15.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! 1978 hat sich die österreichische Bevölkerung im Rahmen einer Volksab­stimmung gegen die Atomenergie ausgesprochen. 20 Jahre davor, 1957, wurde die Europäische Atomgemeinschaft – Euratom – gegründet, der Gegenstand des vorliegen­den Volksbegehrens. Damals, 1957, wurden die Römischen Verträge festgeschrieben und neben der Europäischen Atomgemeinschaft die Europäische Gemeinschaft für Koh­le und Stahl und auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet, sozusagen die europäischen Gemeinschaften, der Beginn der heutigen Europäischen Union.

Österreich ist durch den Beitritt zur Europäischen Union Mitglied in diesen Gemeinschaf­ten geworden und hat all diese Verträge übernommen, so auch Euratom. Das Ziel von Euratom ist damals wie heute – ich zitiere – die „Entwicklung von Kernindustrien“ und auch die „Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten“.

Damals wurde die Atomkraft als Zukunftstechnologie gesehen, und auch heute sehen etliche Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Atomkraft noch immer als Zukunfts­technologie.

Was sind jetzt die Anliegen des Volksbegehrens? – Es sind alte Forderungen von enga­gierten Menschen, die sagen: Österreich soll aus Euratom aussteigen. Nun, das Ganze ist nicht so einfach. Es gibt wohl einige Rechtsexperten, die meinen, dass das möglich ist, die überwältigende Mehrheit der Rechtsexperten sagt aber, nein, das geht nicht, man kann nicht nur aus Euratom aussteigen, man müsste insgesamt aus der Europäischen Union aussteigen. Es gibt dazu auch ein gemeinsames Gutachten des Verfassungs­dienstes und des Völkerrechtsbüros.

Wir haben das auch jetzt im Falle von Großbritannien erlebt. Das United Kingdom ist aus der Europäischen Union ausgetreten, wollte aber in Euratom bleiben, weil die Briten sehr stark auf Atomkraft setzen. Das geht nicht, man kann nur ganz austreten oder eben nicht.

Als Mitglied der Europäischen Union ist man daher auch Mitglied bei Euratom. Österreich hat die Situation aber immer so verstanden, dass es besser ist, Teil dieser Gemeinschaft zu sein und sie zum Positiven zu verändern, als auszutreten und nicht mitreden zu kön­nen.

Zweiter Punkt der Forderung ist eine Vertragsänderung von Euratom: Das ist theoretisch möglich, realpolitisch sehr schwer zu erreichen, denn es müsste eine Konferenz der Mit­gliedstaaten einberufen werden. Das geht natürlich, es müsste aber das Euratom-Ver­tragswerk bei Einhaltung des Einstimmigkeitsprinzips geändert werden, und dazu gibt es weit und breit keine Mehrheit. Österreich setzt auf eine Änderung und versucht, sie auch umzusetzen, aber derzeit zeichnet sich eine Mehrheit nicht ab.

Weiters wird auch immer wieder kolportiert, dass Österreich einen Mitgliedsbeitrag von rund 40 Millionen Euro an Euratom zahle, was so nicht stimmt. Es gibt keinen Euratom-Mitgliedsbeitrag, es gibt einzelne Budgetpositionen, die in Summe etwas geringer sind. Ich will das gar nicht abwerten, sondern nur Fakten aufzählen, mit denen wir uns ausein­anderzusetzen haben.

Österreichs Bestreben war es immer, diese Gelder, die für Euratom verwendet werden, in der Sicherheitsforschung und im Strahlenschutz einzusetzen. Wir haben dazu im Jahr 2013 im Rahmen der Bundesregierung einen Ministerratsvortrag vom damaligen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle gehabt, in dem festgehalten wurde, dass Österreich dieses Ziel, mehr in Strahlenschutz, in Sicherheit zu investieren, umsetzen will.

Es wurden damals fünf Punkte beschlossen: dass die europäische Nuklearforschung in Richtung Sicherheitsfragen gehen soll; dass die Budgetmittel in Richtung Strahlenschutz und Risikoforschung umgeschichtet werden sollen; dass ein Ausstiegsszenario aus der Atomkraft entwickelt werden soll. Ein weiterer Punkt war auch, dass es neue Schwer­punkte in Richtung Renewables, also erneuerbare Energie, geben soll. Die Position je­denfalls war damals und ist es auch heute noch, wie gesagt: Besser drinnen zu sein und mitzuverhandeln, die Dinge zu verändern, als draußen zu sein.

Tatsache ist, dass die Realisierung der Atomenergie weltweit und auch in Europa ohne finanzielle Unterstützung nicht möglich ist. Die EU unterstützt nicht finanziell, aber Mit­gliedstaaten tun das sehr wohl. Leider hat Österreich im Zuge der Klage hinsichtlich Hinkley Point beim Europäischen Gerichtshof eine Abfuhr erlitten. Es wurde entschie­den, dass die Briten das machen dürfen. Wir halten das für falsch. Es ist daher wichtig, dass es Anläufe gibt. Ministerin Gewessler will das auch tun und mit Mitgliedstaaten, die nicht auf Atomkraft setzen, erfolgreich sein.

Wir haben 2011 nach dem fürchterlichen Atom-Super-GAU in Fukushima hier in Öster­reich eine Antiatomallianz von Staaten in Europa, die keine Atomkraft haben, gebildet. Das sind damals neben den baltischen Staaten beispielsweise Polen, Italien und Grie­chenland gewesen, aber auch Nicht-EU-Mitglieder wie Norwegen, weil wir ganz einfach Stimmung erzeugen wollen. Ein großer Erfolg ist uns damals gelungen: Die Deutschen steigen aus der Atomkraft aus und tun das sehr konsequent. Andere Länder tun das nicht.

Es ist leider so, dass die Atomkraft heutzutage vielfach in Mode ist und manche die Atomkraft als ein Mittel sehen, um weniger CO2 zu emittieren. Dies mag wohl technisch stimmen, trotzdem aber ist es eine Risikotechnologie.

Niemand sagt, wie die Kosten der Atommüllendlager mit dem ewig lang strahlenden ra­dioaktiven Material bewertet werden. Niemand will derartige Endlagerstätten haben. Das geht nicht, weshalb dies für uns nach wie vor keine Technologie ist, die infrage kommt; für viele Länder ist sie das aber schon. Mir hat damals der britische Umweltminister ge­sagt, sie wollen so wie Österreich energieautark werden; sie haben das Nordseeöl und sie haben die Atomkraft – und sonst wenige andere Energieformen. – Daher müssen wir uns einsetzen.

Unser Ziel, nämlich auf erneuerbare Energie zu setzen, ist besser – Österreich ist da sehr gut. Es liegt ein Gesetz im Entwurf vor, das ist ein wichtiger Punkt. Mir ist es aber ein Anliegen, dass wir alle Formen der erneuerbaren Energie nutzen: Wind- und Sonnen­energie, Geothermie, aber auch Biomasse und Biogas. Wir sollten keine Energieform benachteiligen. Ein energieautarkes Österreich kann nur dann erfolgreich und sinnvoll sein, wenn wir die Energie im eigenen Land erzeugen, wenn wir auf alle heimischen Energieträger setzen und nicht einseitig sagen: Na ja, Biomasse, und dafür gibt es eine Bauernförderung. – In Wahrheit haben wir sehr viel Schadholz, das wir sinnvoll verwer­ten sollten.

Ein abschließender Punkt: Im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz sind die Bürgergesellschaf­ten, die Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften verankert, die die Menschen hereinho­len. Im Burgenland passiert gerade das Gegenteil. Dort wurde ein Raumplanungsgesetz in Begutachtung geschickt, in dem das Land zwar sagt, es sollen auf Freiflächen Foto­voltaikanlagen raumplanerisch genehmigt werden, errichten darf das aber nur eine Lan­desgesellschaft, die zu 100 Prozent im Eigentum des Landes Burgenland ist. (Abg. Krai­ner: Er fürchtet sich vor allem, was Staat heißt!) – Das ist nicht der Weg der erneuer­baren Energien, Herr Kollege Krainer. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Wir müssen die Menschen hereinholen, wir müssen privates Kapital lukrieren, das die Leute in die erneuerbaren Energieträger investieren, und nicht eine Monopolstellung ei­nes Bundeslandes machen. Das ist Politik von vorvorvorgestern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

15.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleit­ner. – Bitte.