliarden Euro, die unter diesem Titel jedes Jahr vergeben werden, vollkommen intransparent. Wir alle wissen, es gibt Doppel­förderungen, es gibt Dreifachförderungen, es gibt ganz, ganz wenige Analysen darüber: Wer bekommt es, warum bekommt er es und wie wirken vor allem diese Gelder, die hier ausgegeben werden? Zauberwort: Transparenz – die wichtigste Zutat zur Korruptions­be­kämpfung, wie wir alle wissen.

Ich empfehle, dazu auch die Analyse des Budgetdienstes zu lesen – wir alle haben sie (ein Exemplar in die Höhe haltend) zugestellt bekommen; ein ganz, ganz wichtiges Dokument. Dafür hier noch einmal ein großes Danke an den Budgetdienst. Darin wird auch mit vielen Beispielen argumentiert, wo es zu Intransparenz kommt. Man muss schon sagen, auch der Budgetdienst fordert ganz konkret mehr Transparenz vom Finanzministerium, und ich fordere Sie hiermit auch dazu auf. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mein letzter Satz: Ich weiß wirklich nicht, wer heute hier seinen Meister gefunden hat: Ist es Bürgermeister Kollross? Ist es Finanzminister Blümel? – I don’t know! Was ich aber schon weiß, ist, dass die Zukunft mutige Politiker braucht, die sich wirklich trauen, ineffiziente und leistungsfeindliche Strukturen endlich aufzubrechen, um so etwas weiterzubringen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

13.28.05Einlauf


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 959/A(E) bis 965/A(E) eingebracht worden sind.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 13.28 Uhr – das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung – ein.

Die Tagesordnung ist auf schriftlichem Weg ergangen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

13.28.23Schluss der Sitzung: 13.28 Uhr

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