11.08

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich zum Tagesordnungs­punkt 12, zu den Änderungen bei den Pensionen und zu den Luxuspensionen zu Wort melden. Ich erinnere, vor genau 16 Tagen, am 26. November, wurde hier im Hohen Haus von den Regierungsparteien ÖVP und Grünen ein Pensionsraub beschlossen. Einerseits wurde allen Pensionen, welche 540 Beitragsmonate erreicht haben, mit 2022 die Abschlagsfreiheit genommen, andererseits wurden von Ihnen mit der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung ab 2020/2021 auch Pensionskürzungen für mehr als 100 000 Menschen, die neu in die Pension eintreten, beschlossen.

Was Sie nicht beschlossen haben, ist ein Deckel bei den Luxuspensionen. Während Arbeiter, Bauern und kleine Selbstständige eine Pensionsdeckelung mit 35 Euro erhal­ten haben, haben Sie bei den Luxuspensionen ganz klar die 1,5 Prozent Inflationsabgel­tung zugelassen. Diese Pensionen wären mit 150 Euro bis 500 Euro brutto monatlich mehr ausgestiegen als jene, die mit 35 Euro gedeckelt waren.

Der Aufschrei und die Empörung waren groß, und ja, die Opposition hat zu Recht mit einer Stimme gesprochen und gesagt: Das ist einfach unfair, das verstehen die Men­schen da draußen nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die vielen Zuschriften, die vielen E-Mails, die Sie dann erhalten haben, haben Sie dazu bewegt, eine Änderung zu veranlassen, eine Änderung, für die wir einen Abände­rungsantrag übermittelt bekommen haben, der wieder nicht ganz das Gelbe vom Ei war. Wieder hätten Menschen mit Mehrfachbezug, die mit zwei Pensionen über 10 000 Euro monatlich kommen, zweimal die 35 Euro bekommen. Wieder war es die Opposition, die gesagt hat: Das kann doch nicht euer Ernst sein!

Ich bedanke mich daher vor allem bei meinen Klubexpertinnen und -experten, besonders bei Frau Dr. Gabi Kotzegger, der es gelungen ist, da eine Lösung zu finden. So können wir heute gemeinsam einen Deckel von nur einmal 35 Euro für diese Erhöhung der Lu­xuspensionen beschließen. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Was damit heute bei den Luxuspensionen an Unfairness beseitigt wird, ist aber bei an­deren Themen immer noch vorhanden: bei der abschlagsfreien Pension nach 45 Ar­beitsjahren, aber auch bei der Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung ab 2021.

Ich möchte daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren beibehalten und Rücknahme der Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Abschaffung der abschlagsfreien Pension bei 540 Beitragsmonaten und damit die Wiedereinführung von hohen Abschlägen für diese Versichertengruppe zurückzunehmen und die abschlagsfreie Pension mit 45 Ar­beitsjahren, so wie sie bis Ende 2021 gilt, soll folgendermaßen adaptiert werden:

- die Regelung soll für alle Berufsgruppen und alle Pensionsarten gelten,

- es sollen Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbstä­tigkeit für den Pensionsanspruch anerkannt werden und

- es soll eine Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitrags­monaten aufweisen, mit 1.1.2021durchgeführt werden, damit diese Leistungen ab dem 1.1.2021 ohne Abschläge ausbezahlt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, die Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung wieder zurückzunehmen.“

*****

Wenn Sie in Österreich faire Pensionen über alle Berufsgruppen hinweg wollen, unab­hängig davon, welche Arten es sind, dann stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu!

Abschließend noch ein Satz: Markus Vogl, alles, alles Gute, danke für deine tolle Arbeit bei uns im Klub und in den Ausschüssen! (Beifall bei der SPÖ.)

11.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren beibehalten und Rücknahme der Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1105/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversi­cherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz sowie das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz geändert wer­den (519 d.B.)

Die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren wurde von Türkis/Grün abgeschafft. Alle Personen, die ab 2022 mit 45 Arbeitsjahren oder mehr in Pension gehen, müssen wieder hohe Abschläge in Kauf nehmen. Sie werden dafür bestraft, dass sie 540 Monate und mehr ins Pensionssystem eingezahlt haben.

Das ist nicht gerecht, das ist unfair!

Es ist auch sozialpolitisch nicht tragbar, dass eine Versichertengruppe gegen eine an­dere durch die türkis/grüne Regierung ausgespielt wird. Die Einführung des Frühstarter­bonus als Argument für die Abschaffung der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeits­jahren zu verwenden, ist unangebracht. Der Frühstarterbonus bringt den Betroffenen max. 60 Euro brutto im Monat mehr Pension, allerdings nur, wenn man auch 60 Monate zwischen dem 15. und 20 Lebensjahr gearbeitet hat. Die Ableistung von Präsenz- und Zivildienst wird nicht angerechnet, somit erreichen die meisten männlichen Versicherten keinesfalls den vollen Bonus. Ebenfalls rausfallen jene Personen, die eine weiterführen­de Schule besuchen.

Anderseits verlieren Versicherte, die ihr Leben lang, nämlich 45 Jahre und mehr, Monat für Monat Beiträge bezahlt haben, bis zu 5.000 Euro im Jahr durch die Wiedereinführung dieser hohen Abschläge.

Ein vermeintliches Argument der türkis/grünen Regierung ist, dass sie ausschließlich Männern zugutekommt. Die Abschaffung dieser Pensionsart löst aber kein einziges Pro­blem mit denen Frauen zu kämpfen haben. Dadurch wird sich das Leben der arbeitenden Frauen in Österreich in keiner Hinsicht verbessern. Im Gegenteil, man rechtfertigt ein Unrecht mit einem anderem Unrecht.

Um die Pensionen der Frauen anzuheben, braucht es eine Reihe von Maßnahmen, vor allem aber den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, damit Frauen nicht aufgrund von Betreuungspflichten zur Teilzeitarbeit gezwungen werden. Teilzeitbeschäftigung reduziert das Einkommen, senkt damit die Pensionshöhe und er­höht die Gefahr der Altersarmut. Auch die verbesserte Anrechnung von Kindererzie­hungszeiten ist dringend notwendig.

Es wird versucht, mit fadenscheinigen Argumenten Frauen gegen Männer auszuspielen, um die Abschaffung der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren zu rechtfertigen.

Manchmal braucht es aber neben wissenschaftlicher Expertise auch politische Entschei­dungskraft um den Menschen das zukommen zu lassen, was ihnen gebührt.

Rund 7.000 ASVG-, GSVG- und BSVG-Versicherte sind jährlich von diesen hohen Ab­schlägen betroffen und müssen damit eine wesentliche Kürzung ihrer Pensionen hinneh­men. In der größten Arbeitsmarktkrise, in der die Arbeitslosigkeit bei den Über-50-Jähri­gen weiterhin extrem steigt, die Langzeitarbeitslosigkeit gerade bei älteren Arbeitslosen ebenfalls stark ansteigt und die Unternehmen oftmals ältere Beschäftigte in die Pension drängen, ist es kontraproduktiv und der völlig falsche Weg, diese Pensionsart abzuschaf­fen und damit hohe Abschläge für Versicherte, die 45 Arbeitsjahre ins Pensionssystem eingezahlt haben, wieder einzuführen.

Auch das Finanzierungsargument geht ins Leere, denn es muss mehr als genug Geld vorhanden sein, wenn für Steuergeschenke an Konzerne, Superreiche und Großbauern rund 2 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung stehen. Alleine die gerade erst abgeschaff­te Schaumweinsteuer würde jährlich jenen Betrag bringen, der für die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren aufgewendet werden muss. Es kann dann wohl auch kein Problem sein, wenn rund 30 Millionen Euro pro Jahr für Pensionen von lang arbeitenden Menschen ausgegeben werden.

Jetzt bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu sparen, von denen viele aktuell ohnehin mit größten finanziellen Schwierigkeiten und ungewissen Zukunftsaussichten konfrontiert sind, ist absolut abzulehnen.

Auch die von der Regierung vorgenommene Aliquotierung der ersten Pensionsanpas­sung ist ungerecht und bedeutet eine Kürzung aller künftigen Pensionen. Damit werden jährlich rund 100.000 NeupensionistInnen bestraft, indem ihre Pension für die gesamte Bezugsdauer gekürzt wird, weil sie mit der ersten Anpassung nicht die volle Inflations­abgeltung erhalten. Bei einer Pension von 1.500 Euro brutto würde eine Pensionsanpas­sung von durchschnittlich 2 Prozent eine Erhöhung von 30 Euro monatlich bringen. Im Jahr bedeutet die nicht erfolgte Anpassung ein Verlust von 420 Euro, wobei sich dieser Verlust über die gesamte Bezugsdauer fortsetzt und die künftige Pensionsleistung weiter vermindert.

Die aliquotierte erste Anpassung soll daher entfallen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Abschaffung der abschlagsfreien Pension bei 540 Beitragsmonaten und damit die Wiedereinführung von hohen Abschlägen für diese Versichertengruppe zurückzunehmen und die abschlagsfreie Pension mit 45 Ar­beitsjahren, so wie sie bis Ende 2021 gilt, soll folgendermaßen adaptiert werden:

•           die Regelung soll für alle Berufsgruppen und alle Pensionsarten gelten,

•           es sollen Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbs­tätigkeit für den Pensionsanspruch anerkannt werden und

•           es soll eine Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitragsmonaten aufweisen, mit 1.1.2021durchgeführt werden, damit diese Leistungen ab dem 1.1.2021 ohne Abschläge ausbezahlt werden.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, die Kürzung der Pensionen durch die Aliquotierung der ersten Anpassung wieder zurückzunehmen.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß einge­bracht und ist ausreichend unterstützt, er steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.