10.16

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Ich muss sagen, die Hoffnungen waren groß, dass man Ihnen mit dieser Aktuellen Stunde eine Plattform bietet, damit Sie Ihre Vorstellungen auch dem Hohen Haus präsentieren können. Es ist leider anders gekommen, die ÖVP hat wieder einmal versucht zu instrumentalisieren.

Bevor ich auf das Thema Arbeitsmarktpolitik eingehe, möchte ich kurz auf die Aussagen meiner drei Vorredner eingehen, zum einen hat Klubobmann Wöginger davon gespro­chen, wir müssten jetzt nur „noch einmal durchhalten“, bitte schön, „noch einmal durch­halten“! – Also wenn es um das Durchhalten betreffend Impfen, Impfen, Impfen geht, unterstütze ich Sie. Man wünscht sich ja nichts anderes als mehr tägliche Impfungen. Ich gebe Ihnen ein Rechenbeispiel: Wenn Sie auf das zurückkommen wollen, was sich die EU und Frau von der Leyen wünschen, bräuchten wir von heute bis Juni täglich 45 000 Impfungen. Das wird nicht passieren.

Rechnen wir das einmal auf sämtliche Bürgermeister um: Hätten Sie alle Bürgermeister in eineinhalb Stunden durchgeimpft, hätten wir auch das Problem nicht mehr. Das wäre möglich, aber wir schaffen es nicht. Am 17. Juli 2020, glaube ich, hat Kurz unsere südli­chen EU-Nachbarn als Staaten bezeichnet, die „in ihren Systemen kaputt sind“. Ich glau­be aber, dass er damit uns selber gemeint hat. Unser eigenes System ist kaputt, weil wir es nicht schaffen, jetzt zu impfen. – Das ist ein Punkt. (Beifall bei den NEOS.)

Bevor ich zu meinem Lieblingskollegen Kopf komme, möchte ich natürlich auch auf die Ausführungen seiner Fast-Namensvetterin Zopf eingehen, die gemeint hat, ein Neustart­bonus würde gerade geringfügig Beschäftigten oder Teilzeitbeschäftigten helfen. Ich glaube, ich bin im falschen Film: Wir sollten doch Vollbeschäftigung und nicht die Alters­armut bei Frauen fördern! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Ich weiß nicht, welchen Nonsens ihr da weitergebt.

Zu guter Letzt zu Kollegen Kopf, der sich über ein Bonus-Malus-System aufregt: Ich habe jetzt nicht auf der Wifi-Homepage nachgeschaut, ob es noch Buchhaltungs- und Bilanz­kurse gibt, aber diese wären zum Beispiel etwas für Kollegen Kopf, um herauszufinden, was ein solches Bonus-Malus-System bedeutet. Wenn ihr euch darüber aufregt - - (Abg. Kopf: ... diese Arroganz!) – Lass mich einmal fertigreden, ich habe dich auch reden las­sen! Bei Veranlagungen würde man nämlich im Nachhinein einen Bonus erhalten bezie­hungsweise einen Malus zahlen müssen.

Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir Ungerechtigkeiten beseitigen wollen. Diese Unge­rechtigkeiten sind noch nicht bis zur Wirtschaftskammer durchgedrungen, und das ent­täuscht mich, weil Kollege Kopf, Kollege Wöginger und alle anderen zuerst von einem Schulterschluss reden, sich dann aber herstellen und versuchen, ihre Politshow abzuzie­hen – und von einem Schulterschluss ist dann auf einmal gar nichts mehr zu erkennen. Wir hätten sachlich diskutieren können, aber nicht so, dass ihr euch hier herausstellt und wieder parteipolitisches Kleingeld schlagt. Ein Schulterschluss, meine Damen und Her­ren, schaut ganz anders aus. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Muchitsch.)

Minister Kocher hat auch von einer Investition in die Zukunft gesprochen, ja. Gerald Loa­cker hat bereits erwähnt, wie das Fuest-Zitat zu verstehen ist. Inhaltlich gebe ich Ihnen in dieser Hinsicht recht. Das Paradoxon ist, dass wir eine hohe Arbeitslosigkeit und gleichzeitig auch einen hohen Fachkräftemangel haben und auch in Zukunft einen hohen Fachkräftemangel haben werden. Wir werden in Zukunft einen noch viel größeren Man­gel an Motivation bei jungen Menschen haben, die jetzt einen Schulabschluss machen, die jetzt die Matura machen. Wir sollten jetzt – und ich appelliere da noch einmal an die ÖVP, an die Wirtschaftskammer – darüber nachdenken, ob wir nicht doch ganz dringend ein anderes Schulsystem, nämlich mit mittlerer Reife und einer Lehre mit Matura, brau­chen würden, denn wir brauchen die Fachkräfte der Zukunft, wir müssen daran denken, auch jene jungen Menschen zu integrieren, die jetzt visionslos und zukunftslos sind – das ist ein wichtiger Punkt. (Beifall bei den NEOS.)

Trotz diesem Punkt, trotz der Frage der Schulbildung sollten wir nach wie vor an eines denken – und ich vermisse dazu die Konzepte der Zukunft, ich vermisse auch jetzt die Diskussion über die Postcoronazeit –: Wie finanzieren wir das, und wie erreichen wir wieder mehr Beschäftigung? Mein Appell ist mehr denn je, Herr Bundesminister, dass Sie am Ministerratstisch dafür sorgen, dass der Kostenfaktor Arbeit dramatisch sinkt. Das ist einer der wichtigsten Schlüssel, es muss nämlich nur eines gegeben sein: Die Mitarbeiter müssen mehr verdienen und weniger kosten. Das müssen wir uns alle hinter die Ohren schreiben, darüber würde ich mich sehr freuen. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist also festzuhalten, dass wir in dieser Phase mehr über die Zukunft nachdenken und vielleicht unsere Gedanken in die Frage investieren sollten, wie wir das am besten aufstellen. Ich hoffe nicht, dass Sie von der ÖVP so überlappend geschluckt werden, dass Sie Ihre Gedanken, die Sie in den letzten sechs Jahren von sich gegeben haben, so schnell vergessen. Es geht um die Zukunft, es geht um die Arbeitsplätze, und es geht vor allem um den Wirtschaftsstandort Österreich. Ich erwähne es noch einmal: „Staaten, die in ihren Systemen kaputt sind“. – Ich habe Zweifel daran, dass es so ist. (Beifall bei den NEOS.)

10.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war ein langer Schlusssatz.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.