11.21

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus und geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, diese Europastunde ist ein ganz wichtiges Signal, ein ganz starkes Zeichen für all diejenigen, die in Österreich leben, für all diejenigen, die diese Fernsehübertragung sehen, ein starkes Zeichen im Rahmen der Kampagne Orange the World. Wir haben in den letzten zwei Wochen etliche öffentliche Gebäude in orangem Licht erstrahlen lassen. Es geht darum, aufmerksam zu machen – aufmerksam zu machen auf das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Die Gewalt kann körperlich sein. Sie beginnt mit kleinen Handgreiflichkeiten, die dann zu Verletzungen führen, zu Angst, zu Gewalt, aber leider immer öfter auch zum Tod. Die Gewalt kann psychisch sein, wenn Frauen und Mädchen manipuliert und eingeschüch­tert werden. Die Gewalt kann sexuell sein, wenn Frauen und Mädchen misshandelt und missbraucht werden. Gewalt ist aber auch strukturell. Das bedeutet, dass Gesellschafts­systeme ungleiche Machtverhältnisse, Einkommensnachteile, geringere Bildungschancen eher verstärken denn verringern, wenn nicht gegen sie angekämpft wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Gewalt erscheint in so vielen Formen. Sie wird oft im Privaten ausgetragen und ertragen, doch Gewalt gegen Frauen geht uns alle an. Wir dürfen nicht wegschauen, wir müssen hinschauen und wir müssen aktiv etwas dagegen tun. Zivilcourage ist gefragt. Die große Unite-Kampagne der Vereinten Nationen will mit verschiedenen Maßnahmen die Gewalt gegen Frauen bis 2030 beenden. Na ja, bis 2030 – da müssen wir, und das ist unsere Aufgabe und Verantwortung, weltweit solidarisch sein, jeder in seinem Bereich, in Europa und in Österreich, gegen diese Gewalt ankämpfen und jene, die aus diesem Prozess aussteigen, wieder mitnehmen. Das ist unsere Verantwortung.

Für viele ist körperliche Gewalt leider die einzige Möglichkeit, mit Konflikten umzugehen. Viele haben nie gelernt, Probleme anders zu lösen – zu diskutieren, zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Wir müssen daher auf allen Ebenen versuchen, durch bessere Bildung und Kommunikation Menschen in die Lage zu versetzen, Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Was tun wir in Österreich? Was brauchen die Opfer? – Das Wichtigste für die be­troffenen Frauen und Mädchen ist der Schutz vor den Gewalttätern und der Zugang zu Unterstützung. Das kostet Geld, das ist es uns aber auch wert. Ich muss als betroffene Frau wissen: Wohin kann ich mich wenden? Wo bekomme ich Hilfe und Unterstützung? Wie kann ich dieser Gewaltspirale entrinnen, und wie kann ich mich bewusst für ein Leben ohne Gewalt entscheiden?

Die Bundesregierung tut viel in diesem Bereich, mit den Informationskampagnen, auch heute wieder mit den Inseraten, aber nicht nur damit: Es werden auch verschiedene Folder, die genaue Hinweise geben, in den Apotheken, in den Geschäften aufgelegt, denn gerade in der Zeit der Pandemie ist es leider verstärkt zu Konflikten im Familien­bereich gekommen.

Wir haben – in Ausführung und gemäß einer Empfehlung der Istanbulkonvention – seit Herbst 2019 in allen Bundesländern mindestens eine Beratungsstelle für Betroffene von sexueller Gewalt. Unsere Frauenministerin Susanne Raab hat erstmals auch einen Förderaufruf gestartet, um konkrete Projekte gegen Gewalt an Frauen zu unterstützen. 14 Projekte sind da ins Leben gerufen worden, und es war uns 1,25 Millionen Euro wert.

Wir kämpfen auch, die Bundesregierung kämpft auch gegen die Gewalt an Frauen aus der Tradition heraus, gegen diese traditionsbedingte Gewalt, unter der Frauen und Mädchen ganz besonders viel leiden müssen. Möglich ist das, weil wir das Frauenbudget jetzt zweimal erhöht haben. Wir haben das höchste Frauenbudget seit vielen Jahren: 43 Prozent plus. Jeder Euro ist es wert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Rahmen des Gewaltschutzpakets haben wir im vergangenen Jahr viele Verbes­serungen für Opfer von Gewalt eingeführt. So können die Betroffenen zum Beispiel jetzt, um ihren Gefährdern zu entkommen, den Namen und die Sozialversicherungsnummer ändern, und damit sind sie nicht mehr so leicht auffindbar – ein ganz wesentlicher Punkt.

Heute werden wir uns anschließend noch dem Thema Hass im Netz widmen, denn nicht nur in der realen Welt, auch im Internet gibt es viel Gewalt, und da werden wir Maß­nahmenbündel beschließen, die den Opfern helfen.

Zum Schluss möchte ich sagen: Wir haben viel erreicht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir müssen viele mitnehmen, zielgerichtet alles tun, damit Gewalt an Frauen und Mädchen in Zukunft der Vergangenheit angehört. Lassen Sie mich daher sagen: Ich glaube daran, dass wir es schaffen können. Ich glaube, dass ein Großteil der Männer nicht gewalttätig ist und gemeinsam mit uns Frauen für Rechte von Frauen und Kindern kämpft, denn Frauen sind keine Objekte, die man besitzen kann und auf die irgend­jemand einen Anspruch hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Kucher.)

Ich hoffe auf eine Zukunft: Ich hoffe auf eine Zukunft, in der sich keine Frau und kein Kind mehr vor Gewalt fürchten müssen. Und ich weiß, dass wir alle miteinander alles tun werden, damit diese Hoffnung Realität wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.27

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.