15.17

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf zu den Punkten zu fairen Pensionen sprechen und möchte mich zu Beginn bei mehr als 106 000 Menschen bedanken, die die Petition gegen die Abschaffung der Langzeitversi­chertenregelung unterschrieben haben. Vielen Dank für die Aktion auch an die PRO-GE. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und Grünen! Sie haben uns gestern Ihren Abänderungsantrag übermittelt, und je näher wir uns das anschauen und es auch dem­entsprechend bewerten, desto klarer wird, wie schlimm es für alle arbeitenden Menschen in diesem Land und für alle zukünftigen Pensionistinnen und Pensionisten ist.

Sie haben in diesem Abänderungsantrag nicht nur die Abschaffung der abschlagsfreien Pension der Langzeitversichertenregelung, sprich Hacklerregelung, im Inhalt ausgeführt, Sie haben damit verbunden auch ausgeführt, dass alle Pensionsbezieherinnen und -be­zieher in Zukunft weniger Pension erhalten. Es gibt also Kürzungen für all jene, die in Zukunft in Pension gehen.

Ihr Antrag hat zum Inhalt, dass es auch bei den Schwerarbeitspensionen, auch bei den Invaliditätspensionen, auch bei den Berufsunfähigkeitspensionen zu Pensionskürzun­gen kommt, sofern dort die 540 Beitragsmonate enthalten sind. Das ist unfair, das ist ungerecht, das ist nicht das, was Sie eigentlich angekündigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum haben Sie das nicht schon am Dienstag bei der Pressekonferenz angekündigt? Warum bestrafen Sie Arbeiter und Angestellte, jene, die am meisten ins Pensionssystem einzahlen, am längsten arbeiten und den niedrigsten Bundeszuschuss erhalten?

Bei den Arbeitern und Angestellten zahlt der Staat pro Monat für jede Pensionsbezie­herin und jeden Pensionsbezieher einen Bundeszuschuss von knapp 140 Euro. Bei den Bauern, bei denen Sie die Pensionen noch vor einigen Monaten erhöht haben (Ruf bei der ÖVP: Jetzt fängt der schon wieder an!), haben wir einen Bundeszuschuss von 660 Euro. Diejenigen, die wenig einzahlen, bekommen etwas drauf, denjenigen, die viel einzahlen, nimmt man etwas weg. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und Grünen, was mich in den letzten Tagen hier in diesem Hohen Haus irrsinnig gestört hat, sind Ihre Unwahrheiten, Ihre Fakenews. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie stellen sich hier heraus und sagen: 9 742 Männer sind von Jänner bis Oktober abschlagsfrei in Pension gegangen. – Ja, im Zuge der Langzeit­versichertenregelung. Sie sagen, nur fünf Frauen sind abschlagsfrei in Pension gegan­gen. (Ruf: Nein, eine!) – Ja, im Zuge der Langzeitversichertenregelung.

Wenn Sie jedoch fair wären, wenn Sie das Pensionssystem kennen würden, sich damit befassen und sich die Zahlen anschauen würden, wie viele abschlagsfreie Pensionen es heuer in diesem Land bei Männern und Frauen gegeben hat, dann kämen Sie zu diesem Ergebnis: (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Abschlagsfreie Pensio­nen 2020, Alterspensionen und Langzeitversicherten Regelung, Frauen: 35.382, Män­ner: 18.260“ auf das Rednerpult. – Beifall bei der SPÖ.) Von Jänner bis Oktober sind in Österreich mit der Pensionsart Alterspension und der Pensionsart Langzeitversicherten­regelung 35 382 Frauen und 18 260 Männer abschlagsfrei in Pension gegangen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ sowie Bravoruf des Abg. Wurm. – Zwi­schenruf der Abg. Tomaselli. – Abg. Loacker: ... 60! – Ruf: Wollen Sie, dass die Frauen auch alle ...? – Ruf bei den NEOS: Das ist ja schlimmster SPÖ-Stil! – Weitere Zwischen­rufe bei Grünen und NEOS.)

Ich sage Ihnen auch, warum das so ist (Abg. Loacker: Weil Sie das Frauenpensionsalter erhöht haben!): weil die Frauen in diesem Land derzeit Gott sei Dank noch mit dem 60. Lebensjahr in eine abschlagsfreie Alterspension gehen können. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Loacker.) Wenn eine Frau mit 60 abschlagsfrei eine Pension beziehen kann, wird sie nicht bis 62 bleiben, um das dann dementsprechend zu erreichen. Das ist die Aufklärung und das ist die Wahrheit – nicht diese Halbwahrhei­ten, die Sie hier erzählen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn sich die Grünen hierherstellen und vor laufender Kamera immer sagen, wie wichtig es ihnen ist, dass die Frauenpensionen erhöht werden – dann erhöhen Sie doch die Frauenpensionen für alle Frauen! Dann stimmen Sie doch unseren Anträgen zu, in de­nen es eine höhere Anrechnung der Kindererziehungszeiten gibt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was ich seit Dienstag hier in diesem Hohen Haus schon alles darüber gehört habe, wer in Österreich als Schwerarbeiter gilt, wer von dieser Pension nicht berührt wird – so ein – Schwachsinn darf ich nicht sagen, Herr Präsident (Heiterkeit bei der SPÖ) – Unsinn! Sie wissen es nicht. Ein Spengler, der bei jedem Wetter – bei Sonne, bei Hitze, bei Kälte, bei Regen – am Dach oben ist, ist kein Schwerarbeiter. (Ruf: Genau!) Ein Sägearbeiter, ein Ziegelarbeiter, ein Zementarbeiter, ein Elektriker, ein Installateur – das sind keine Schwerarbeiter. (Ruf: Ein Fließenleger!) Die haben diese einzige Brücke gehabt, es viel­leicht mit 62 in die abschlagsfreie Pension zu schaffen, wenn sie es gesundheitlich über­haupt schaffen. (Ruf bei der SPÖ: So schaut’s aus!) Die meisten von ihnen gehen in eine Invaliditätspension. (Ruf bei der ÖVP: A geh, so ein Schwachsinn!) Diejenigen, die in eine Invaliditätspension gehen, weil sie es körperlich nicht mehr schaffen, und diejeni­gen, die Gott sei Dank eine Schwerarbeiterpension erreichen, die Bauarbeiter, die wer­den jetzt von Ihnen auch mit Abschlägen bestraft. – Das ist unsozial und das ist unge­recht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zum letzten Punkt, zu Ihrem Frühstarterbonus: Sie von den Grünen und der ÖVP haben sich hier herausgestellt und haben gesagt, dass das jetzt ein Anreiz für junge Menschen ist: pro Arbeitsmonat 1 Euro brutto mehr an Pension zu erhalten. – Ja, das ist ein super Anreiz. 1 Euro mehr Pension pro Arbeitsmonat zwischen dem 15. und dem 20. Lebens­jahr. Da werden jetzt alle jungen Menschen aufhören, in die Schule zu gehen und sagen: Ich möchte arbeiten gehen, ich kriege 1 Euro brutto Pension mehr. (Ruf bei der SPÖ: ... An­reiz! – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei den NEOS: Das ... werden wir nicht schaffen! – Zwischenruf des Abg. Sieber.) – Leute, wo lebt ihr? Wo lebt ihr denn? Noch dazu werden jene mit Ferialjobs und Ferialpraktikanten nicht erfasst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist unfassbar! – Zwischenruf des Abg. Brandweiner.)

Eines sage ich Ihnen, weil wir auch betreffend Nacht-und-Nebel-Aktion kritisiert worden sind: Sobald es hier eine Möglichkeit gibt, diese unfairen Pensionen, die die Grünen und die ÖVP heute beschließen, wieder zu korrigieren, bei der ersten Gelegenheit, wenn es in diesem Hohen Haus eine parlamentarische Mehrheit gibt, um dieses unfaire Pen­sionssystem, das Sie jetzt einleiten, wieder zu korrigieren, werden wir als SPÖ diese Chance nutzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Stögmül­ler: ... Koalition! – Abg. Wurm: Wir stehen bereit! – Zwischenruf des Abg. Ofenauer.)

Mit ihrem heutigen Abänderungsantrag, mit dem sie alle Arten von Pensionen kürzen, durch den Sie allen Neubeitretenden, allen Menschen, die in Zukunft in Pension gehen werden, auch die Pensionen kürzen, zeigen die Grünen und die ÖVP ihr wahres, unso­ziales Gesicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Es ist eigentlich traurig, dass die Grünen und die ÖVP bei jenen Menschen beginnen, die arbeiten die schwer und lange arbeiten , sowie bei den Pensionistinnen und Pen­sionisten, dass sie diese zuerst für die Krise bezahlen lassen.

Abschließend noch ein Satz, weil Sie immer wieder sagen, dass es um die Finanzierung geht: Es geht darum, ob man faire Pensionen finanzieren will oder nicht. Wir wollen sie finanzieren, weil es genug Möglichkeiten dazu gibt. (Abg. Meinl-Reisinger: Welche?) Sie wollen das nicht! (Anhaltender Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Martin Graf.)

15.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, nehmen Sie Ihr Taferl mit, wenn Sie so lieb sind! (Abg. Belakowitsch: Lass ’s stehen! – Abg. Muchitsch holt die Tafel vom Rednerpult.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.