9.38

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben es schon gehört: 1,1 Millionen Menschen sind arbeitslos be­ziehungsweise in Kurzarbeit, also über eine Million Menschen können nicht normal einer Arbeit nachgehen – das ist das Ergebnis, das ist die Rechnung der Wirtschaftspolitik. Wie Kollege Kopf schon gesagt hat, sind die Wirtschaftspolitik und die vorgelagerten Tätigkeiten, die dazugehören, selbstverständlich Grundbedingung für die Arbeitsmarkt­politik. Anders formuliert: Sie müssen jetzt als Arbeitsminister die Rechnung präsentie­ren – quasi als Kassandra –, es gibt jede Woche neue Horrorzahlen den Arbeitsmarkt betreffend, und Sie hinken immer hinterher. Das hängt mit der Kausalkette zusammen – aber mit der Kausalität hat insbesondere die ÖVP offensichtlich Probleme –, die folgende ist: Schule – Bildung – Wissenschaft, Forschung – Wirtschaft – Arbeitsplätze – Arbeits­markt – Wohlstand für alle Menschen.

Jetzt wurschteln Sie beim ersten Punkt schon herum und sperren die Schulen zu. Dafür sind nicht Sie verantwortlich, sondern der zweite Experte in der Regierung – das ist ja unbestritten, ich schätze Herrn Kollegen Heinz Faßmann sehr. Sie sind auch unbestritten ein Experte, aber ich habe große Sorge, dass Sie der zweite Experte sind, der sich nicht gegen den Herrn Bundeskanzler durchsetzen kann. Ich wünsche Ihnen nicht, dass es Ihnen so geht wie Kollegen Faßmann, der mittlerweile die Metamorphose vom Bildungs­minister zum Leidensminister durchgemacht hat – wir werden das sehen und wir werden das genau beobachten. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie versprechen Wohlstand für alle, sperren die Schulen zu, sperren die Bildung zu. Sie versprechen Wohlstand für alle und sperren die Wirtschaft zu. Das sagt einem ja die Logik, das kann nicht funktionieren. Jetzt präsentieren Sie uns im Nachhinein irgendwel­che Maßnahmen, die unendlich viel Geld kosten, wobei ich mich auch frage, wer das zahlen wird – das werden wohl unsere Kinder und Kindeskinder sein.

Das ist ein Zugang, den wir Freiheitliche völlig ablehnen. Wir sind in ernster Sorge, dass die Wirtschaftsentwicklung, wenn wir so weitermachen, Schaden nehmen wird. Unseres Erachtens ist jeder Tag, an dem wir weiter zugesperrt haben und bei dem hintennach mit irgendwelchen Kurzarbeitshilfen und sonstigen Dingen agiert wird, jeder Tag, den wir uns noch „leisten“ – unter Anführungszeichen –, schon ein Tag zu viel. Das kostet jetzt schon – das ist ja bewiesen – ungefähr 1 Milliarde Euro pro Woche. Es gibt keinerlei evidenzbasierten Grund, jetzt einen dritten Lockdown zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind auch nicht der Meinung, dass das alternativlos ist. Im Übrigen: Der Satz, es sei alternativlos, ist ja ein Armutszeugnis für eine Führungskraft. Jede gute Führungskraft prüft Alternativen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Selbstverständlich gibt es auch in diesem Fall Alternativen. Die Freiheitlichen, nämlich Gesundheitssprecher Kaniak, haben schon mehrmals einen Fünfpunkteplan vorgestellt. Selbstverständlich gibt es diese Alternativen, die eben nicht die Wirtschaft zerstören. Das heißt, wir müssen einmal – und das haben Sie auch nicht gemacht – die vulnerablen Gruppen schützen, aber die übrige Welt, insbesondere die Schulen und die Wirtschaft, wieder zu einem normalen Leben führen. Diese Regierung hat ja den Zugang zu den Menschen bereits verloren. Ich weiß nicht, was Sie da im Kanzleramt machen – Plan­spiele und dann etwas anordnen –, das ist an den Menschen völlig vorbei, an der Wirt­schaft völlig vorbei. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen Optimismus, nicht Naivität. Wir brauchen einen gesunden, normalen Zu­gang zu der Sache, wir brauchen einen gesunden, normalen Umgang mit dem Virus, und wir müssen uns diesem Virus stellen, und zwar vernünftig, das heißt nicht leicht­sinnig, sondern mit entsprechenden Maßnahmen, mit punktuellen, zielorientierten Maß­nahmen, aber nicht quasi nach dem Gießkannenprinzip das Land zusperren und sagen: Ja, die Menschen werden damit schon zurechtkommen, die Familien werden damit schon zurechtkommen! Wir sperren die Schulen zu, die Mütter, die vielleicht auch noch berufstätig sind, werden schon mitmachen! – Sie schieben das alles auf die Menschen ab. Das ist nicht staatspolitisch verantwortungsvoll, Kollege Wöginger, sondern genau das Gegenteil. (Beifall bei der FPÖ.)

Geben Sie den Österreichern ihr Leben wieder zurück, ihre Arbeit zurück, unseren Kin­dern ihre Zukunft zurück! Was da passiert, ist ja der Oberwahnsinn. Geben Sie den Men­schen die Freiheit zurück! Gehen Sie davon aus – wir tun das –, dass die Menschen sehr wohl in der Lage sind, in Eigenverantwortung zu agieren, selbstständig zu agieren! Sie brauchen keinen 35-Jährigen im Kanzleramt, der für sie denkt und der ihnen sagt, was sie zu tun haben. Das ist ja ein komplett negativer Zugang zu den Menschen. Den haben wir Freiheitlichen nicht. Die Menschen sind in der Lage, selbstständig zu denken und ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Es ist Aufgabe verantwortungsvoller Politik, die Menschen in diesem Begehr nicht zu beschneiden, zu begrenzen und einzusperren. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordne­ten der NEOS.)

9.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Sigrid Mau­rer. – Bitte.