12.42

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wie beginnt man eine solche Rede nach so einem Terror, nach so einer Nacht? Zuallererst einmal natürlich mit dem aufrichtigen und tief empfundenen Mitgefühl mit allen Opfern und deren Angehörigen. Das ist ein Schmerz – das wurde heute schon angesprochen –, den man sich nicht vorstellen kann, aber auch noch weniger vorstellen möchte.

Es ist eine Stille, die nach so einem Terror eintritt, die unangenehm ist, die schneidend ist, aber es ist auch eine Stille, die so schnell wie möglich durchbrochen gehört. Daher ist es gut und richtig, dass der Nationalrat heute hier tagt und eine Sitzung zu dem Thema hat. Es ist gut und richtig, weil die Leute so schnell wie möglich wieder Stabilität in der Demokratie und vor allem Stabilität in der freien Meinungsäußerung finden müssen – eine freie Meinungsäußerung, die sich auch durch Terror und Gewalt nicht unterdrücken lassen wird.

Es ist gut und richtig, dass hier jetzt auch kritische Fragen gestellt werden, weil es einige Fragen gibt, auf die die Leute zu Recht eine Antwort verdient haben, weil es einige Fragen sind, die wirklich brennend sind, die eigentlich auf der Hand liegen, nämlich dahin gehend, ob vielleicht in der Abfolge der Informationsweitergabe nicht alles optimal funktioniert hat.

In dieser Nacht – in dieser verheerenden Terrornacht – kursierten bereits die ersten ka­tastrophalen Videos. Man mag zu den Videos stehen, wie man möchte. Über 20 000 Da­teien hat die Polizei zugespielt bekommen. Ich persönlich finde es nicht richtig, in so einer Situation daran zu denken, dass man filmt. Das zeigt aber auch, wie die Menschen schon abgestumpft sind, wenn es um Terror, Gewalt, um Opfer oder um potenziell Tote, wie in diesem Fall, geht.

Was man aber auch auf diesem Video ganz eindeutig gesehen hat, sind Exekutive, Einsatz- und Rettungskräfte, die hervorragend funktioniert haben. Was hat man ge­sehen? – Man hat Menschen gesehen, die ihr eigenes Leben riskiert haben, um Leben zu retten, und die es geschafft haben, nach nur 9 Minuten einen Täter oder den Täter auszuschalten. Darauf darf man zu Recht stolz sein. Darauf darf Österreich auch zu Recht stolz sein.

Wien hat zahlreiche Bühnen, aber Wien hat keine Bühne für Terror, für Terroristen. Ich muss eines sagen: Es ist in so einer Situation wichtig, den Zusammenhalt und vor allem auch die Kraft in den Menschen wieder heraufzubeschwören, sowie den Zusammenhalt, der über die letzten Monate vielleicht schon überstrapaziert wurde – aber es ist auch wichtig –, noch einmal an seine Grenzen zu bringen.

Wien hat bereits in der Terrornacht, egal wie bitter die Stunden waren, auf seine eigene Art und Weise, mit seiner eigenen urtypischen Wiener Seele, reagiert. Ich habe lange, lange überlegt – meine Vorrednerinnen, die Klubobfrauen, haben es schon ange­sprochen, Wien hat sein eigenes „Je suis“, sein eigenes „Pray for“ entwickelt –, denn es ist eine Sprache, die dem Hohen Haus natürlich nicht angemessen ist, aber ich denke, wenn es zahlreiche Menschen gibt, denen dieser Satz noch in der Terrornacht Mut gemacht hat, denen dieser Satz noch in der Terrornacht Kraft gegeben hat, dann ist er auch hier im Hohen Haus – und ich meine, wer, wenn nicht gerade ich als wilde Abge­ordnete, kann es sagen? (Zwischenruf der Abg. Maurer) – absolut angemessen und richtig, auch wenn es eben nicht der Sprache des Hohen Hauses gerecht wird (Abg. Meinl-Reisinger: ... sag es!), aber man darf es so sagen, wie es ist (Abg. Rendi-Wagner – die Daumen-rauf-Geste mit beiden Händen ausführend –: Sag es!), und mein Wienerisch reicht leider nicht dafür aus, deswegen sage ich es so, wie ich es sagen würde: Schleich dich, du Arschloch! (Ruf bei der SPÖ: Woohoo! – Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Österreich hat seine eigene urtypische Wiener Seele. Wenn das etwas ist, das den Menschen die Kraft gibt, den Mut gibt, weiterzumachen, dann ist es so, dann bleibt uns dieser Satz eben, und das ist absolut richtig. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Österreich bietet keine Bühne für den Terror und auch keine Bühne für Terroristen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von Grünen und NEOS sowie des Abg. Sobotka.)

12.46

Präsidentin Doris Bures: Ich werde in diesem Zusammenhang natürlich keinen Ord­nungsruf dafür erteilen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.) Ich möchte nur klarstellen, dass ich ausschließlich aufgrund dieses Zusammenhangs so vorgehen werde. (Beifall bei den Grünen.)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.