16.27

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vielleicht mit einer Frage beginnen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die Dringliche Anfrage ist eine solche, die sich an den Bundeskanzler dieser Republik richtet, und ich würde jetzt gerne wissen, ob der Bundeskanzler gedenkt, an dieser Veranstal­tung teilzunehmen, oder ob er das Weite gesucht hat. Vielleicht kann man das in der Zwischenzeit einmal klären und die Uhr anhalten. (Vizekanzler Kogler: Da muss man die Sitzung unterbrechen, da muss man unterbrechen, sonst läuft ja die Zeit!)

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir könnten die Sitzung unterbrechen, wenn das gewünscht ist – aber der Bundeskanzler ist bereits da. – Bitte schön.

Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Na, dann fange ich noch einmal von vorne an, nicht?

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren und vor allem liebe Bürger der Republik Österreich! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir haben heute das zweite Mal das Vergnügen, uns sozusagen von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen beziehungsweise -zusitzen. Ich halte es für notwendig, Herr Bundeskanzler, dass wir das tun, weil wir uns mit der sogenannten Regierungserklärung, die Sie heute am Vormittag abgegeben haben – und ich glaube, da geht es vielen Österreicherinnen und Österreichern so –, nicht abspeisen lassen.

Deswegen haben wir Sie heute noch einmal hierhergebeten, um uns 55 ganz konkrete Fragen zu beantworten, und zwar im Zusammenhang mit dem von Ihnen am letzten Freitag in einer großen Pressekonferenz angekündigten dritten Lockdown, vor allem aber zu Ihrem Konzept des Hausarrests für weite Teile der österreichischen Bevöl­kerung, die sich nicht an der von Ihnen offenbar für die zweite Jännerhälfte geplanten Welle an Massentests beteiligen wollen.

Ich weiß, Herr Bundeskanzler, dass Sie inhaltlich nicht der Zuständige sind – Gesund­heitskompetenz ist Ihre Sache nicht –, Sie sind es auch formell nicht, weil ja natürlich die einzelnen Regierungsmitglieder jeweils für ihr eigenes Ressort zuständig sind. Trotzdem haben wir Sie hierhergebeten, weil Sie de facto eigentlich der Strippenzieher dieser gesamten Aktivitäten sind, weil ich Ihr Selbstverständnis als Bundeskanzler kenne und weil ich weiß, dass Sie sich nichts mehr wünschen als diese Richtlinienkompetenz, die Ihr großes Vorbild Angela Merkel in Deutschland hat. Da Sie diese so nicht haben, da Sie sie gesetzlich gedeckt nicht haben, leben Sie sie in der operativen Wirklichkeit; gesetzliche Grundlagen sind Ihnen ohnehin mehr oder weniger egal.

Sie sind also im Zusammenhang mit den beiden Dingen, die Sie da letzte Woche verkündet haben, der Master of Disaster. Das Zerstörungswerk, das in der Wirtschaft weiter voranschreitet, das Gegeneinander-Aufbringen von Teilen der Gesellschaft, der Tsunami, der uns im kommenden Jahr am Arbeitsmarkt noch erreichen wird, vor allem aber die Unterdrückung der Bürger – für all das zeichnet dieser Bundeskanzler verant­wortlich.

Besonders schlimm an dieser ganzen Sache ist, dass das alles – der Niedergang eines einst blühenden Landes – passiert, ohne dass Sie im Gegenzug an der Gesundheitsfront irgendwelche messbaren Erfolge erzielen würden. Schauen Sie sich an, was in den Alten- und Pflegeheimen passiert, nachdem Sie nun gut ein Jahr dieses Virus bekämp­fen: Sie haben keinen einzigen Erfolg nachzuweisen. Und dann wollen Sie mir erklären, dass Ihre Strategie die richtige ist! – Das Gegenteil ist der Fall. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass es legitim ist, in diesem Fall auch den Bundeskanzler – auch wenn es nicht in seinen Regie- und Tagesplan hineinpasst – hierher vor den Nationalrat, vor die Volksvertretung zu bitten; nicht so sehr, damit er mir und der Freiheitlichen Partei entsprechende Antworten gibt, sondern damit er sich vor der eigenen Bevölkerung rechtfertigt, nicht vor ein paar ausgewählten Journalisten, handverlesen, vielleicht in Hintergrundgesprächen präpariert, und auch nicht in Form irgendwelcher Erklärungen, denen dann ja meistens nur Debatten folgen, die nicht von Rede und Widerrede leben.

Herr Bundeskanzler, ich würde es so nennen – früher hätte ich gesagt, es sind Lügen, das Wort nehme ich jetzt nicht mehr in den Mund –, ich sage, es sind Unwahrheiten, die Ihren Weg in der Coronakrise pflastern. Wir denken an die 100 000 Toten, vor denen Sie gewarnt haben, wir denken an die grauenhafte Angstpropaganda, die Sie über ganz Österreich gelegt haben, bei der Sie nicht davor zurückgeschreckt haben – das muss man auch einmal ganz deutlich sagen –, Kinder in Wahrheit zu instrumentalisieren, Kinder zu traumatisieren und ihnen sozusagen Schuldgefühle einzureden.

Es ist ganz, ganz schrecklich, was Sie hier zu verantworten haben, wir haben das alles nicht vergessen. Wir kennen Ihre Ankündigung, dass jeder jemanden kennen wird, der an Corona gestorben ist, wir kennen auch Ihre Unwahrheit von der raschen und unbürokratischen Hilfe, die jeden sofort ereilen wird – nichts davon ist wahr –, und wir kennen vor allem aus der letzten Zeit ihre aggressiven Attacken gegen all jene, die Ihnen nach all den enttäuschten Erwartungen, die Sie geweckt haben, einfach nicht mehr geglaubt haben. Das Vertrauen ist verloren gegangen, und Ihre Antwort ist Aggression gegen diejenigen, die gesagt haben: Na, selbstverständlich wird es einen weiteren Lockdown geben. – Sie haben es bestritten, der Gesundheitsminister hat es bestritten, und jetzt haben wir ihn.

Aggression ist auch das, womit Sie gegen diejenigen vorgehen, die Ihnen sagen: Na, selbstverständlich wird es bei den Testungen zu Zwangsmaßnahmen kommen. – Sie haben es bestritten, nun haben wir sie. Aggression ist auch Ihr Rezept gegen jene, die sagen: Auch beim Impfen wird es selbstverständlich darauf hinauslaufen, dass Sie zu Zwangsmaßnahmen gegen die eigene Bevölkerung greifen.

Ihre Freiwilligkeitsankündigungen in dem Zusammenhang sind, möchte ich sagen, wahrscheinlich die größte, die dreisteste und die folgenschwerste – Lüge darf ich nicht sagen, deshalb nenne ich es Unwahrheit. Sie haben mit dieser Ankündigung bei Ihrer Seuchenpressekonferenz am letzten Freitag das ohnehin schon eingerissene Band zwischen Ihnen und der Bevölkerung endgültig gekappt. Zuerst haben Sie sich von den Fakten befreit, jetzt haben Sie sich von der Bevölkerung abgekapselt. Das, was Sie da gesagt haben, diese Ankündigung einer Hausarrestverordnung für weite Teile der österreichischen Bevölkerung, heißt ja nichts anderes, als dass Sie den Menschen im eigenen Land nicht mehr vertrauen.

Wenn der Bundeskanzler und seine Regierungsmitglieder den eigenen Staatsbürgern nicht mehr vertrauen, dann kann es ja nur eine einzige Antwort darauf geben – und die lautet, dass die Vertretung der Bevölkerung – das heißt, der österreichische Natio­nalrat – auch Ihnen aus diesem Grund umgekehrt das Vertrauen entziehen muss. Das ist etwas, was vollkommen logisch ist und auf der Hand liegt. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb werden wir heute im Zuge dieser Debatte auch einen Misstrauensantrag gegen Sie und die gesamte Bundesregierung einbringen, und ich bin gespannt, wie sich die SPÖ, die auch kein gutes Haar an diesen jüngsten Maßnahmen gelassen hat, verhalten wird. Ich bin gespannt, wie sich die NEOS verhalten werden, und ich weiß nicht, ob es bei den Grünen noch Restbestände der so viel strapazierten Zivilcourage gibt, die Sie immer dann bemühen, wenn Sie uns erklären, dass Sie vor 70, 80, 100 oder 200 Jahren in Krisensituationen selbstverständlich selbstlos für die Freiheit und alles andere gekämpft hätten, im Hier und Jetzt aber versagen Sie und fallen das eine um das andere Mal um. – Schauen wir einmal, ob es in den Reihen der Grünen noch Reste von Zivil­courage gibt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was Sie hier neben dem dritten Zerstö­rungswerk namens Lockdown machen, ja, das ist eine absolute Grenzüberschreitung, ich nenne es Testapartheid. Etwas anderes ist es nicht, was Sie da einführen, und wäre ich Bundespräsident, so würde ich nicht beschämt schweigen, wie es der gegenwärtige tut, sondern ich hätte die Bundesregierung aufgrund dieser Tatsache entlassen.

Ich glaube, Sie werden diesen Satz immer öfter hören und er wird immer lauter werden – er wird auch durch die verschlossenen Fenster Ihres Bundeskanzleramtes dringen –, Sie werden sich an den Satz gewöhnen müssen, dieser Satz, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat drei Worte: Kurz muss weg. Kurz muss weg! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kirchbaumer ballt die Fäuste und bewegt die Unterarme Richtung Ober­körper.)

Ich weiß im Übrigen gar nicht, wie Sie sich die Umsetzung dieses Testapartheidmodells vorstellen. An drei Tagen wollen Sie neun Millionen Österreicher, sollten sie Ihrer Nöti­gung Folge leisten, durch eine Teststraße oder durch verschiedene Teststraßen dieses Landes treiben. Ja, ich weiß nicht, haben Sie mit Ischgl noch nicht genug angerichtet? Das war doch das erste Superspreaderevent, das Sie zu verantworten haben, die Infektionen sind hinaus nach ganz Europa gegangen, wir leiden bis heute darunter – und jetzt wollen Sie das nächste Superspreaderevent organisieren, wenn Sie neun Millionen Leute in drei Tagen durch eine solche Testung schicken. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das Fatale an der ganzen Sache ist: Es geht Ihnen ja schon lange nicht mehr um die Gesundheit der Menschen. Das wissen Sie doch, dass Massentests überhaupt nichts mit dem soliden Gewinn von gesundheitsstrategischen Erkenntnissen zu tun haben, nicht einmal ansatzweise. Ich habe es Ihnen heute schon gesagt, da brauchen Sie nur das eigene Papier, die Teststrategie des Gesundheitsministeriums, zu lesen, dann wissen Sie, was los ist.

Nein, es ist etwas ganz anderes, das Sie reitet: Es ist gekränkte Eitelkeit, die in der Zwischenzeit zur bestimmenden Konstante, zu Ihrem bestimmenden politischen Motiv geworden ist. Sie können es einfach nicht verkraften, dass die Österreicher ein gutes Gefühl und einen guten Instinkt dafür haben, dass es nichts bringt, wenn man sich testen lässt, weil das Ergebnis dieses Tests in kürzester Zeit schon wieder sinnlos ist. Das ist so ähnlich wie eine Fußspur, die Sie im Saharasand hinterlassen: Wenn sie sich umdrehen, ist sie auch schon wieder weg – und wenn Sie Pech haben, dann verlassen sie die Teststraße und stecken sich beim Heimfahren mit dem öffentlichen Verkehrs­mittel an. (Abg. Gabriela Schwarz: ... keine Masken ...!) Die Menschen haben ein gutes Gespür dafür, und das war auch der Grund, warum so viele gesagt haben, sie nehmen an diesen Testungen nicht teil. – Ja, Frau Abgeordnete Schwarz, Sie können sich zwei Sonden implantieren lassen, die dann sozusagen jeden Tag eine Dauermeldung über Ihren Status abgeben, weil es ein bisschen aufwendig werden wird, wenn Sie sich alle zwei Tage in die Nase fahren lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Leute haben Ihnen allerdings die Gefolg­schaft verweigert – und dafür müssen sie bestraft werden. Nach außen treten Sie dann ganz cool hin und verkünden mit einer Eiseskälte dieses Erpressungsmodell gegenüber der eigenen Bevölkerung. Ich kenne Sie aber auch schon ein bisschen, ich weiß, innen drin brodelt es ganz gewaltig, innen drin kocht es in Sebastian Kurz, weil man diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen kann.

Ehrlich gesagt, Herr Bundeskanzler, ich muss Ihnen das sagen: Sie tun mir leid, Sie tun mir leid ob dieser Motivation, die Sie antreibt, ich kann aber keine Rücksicht darauf neh­men, weil ich es für gefährlich halte, dass unser Land von einer narzisstischen Per­sönlichkeit geprägt wird, die nun in ihrer Eitelkeit verletzt ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist der Grund dafür, warum Sie die Maßnahmen am Freitag so gesetzt haben, wie Sie sie setzen (Abg. Prinz: ... Kickl!) – fakten- und evidenzbefreit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Bundeskanzler, kommen Sie mir nun auch bitte nicht mit Ihren Zahlenketten von positiv Getesteten daher, die ja noch lange keine Infizierten sind, die noch lange keine Kranken sind und die schon gar keine Intensivpatienten sind! Sie manschen das in Ihrer Angststrategie alles immer durch­einander. Kommen Sie mir auch nicht mit Inzidenzen und R-Werten daher, weil wir ja in der Zwischenzeit wissen, dass Sie sich immer nur den Teil herauspicken, der Ihnen gerade passt, der sozusagen Ihr gegenwärtiges Propagandamodell entsprechend stützt! Sie haben es in der Zwischenzeit so weit gebracht, dass man Ihnen nicht einmal mehr eine seriöse Zahl abnimmt – das ist auch eine Leistung, nach einem Jahr Corona­management. Sie wissen, dass die negativen Spitzenwerte im Spitalsbereich und bei den Intensivpatienten schon vor Beginn des zweiten harten Lockdowns erreicht gewe­sen sind, Sie wissen, dass die Höchstwerte bei den positiv Getesteten und bei der soge­nannten 7-Tage-Inzidenz schon einige Tage davor, noch in der ersten Novemberhälfte, erreicht worden sind.

Jetzt können Sie aber nicht hergehen und sagen, dass Ihre Maßnahmen – das heißt der harte Lockdown, der gerade hinter uns liegt – dafür verantwortlich waren; das war bestenfalls begleitend. Das passt auch zu Studien der WHO – die ÖVP kennt sich damit ja sehr gut aus und zitiert die WHO gerne –, die belegen, dass Maßnahmen wie ein harter Lockdown, etwa im Zusammenhang mit der Verbreitung der Influenza, so gut wie keine Auswirkungen haben. Warum sollte es dann bei diesem Virus anders sein, Herr Wöginger? – Sie werden mir diese Frage sicher beantworten können.

Die Werte haben sich gegenüber dem Höchststand massiv gebessert, und Ihre Antwort darauf ist der nächste Lockdown – selbstverständlich wie immer ohne jede konkrete Begründung für die einzelnen Maßnahmen. Das kennen wir ja schon von Weihnachten: Sie können bis heute nicht erklären, warum es zehn Leute aus so und so vielen Haushalten sein dürfen, ich glaube, Sie würfeln in Ihren strategischen Runden. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) Genauso ist es bei diesem Lockdown: keine Erklärung für die Sperrung der Geschäfte, keine Erklärung für die Schließung der Schulen. – Warum? Die Erklärung gibt es nicht. Es gibt keine Erklärung für die ganztägigen Ausgangssperren und auch keine Erklärung für sinnlose Dinge wie verpflichtende FFP2-Masken am Sessellift – in den Verkehrsmitteln aber braucht man sie nicht. Es geht drunter und drüber, es ist ja ein System der Willkür, das Sie betreiben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hörl.)

Apropos Ausgangssperren – das muss ich Ihnen auch sagen –: Sie hatten ja schon die eine oder andere Auseinandersetzung mit einer Institution, die Sie selbst gefeiert haben – ich spreche vom Verfassungsgerichtshof. Den lassen Sie ja hochleben, auch bei Ihren Jubiläumsfeiern anlässlich des 100. Geburtstages der österreichischen Verfas­sung. Sie hatten schon Ihre Auseinandersetzungen, und Sie wissen ja, dass der Verfas­sungsgerichtshof Ihnen und der gesamten Regierung hat ausrichten lassen: Bitte schön, es geht um Verhältnismäßigkeit, und es geht um Zweckmäßigkeit! – Falls Sie es verges­sen haben: Das war das, was Sie als Spitzfindigkeit bezeichnet haben. Ich möchte sagen: eine Sternstunde der Rechtsstaatlichkeit nach 75 Jahren Zweiter Republik – eine Sternstunde!

Der VfGH hat Ihnen auch gesagt, dass für diese Überprüfung ein Instrumentarium not­wendig ist, und das ist der Hintergrund, warum Sie dem Hauptausschuss des National­rates alle zehn Tage entsprechende Rechenschaft ablegen müssen, nämlich im Zusam­menhang mit der Verhältnismäßigkeit und der Zweckmäßigkeit dieser Maßnahmen.

Ich finde interessant, dass Sie letzten Freitag schon gewusst haben, dass es am 4 Jänner eine neuerliche Verlängerung geben wird. Das ist ja viel länger als zehn Tage, Herr Bundeskanzler! Jetzt weiß ich nicht: Haben Sie in Ihrer Parteizentrale eine Zeitmaschine, mit der Sie in die Zukunft gereist sind und dadurch jetzt schon wissen, was am 4. Jänner los sein wird? Anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie jetzt schon wissen, dass am 4. Jänner die Zahlen so sein werden, dass diese Maßnahmen verlän­gert werden müssen. Das gibt es doch gar nicht! Sie können diese Entscheidung nur auf Basis von Zahlen treffen, die Sie gar nicht haben.

Genau das gleiche Spiel: Sie haben am Freitag auch schon gewusst, dass beim über­nächsten Hauptausschuss – wahrscheinlich am 14. Jänner – diese sozialen Ächtungs­maßnahmen auf die Österreicher zukommen. Bitte schön, wie soll das gehen? Sie wissen, dass in der zweiten Jännerhälfte für all jene, die an den Massentests nicht teil­nehmen, die Ausgangssperre, die gesundheitspolitische Schutzhaft, der Hausarrest – wie auch immer man das nennen will – kommen: auf Basis welcher Zahlen, Herr Bun­deskanzler? Sie wissen ja überhaupt nicht, wie die Entwicklung bis Mitte Jänner sein wird. Wie können Sie so etwas bereits verkünden? Sind Sie ein Zeitreisender, Herr Kurz? – Möglicherweise, aber dann lassen Sie uns doch bitte an diesem Geheimnis teilhaben!

Nein, es geht dabei nicht um Evidenz, es geht nicht um Zahlen und Fakten, und das beweist auch diese Vorgangsweise. Es geht um etwas anderes: Es geht um die gekränkte Eitelkeit. Herr Bundeskanzler, ich muss Sie enttäuschen: Gekränkte Eitelkeit ist bis dato noch kein Prinzip unserer Bundesverfassung, auch wenn Sie vielleicht hart daran arbeiten, es hineinzubekommen. Noch ist es nicht so weit, und wir Freiheitlichen werden es zu verhindern wissen. Deshalb ist das, was Sie machen, verfassungswidrig. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt natürlich noch einen Grund, warum das so durchgeführt werden muss, wie Sie es für die zweite Jännerhälfte planen: Sie wissen ja nicht, was Sie mit diesen Tests, die Sie für die Massentests angekauft haben, machen sollen. Die Propagandawalze hat nicht funktioniert, Sie haben das Geld beim Fenster rausgeschmissen. Die Bevölkerung war so schlau, zu erkennen, dass Ihre Ankündigung, dass man damit das Weihnachts­fest rettet, überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Jetzt sitzen Sie auf diesem Glumpert und müssen es irgendwie zur Anwendung bringen. Deswegen rollen Sie dieses System aus. Oft sind ja die Erklärungen ganz, ganz einfach: Da brauchen Sie sich nicht hinter irgendwelchen gesundheitlichen Schutzmaßnahmen zu verbarrika­die­ren – das ist die einfache Wahrheit.

Herr Bundeskanzler, die Österreicher haben durchschaut, dass Sie ein hervorragender Schauspieler sind, dass Sie ein begabter Machtmensch sind – all das stimmt –, sie haben aber auch eines durchschaut: Sie sind kein verantwortungsbewusster Staats­mann, auch wenn Sie gerne einer wären. Die Einträge, die dereinst über Sie in den Geschichtsbüchern dieser Zweiten Republik verfasst sein werden, werden wenig schmeichelhaft sein – das sage ich Ihnen jetzt schon. Sie werden sich nicht in die Reihe der großen Ahnen der Volkspartei stellen können, wie Sie das so gerne möchten. Dabei wird Ihnen im Übrigen auch der Kauf der Medien nicht helfen.

Jetzt noch ein wichtiger Punkt: Ein Aspekt, der in der Debatte manchmal zu kurz kommt, sind die Begleitmaßnahmen. So sehr Sie im gesundheitspolitischen Bereich dahin­dilettieren, so perfekt arbeitet Ihre Maschinerie dort, wo es um das Zurückstutzen der Grund- und Freiheitsrechte geht, dort, wo es darum geht, ein Zensursystem aufzubauen. Ich halte das für besonders arg.

Ich habe zum Beispiel am letzten Freitag erlebt, dass ein Ausschnitt meiner Face­bookseite – ein Ausschnitt eines Diskussionsbeitrags von Servus-TV, in dem Professor Bhakdi nichts anderes gemacht als gewarnt und gesagt hat: Schauen wir doch bei dieser Impfung genauer hin, welche Gefahren auf uns zukommen könnten! – von Facebook gelöscht wurde. Es gibt viele solche Beispiele: Reden von Nationalratsabgeordneten werden von Facebook oder Youtube zensiert. Man möchte doch meinen, dass der Bun­deskanzler dieser Republik oder andere Regierungsvertreter ob dieser Form der Zensur durch internationale Konzerne, die immer mehr voranschreitet, aufschreien. Sie tun es nicht, und das bringt mich auf eine andere Idee: Vielleicht stecken Sie ja sogar dahinter, Herr Bundeskanzler! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie haben doch im Bundeskanzleramt einen digitalen Krisenstab eingerichtet, der sich mit Fakenews befasst. Sie mit Ihrer Initiative gegen Hass im Netz sind doch derjenige, der diesen Konzernen in Wahrheit noch die offizielle Legitimation gibt, selbst Zensur­urteile über politisch Missliebige, über Andersdenkende auszusprechen, anstatt dass sie von österreichischen Gerichten ausgesprochen werden. Sie betreiben dieses System ja noch, und das halte ich für besonders arg. (Beifall bei der FPÖ.)

Anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie sich in diesem Zusammenhang aus­schweigen. Das betrifft nicht nur die freie Rede hier im Parlament, um die ich mir im Übrigen auch große Sorgen mache, nicht nur die Meinungsfreiheit von Abgeordneten, sondern das betrifft auch die Freiheit der Wissenschaft, die unter die Räder zu kommen droht, wenn man in dieser Art und Weise mit Zensur vorgeht.

Am Ende, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die Zwangsimpfung stehen. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) Das liegt auf der Hand. Sie haben sich mit Ihrer Bezugnahme auf Israel verraten: Sie haben das israelische Modell gelobt, und das läuft darauf hinaus, dass nur jene Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, die sich impfen lassen. Das haben Sie klipp und klar auch in Ihrer Presse­konferenz gesagt, und das ist verabscheuenswürdig. Das ist ein Apartheidsystem, das Sie vorantreiben. (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein letzter Satz: Ich bin auf Ihre Ausführungen gespannt. Für mich läuft das alles auf diktatorische Maßnahmen hinaus, und für die, die es nicht glauben: Diktatur kommt immer im Namen des Guten daher und brezelt sich recht ordentlich und verträglich auf. Kein Diktator ist gekommen und hat gesagt: Ich will euch Böses. – Seien wir vorsichtig, dass wir es nicht übersehen! Ich bin gespannt auf Ihre Erklärungen, Herr Bundeskanzler! Ich bin sehr gespannt, wie Sie Maßnahmen erklären wollen, die man in einer Diktatur nicht zu erklären braucht und in einer Demokratie nicht erklären kann. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

16.48

Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor sich der Herr Bundeskanzler zu Wort meldet, gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Abgeordneten Hafenecker. – Bitte.

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