12.55

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zur Debatte stehen drei Berichte des Rechnungshofes zu den Themen Straf- und Maßnahmenvollzug, strafrechtliche Vermö­gensabschöpfung sowie Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im Justizressort und im BMI, die eben allesamt primär das Justizressort betreffen. An den Schnittstellen die­ser Themen geht es aber immer auch um die gute Zusammenarbeit zwischen dem Jus­tizministerium und dem Innenministerium – und das will ich an dieser Stelle festhalten.

Der erste Bericht beschäftigt sich mit der Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs durch die Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug der freiheitsentziehenden Maßnahmen. Das ist jene Generaldirektion, in der im Jahr 2015 eine Organisationsreform gemacht wurde. Es zeigte sich, dass die mit der Organisa­tionsreform angestrebten inhaltlichen Ziele, nämlich die Vorgabe einer Gesamtstrategie, die Umsetzung von Konzepten zur Weiterentwicklung des Straf- und Maßnahmenvoll­zugs und eine systematische Qualitätssicherung, noch nicht erreicht werden konnten.

Die Prüfung brachte im Wesentlichen – das wurde auch schon in der Debatte angespro­chen – zwei zentrale Herausforderungen zutage: erstens den hohen Häftlingsstand mit zum Teil nicht ausreichenden Haftplatzkapazitäten und zweitens die Personalsituation in der Justizwache.

Sie haben schon gehört, dass die Zahl der Häftlinge im Prüfungszeitraum von 2015 bis 2019 um 5,4 Prozent gestiegen ist. Besonders stark war der Anstieg im Bereich des Maßnahmenvollzugs. Im Maßnahmenvollzug wurde ein Anstieg bei den zurechnungs­unfähigen Rechtsbrechenden von rund 53 Prozent verzeichnet. Ein großer Teil musste da in psychiatrischen Krankenanstalten untergebracht werden, weil die Kapazitäten in den justizeigenen Einrichtungen nicht ausgereicht haben.

Der Anteil an Häftlingen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft lag durchgängig bei über 50 Prozent. Der Anteil der Drittstaatsangehörigen lag bei ungefähr 36 Prozent.

Die Justizanstalten und insbesondere die gerichtlichen Gefangenenhäuser waren an der Auslastungsgrenze, die mit 95 Prozent festgelegt ist, angelangt und teilweise auch deutlich überbelegt. Es hat sich daher die Frage gestellt, welche Möglichkeiten bestehen, die die Generaldirektion für den Strafvollzug oder die Justizanstalten selbst beeinflussen können und die aus Sicherheitsgründen vertretbar sind. Da hat der Rechnungshof bei­spielsweise die verstärkte Anordnung des elektronisch überwachten Hausarrests oder die vermehrte Überstellung ausländischer Häftlinge in die Herkunftsländer empfohlen – und da geht es insbesondere um die Beschleunigung der Überstellungsverfahren, aber das ist eben auch von internationaler Kooperation abhängig.

Der zweite Punkt: Die Personalsituation in der Justizwache zeigt – das wird und wurde immer wieder diskutiert –, dass es da einen klaren Handlungsbedarf gibt. Es geht um ausreichend qualifiziertes Personal, um den tatsächlichen Personalstand und um die gestiegenen Krankenstände. Da wäre es aus Sicht des Rechnungshofes wichtig, dass die Kriterien für den Personalbedarf noch besser beleuchtet werden und dass Belas­tungskriterien für eine bedarfsgerechte Aufteilung auf die Justizanstalten entwickelt werden, denn die fehlenden personellen Ressourcen wirken sich ja auch auf die geringe Beschäftigung der Häftlinge aus, die durchschnittlich nur bei 2,59 Stunden pro Tag lag.

Wir haben es als problematisch angesehen, dass die Auswahlkriterien bei der Personal­rekrutierung abgesenkt wurden. Wir glauben, dass es sich um einen sehr schwierigen Beruf handelt.

Sehr geehrte Damen und Herren, die notwendige Reform des Maßnahmenvollzugs wird seit 2014 diskutiert und ist nach wie vor offen. Da müsste der Gesetzgebungsprozess rasch eingeleitet werden. Wir wissen und wir haben auch deutlich vor Augen geführt bekommen, wie wichtig es ist, dass es umfassende und konsequente Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gibt. Der Strafvollzugsentwicklungsplan als verbindliche Strate­gie zur Steuerung und Weiterentwicklung des Straf- und Maßnahmenvollzugs und eben auch die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Ressorts – Justizministe­rium und Innenministerium – sollten da eine Grundlage für Maßnahmen bilden. (Präsi­dent Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung will ich nur kurz Folgendes sagen: Damit diese auch erfolgreich ist, muss es eben auch eine gute Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei, bis hin zur Einbringungsstelle dann beim Oberlandesgericht Wien geben. Und: Es gab eben Abweichungen zwischen den in den Urteilen für verfallen erklärten Vermögenswerten und den tatsächlichen Einnahmen. Es betrugen die für verfallen erklärten Vermögenswerte rund 10 Millionen Euro, als Einnah­men waren hingegen nur 0,9 Millionen Euro verbucht. Daran sehen wir, da sollten Steue­rungsmaßnahmen ansetzen, eben Controllingberichte und eine entsprechende IT.

Was die Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen betrifft, so haben wir diese Prüfung deshalb gemacht, weil wir schon im Rechnungsabschluss 2015 Mängel bei Abrech­nungen und bei der haushaltsrechtlichen Verbuchung gesehen haben. Der Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und von Übersetzern ist aber für das Thema eines fairen Verfahrens sehr wichtig und muss eben gewährleistet werden. Die Gesamtkosten für Dolmetschleistungen in Strafverfahren lagen jährlich bei rund 32 Millionen Euro, im Jahr 2016 bei 36 Millionen Euro.

Das BMI setzte Maßnahmen und führte 2018 ein zentrales digitales Dolmetschregister ein, aber da würde uns auch ein Mindestqualitätsniveau auf sprachlicher Ebene als wich­tig erscheinen. Im Bereich des Justizministeriums gibt es die bekannte Gerichtsdolmet­scherliste, mittels derer die Gerichte und Staatsanwaltschaften eben auf gerichtlich be­eidete Dolmetscherinnen und Dolmetscher zurückgreifen können. Da gibt es auch eine Prüfung über die fachliche Eignung. Allerdings haben wir festgestellt, dass nicht alle Spra­chen abgedeckt waren und dass die Anzahl der in der Liste eingetragenen Personen rückläufig war, sodass eben die Vergabe auch außerhalb dieser Gerichtsdolmetscherliste erfolgte. Deshalb haben wir empfohlen, dass das Justizressort die Voraussetzungen und die Möglichkeiten für die Eintragung in die Gerichtsdolmetscherliste und das damit im Zusammenhang stehende Prüfungswesen evaluiert und an die aktuellen Erfordernisse anpasst.

Was die Gebühren betrifft, haben wir festgehalten, dass diese letztmalig 2007 festge­setzt und an die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst wurden. Hier gibt es nachweislich Diskussionsbedarf über eine Festsetzung nach sachlich gerechtfertigten Kriterien.

Was die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ressorts auf diesem Gebiet betrifft, so gab es eine Stellungnahme des Justizressorts, in der man in Aussicht stellte, dass man das Dolmetschregister des Innenministeriums eventuell subsidiär zur Anwendung brin­gen könnte, wenn niemand sonst zur Verfügung steht. Das wäre eben auch eine Mög­lichkeit zur Lösung der bestehenden Probleme. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

13.03

Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Präsidentin.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Rechnungshofausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesord­nung fort.