12.32

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hass im Netz ist angeblich das größte Problem unse­rer Gegenwart; das sehe ich nicht so. Ich sehe den Hass auf der Straße, den Hass in der Realität und die Gewalt in der Realität als noch viel größeres Problem. Es ist aber zuge­gebenermaßen ein Problem, dem man auch mit dem vorhandenen Strafrechts­instru­men­tarium beikommen kann, wenn man es noch um eine schnelle, effektive Durchsetzung ergänzt. Dagegen ist nicht das Geringste einzuwenden, es ist geboten, dass sich Jugendliche, Frauen, wer auch immer entblößt und entwürdigt wird schnell gegen Pos­tings wehren können, sodass diese verschwinden. Wenn jemand Beleidigun­gen aus­gesetzt ist, gefährlich bedroht wird: Wir haben dafür die Strafrechtstatbestände üble Nachrede, Beleidigung, Drohung und so weiter. Es geht also nur um die Durch­setzung.

Mir geht es um den Teil, in dem die Plattformen behandelt werden, denn dieser Teil schießt weit über das Ziel hinaus. Dieser Teil beinhaltet natürlich sehr wohl eine meinungsfreiheitsbeschränkende Maßnahme. (Beifall bei der FPÖ.)

Das neue Gesetz nimmt Anleihen bei einigen internationalen Gesetzen, wie etwa dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, und sieht vor, dass große Plattform­betrei­ber – Facebook, Twitter und Co – unter Androhung extrem hoher Bußgelder veranlasst werden, Hinweise auf vielleicht – vielleicht oder vielleicht auch nicht – strafbare Inhalte unter großem Zeitdruck zu bearbeiten und zu löschen. Natürlich führt das dazu, dass sie zuerst einmal lieber mehr löschen, als eine hohe Strafe zu riskieren. Bewertet und geprüft wird das Vorliegen möglicherweise strafbarer Inhalte nicht von Gerichten, sondern von Mitarbeitern von Facebook, oder sie lagern es an externe Dienstleister wie an Correctiv in Deutschland aus. Das heißt, es bestimmen dann Konzerne, Konzern­politik, damit verbundene Ideologie darüber, was bei uns hier gepostet wird und was nicht, was unter Hass zu verstehen ist und was nicht, was gelöscht wird und was nicht. Das ist so der Fall, auch wenn das dann sicherlich von der Frau Minister bestritten werden wird. Ja, es gibt Beschwerdemöglichkeiten, aber wenn massenhaft gelöscht wird, wird man irgendwann nachgeben und das akzeptieren müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Insofern entscheiden dann die Konzerne, was ein Bruch mit unserer sonstigen Straf­rechtspflege ist.

Warum greift man auf dieses Mittel der Löschung auf dem Umweg über die Plattformen zurück? Man könnte das auch anders lösen, wie es zum Beispiel schon im Mediengesetz für Medieninhaber, für die Onlineforen von Zeitungen gelöst ist. Wenn diese Hinweise auf unzulässige Inhalte bekommen, dann haben sie nur eine ganz kurze Frist zum Löschen. Sie kommen dem Löschauftrag in beinahe allen Fällen nach, dann ist das Problem erledigt. Sonst hat man die Möglichkeit, zu Gericht zu gehen. Auch da gibt es dann kurze Fristen, innerhalb derer darüber entschieden wird, ob das Posting zulässig ist oder nicht. Das könnte man für die Social Media genauso machen. Man könnte jeden Betreiber einer Facebook-Seite in die Pflicht nehmen. Ich denke, das wäre auch gut, damit man jedem seine Verantwortung klarmacht: Wenn man öffentlich auftritt, ist man auch für den Inhalt verantwortlich. So könnte man auch Kinder und Jugendliche schützen.

Warum geht man also den Umweg über Facebook, sodass sich die Plattformen ein­mischen und etwas selbst löschen müssen? – Weil das Ziel ein anderes ist! Es gibt auch ein dahinterstehendes Ziel, und unsere Frau Verfassungsministerin Edtstadler hat es auch relativ klar – gar nicht so sehr zwischen den Zeilen – ausgesprochen. Sie hat schon öfter gemeint, dass es das Ziel ist, die neuen Technologien von Hass und Desinformation freizuhalten, um so die Nutzer zu schützen. Nur so könne es gelingen, europäische Werte wie Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stärken.

Hass, diese Emotion soll offensichtlich aus dem Netz eliminiert werden. Desinformation: Was ist das? Wer hat die Wahrheit gepachtet? Wer weiß, was Information ist und was Desinformation ist? Es gibt schon viele Gesetze in anderen Ländern, aus denen man ablesen kann, wohin die Reise gehen soll. Das Problem ist: Hass und Desinformation – Hatespeech und Fakenews – sind völlig unbestimmte Begriffe, die im Strafrecht eigent­lich nichts zu suchen haben. Zum Beispiel Diebstahl: Ich stehle einem Dritten eine fremde, bewegliche Sache. Da weiß jeder: Wenn ich das tue, mache ich mich strafbar; klare Sache! Bei Hatespeech oder dem Verbreiten von Desinformation ist es ein großes Problem, wenn so etwas strafbar ist. Ich weiß nicht, ab wann die Schwelle der Straf­barkeit überschritten ist. Das kann man nicht sagen. Da das jetzt schon so weit definiert worden ist, darf man schon sehr vieles nicht mehr sagen, was mit dem Strafrecht nicht das Geringste zu tun hat. Hatespeech ist so quasi zum Codewort für alles politisch Inkorrekte geworden. Fakenews sind eigentlich regierungskritische Informationen, die nicht erwünscht sind und deshalb gelöscht werden. Das ist mehr als unerfreulich, und damit haben wir einen tiefen Eingriff in die Grundrechte. (Beifall bei der FPÖ.)

Solche weichen Begriffe wie Menschenwürde, Verletzung der Seele sind ja alle recht und schön, aber wir können nicht unverwundet durchs Leben gehen. Das ist zu diffus. Die Menschen haben nicht nur ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit, Meinungsäuße­rungs­freiheit, sondern auch Informationsfreiheit. Ich möchte, wenn ich mit jemandem spreche, wenn ich in den sozialen Medien aktiv bin, debattieren, mich mit Menschen auseinandersetzen können, die vom äußersten linken Spektrum bis hin zum rechten Spektrum alles abdecken. Nur so kommen wir zu fruchtbringenden Auseinanderset­zun­gen. Die Grenze ist im Strafrecht festgelegt, sie ist bei Gewalt und bei Drohungen über­schritten, natürlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Wo die Reise hingeht, sieht man an vielen, vielen Beispielen. Es geht nur um den Schutz von bestimmten Gruppen, andere Gruppen werden nicht geschützt. Es geht darum, Äußerungen zu eliminieren, die der Klimamainstreamauffassung widersprechen. Islam­kritik ist nicht erwünscht, Einwanderungskritik ist nicht erwünscht, traditionelle Familien­bilder sind nicht mehr erwünscht und auch Satire fällt schon sehr oft dem Löschwahn zum Opfer. Das sind nur ein paar Beispiele aus dem Ausland dafür, was jetzt zu uns kommen wird. Jede Kritik am Islam ist also Islamophobie. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft hat sich über dieses Gesetz schon sehr gefreut. Das sollte uns doch nachdenklich machen, weil er nun natürlich jede Islamkritik als Hass im Netz bezeichnen und verfolgen kann. Ich bin übrigens auch gespannt, ob so wie in Deutsch­land nur die deutsche Hassrede verfolgt wird oder ob wir uns auch die Hassreden in türkischer und arabischer Sprache ansehen.

Aussagen gemäßigter Muslime – es gibt zum Beispiel in Frankreich fremde muslimische Enklaven –, dass die Angriffe im Namen des Islam zunehmen werden: Hassrede, 10 000 Euro Strafe in Frankreich.

Die unkontrollierte Anwesenheit unbegleiteter Minderjähriger ist ein Problem, da viele beim Alter schwindeln und Verbrechen begehen werden: Anzeigen wegen Diskriminie­rung, Hassrede, Aufstachelung zum Hass. Die Meldung: Ein Jugendlicher wurde von fünf Schwarzafrikanern verprügelt!, sie stimmt, sie ist nachweislich wahr, aber: Fake­news, geht nicht. Auch betreffend Zitaten aus offiziellen Kriminalstatistiken, wenn da zum Beispiel vorkommt, dass die Afghanen bei Vergewaltigungen überproportional auf der Täterseite zu finden sind, also wenn ich das zitiere, heißt es: Aufstachelung zum Hass, Schüren von Vorurteilen.

Es wird auch der Bundeskanzler dann ein Problem mit seinen Aussagen haben, wenn er sagt, das Virus wird aus dem Ausland eingeschleppt – ob es stimmt oder nicht, dass 60 Prozent der Coronakranken in den Krankenhäusern Migranten sind, ist egal.

Es gibt schon Judikatur: Auch wahre Tatsachen dürfen nicht benannt werden, weil sie eben auch unter Hassaufstachelung fallen. Es geht da um Macht, es geht da nicht nur darum, Aufrufe zu Hass und Gewalt schnell zu eliminieren. Es geht darum, sich die Deutungshoheit, die Meinungsmacht, die Regulierung der Debatte zurückzuholen. Es soll zur Löschung von vollkommen legalen Statements, die aber kontrovers sind und eben den Regierungen nicht passen, kommen. Das ist eine traurige Entwicklung.

Die Meinungsfreiheit war von der höchstgerichtlichen Judikatur auch immer als solche gemeint. Meinungen können auch verstören, Meinungen können verletzen, ja, weil sie eben ein breites Spektrum umfassen. Wir können oft die Meinung von anderen Men­schen nicht verstehen, aber die Grenze ist eben nur bei Gewalt. Und jetzt wird da völlig eingegriffen, wird dieser verfassungsrechtliche Grundsatz niedergeschmettert. Eine Argumentation, Debatte dazu zählt nicht mehr – und daher ist das Ganze eine Attacke auf dieses Grundrecht und hat mit Rechtsstaatlichkeit, mit Menschenrechten, mit Demo­kratie oder Stärkung der Demokratie nichts zu tun. Im Gegenteil: Der Demokratie wird damit ein Eck eingeschlagen.

Wahrheit, was Information ist, was Desinformation ist, kann nicht vorgegeben werden, sie ist immer ein Produkt von vielen langen, oft jahrelangen Auseinandersetzungen. Das kann nicht verordnet werden, sondern die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit und der Auseinandersetzungen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.42

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.