11.38

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Kein Feminismus ohne Antirassismus und kein Antirassismus ohne Feminismus: Vor fast 30 Jahren sind 24 Frauen aus der ganzen Welt, Feministinnen, politische Aktivistinnen aus Ländern des globalen Nordens und des globalen Südens, am Campus der Rutgers University in New Jersey zusam­mengekommen und haben die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen erfunden. Selbstver­ständlich war das nicht einfach eine Erfindung, die Aktion stützte sich auf Jahre und Jahrzehnte feministischer Kämpfe für Frauenrechte, gegen Gewalt an Frauen, für die Selbstbestimmung von Frauen und gegen Repression.

Heute sind die 16 Tage eine der anerkanntesten und längsten Kampagnen für Frauen­rechte weltweit. Sie hat in einer Zeit vor dem Internet begonnen, war als Brücke zwischen Frauenrechten und Menschenrechten gedacht, noch bevor wir mit einer Selbstver­ständ­lichkeit von Frauenrechten als Menschenrechte gesprochen haben, und wurde über die Jahre von Tausenden feministischen Aktivistinnen und feministischen Organisationen zu einer globalen Bewegung gemacht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Brandstötter.)

Dabei waren die 16 Tage immer ganzheitlich, immer inklusiv und immer intersektionell.

Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Sicherheit: Das sind Schutzfaktoren für Frauen gegen Gewalt – nicht Verbote, nicht Kleidungsvorschriften, nicht Disziplinierungen, nicht Repressionen, nicht Verdächtigungen, nicht Kriminalisierungen, weder im privaten noch im öffentlichen Raum. Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen muss Gewalt gegen alle Frauen meinen, von jeder Seite und in jeder Form. Wir können nicht über Frauenrechte sprechen, ohne über alle Frauen zu sprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und wir können nicht über Frauenrechte sprechen, ohne heute insbesondere über die Rechte von Musliminnen und über ihre Betroffenheit von antimuslimischem Rassismus zu sprechen, einer diskriminierenden und gewaltvollen Erfahrung und für viele Lebens­realität. Die Opfer antimuslimischer Gewalt sind überwiegend sichtbare Musliminnen, die Kopftuch tragen. Sie stehen im Zentrum medialer Debatten, in denen über sie entweder als Opfer von Unterdrückung oder als Täterinnen des sogenannten politischen Islam gesprochen wird. Sie sind das Ziel von politischen Maßnahmen, die vorgeblich ihre Emanzipation wollen.

Wir können nicht über Frauenrechte sprechen, ohne über alle Frauen zu sprechen. Die Übergriffe auf Musliminnen sind nach der Terrornacht in Wien weiter gestiegen. Die Beratungsstelle Zara berichtet davon, dass häufig ein direkter Bezug zu den Anschlägen hergestellt wird, dass Musliminnen als Terroristen beschimpft werden. Dabei sind die gemeldeten Angriffe nur die Spitze des Eisbergs.

Vor Kurzem hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft ihren Bericht für die Privatwirtschaft vorgelegt, und darin stellt sie fest, dass sich Diskriminierung und antimuslimischer Rassismus in der Arbeitswelt vor allem gegen Musliminnen richten, die ein Kopftuch tragen. Dabei wissen die Betroffenen oft gar nicht, dass sie sich wehren können und wo sie Diskriminierung melden können. Oft sind sie zu eingeschüchtert, sie denken, es ist besser, zu schweigen, als sich noch verletzlicher zu machen.

Sowohl die Beratungsstelle Zara als auch insbesondere die Dokumentationsstelle Islam­feindlichkeit und antimuslimischer Rassismus leisten da unschätzbare Arbeit. Heute, am 10. Dezember, am Tag der Menschenrechte, feiert die Dokumentationsstelle Islam­feind­lichkeit und antimuslimischer Rassismus ihr sechsjähriges Bestehen. Ehrenamtliche MitarbeiterInnen leisten dort unermüdliche Arbeit, indem sie Vorfälle dokumentieren und veröffentlichen, Betroffene unterstützen, Informationsveranstaltungen abhalten und das Hauptaugenmerk auf die Ermächtigung der Betroffenen legen. Von mir seien an dieser Stelle dem gesamten Team ein großer Dank und die herzlichsten Glückwünsche und viel Kraft für diese wertvolle und wichtige Arbeit übermittelt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen muss Gewalt gegen alle Frauen meinen, von jeder Seite und in jeder Form. Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen sind populär, und das ist gut so, keine Frage, aber sie sind kein Accessoire und kein Feigenblatt. Sie lassen sich nicht zum Kampf gegen Frauen instrumentalisieren – nicht gegen Sexarbeiterinnen, nicht gegen Migrantinnen, nicht gegen Musliminnen, nicht gegen das Recht auf Abtrei­bung, nicht gegen sexuelle Rechte, nicht gegen Frauenrechte.

Zum Abschluss noch einmal: ohne Feminismus kein Antirassismus und ohne Antiras­sismus kein Feminismus! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.43

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt das Mitglied des Europäischen Parlaments Frau Claudia Gamon. – Bitte.