10.04

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie haben uns heute hier sehr viele Durchhalteparolen gesagt. Das ist zwar sehr nett von Ihnen, aber das kann in Wahrheit nicht über diesen sozialpolitischen Offenbarungseid, vor dem wir stehen, hinwegtäu­schen.

Es gibt derzeit rund 533 000 Menschen, die arbeitslos sind. Es gibt 440 000 Personen, die in der Kurzarbeit sind. Das heißt, dass in etwa eine Million Menschen zum Nichtstun verurteilt sind. Die Antwort darauf, die von Ihnen gekommen ist, war eher mager. Sie haben uns zwar den Istzustand beschrieben, die Probleme aufgezeigt – das nehme ich zur Kenntnis –, aber Sie haben nicht gesagt, wie Sie dieses Problem tatsächlich ange­hen wollen. Dahin gehend sind Sie uns die Antworten schuldig geblieben. Sie haben allerdings gestern – so fair möchte ich sein – gemeinsam mit der Tourismusministerin eine Pressekonferenz gegeben, auf der Sie über die Investitionen in die Gastro- und Tourismusbranche, die jetzt kommen werden, philosophiert haben.

Gleichzeitig musste dann aber das Grand Hotel Europa in Innsbruck bereits das Inventar versteigern. Café Landtmann und Café Mozart werden ein ähnliches Schicksal erleiden. Das sind ja nicht irgendwelche kleinen Betriebe, sondern das sind Traditionsbetriebe, Herr Bundesminister. Man kann sich doch nicht hinsetzen und sagen: Es wird alles gut. – So wird es nicht funktionieren.

Dazu kommt erschwerend noch, dass wir die Kinder zu Hause lassen. Die Schulen sind nach wie vor gesperrt. Der Kahlschlag in der Bildung von heute ist die Wirtschaftsmisere von morgen. Herr Bundesminister, werte Damen und Herren der Regierungsparteien, machen Sie daher bitte schön die Schulen auf! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Fachgruppenobmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer hat es noch drasti­scher beschrieben. Er hat gesagt: „Der Hut brennt lichterloh in allen Richtungen.“ – und genau so ist es. Der Hut brennt nicht nur in der Gastronomie, der Hut brennt im gesamten Wirtschaftsbereich. Viele Unternehmer wissen nicht, wie es weitergeht, und auch sehr viele Arbeitnehmer wissen nicht, wie es weitergeht. Was war die Antwort der Bundesre­gierung? – Die Antwort war die Homepage Kaufhaus Österreich. Na grüß Gott, meine Damen und Herren, wenn das die Antwort der Bundesregierung ist. Das, was Sie ma­chen, ist nichts anderes: Willenskundgebungen, Ankündigungen, Durchhalteparolen. Sie sind auch schon mittendrin, Herr Minister. Deshalb kann ich Sie jetzt nicht mehr schonen, denn Sie haben das heute schon genauso gemacht. Das Problem in dieser Bundesregie­rung ist, dass Selbstinszenierung wichtiger ist.

Das Zweite betrifft die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Die kün­digt jetzt an, sie möchte die gestundeten Beträge fällig stellen. Meine Damen und Herren, gibt es da von der Regierung eine Garantie für mögliche Ausfallshaftungen? – Nichts kommt diesbezüglich von der Bundesregierung. Da warten Unternehmer heute noch. Die Frage wird da natürlich sein, ob das sofort fällig gestellt wird und ob es überhaupt eine Möglichkeit auf Ratenzahlung geben wird.

Herr Präsident, Sie haben meine Zeit schon wieder nicht eingestellt; hier stehen schon wieder 5 Minuten. Es fällt mir langsam auf, dass Sie immer bei mir die Uhr nicht einstel­len. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Das ist genau das Problem, denn die KMUs sind da besonders betroffen, obwohl sie genau diejenigen sind, die unseren Wirtschaftsstandort so groß gemacht haben. Genau diese Unternehmerinnen und Unternehmer lassen Sie im Stich, diese Arbeitnehmer las­sen Sie im Stich. Da kommt keine Antwort von Ihnen, meine Damen und Herren.

Schauen wir uns an, wie es denn mit dem Wirtschaftswachstum ausschaut! – Wenn das BIP in Österreich bei 1,5 Prozent liegt, haben wir de facto ein Nullwachstum. Da hat die OECD diese Bundesregierung leider Gottes – das muss man wirklich sagen – richtig eingeschätzt, denn sie hat schon vor Monaten gesagt, dass es in Österreich ein Null­wachstum geben wird. Ihre Antwort darauf war nichts anderes, als diesen Lockdown zu verlängern, zu verlängern und zu verlängern – und ob am 7. Februar tatsächlich alles aufsperrt, das werden wir erst noch sehen, denn Ihren Ankündigungen glaube ich kein Wort mehr. Ihren Ankündigungen kann man auch nicht mehr glauben, wenn man sich das Theater der letzten Wochen angesehen hat, meine Damen und Herren. Jede Woche Lockdown – Herr Arbeitsminister, hören Sie gut zu! – kostet uns 15 000 Arbeitslose mehr und nimmt uns vom Wirtschaftswachstum weitere 0,1 Prozent.

Daher braucht es jetzt sofort ein Öffnen des Handels, ein Öffnen der Gastronomie, ein Öffnen der Tourismusbetriebe des Wintertourismus, gleichzeitig natürlich einen konse­quenten Schutz der Risikogruppen. Wozu sperren wir denn alles zu, wenn wir wissen, dass es die Risikogruppen sind, die erkranken, und wenn wir auch wissen, dass die Mortalitätsrate bei den unter 65-Jährigen bei 0,05 Prozent liegt? Sperren Sie sofort mit Sicherheitsbestimmungen auf! Das Wesentlichste ist – und das ist auch Ihre Aufgabe als Arbeitsminister, und Sie kommen aus der Wirtschaftsforschung –: Sperren Sie bitte die Schulen auf – heute noch! Es ist die Investition in die Zukunft. Sie nehmen nicht nur unseren Kindern die Zukunft, Sie nehmen dem gesamten Land die Zukunft. Sie sind verantwortlich dafür, dass wir irgendwann möglicherweise in ein Wirtschaftsdesaster hi­neinschlittern, in eine Gesellschaftskrise kommen, aus der es dann kein Entrinnen mehr gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

10.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.