12.20

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundes­regierung, vor allem hoch geschätzter Herr Bundesminister für Inneres, für den diese Debatte, wie sie von der Opposition geführt wurde, wohl nicht nur schwer zu ertragen, sondern auch, wenn ich mir den Misstrauensantrag ansehe, völlig unverdient ist! (Abg. Lausch: Ha! Ha!) Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir befinden uns am dritten Tag der Staatstrauer und stehen wohl alle noch unter dem Eindruck dieser furchtbaren Terrortat, die eine Blutspur durch die Wiener Innenstadt gezogen hat, vier Menschen das Leben gekostet und sehr viele verletzt zurückgelassen hat. Mein Mitgefühl und meine Anteilnahme gelten den Hin­terbliebenen. Ich darf auch von dieser Stelle allen Verletzten eine baldige Besserung und eine vollständige Genesung wünschen.

Terror, das ist der Versuch, durch Angst und Schrecken eine Gesellschaft, ein Land, einen Staat zu spalten und zu verunsichern, die Demokratie und die Werte unserer Gesellschaft zu untergraben und die Menschen für die Zwecke dieses Terrors zu instrumentalisieren. Der Herr Bundeskanzler, der Herr Vizekanzler und viele andere Repräsentanten dieses Staates haben dazu die richtigen Worte gefunden – Worte, die darin münden und enden, dass wir das alles nicht zulassen werden, was hier vom Terrorismus bezweckt wird.

Nicht die richtigen Worte hat meines Erachtens heute die Opposition gefunden, insbe­sondere Sie, sehr geehrter Herr Klubobmann Kickl. Gerade Sie beklagen das Versagen des BVT, gerade Sie beschweren sich darüber, dass das BVT nicht so funktioniert, wie es vielleicht funktionieren könnte. Da sage ich, erinnern wir uns doch gemeinsam! Waren es nicht Sie (Abg. Wurm: Da waren Sie noch gar nicht im Parlament!), der diese Razzia, die auch als Einmarsch im BVT beschrieben wurde, veranlasst hat? (Abg. Kickl: Jessas na!) – „Jessas na!“ ist das richtige Wort dazu, da stimme ich Ihnen ausnahmsweise zu. – Jessas na! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl – eine Tafel mit einem Foto von Bundeskanzler Kurz und der Aufschrift „Kurz im BVT-U-Ausschuss: ,Keinerlei Beweis, dass Kickl etwas Illegales gemacht hätte‘“ vor sich haltend –: Lesen Sie vor! Können Sie lesen?)

Herr Klubobmann Kickl, wir wissen ja bis heute nicht, was Sie im BVT gesucht haben, aber wir wissen, was Sie gefunden haben. Wir wissen, was Sie gefunden haben, nämlich wenig bis gar nichts. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Erreicht haben Sie aber schon etwas, es war nicht so, dass Sie mit Ihrer Tätigkeit als Innenminister nichts erreicht hätten. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Meine geschätzten Damen und Herren der SPÖ, auch wenn Sie sich jetzt noch so aufregen – mich wundert ja diese Beihilfe für die FPÖ ein wenig –, aber erinnern Sie sich auch daran, wer dagegen war, dass Gefährder eine Fußfessel tragen sollen! Gehen Sie ein wenig in sich, auch das wäre an dieser Stelle angebracht! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber zurück zur FPÖ und zu den Vorgängen während Ihrer Zeit im Innenministerium, sehr geehrter Herr Klubobmann Kickl: Ich habe gesagt, Sie haben zwar nichts gefunden, aber Sie haben während Ihrer Tätigkeit als Minister etwas erreicht. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Immerhin haben Sie die rechtswidrige Suspendierung des Leiters des BVT erreicht (Zwischenruf des Abg. Kickl), haben sich dann mit ihm gemeinsam wieder hingesetzt und gesagt, Sie werden zusammenarbeiten – das, was Sie jetzt dem Innenminister vorwerfen. Sie waren auch der Spiritus Rector einer nachträglich als rechtswidrig beurteilten Hausdurchsuchung im BVT. Das alles macht natürlich etwas mit einer Einrichtung wie dem BVT und auch mit den Mitarbeitern des BVT. (Abg. Kickl: Ich habe Sie sonst eh noch nie wo gesehen; die haben, glaube ich, einen Freiwilligen gesucht, der bereit ist, diesen Blödsinn zu verzapfen! Der Preis gehört Ihnen! – Weiterer Zwischenruf sowie Beifall bei der FPÖ.) – Schauen Sie, Sie können das qualifizieren, wie Sie wollen, aber Sie haben in Ihrer Rede gesagt, „die Wahrheit tut weh“. Sie müssen jetzt auch ein bisschen Schmerzen aushalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, wenn Sie sich in Ihrer Tätigkeit als Minister (Abg. Lausch: Sie erzählen uns da ...!) darauf zurückgezogen hätten, eine Fantasieuniform für einen General­sekre­tär zu genehmigen, einen Teppich auszutauschen, von mir aus auch die Polizeikavallerie zu installieren, dann hätten wir das alles als: Außer Spesen nichts gewesen!, bezeichnen können – mit Spesen und auch mit diesem Sprichwort hat Ihre Partei ja eine gewisse Erfahrung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Der Sobotka klatscht!) – Nicht nur. Allerdings ist es so, dass durch Ihre Tätigkeit das gesamte BVT infrage gestellt wurde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Deimek.) Das Ansehen dieser Einrichtung wurde national und international beschädigt und die Funktion dieser Einrichtung gefähr­det. Bei Ihnen als Innenminister, sehr geehrter Herr Klubobmann, war weder Recht noch Ordnung noch Sicherheit in guten Händen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl tippt sich mehrmals mit dem Zeigefinger an die Schläfe.) – Bitte ein bisschen mehr Contenance!

Wenn ich mir jetzt diesen Misstrauensantrag ansehe – auch darin haben Sie Erfahrung, immerhin haben Sie ja sieben Misstrauensanträge gegen sich gestellt bekommen (Abg. Lausch: ... aber auch dagegengestimmt! – Zwischenruf des Abg. Matznetter) – ja, ist schon recht, ein bisschen mehr Contenance, meine Damen und Herren –, dann frage ich mich, wenn hier so dargetan wird, dass Schuldzuweisungen heute nicht stattfinden sollten, was dieser Misstrauensantrag gegen den Innenminister anderes ist als die größt­mögliche Schuldzuweisung in diesem Haus. (Abg. Hafenecker: Ganz a schwache Rede! – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Was ist das sonst, wenn nicht die größtmögliche Schuldzuweisung, und das unverdient und unberechtigt und noch dazu mit einer Sequenz, die ich bisher in dieser Form noch gar nicht gehört und bemerkt habe?

In diesem Misstrauensantrag sagen Sie, dass der Ressortführung und damit dem Innen­minister das Vertrauen versagt werden soll, weil sein Versagen Menschenleben gekostet hat. Ich sage Ihnen, man kann über politische Verantwortung durchaus reden und ein Misstrauensantrag ist ein demokratisch legitimes Mittel, aber Sie verwenden dieses Mittel dazu, einem Minister, der sich in dieser Krise bewährt hat, eine persönliche Ver­antwortung, die es nicht gibt, zu unterstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Es gibt überhaupt keine ...!)

Wenn ich sage, dieser Minister hat sich bewährt, dann weil wir heute gehört haben, dass dieser Einsatz der Sicherheitskräfte an diesem furchtbaren Tag hervorragend abge­laufen ist. (Abg. Kickl: Ich glaube, Sie haben auch noch nie die Wahrheit erzählt!) Es war der Innenminister, der das geleitet hat, und gemeinsam mit der Verteidigungs­ministerin, und ich beziehe hier auch gerne die Justizministerin mit ein, haben sie es geschafft, dass diese bedrohliche Lage halbwegs gut bewältigt wurde. 9 Minuten sind zu lange, aber ich will mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn es länger gedauert hätte. Im Zusammenwirken mit Verteidigungsministerium und Justizministerium hat diese Republik, dieser Staat funktioniert. Das ist der Bundesregierung und auch dem Innenminister zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Während die Bundesregierung und der Innenminister sich in diesen schweren Zeiten seit Amtsantritt der Regierung vielen Krisen stellen mussten und diese auch gut bewältigt haben (Zwischenruf des Abg. Wurm), haben Sie, sehr geehrter Herr Klubobmann Kickl, in Ihrer Amtszeit die Krisen vornehmlich verursacht und nicht bewältigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns jetzt diese Krisen vor Augen führen (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), dann sage ich Ihnen ganz offen, dass man schon beklagen kann, dass im BVT jetzt nicht alles perfekt läuft – und das sehen viele so, und wahrscheinlich wird man da auch Konsequenzen ziehen müssen (Abg. Wurm: Aha!) –, aber eines ist auch festzuhalten:

Das ist wie mit einer Vase. Es ist ganz leicht, mit nur einem Schlag ist ein Scherbenhau­fen angerichtet, es ist aber sehr mühsam und sehr langwierig, das wieder zusammenzufügen. Oftmals bleiben Risse, um bei diesem Bild zu bleiben. Das haben Sie zu verantworten, das stammt aus Ihrer Tätigkeit als Innenminister. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren, ich darf mich abschließend bei den Sicher­heitskräften bedanken, bei den Rettungsdiensten, auch bei der Zivilgesellschaft, die einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, die auch in den Tagen nach diesem Anschlag zusammengestanden ist und eines gezeigt hat: Diese Gesellschaft wird sich nicht spalten lassen, dieses Land wird sich nicht verunsichern lassen, diese Demokratie und dieses Wertefundament werden sich nicht erschüttern lassen. Gemeinsam werden wir dem Terrorismus und dem Hass keinen Raum in dieser Republik geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.31

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Belakowitsch zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.