15.06

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer Ihnen erzählt hat, dass wir Neu­wahlen wollen würden – nein, sicher nicht! Das, was ihr da jetzt angerichtet habt, das müsst ihr schon selber ausbaden, ihr bleibt jetzt schön im Amt! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Vorwurf, dass wir nicht bei allen Maßnahmen mittun würden: Wir tun bei allem mit, was vorgeschrieben ist – wir müssen uns daran halten –, vor allem bei jenen Dingen, die vernünftig sind. Wir waren aber in den Familien immer schon vernünftig, wir haben be­treffend Infektionskrankheiten immer mit Eigenverantwortung gehandelt und diese auch überlebt, auch unsere Kinder. Ich meine, Sie müssten halt auf Wirksamkeit und Recht­mäßigkeit der Maßnahmen Rücksicht nehmen und diese nachweisen, und das tun Sie nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Sie sich hier über die Massentests und diesen Versuch alterieren – na bitte: 566 000 Menschen haben bisher teilgenommen, davon sind 2 000 beim ersten Test positiv. Gut die Hälfte war falsch positiv, das heißt, Sie haben da ein paar Hundert Leute aus dem Verkehr gezogen, wie Sie das bezeichnen. Das ist eben die vollkommen falsche Strategie, dieser Versuch des Ausmerzens der Infektionskrankheit, das funk­tioniert nicht – wir müssen mit dem Virus leben, wie wir schon gelernt haben, mit ver­schiedenen anderen Infektionskrankheiten und Viren zu leben! (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen, und um zum Tagesordnungspunkt der Ministeranklage zu kommen: Das Ganze ist eben auch verfassungsrechtlich nicht in Ordnung, denn man darf nur ver­hält­nismäßige, sachlich gerechtfertigte Maßnahmen setzen, deren Wirksamkeit dann bitte auch bewiesen wird – das alles ist bisher noch nicht geliefert worden!

Der Anlassfall für die Ministeranklage war das generelle Betretungsverbot öffentlicher Orte per Verordnung des Gesundheitsministers im Frühjahr. Das war gesetzlich nicht gedeckt, war rechtswidrig, das ist die objektive Tatseite. Da ist es ja nicht um nichts gegangen, ich meine, da sind Menschen eingesperrt worden – nämlich wir alle –, da haben Menschen ihren Arbeitsplatz verloren, haben wesentliche Einkommenseinbußen erlitten, und Kinder sind nicht in die Schule gegangen. Das war rechtswidrig.

Bei der subjektiven Tatseite geht es um einen Vorsatz, um die Schuld. Ich nehme einmal an, dass der Gesundheitsminister es zumindest fahrlässig in Kauf genommen hat, dass das eine rechtswidrige Maßnahme ist – denn die Alternative wäre, dass er es nicht verstanden hat, dass er mit der Verordnung das Gesetz überschreitet, und das wäre jetzt noch weniger schmeichelhaft. Das ist also das Erste, es gab eine rechtswidrige, schuld­hafte Maßnahme.

Danach kam der Ostererlass, der wurde zurückgezogen und ist mittlerweile Geschichte. Man hat aber die Absicht bemerkt und ist darüber verstimmt, denn da sollten überhaupt ohne jede gesetzliche Grundlage – nicht nur in Überschreitung dieser, sondern ohne gesetzliche Grundlage – die privaten Zusammenkünfte geregelt werden, und das noch dazu intransparent per Erlass. Auch da ist es wieder schmeichelhafter für den Ge­sundheitsminister, denke ich, wenn man sagt, er hat es in Kauf genommen und gewusst, dass das rechtswidrig ist, denn sonst hätte er es nicht verstanden. Also ich möchte damit nicht leben.

Im Sommer sind dann die VfGH-Erkenntnisse gekommen, viele Maßnahmen sind aufgehoben worden. Es müsste nun jeder in der Bundesregierung – auch der Gesund­heitsminister – wissen, wie man verfassungskonform vorgeht. Man muss die rechtlichen Grundlagen klar, konkret und mit ausreichender Bestimmung formulieren und es muss nachvollziehbar sein, wann die Maßnahmen greifen, wann die Grundrechtseingriffe beginnen. Das Ganze muss zeitlich, persönlich und sachlich auf die allernotwendigsten Fälle beschränkt werden, es muss tagtäglich überprüft werden und auch sofort wieder aufgehoben werden, wenn es nicht notwendig ist.

Die nachhaltige Wirksamkeit muss nachgewiesen werden; das ist momentan besonders interessant, weil das nun im Herbst schon der zweite Lockdown ist. Ist diese Maßnahme nachhaltig wirksam? Es braucht auch eine Interessenabwägung, man kann den Fokus nicht nur auf das Coronavirus, nur auf das Krankenbett, nur auf das Intensivbett richten, wenn sich rundherum rechts und links schon die Kollateralschäden türmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Grund, warum wir hier über diese Ministeranklage reden, ist nicht nur Oppositions­getöse, sondern es geht ja weiter, es ist ein Dauerdelikt, dass man da so rechtswidrig vorgeht. Wir haben inzwischen die COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, den zweiten allgemeinen Lockdown, wir haben eine gesetzliche Grundlage, das heißt aber nicht, dass es rechtmäßig ist, denn es braucht die sachliche Rechtfertigung, die Verhältnis­mäßigkeit und die Wirksamkeit.

Dazu möchte ich Ihnen schon etwas sagen: Der Herr Gesundheitsminister ist nicht da, er ist so wie ich aus Oberösterreich, und ich habe mir dort die vierte Novemberwoche angesehen: leider 133 Verstorbene, bei denen am Totenschein sozusagen Corona drauf­steht. Zur Lebenserwartung, das ist wieder tröstlich, ist zu sagen, das durch­schnitt­liche Sterbealter lag bei 81,8 Jahren, und damit sogar ein bisschen über der sonstigen Lebenserwartung. 131 von den 133 hatten Vorerkrankungen – daraus kann man schon ein bisschen sehen, für wen das Coronavirus wirklich gefährlich ist. Ein Großteil stammt aus den Alters- und Pflegeheimen, Infizierte gelangten von dort dann ins Krankenhaus und haben natürlich auch Intensivbetten benötigt. Da denkt man schon: Wenn wirklich nur alte Leute betroffen sind, wenn die größte Risikogruppe, wie wir mittlerweile wissen, aus den Alters- und Pflegeheimen kommt und Sie es in neun Monaten nicht geschafft haben, diese Risikogruppe zu schützen, dann ist aber der Lockdown für alle leider eben­falls unverhältnismäßig, denn diese Menschen waren bitte nie auf der Straße.

Es ist also sozusagen ein Dauerdelikt, und daher beharren wir auf der Ministeranklage. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.12

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte.