11.43

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bitte erlauben Sie mir, mich zuerst an jene zu wenden, die verletzt wurden, die körperlich oder seelisch verletzt wurden, die zum Teil noch um ihr Leben kämpfen, und an jene, die geliebte Menschen verloren haben: Es tut mir so leid, was Sie durch­leben mussten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie groß Ihr Schmerz sein muss.

Lassen Sie mich einen Dank an die Einsatzkräfte aussprechen, an jene, die durch ihren heldenhaften Einsatz Schlimmeres verhindert haben!

Ich stehe hier als eine von 183, die es in der Hand haben, jene Regeln zu gestalten, mit denen unsere Gesellschaft auf solche Verbrechen reagiert. Und als solche frage ich: Was fehlt? Wodurch hätten wir verhindern können, was passiert ist? Hätten wir es mit anderen Gesetzen verhindern können? Hätten wir den Täter davon abhalten können? Hätte es überhaupt eine Möglichkeit gegeben? Was können wir ändern? (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – All diese Fragen müssen wir jetzt klären, und wir müssen es mit Ruhe und Besonnenheit tun, nicht mit Wut im Bauch und nicht getrieben von Aktio­nismus.

Deshalb bin ich der Überzeugung, dass die Einsetzung der Untersuchungskommission der richtige Schritt ist. Es ist wichtig, dass die Untersuchungskommission von den beiden beteiligten Ministerien gemeinsam eingerichtet wird und dass sie unabhängig ausge­staltet wird. Es reicht nicht, wenn jedes Ministerium die eigenen Abläufe intern klärt, es muss auch geklärt werden, wie deren Zusammenarbeit verbessert werden kann.

Wir fragen uns: Hätte diese Tat verhindert werden können? – Nach dem, was wir bisher wissen, hätte es wohl Zeitpunkte gegeben, zu denen andere Entscheidungen womöglich zu anderen Ergebnissen geführt hätten. Bevor wir jetzt aber anfangen, Schuldige zu suchen, denken wir bitte zuerst auch an Schlagzeilen wie: Terrorverdächtiger festge­nom­men! Islamisten verhaftet! – Machen wir uns bewusst, dass diese Tat uns deshalb so schockiert, weil sie einzigartig ist, weil in so vielen anderen Fällen die richtigen Ent­scheidungen getroffen und die richtigen Maßnahmen ergriffen wurden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Vergessen wir bitte eines nicht: Schuld ist der Täter. Schuld ist der Mann, der bis an die Zähne bewaffnet in die Innenstadt gegangen ist, zu Menschen gegangen ist, die dort einen netten Abend mit Freunden verbringen wollten, und der auf diese Menschen geschossen hat – mit der Absicht, möglichst viele von uns zu töten. Dieser Mann ist schuld!

Nennen wir ihn bitte nicht Terrorist oder Attentäter. Verleihen wir ihm nicht diesen Titel. Benennen wir ihn als das, was er ist: Er ist ein Mörder! Er hat kaltblütig vier Menschen ermordet und er hätte noch viel mehr töten wollen. Terror ist das, was die Tat mit uns macht, und dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.

Natürlich müssen wir jetzt hinterfragen, ob wir die richtigen Regelungen haben. Wir müssen hinterfragen, ob die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behörden funktio­niert. Wir müssen hinterfragen, ob wir die richtigen Methoden anwenden und ob wir sie ausreichend finanzieren. Wir müssen die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen und wir müssen die richtigen Handlungen setzen. Was wir aber nicht dürfen, ist, unser System in seinen Grundsätzen infrage zu stellen.

Dieses System ist das, was uns als Gesellschaft zu dem macht, was wir sind: eine Gemeinschaft, die sich zu gleichen Grundhaltungen bekennt, eine Gemeinschaft, in der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, in der Freiheit und Grundrechte über allem stehen. Wenn wir das infrage stellen, dann haben wir verloren – und der Terror hat gewonnen.

Wenn wir uns von Verbrechern und deren Verbrechen dazu treiben lassen, gegen unsere Grundregeln zu handeln, dann haben wir verloren – und das werden wir nicht zulassen! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

11.47

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Stephanie Krisper. – Bitte.