12.45

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Ja, Herr Bundesminister, parlamentarisch ist das heute kein Glanztag, was dieses Gesetz anbelangt. Wir haben vor ungefähr einer knappen Stunde den Abänderungsan­trag dazu bekommen, der einigermaßen komplex ist, und es ist fraglich, ob man sich das in der kurzen Zeit so durchlesen kann, dass man auch sicher weiß, was da drinnen steht. Damit machen Sie es uns in der ganzen Sache halt nicht einfacher, und ich verstehe es gerade in diesem Zusammenhang nicht, weil die Frage nach einer sinnvollen Teststra­tegie ja etwas ist, was zumindest vier Fraktionen hier in diesem Haus eint. Ich verstehe nicht, wieso man da nicht gemeinsam sinnvolle Lösungen zustande bringt, und das auch mit einem sinnvollen Zeitplan, denn man muss sich ja zurückerinnern, was Sie ursprüng­lich vorgeschlagen haben.

Das Erste, was Sie vorgeschlagen haben, so um den Silvestertag herum, war, dass alle Menschen, die keinen Test machen, de facto nicht mehr außer Haus gehen dürfen. Das ist natürlich eine unfassbare Freiheitseinschränkung. (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Anschober.) Zu Recht – zu Recht! –, Herr Bundesminister, hat sich die Bevöl­kerung über diese massive Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte dermaßen aufgeregt, dass auch Sie dann draufgekommen sind, dass es vielleicht nicht sonderlich intelligent ist, das zu machen.

Man muss sich ja überlegen, wo das herkam. Das Ganze ist passiert, weil Sie mit dem Bundeskanzler eine Pressekonferenz gegeben haben, etwas angekündigt haben, wozu es keine Rechtsgrundlage gab. Auch das ist parlamentarisch einigermaßen irritierend: zuerst einmal etwas erzählen, was es nicht gibt. Sie hatten offensichtlich auch selbst den Entwurf noch nicht, der kam ja erst später. Und wenn ich darüber nachdenke, was denn die Grünen früher gesagt hätten, wenn man eine dreitägige Begutachtungsfrist über ei­nen Feiertag ansetzt, dann meine ich, dass das nicht einmal mehr lächerlich ist, den passenden Ausdruck dafür gibt es gar nicht. Das ist eine Verhöhnung all jener Men­schen, die sich an diesem Prozess beteiligen wollen! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abgesehen von den zahlreichen und offenkundigen Verfassungswidrigkeiten dieses Freitestens, das Sie ursprünglich vorgeschlagen haben, hätten Sie mit dieser Verord­nungsermächtigung ja wiederum eine unfassbare Machtfülle bekommen. Sie hätten de facto, ohne dass die Ausnahmen von Ausgangssperren und Betretungsverboten irgend­wie näher definiert waren, per Verordnung festlegen können, was denn Menschen mit einem negativen Covid-Test machen dürfen. Ich sage Ihnen: Das kann grundsätzlich nicht rechtskonform sein, denn die Idee der Verordnungsermächtigung ist, dass man etwas so klar in einem Gesetz definiert, dass Sie dann natürlich Verordnungen erlassen können, man kann Ihnen aber nicht so einen unfassbar weiten Spielraum geben, dass Sie de facto tun und lassen können, was Sie wollen.

Vor allem aber, Herr Bundesminister – so leid es mir tut –: Das Problem hatten wir mit Ihnen ja schon in den letzten paar Monaten. Sie haben gesetzliche Verordnungsermäch­tigungen bekommen und haben diese über Gebühr ausgenutzt, teilweise – wir erinnern uns an die Betretungsverbote im Frühjahr – schlichtweg auch noch rechtswidrig ausge­nutzt. Deswegen muss man umso mehr aufpassen und diesen Spielraum so eingrenzen, dass es Sinn macht, und dann kann man ja ohne Weiteres darüber diskutieren. Der Spielraum, den Sie in der Verordnungsermächtigung haben, ist auch jetzt – das sage ich sehr kritisch, Herr Bundesminister – noch sehr weit, aber bei Gott nicht so weit wie im ursprünglichen Vorschlag. Dementsprechend, Herr Bundesminister, sage ich Ihnen: Ge­hen Sie auch mit der Machtfülle, die Sie jetzt mit dieser Verordnungsermächtigung wie­der bekommen, sorgsam um! Gehen Sie sorgsam damit um! Das ist ein Vertrauensvor­schuss, den wir Ihnen geben, weil wir Testungen und sinnvolle Teststrategien vernünftig finden. Passen Sie nur auf, dass Sie das nicht wieder über Gebühr strapazieren!

Übrigens – und das ist eigentlich das Spannende –: Wenn Sie sich anschauen, was am Schluss jetzt rausgekommen ist, zeigt das ja, dass da sowohl intelligente Ideen der Sozialdemokratie als auch gescheite Ideen von den NEOS eingeflossen sind. Ich würde mir insgesamt wünschen, dass wir uns im Vorhinein zusammensetzen, wenn wir uns überlegen, wie wir solche Dinge machen können, und nicht zuerst ein so absurder Ge­setzentwurf von Ihnen drei Tage lang in Begutachtung geschickt wird, dass er dann wirk­lich verunfallen muss.

Was ist jetzt drinnen, und wieso erachten wir das für gut? – Es sind Testungen für be­stimmte Berufsgruppen drinnen; etwas, was wir auch schon länger vorgeschlagen ha­ben. Die eigentliche Frage, die sich da stellt, ist: Wieso erst jetzt? – Das hätte man wahr­scheinlich früher machen können. Es ist die Möglichkeit der Selbsttests, die Sie ange­sprochen haben, enthalten, dass man diese implementiert. Und ja, es wird jetzt – im Gegensatz zu dem, was ursprünglich vorgeschlagen war, nämlich: ich muss mich testen, damit ich de facto außer Haus gehen kann – Eingangstests für bestimmte Dienstleistun­gen geben. Das ist zwar nicht der Idealzustand, den ich mir wünsche, aber es ist ein bisschen mehr Freiheit bei gewissen Dienstleistungen, die ich in Anspruch nehme, und dementsprechend halte ich das für gut.

Was es dazu braucht, damit das funktionieren kann, sind so niederschwellige Testmög­lichkeiten, dass man die Chance hat, die entsprechende Dienstleistung überhaupt in An­spruch zu nehmen. Da sind alle gefordert, mitzumachen. Die große Frage dabei ist, wie man das mit den Selbsttests in Zukunft handhaben kann, damit es so zugänglich ist, dass jeder Mensch die Chance hat, davon Gebrauch zu machen, um ins Kino, ins Thea­ter, wo auch immer hinzugehen, und dass das funktionieren kann.

Insgesamt, Herr Bundesminister, glaube ich trotzdem, dass das Gesetz, das wir heute hier beschließen werden, maximal ein Anfang sein kann. Wir wissen eh beide oder alle, dass das jetzt nicht übermorgen zur Anwendung kommen wird, weil der Lockdown wahr­scheinlich länger dauern wird. Insofern würde ich vorschlagen, wir setzen uns am besten morgen oder übermorgen oder von mir aus nächste Woche wieder zusammen und über­legen uns, was dort alles noch fehlt, denn ich bin davon überzeugt, dass dieses Thema mit dem, was jetzt als Vorschlag vorliegt, nicht abschließend geregelt sein kann. Das ist ein erster Schritt, und bis es zur Anwendung kommt, werden wir in diesem Zusammen­hang, glaube ich, noch viel verändern müssen, zum Beispiel was die Frage betrifft: Was passiert mit Menschen, die dann geimpft sein werden, was gilt für die? Das ist in dieser Gesetzesvorlage jetzt noch nicht ausformuliert – verständlicherweise, muss ich dazusa­gen, weil wir noch nicht wissen, ob es die sterile Immunität gibt.

Also: Setzen wir uns jetzt zusammen! Dann kriegen wir vielleicht gemeinsam insgesamt ein besseres Ergebnis für den Zeitpunkt, zu dem wir es dann wirklich brauchen werden, hin. (Beifall bei den NEOS.)

12.51

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.