11.15

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Die Problemstellungen im österreichischen Bildungssystem sind ja nicht neu, die diskutieren wir hier im Parlament schon seit Jahren; ich möchte vielleicht noch einmal darauf hinweisen.

Tausende Schüler verlassen nach neun Jahren die Schule ohne Abschluss, und es gibt laut wissenschaftlichen Studien in etwa zwischen 20 und 25 Prozent faktische Analpha­beten, die nach neun Jahren Bildungssystem in Österreich weder sinnerfassend lesen noch rechnen oder schreiben können.

Diese Probleme haben wir, wie gesagt, schon öfter diskutiert. Ich glaube, gerade jetzt in Coronazeiten sieht man die Problemstellungen noch deutlicher. Was mir heute, bei die­ser ganzen Schönrederei vor allem der Regierung, einfach abgeht: Wir verlieren aktuell Hunderttausende Kinder in Österreich, die durch Distancelearning keinen sinnvollen Un­terricht mehr erleben. Die Problemstellungen, die es schon in normalen Zeiten gab, sind aktuell noch wesentlich größer und dramatischer.

Ich sehe überhaupt keinen Ansatz, Herr Minister, dass Sie darauf eingehen. Wir haben es ja damals auch gemeinsam diskutiert, und Sie haben auch versprochen, Sie werden das Bildungssystem in Österreich so verbessern, dass es nicht mehr 20 oder 25 Prozent Analphabeten gibt, sondern dass man zumindest irgendwann in Richtung 10 oder 15 Pro­zent kommt, weil das natürlich dramatische volkswirtschaftliche Auswirkungen und auch dramatische Auswirkungen auf die persönliche Entwicklung und das Leben von diesen Zigtausenden Schülern hat. Da ist leider Gottes zu wenig passiert, Herr Minister.

Ich habe ja 2015 das erste Mal diesen Antrag, den wir jetzt diskutieren, eingebracht. Das war eigentlich ein recht einfacher, pragmatischer Ansatz. Da geht es darum, dass man Maturanten, die die Matura nicht im ersten Anlauf schaffen, die Möglichkeit gibt, die Wiederholungsprüfung freiwillig vor Ende des Schuljahres, sprich Ende Juni, Anfang Juli abzulegen. Das war also eine ganz pragmatische, simple Geschichte. Da geht es auch nicht um freiheitliche Maturanten oder grüne Maturanten, da ja jeder bei der Matura durchfallen kann. Das betrifft in etwa 4 000 bis 5 000 Schüler pro Jahrgang, im kommen­den Jahr möglicherweise sogar mehr. Die Wiederholungsprüfungen sind aber leider Gottes Ende September, Anfang Oktober. Das heißt, jene Schüler, die es betrifft, verlie­ren den Anschluss im Berufsleben, an der Uni, beim Bundesheer und, und, und. Das wäre also eine simple Geschichte, einfach zu lösen.

Hinter den Kulissen wurde mir 2015 schon signalisiert: Das ist ein sinnvoller Vorschlag, aber das bringen wir bei der Lehrergewerkschaft nicht durch, weil die Lehrer das Ende Juni, Anfang Juli nicht mehr auf sich nehmen wollen. Damals hat es ja auch eine Minis­terin gegeben, die mir das so gesagt hat.

Ich bin heute froh, dass die SPÖ mit an Bord ist und diesen Vorschlag unterstützt. Die Grünen, die alten Grünen, haben ihn damals auch noch unterstützt, jetzt, in der Regie­rung, tun sie das offensichtlich nicht mehr, und die ÖVP war immer dagegen.

Ich kann nur noch einmal darauf hinweisen: Das ist eine ganz simple, einfache Ge­schichte, durch die Sie Tausenden Maturanten, die das Pech haben, bei dieser Prüfung vielleicht nicht beim ersten Mal durchzukommen, nicht den weiteren Lebensweg blo­ckieren, eine Geschichte, die einfach umsetzbar ist und gerade in diesen Zeiten eigent­lich ein kleines Mosaiksteinchen wäre, um die Bildungspolitik zu verbessern und sinnvol­ler zu machen.

Ich bin schwer enttäuscht, sollte diese Abstimmung heute wiederum negativ ausgehen, aber ich kann versprechen: Ich werde nicht lockerlassen. Wir werden irgendwann hof­fentlich das Ziel erreichen, den Maturanten diese Erleichterung zu verschaffen. Ich hoffe auf ein Umdenken der Regierung und auf eure Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.19

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.