10.32

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Man kann auf die Kritik natürlich, wie Kollege Schallmeiner, humoristisch eingehen, man kann auch wieder an das Gemeinsame appellieren, aber jetzt ganz ehrlich: Wir hatten im Gesundheitsausschuss fünf Trägerraketen – das ist durchaus eine politische Usance. Bei drei Trägerraketen, sage ich einmal, hat man dann auch etwas in den Ausschuss gebracht, bei zwei aber war am Anfang schon klar, dass da nichts mehr kommt.

Jetzt haben wir gesagt: Setzen wir sie doch von der Tagesordnung ab! Ihr habt die Zeit, um noch etwas zu machen. Es ist null Zeitdruck dahinter, ihr könnt jetzt etwas machen. – Man hat sich dagegen entschieden, was zu der Peinlichkeit geführt hat, dass wir im Aus­schuss dann darüber diskutiert haben, dass in diesen besagten Trägerraketen eine falsche Deutschschreibung enthalten ist, weil Sie nicht einmal wissen, wie man Beistri­che setzt! Das haben wir dann diskutiert, und dann habt ihr es selber vertagt.

Dann gibt es einen zweiten Antrag, und der wird auch nicht besser, wenn man ihn sich aus der Parlamentskorrespondenz ausdruckt – denn in der Parlamentskorrespondenz sieht der Antrag so (ein Schriftstück in die Höhe haltend) aus. Das ist ein neues Gesetz, ein neues Covid-Gesetz mit einem einzigen Paragrafen, in dem steht: „Dieses Bundes­gesetz tritt mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft.“ – Und dann wird hier jetzt an uns der Appell gerichtet, wir mögen doch gemeinsam arbeiten?! – Ja was sollen wir denn da gemeinsam machen? Worüber sollen wir denn diskutieren? Über den 31.12.? Oder über die Frage: Nehmen wir den 31. Juli? Was ist denn die Diskussions­grundlage für so etwas?

Jetzt ganz ehrlich: Wir haben uns in diesem Hohen Haus Regeln gegeben. Das betrifft unter anderem auch die Frage, wie wir mit dem Budget umgehen. Wir haben einen Bud­getprozess, und wir haben daher gesagt, es braucht eine Wirkungsfolgenabschätzung. Wo sind all diese Instrumente, die wir uns gegeben haben? Ihr gebt das Geld mit der Gießkanne aus, sodass keiner mehr weiß, wer das zahlen soll, und nirgends steht, was ihr damit erreichen wollt! – Es gibt in diesem Haus Spielregeln, die wir uns gemeinsam gegeben haben, und wir würden uns erwarten, da hier immer das Gemeinsame in den Vordergrund gerückt wird, dass wir uns auch gemeinsam an diese Spielregeln halten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wurm.)

Weil die Situation in den Spitälern und im Gesundheitswesen derzeit wirklich dramatisch ist, darf ich folgenden Antrag der SPÖ einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Hilfspaket für das öffentliche Gesundheitssystem“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Hilfspaket für das öffentliche Ge­sundheitswesen vorzusehen. Insbesondere müssen die pandemiebedingten Verluste in der Spitalsfinanzierung sowie in der Krankenversicherung ausgeglichen werden, damit es für die Versicherten zu keinen Leistungseinschränkungen, neuen Selbstbehalten, Beitragserhöhungen oder gar Privatisierungen kommt.

Zusätzlich muss die von Bundeskanzler Kurz versprochene Gesundheitsmilliarde (200 Millionen Euro für fünf Jahre) ausgeschüttet werden, um damit die pandemiebe­dingten gesundheitlichen Nachwirkungen rasch in den Griff zu bekommen und einen Leistungsausbau zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten zu ermöglichen.“

*****

Das wäre notwendig und ein konkreter Schritt, um diese gesundheitsbedingten Folgen auszugleichen.

Es gibt auch noch zwei Anträge der Opposition, die von euch abgelehnt werden, die durchaus sinnvolle Maßnahmen beinhalten würden. Man könnte auch auf so etwas ein­mal eingehen – ich glaube, das hätten sich diese Anträge der Opposition verdient. Ihr seid, wie gesagt, nicht einmal dazu bereit, diesen Antrag in der Sitzung noch zurückzu­ziehen. Das, was heute hier im Plenum passiert, nämlich dass wir den Antrag rückver­weisen müssen, diese Blamage hättet ihr euch ersparen können. (Beifall bei der SPÖ.)

10.35

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend Hilfspaket für das öffentliche Gesundheitssystem

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1125/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über COVID-19-bedingte finanzielle Zuwen­dungen an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK-COVID-19-Zuwendungsge­setz) (567 d.B.)

Die COVID-19-Pandemie führt(e) zu einer weltweiten Wirtschaftskrise, wobei die mittel- bis langfristigen Folgen noch nicht absehbar sind. Mit dem massiven Einbruch der Wirt­schaftsleistung ab dem 2. Quartal 2020 und dem damit verbundenen Anstieg der Ar­beitslosigkeit, erfolgte auch ein Einbruch der Steuereinnahmen sowie der Sozialversi­cherungsbeiträge. Aus diesen Mitteln wird aber das öffentliche Gesundheitssystem, am­bulante Leistungen und Spitalsleistungen finanziert.

Diese Bundesregierung ist bis heute nicht in der Lage, diese Kosten bzw. Ausfälle außer Streit zu stellen und zu ersetzen. Weder im Budget 2021 noch bei der Vorlage eines neuen Gesetzes, dem ÖGK-COVID-19-Zuwendungsgesetzes – dem „Gesetz ohne In­halt“ – wurden sich die Regierungsparteien über eine Finanzierung einig und beschwö­ren durch ihr Nichthandeln schwerwiegende Folgen für unser Gesundheitssystem he­rauf.

Die Mittel der Krankenversicherung für die Spitalsfinanzierung orientieren sich an den KV-Beitragseinnahmen (und nicht am Aufwand der Krankenanstalten). Die KV-Bei­tragseinnahmen nehmen 2020 krisenbedingt nicht wie erwartet um 4,3 %, sondern nur um max. 1,1% zu – und das auch nur, wenn die derzeit gestundeten SV-Beiträge auch tatsächlich bezahlt werden! D.h. die SV-Zahlungen für die Spitalsfinanzierung werden 2020 um bis zu 180 Mio. Euro niedriger als erwartet ausfallen, die Landesgesundheits­fonds müssen diesen Betrag 2021 refundieren bzw. gegenverrechnen. Auch über 2021 hinaus ist mit einem deutlich niedrigeren SV-Aufkommen als erwartet zu rechnen.

Die steuerabhängigen Zahlungen des Bundes für die Krankenanstaltenfinanzierung sin­ken dramatisch. Die Zahlungen des Bundes bzw. der Bundesgesundheitsagentur für die Krankenanstaltenfinanzierung liegen lt. Voranschlag des Bundes für 2021 um130 Mio. Euro unter dem 2020 vorgesehenen Wert. Die in der 15a-Vereinbarung zur Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (der zwischen Bund und Ländern geschlos­senen Finanzierungsvereinbarung) für die Krankenanstaltenfinanzierung reservierten Umsatzsteueranteile der Länder und Gemeinden sinken um 40 Mio. Euro. Insgesamt fehlen somit 170 Mio. Euro aus Steuermitteln für die Krankenanstaltenfinanzierung.

Die COVID-Krise führt in den Krankenanstalten zu massiven Mehraufwendungen.

Neben den unmittelbaren Kosten für die Behandlung der COVID-PatientInnen gibt es Kosten für Schutzausrüstung, Testkosten für PatientInnen und MitarbeiterInnen, Kosten für Eingangstriage und zusätzlichen Personalaufwand etc.

Den steigenden Verlusten der Krankenanstalten stehen massiv sinkende Einnahmen von Ländern und Gemeinden gegenüber. Die Mindereinnahmen bzw. Mehrkosten füh­ren zu deutlich steigenden Verlusten der Krankenanstalten, die von den Ländern- und Gemeinden aufgefangen werden. Die Länder und Gemeinden stehen aber COVID-be­dingt selbst vor massiven Finanzierungslücken. Die Ertragsanteile der Länder und Ge­meinden aus dem Finanzausgleich werden 2021 um beinahe 4. Mrd. Euro unter dem 2020 veranschlagten Wert liegen.

Aufgrund der gestiegenen Arbeitslosigkeit fehlen auch der Krankenversicherung für 2020 rund 200 Mio. Euro wegen geringerer Beitragseinnahmen. Noch größer ist die Un­sicherheit in Bezug auf die gesetzlich durchgeführten Beitragsstundungen für die Be­triebe. Gestundete Beiträge sind solange kein Problem, solange damit zu rechnen ist, dass diese auch irgendwann geleistet werden. Wenn aber durch viele Insolvenzen, diese gestundeten Beiträge nicht mehr geleistet werden können und abgeschrieben werden müssen, bekommt die ÖGK ein wirklich großes Problem. Derzeit sind rund 1,8 Milliarden Euro Beiträge gestundet. Das bedeutet für die ÖGK ein Minus von rund 340 Mio. Euro. Im Budgetrahmen 2021 bis 2024 ist keinerlei Ersatz für diese Verluste vorgesehen.

Ein Hilfspaket des Bundes für das österreichische Gesundheitssystem ist daher uner­lässlich. Das Hilfspaket muss dabei neben der Sozialversicherung und dem niedergelas­senen Bereich auch die Auswirkungen der COVID-Pandemie auf die öffentlichen und gemeinnützigen Spitalsbetreiber berücksichtigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Hilfspaket für das öffentliche Ge­sundheitswesen vorzusehen. Insbesondere müssen die pandemiebedingten Verluste in der Spitalsfinanzierung sowie in der Krankenversicherung ausgeglichen werden, damit es für die Versicherten zu keinen Leistungseinschränkungen, neuen Selbstbehalten, Beitragserhöhungen oder gar Privatisierungen kommt.

Zusätzlich muss die von Bundeskanzler Kurz versprochene Gesundheitsmilliarde (200 Millionen Euro für fünf Jahre) ausgeschüttet werden, um damit die pandemiebedingten gesundheitlichen Nachwirkungen rasch in den Griff zu bekommen und einen Leistungs­ausbau zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten zu ermöglichen.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Saxinger. – Bitte.