13.26

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen in der Bundesregierung, vor allem aber sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu, und ich glaube, ganz gleich, wo man politisch steht: Wir werden alle übereinstimmen, dass es ein ausge­sprochen herausforderndes Jahr war, dass dieses Jahr vor allem und fast ausschließlich durch eine Pandemie geprägt war, wie sie einmal alle 100 Jahre stattfindet, und damit verbunden durch eine Weltwirtschaftskrise, die massiven Schaden in der Wirtschaft angerichtet hat, natürlich aber auch, was Arbeitsplätze und Beschäftigung betrifft.

Diese Weltwirtschaftskrise hat sich in der Eurozone mit einem Negativwachstum von 7,8 Prozent ausgewirkt; etwas geringer, aber ähnlich dramatisch waren die Auswirkun­gen in unserer Republik Österreich. Damit verbunden sind negative Auswirkungen für die Wirtschaft, insbesondere aber auch für die Beschäftigten in unserem Land.

Wir haben als Bundesregierung von Anfang an entschlossen auf diese Krise reagiert; wir haben gehandelt und die notwendigen Maßnahmen gesetzt, um die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher zu schützen. Ich kann Ihnen heute versichern: Das werden wir auch weiterhin tun, denn diese Krise ist alles andere als vorbei. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch wenn wir in Österreich mittlerweile eine Stabilisierung der Zahlen zustande ge­bracht haben, auch wenn in Österreich die Anstrengungen der letzten Wochen und Monate Wirkung gezeigt haben und die Ansteckungszahlen heute nur noch rund ein Drittel so hoch sind wie vor einigen Wochen, so befinden sie sich dennoch auf hohem Niveau, und wir merken insbesondere auch in vielen anderen europäischen Ländern, dass die dritte Welle sie bereits erreicht hat. In vielen unserer Nachbarländer steigen die Ansteckungszahlen gerade wieder dramatisch, und auch Länder wie die Niederlande und Großbritannien zeigen, wie schnell man wieder in ein exponentielles Wachstum der Ansteckungszahlen kommen kann.

Für Österreich bedeutet das daher, dass wir die nächsten Tage und insbesondere auch das Weihnachtsfest so verbringen werden können wie angekündigt: mit Sicherheits­abstand, mit entsprechenden Regelungen, aber dennoch so würdevoll wie irgendwie möglich. Ich bitte alle Menschen in unserem Land, das Weihnachtsfest am 24. und 25. Dezember, so wie auch in der Verordnung vorgesehen, mit maximal zehn Personen zu verbringen, und möchte dazusagen: Je kleiner die Gruppen sind, desto besser – und jeder, der die Möglichkeit hat, sich testen zu lassen, sollte diese Möglichkeit auch nützen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ab dem 26. Dezember gelten wieder verschärfte Maßnahmen, das bedeutet Ausgangs­beschränkungen, ein Herunterfahren von Handel und körpernahen Dienstleistungen, Homeoffice überall dort, wo es nur irgendwie möglich ist, und für die eine Woche nach den Ferien auch Distancelearning an den Schulen.

Wir setzen diese Maßnahme ganz bewusst, da wir in unseren Nachbarländern schon sehen, dass die Zahlen wieder steigen und das exponentielle Wachstum wieder be­gonnen hat, und wir der Auffassung sind, dass es wichtig ist, dass wir möglichst zügig die Zahlen nach unten bringen, um möglichst gut in das nächste Jahr starten zu können.

Wir wollen ab dem 18. Jänner in die zweite Phase einsteigen: also ein Freitesten möglich machen und darüber hinaus ganz generell auf massives Testen setzen. Viele Berufs­gruppen werden sich in Zukunft wöchentlich testen lassen müssen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wir werden darüber hinaus ein laufendes Gratistestangebot quer durch Österreich machen, und wir wollen die Tests insbesondere nutzen, um ganze Branchen, die in einer Pandemie grundsätzlich nur sehr schwer wieder hochgefahren werden können, wieder hochfahren zu können.

Das bedeutet, dass wir durch die Tests hoffentlich auch die Möglichkeit haben, ab Mitte Jänner Kultur- und Sportveranstaltungen, insbesondere aber auch den Tourismus wieder möglich zu machen, indem Menschen, die daran teilhaben wollen, die zum Bei­spiel auf Urlaub fahren wollen, diese Möglichkeit bekommen sollen, indem sie vorher einen Test machen. (Abg. Amesbauer: Was heißt „wollen“? Erpressung!) Das heißt nicht, dass jemand einen Test machen muss (Rufe bei der FPÖ: Sicher! Erpressung! – weiterer Ruf bei der FPÖ: Ein zynischer Kanzler! – Abg. Kickl: Man musste auch nicht der SED beitreten! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), aber wenn wir die Wahl haben, dass wir ganze Branchen dauerhaft geschlossen halten oder sie mit Tests zumindest irgendwie wieder hochfahren können, dann weiß ich, für welchen Weg wir uns entscheiden sollten, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Phase drei wird die Möglichkeit der Rückkehr zur Normalität bringen, indem die Impfung stärker und stärker greift. Wir werden am 27. Dezember in ganz Europa zu impfen beginnen können (Abg. Belakowitsch: Muss auch niemand freiwillig ...!) – natürlich zu Beginn aufgrund der Knappheit des Angebots noch eingeschränkt, aber in weiterer Folge doch mehr und mehr. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker. – Ruf bei der FPÖ: Treten Sie zurück!) Mit jeder Impfung, die durchgeführt wird, nähern wir uns wieder ein Stück weit der Normalität (Abg. Belakowitsch: Ist ja nicht wahr!), und insofern bleibe ich bei unserer Einschätzung, dass wir bis zum Sommer auch wieder vollständig zur Normalität zurückkehren können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was das Thema Wirtschaft und Beschäftigung betrifft (Abg. Rauch: ... keine Ahnung!), haben wir in diesem Jahr ganz massiv versucht, insbesondere in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern (Zwischenruf bei der SPÖ – Abg. Lausch: DDR 2.0!), die Unterneh­men bestmöglich zu unterstützen und gleichzeitig alles zu tun, um so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern. Durch die Kurzarbeit und viele andere Instrumente konnten viele Jobs in unserem Land gesichert werden (Zwischenruf des Abg. Hafenecker) und die Unternehmen konnten bestmöglich durch die Krise begleitet werden. Insgesamt haben wir 27 Milliarden Euro an Hilfen zugesagt beziehungsweise ausbezahlt, und ich danke insbesondere den Sozialpartnern, aber auch den Bundesländern und den Gemeinden für die gute Zusammenarbeit in diesem Bereich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Sie haben versagt! – Abg. Rauch: Ihr Koalitionspartner klatscht nicht einmal mehr!)

Nachdem die Gemeinden nicht nur eine wichtige Verwaltungseinheit in Österreich sind, sondern auch ein ganz wichtiger Investitionsmotor in den Regionen, bin ich froh, dass wir in Zusammenarbeit mit dem Gemeindebund (Zwischenruf bei der SPÖ), mit vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in den letzten Tagen ein zweites Gemein­depaket finalisieren konnten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Rauch: Bedanken Sie sich bei den Menschen, die Steuern zahlen – wäre besser!) Mein Dank dafür gilt nicht nur dem Koalitionspartner und dem Finanzminister, sondern selbstver­ständlich auch dem Gemeindebundpräsidenten und allen anderen, die in die Verhand­lungen einge­bunden waren, wie dem Städtebund, um sicherzustellen, dass wir diesen Inves­titions­motor Gemeinde für die lokale Wirtschaft auch am Laufen halten können.

Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend möchte ich festhalten: Es ist eine schwierige Zeit, es ist eine noch nie da gewesene Situation, die wir alle erleben. (Abg. Kickl: Das hat es wirklich noch nie gegeben! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Ich verstehe in dieser Phase die Betroffenheit vieler Menschen, ich verstehe auch die damit verbundenen Emotionen. (Abg. Amesbauer: Sie verstehen gar nichts!) Ich respektiere die unterschiedlichen Meinungen, auch in der Debatte hier im Hohen Haus. (Abg. Kickl: Das ist großzügig von Ihnen!)

Gestatten Sie mir aber dennoch die Möglichkeit, Danke zu sagen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich möchte bei den im Parlament vertretenen Parteien beginnen, da es in diesem Jahr doch gelungen ist, viele Beschlüsse im Konsens zu fassen, da es, obwohl die Krise länger andauert und mit der Zeit immer belastender geworden ist, gelungen ist, über Parteigrenzen hinweg Lösungen zu finden. Ich möchte mich ausdrücklich beim Koalitionspartner für die Zusammenarbeit bedanken. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die Zusammenarbeit in einer so angespannten Situation so gut funktioniert. Ich möchte mich aber auch bei anderen Parlamentsparteien – insbesondere bei der Sozial­demokratie – bedanken, die viele wichtige Beschlüsse mitgetragen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Außerdem möchte ich mich bei den Landeshauptleuten bedanken. Neun Bundesländer mit neun Landeshauptleuten – das bedeutet neun individuell unterschiedliche Zugänge, neun verschiedene Betroffenheiten, neun verschiedene Schwerpunktsetzungen. (Zwi­schen­ruf bei der SPÖ.) Trotzdem ist es immer wieder gelungen, gemeinsam eine Linie zur Krisenbewältigung zu finden und sich auch gemeinsam über wesentliche Schritte zu verständigen.

Darüber hinaus möchte ich aber vor allem ein großes Danke an alle aussprechen, die in unserem Land einen Beitrag dazu leisten, die Systeme am Laufen zu halten. Ich möchte die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erwähnen (Zwischenruf bei der SPÖ), die einen ganz wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass zum Beispiel die Tests nicht nur einmal funktioniert haben, sondern jetzt mehr und mehr ausgerollt werden können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Rauch.)

Ich danke allen Einsatzkräften der Polizei, dem Bundesheer, den Freiwilligen­organisa­tionen und allen arbeitenden Menschen in unserem Land, die in diesem Jahr in einer sehr herausfordernden Situation einen Beitrag zu unserer Wirtschaftskraft geleistet haben. Ich danke den Familien, die oft in keiner einfachen Situation sind, wenn es darum geht, Familie und Beruf und dann auch noch Homeoffice oder Homeschooling und anderes unter einen Hut zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Insbesondere möchte ich natürlich allen Menschen, die in Tagen wie diesen im Gesund­heitssystem tätig sind, ein großes Danke aussprechen. Ich habe mich in den letzten Monaten sehr viel und deutlich mehr als früher mit Ärztinnen und Ärzten, mit Pflege­rinnen und Pflegern unterhalten. Sie leisten immer Großes und einen ganz wesentlichen Beitrag für unsere Gesellschaft, gerade aber in einer Zeit, in der die Intensivstationen sehr gefüllt sind (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), in der viel geleistet werden muss – mehr als sonst – und die Anspannung groß ist, gebührt diesen Menschen unser ganz besonderer Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was das Jahr 2021 betrifft, blicke ich mit einem starken Optimismus in dieses Jahr. Ich möchte nicht verhehlen, dass wir immer davon ausgegangen sind, dass Herbst und Winter eine schwierige Phase werden. (Abg. Belakowitsch: ... nicht vorbereitet! – Abg. Kickl: Bestens vorbereitet?!) Der Winter ist nicht am 31. Dezember vorbei. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Allerdings: Genauso, wie wir uns dessen bewusst sein müssen, dass die nächsten Monate noch eine fordernde Zeit sein werden, können wir uns sicher sein, dass mit der Impfung der Durchbruch gelingen wird und wir ab dem Frühling mehr und mehr zur Normalität übergehen werden können. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir ab dem Sommer zu unserer gewohnten Normalität zurückkehren und sagen können: Wir haben diese Pandemie gemeinsam besiegt und diese schwierige Phase in Österreich überstanden! – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker: Wenn Sie nach Brüssel gehen, können wir die Scherben wegräumen! – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

13.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte.