11.48

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister! Werte Damen und Herren im Hohen Haus! Der Titel der Aktuellen Europastunde ist nicht gerade das, was man Breaking News nennt, und ich muss auch sagen, aus meiner Sicht ist er inhaltlich nicht ganz richtig. Wir könnten an dieser Stelle debattieren, ob die weitreichenden Coronamaßnahmen von Erfolg gekrönt sein können, aber Sie haben sich das Thema „Keine europäischen Nachrichtendienstinformationen für das BVT“ ausgesucht, also lassen Sie uns darüber reden!

Wenn wir uns den Zwischenbericht dieser Untersuchungskommission zu den Pannen im Vorfeld des Attentats in Wien ansehen, dann sehen wir schon, dass der Titel nicht passt, denn zur Person des Attentäters gab es aus dem Ausland nicht einen Hinweis, sondern gleich mehrere. Nochmals für die, die den Bericht nicht kennen, Schweizer und deutsche Behörden haben das BVT im Juli 2020 darüber informiert: Bei euch in Wien gibt es ein Zusammentreffen von Islamisten, bitte überwacht das! Mit von der Partie war auch der spätere Attentäter.

Volle fünf Tage dauerte dieses Treffen – also Zeit genug, um Ziele zu definieren, Stra­tegien zu entwickeln und Kampfmittel zu organisieren. Schon am Tag nach der Abreise der Schweizer und deutschen Gäste reiste unser Attentäter in die Slowakei, um sich Munition für die AK-47 zu besorgen – die AK-47 ist nicht irgendeine Waffe, sondern es ist die Waffe des islamischen Terrors –, und davon wissen wir natürlich auch nur, da slowakische Behörden das dem BVT mitgeteilt haben. An dieser Stelle kommt schon der dritte ausländische Geheimdienst ins Spiel. Nun kann man sich in philosophisch-se­mantische Diskussionen darüber ergehen, man kann aber nicht zu dem Schluss kom­men, dass es keine nachrichtendienstlichen Informationen auf europäischer Ebene an Österreich gab. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist nicht nur eine Ente, es ist ein ganzer Entenstall, der uns präsentiert wird. Auch der BVT-Untersuchungsausschuss hat es zu Tage gefördert. Ich zitiere den ehemaligen Chef des BVT in seiner Befragung unter Wahrheitspflicht: „Behauptungen, dass das BVT vom Informationsfluss der Nachrichtendienste ausgeschlossen worden wäre, sind un­richtig. [...] Wir sind ein Mitglied des Berner Clubs. Daran hat sich nichts geändert.“ Das hat auch sein Stellvertreter später bestätigt, und Bundeskanzler Kurz hat auch gesagt, es gibt keine Hinweise, dass unter Herbert Kickl Illegales passiert ist. All das können Sie in den Protokollen des Untersuchungsausschusses nachlesen.

Die Gründe, warum am Rennweg anscheinend nichts zusammenläuft, sind andere, we­der die Haussuchungen – und es gab mehrere davon – noch eine internationale Isola­tion. Wenn man Mitarbeiter des ÖVP-Klubs ohne jegliche Vorbildung als Nachrichten­chefs montiert, dann darf man sich nicht wundern, wenn nichts mehr zusammenläuft. Wenn man ÖVP-nahe Verwaltungspraktikanten in sensiblen Bereichen unterbringt, dann sieht man, hier fehlt ein Grundverständnis für die Sicherheit des Nachrichtendienstes. Die politische Einflussnahme der ÖVP auf Postenbesetzungen – damals beginnend un­ter Strasser – hat dafür gesorgt, dass die Personalauslese im Geheimdienstmilieu wohl einzigartig auf der Welt ist.

Dazu kommen noch die Sicherheitsmängel im BVT: Virenprogramme von der russischen Stange, keine Passwortsicherung bei sensiblen Daten, IT-Mitarbeiter mit Nebenbeschäf­tigungen, Programme ohne Zertifizierungen, sensible Daten, die zu Hause auf Küchenti­schen herumkugeln, und auch die Haussicherheit war nie auf internationalem Standard.

Das sind die wahren Gründe, warum ausländische Dienste das BVT mit gemischten Gefühlen betrachten, und das sind die Gründe dafür, warum das BVT nicht in der Champions League, sondern in der Unterklasse der Geheimdienste spielt. Warum das vermutlich noch länger so bleiben wird, können wir einer Schlagzeihe im gestrigen „Kurier“ entnehmen. Da stand geschrieben: „Geheimer BVT-Bericht: Der ORF im Visier der Corona-Leugner“.

Werte Damen und Herren! Ein geheimer BVT-Bericht hat ja in Tageszeitungen nichts zu suchen! Boulevardnachrichten und Nachrichtendienste sind doch zwei Paar Schuhe. Wer diese Begriffe nicht voneinander trennen kann, ist eine Fehlbesetzung und sollte dringend ausgetauscht werden. (Beifall bei der FPÖ.)

11.53

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.