10.39

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum ist diese heutige Sondersitzung erforderlich? – Weil wir einen Formalfeh­ler reparieren müssen, einen Fehler, der das letzte Glied in einer langen Fehlerkette darstellt, die wir bis dato erleben mussten. Es wurden heute schon die fehlenden Nullen angesprochen, Sie kennen die Beispiele.

Seit voriger Woche ist ja wieder einiges Neues bekannt geworden, zum Beispiel dass die Bundesregierung mehr als 200 Millionen Euro für Eigen-PR reserviert. 200 Millionen Euro – Herr Bundesminister, wo sind die Laptops für unsere Schulen? Jetzt ist es sogar so weit, dass Licht ins Dunkel einspringt, damit unsere Schulen mit Laptops ausgestattet werden, anschließend an viele Vereine und Non-Profit-Organisationen, die das schon vorgemacht haben.

Was ist mit mehr Mitteln für Schutz vor Gewalt an Frauen? Lippenbekenntnisse reichen da nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie jetzt aufstehen, sich zu Wort melden und sagen, Sie verzichten auf diese 200 Millionen, denn Ihnen ist wichtiger, dass die im Pflege- und Gesundheitsbereich Tätigen endlich eine Gehaltserhöhung und Boni bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie geht es eigentlich unseren Gemeinden? – Wir haben es gehört, es geht ihnen nicht gut. Das hat nichts mit parteipolitischer Betrachtung zu tun: Viele ÖVP-geführte Gemein­den, viele SPÖ-geführte Gemeinden, viele Gemeinden mit Bürgermeistern und Bürger­meisterinnen anderer Parteien leiden massiv unter den Einnahmeausfällen in Höhe von mehr als 2,5 Milliarden Euro für dieses und nächstes Jahr. Das sind allein die Gemein­den, da habe ich die Länder noch gar nicht erwähnt.

Herr Finanzminister, Sie wiederholen immer: Wir tun ja etwas für die Gemeinden, wir haben diese 1 Milliarde aus dem Kommunalinvestitionsgesetz. – Sagen Sie dann aber bitte auch dazu, dass es da einer 50-prozentigen Kofinanzierung durch die betreffenden Gemeinden bedarf, damit sie überhaupt etwas bekommen, sonst geht das nicht. Was heißt denn das für finanzschwache Gemeinden? – Das heißt, dass sie wahrscheinlich eher nicht in den Genuss dieser Gelder kommen.

Wir als SPÖ fordern mit aller Vehemenz sofortige tatkräftige finanzielle Unterstützung. Wir als SPÖ-Fraktion wollen, dass unsere Gemeinden ihre Leistungen weiterhin quali­tätsvoll erbringen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Was heißt das? – Wir wollen, dass die Schulen funktionieren, dass sie vor allem auch offen haben, dass Kinder unterrichtet und nicht nur betreut werden. Wir wollen die Kindergärten weiter in dieser Qualität erhalten, die Altenbetreuungseinrichtungen, die Wasserversorgung, die Infrastruktur – all das könnte man jetzt mit sofortiger Hilfe für die Gemeinden bewerkstelligen und vor allem nachhaltig absichern.

Sie, Herr Minister, waren im Budgethearing dabei, zumindest einen Großteil der Zeit – sonst waren Sie ja nicht so oft hier. Was haben die Expertinnen und Experten betont? – Die Gemeinden brauchen die Unterstützung, sie müssen jetzt investieren. Warum jetzt? – Weil das arbeitsplatzwirksam ist! Schauen wir uns die Arbeitslosenzahlen an, dort brauchen wir jetzt eine wirkliche finanzielle Unterstützung.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefor­dert, dem Nationalrat ehestmöglich, spätestens bis 9. Dezember 2020, einen Gesetzes­vorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden als Sofortmaßnahme die Gel­der aus dem Kommunalinvestitionsgesetz 2020, ohne Auflage von Investitionstätigung, noch im Dezember 2020 auszahlt.

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, werden weiters aufgefordert, ein neues Gemeindefinanzierungspaket für 2021 im Ausmaß von zumin­dest 2 Milliarden Euro aufzulegen, um einen Teil der 2020 entstandenen und 2021 noch kommenden Covid-Krise bedingten Finanzlücken ersetzen zu können und den Gemein­den zur Ankurbelung der Regionalwirtschaft Spielräume zu ermöglichen. Grundvoraus­setzung dafür ist eine neue prozentuelle Vorgabe von maximal 25% Eigenfinanzierungs­anteil durch die Kommunen.“

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Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Zeigen Sie, dass Sie ein Herz für die Gemeinden haben, stimmen Sie diesem Antrag zu – und Herr Bundesmi­nister, verzichten Sie auf die 200 Millionen Euro für Eigen-PR! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross, Mag.a Karin Greiner, Alois Schroll, Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1 Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (484 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmenge­setz 2021 bis 2024 erlassen wird – BFRG 2021-2024 (485 d.B.)

Die aktuell größte Gesundheitskrise unserer Zeit hat gravierende Auswirkungen auf das Leben der Österreicherinnen und Österreicher, weder sind derzeit die gesundheitli­chen noch die wirtschaftlichen Folgen abschätzbar. Bedingt durch die Maßnahmen der ÖVP/Grüne-Bundesregierung, insbesondere der neuerliche Lockdown im Novem­ber 2020 lassen die Einnahmen ganzer Branchen wegbrechen. Diese Entwicklungen haben auch massive Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen und treffen die Bevölke­rung daher doppelt.

Bereits im Frühjahr hat die SPÖ auf die prekäre Situation der Gemeindefinanzen hinge­wiesen und mehrfach Anträge eingebracht, die eine Problemlösung aufzeigen. Das von der schwarzgrünen Regierung beschlossene Kommunalinvestitionspaket hilft nur jenen Gemeinden, die über eine entsprechende Finanzkraft verfügen um den 50%igen-Eigen­anteil der Investitionen finanzieren zu können. Die Einnahmenausfälle bei den Ertrags­anteilen durch das einbrechende Steueraufkommen, der Kommunalsteuer und den lo­kalen Tourismusabgaben haben vielerorts ein Niveau erreicht, dass die Finanzierung selbst der laufenden Gemeindeausgaben nicht mehr zur Gänze sicherstellt – an regio­nale Konjunkturmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise ist gar nicht zu denken.

Die SPÖ hat einen wirksamen Vorschlag gemacht, der Gemeinden je Hauptwohnsitz gemeldetem Einwohner völlig unbürokratische 250€ Bedarfszuweisung überwiesen hätte. Der Antrag wurde auf Grund der Nicht-Behandlung durch ÖVP/Grüne auch im Bundesrat eingebracht und auch dort von Schwarz-Grün abgelehnt.

Nicht nur der gut ausgebaute Sozialstaat, sondern auch die Leistungen der Gemeinden und deren Angebote für die Bürgerinnen und Bürger haben in der Krise wesentliche stabilisierende Funktionen. Gemeinden und Städte brauchen eine 100%ige Abgeltung des finanziellen Ausfalls der Coronakrise. Kommunen sind für Kinderbetreuung, Ret­tungs- und Feuerwehrwesen, Schulerhaltung, Spitalsfinanzierung, Abwasserentsorgung und Wasserversorgung und vieles mehr zuständig.

Angesichts der sich weiter verschlechternden Situation durch den zweiten Lockdown, dessen Dauer immer noch nicht abzusehen ist, sowie der Mehrwertsteuersenkungen für manche Bereiche, was sich ebenfalls auf eine zusätzliche Reduktion der Ertragsanteile auswirkt, benötigen die Gemeinden dringend Finanzmittel um die Leistungen für die Be­völkerung aufrecht erhalten zu können. Das KIG 2020 reicht hier leider, wie von uns vorausgesagt, bei weitem nicht aus.

Der Umstand, dass Gemeinden die Förderung vom Bund aus dem Kommunalinvesti­tionsgesetz erst nutzen können, wenn sie selber 50% der Gesamtmittel selber auf­bringen, geht an der durch die aktuelle Covid-Krise ausgelöste, sich wöchentlich ver­schärfenden finanziellen Situation der Kommunen vorbei. Nur um die Förderung vom Bund nach dem KIG 2020 zu bekommen, können keine Gelder für zusätzliche Investi­tionen seitens der Gemeinden aufgestellt werden, wenn nicht einmal die laufenden Aus­gaben durch die sinkenden Einnahmen ausfinanziert sind. Im Ergebnis können die Ge­meinden das Geld nicht abholen und der Bund es nicht ausbezahlen. Aus diesem Grund ist eine Novelle des KIG 2020 nötig, damit die Gemeinden auch ohne 50% Eigenfinan­zierung den auf sie entfallenden Zweckzuschuss noch heuer vom Bund ausbezahlt er­halten können.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, werden aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich, spätestens bis 9. Dezember 2020, einen Geset­zesvorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden als Sofortmaßnahme die Gelder aus dem Kommunalinvestitionsgesetz 2020, ohne Auflage von Investitionstäti­gung, noch im Dezember 2020 auszahlt.

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, werden weiters aufgefordert, ein neues Gemeindefinanzierungspaket für 2021 im Ausmaß von zumin­dest 2 Milliarden Euro aufzulegen, um einen Teil der 2020 entstandenen und 2021 noch kommenden Covid-Krise bedingten Finanzlücken ersetzen zu können und den Gemein­den zur Ankurbelung der Regionalwirtschaft Spielräume zu ermöglichen. Grundvoraus­setzung dafür ist eine neue prozentuelle Vorgabe von maximal 25% Eigenfinanzierungs­anteil durch die Kommunen.“

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