12.42

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Minis­terinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Frau Kollegin Fürst, zuallererst muss ich mich an Sie wenden, denn Ihre zynische Einleitung, die Art, wie Sie über die Wichtigkeit des Themas Hass im Netz gesprochen haben, ist nicht angebracht! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Wollen Sie jetzt auch schon entscheiden, was angebracht ist?!) Wir sprechen heute, an einem der großartigsten Tage des Parlamentarismus, über wichtige Maßnahmen, über Maßnahmen, die notwendig und wichtig sind, um dem Phänomen Hass im Netz in einer neuen digitalen Welt zu begegnen. Bitte nehmen Sie diesen Ihren Zynismus zurück! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Vorrednerinnen haben schon einige Eckpunkte dieses Gesetzespakets erläutert. Ich möchte anhand eines Beispiels schildern, was sich mit den heutigen Gesetzes­beschlüssen für Opfer von Hass im Netz ändert, vor allem im Justizteil.

Stellen wir uns vor, ein junges Mädchen, nennen wir sie Julia, postet am Samstag­nachmittag ein Foto von sich beim Kaffeetrinken in der Wiener Innenstadt öffentlich auf Facebook, Instagram, wo auch immer. Wenige Minuten später kommentiert ein User, der Julia hasst – aus welchen Gründen auch immer; vielleicht hat sie vor Kurzem mit ihm Schluss gemacht –, mit wüstesten Beschimpfungen, aber nicht nur das, er kopiert das Bild, er bearbeitet es pornografisch, versieht es mit perfiden Kommentaren und teilt es in seinem Netzwerk. Das verunstaltete Bild verteilt sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken. Julias Freunde, Studien- und Arbeitskollegen, sie alle sehen dieses Bild und sprechen sie darauf an. Julia ist fassungslos. Sie ist erschüttert, vermutlich zuerst einmal gelähmt und weiß nicht, was sie tun soll.

Was können wir Julia raten? Was kann sie in Zukunft tun, wenn wir heute dieses gute Paket beschließen? – Julia möchte wahrscheinlich hauptsächlich, dass dieses wider­wärtige Posting sofort gelöscht wird. Das kann sie nunmehr bei Gericht – auch online mit ihrer Bürgerkarte und Handysignatur – beantragen. Sie muss nur einen Screenshot des Postings anhängen, und das Gericht wird binnen kurzer Zeit den Poster mit der Löschung beauftragen, gegebenenfalls auch, das ist auch eine Möglichkeit, mit sofortiger Wirkung.

Das ist das neue Hass-im-Netz-Schnellverfahren. – Von meinem Vater habe ich gelernt: Wer schnell hilft, hilft doppelt. Das ist auch für mich immer eine Maxime meines Handelns. Und gerade aufgrund der Schnelligkeit und der großen Reichweite des Inter­nets ist diese sofortige gerichtliche Hilfe unglaublich wichtig – unglaublich wichtig, Frau Kollegin Fürst! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Gerichtsgebühren sind mit 107 Euro sehr gering, und wenn das Gericht Julia recht gibt, dann müssen sie vom Hassposter gezahlt werden. Sie kann darüber hinaus gegen­über diesem beleidigenden User, wenn er anonym ist und sich hinter einer Fake-ID versteckt, auch einen Antrag auf Herausgabe der Nutzerdaten stellen. Dann wird die IP-Adresse ausgeforscht oder der Hassposter mit sonstigen Nutzerdaten identifiziert.

Nicht nur das, darüber hinaus setzen wir auch im Strafrecht relevante Bestimmungen, nämlich dass sie dann, wenn dieses Posting auch strafrechtlich unter üble Nachrede oder Beleidigung fällt – und das wird in dem Fall, den ich Ihnen soeben geschildert habe, wohl der Fall sein –, auch strafrechtlich gegen diesen Poster vorgehen kann. Das ist neu und deswegen erwähne ich es an diesem Punkt. Nicht die Paragrafen 111, 113 oder 115, das sind üble Nachrede, Beleidigung oder der Vorwurf der schon abgetanenen gerichtlich strafbaren Handlung, also diese Straftatbestände, sind neu, sondern dass man ohne Kostenrisiko diese Privatanklage erheben kann. Das ist neu und das ist gut und richtig.

Julia kann zudem als Opfer von Hass im Netz psychosoziale und juristische Prozess­begleitung in Anspruch nehmen. Das bedeutet, sie wird von professionellen Opferschüt­zern zu den Verhandlungsterminen begleitet und im Verfahren unterstützt.

Ein anderes Beispiel: Christina und Anna kommen gerade vom Fußballtraining zurück in die Umkleidekabine, sie gehen duschen, sie ziehen sich um und bemerken dabei, dass sie von einem Spanner heimlich gefilmt werden. Das war bisher nicht gerichtlich strafbar, denn wenn diese Bildaufnahmen nicht verbreitet wurden, dann blieb lediglich der Tatbestand, dass er gefilmt hat. Dadurch, dass es nicht verbreitet wurde, hatte das aber keine Strafrelevanz.

Für Christina und Anna macht es aber einen Unterschied, ob dieser Spanner, der sie gefilmt hat, nunmehr zur Rechenschaft gezogen werden kann, egal ob er das verbreitet oder ob mehrere Personen dieses Video sehen.

Allein das Wissen, dass ohne jemandes Zustimmung Nacktaufnahmen gemacht werden, ist ganz entsetzlich. Wir haben daher den neuen Tatbestand geschaffen und mit einer Strafdrohung von bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, im Fall der Verbreitung bis zu 12 Monaten, versehen. Das ist ein Strafmaß, das sich gut in das Strafgefüge einordnet, von der Höhe her in die entsprechenden Strafbestimmungen in unserem Strafgesetz­buch einfügt.

Wir verabschieden heute ein Gesetzespaket, das den Opfern schnell und unbürokratisch hilft. Wir stärken das Bewusstsein der Menschen, dass man sich gegen Hass im Netz wehren kann und man nicht einfach hinnehmen muss, was dort in diesem Bereich passiert.

Ich bin stolz darauf, dass wir das heute verabschieden können. Ich danke allen Betei­ligten für die Diskussion, für die konstruktive Zusammenarbeit auf dem Weg zu dieser großartigen und wichtigen Novelle. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Kucharowits.)

12.48

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.