16.25

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, Herr Minister, viele Unterneh­men – ich glaube, das ist unbestritten – sind in einer ganz schwierigen Situation. Sie stellen sich heute hierher und sagen: Um eine Unterstützung zu bekommen, müssen sie halt einen Antrag stellen. – Ich finde das wirklich zynisch. Viele von uns bekommen Dut­zende E-Mails von betroffenen Unternehmern, vor allem Einzelunternehmern, EPUs, KMUs, die von der Cofag entweder nichts hören – lange nichts hören, ewig nichts hö­ren – oder dann eine Absage bekommen. Sie stellen sich hierher und sagen, sie sollen einfach einen Antrag stellen – und dabei sind sie bis heute nicht antragsberechtigt. Das ist einmal Fakt.

Die NEOS haben sich mit ihrem Dringlichen Antrag zumindest etwas überlegt und sich zumindest einmal positiv zu diesem Thema positioniert – „Neue Zuversicht und Vertrau­en – besser aus der Krise heraus kommen“ –, sie haben sich auch kurz- und mittelfristige Maßnahmen überlegt. Man muss nicht mit allen dieser Maßnahmen einverstanden sein, sie haben sich aber zumindest Gedanken gemacht. Das sollte man sich von einem Ma­nagement – als solches sehe ich die österreichische Bundesregierung, oder, ich verbes­sere mich, als solches sollte man sie sehen – auch erwarten können. Das, was Sie ma­chen, ist Management by Chaos und nichts anderes. Sie haben keine klare Zieldefinition, Sie haben keine klare Strategie und Sie haben keine nachvollziehbaren Maßnahmen. In allem, was Sie angreifen, vermissen wir das.

Es gibt ein paar Managementregeln, die man einhalten sollte. Das ist – Punkt eins –: Ein Chef sollte zu einem Fehler, den er macht, auch stehen. Ich habe bis jetzt noch nie erlebt, dass der Bundeskanzler – als Chef dieser Regierung – einmal zu einem Fehler gestanden ist, den diese Regierung gemacht hat. Er ist Weltmeister im Abschieben von Verantwortung.

Zweitens: Man sollte Mitarbeitern zuhören. Wenn ich die österreichische Bevölkerung als Mitarbeiter betrachte, muss ich sagen: Das, was Sie tun, zeugt von Ignoranz gegen­über der österreichischen Bevölkerung.

Und: Man sollte meinen, was man sagt, und auch danach handeln. Das, was Sie heute sagen, hat morgen keinen Wert mehr. Es gibt ein gutes Zitat – das könnte man hier anbringen – von einem ehemaligen deutschen Bundeskanzler, Konrad Adenauer, der gemeint hat: Was interessiert mich das Geschwätz von gestern? – Diesen Ausspruch könnte man bei dieser Bundesregierung und vor allem beim Bundeskanzler abwandeln und sagen: Was interessiert mich die Meinung von Experten? Was interessiert mich die Demokratie? Was interessiert mich die österreichische Verfassung? Was interessiert mich die österreichische Wirtschaft? Was interessieren mich die Kinder und die nach­folgenden Generationen dieses Landes? Was interessieren mich die Demokratie- und Freiheitsrechte in diesem Land? – Das ist der Zugang unseres Bundeskanzlers. (Beifall bei der FPÖ.)

Was zeichnet Management noch aus? – Man sollte den Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität kennen. Sie mögen im Abhalten von Pressekonferenzen sehr effizient sein. Das machen Sie wirklich effizient, man kann sich gar nicht mehr erinnern, wie viele es schon waren, und man weiß nicht, wie viele in den nächsten Tagen noch kommen werden. Das machen Sie wirklich effizient, nur effektiv sind Sie nicht, denn das, was Sie heute in einer Pressekonferenz verkünden, ist morgen schon Schnee von gestern. Man sollte auch auf Experten hören und vielleicht die Ressourcen, die man hat, sinnvoll ein­setzen.

Jetzt komme ich noch einmal zum Thema Impfen. Bis heute habe ich von der Regierung nichts darüber gehört, wie Sie zu Personen stehen, die diese Krankheit schon durchge­macht haben. Es gibt eine Studie der Universität Innsbruck, die zeigt, dass die Immunität von Menschen, die diese Krankheit durchgemacht haben, anhält und meist besser ist als durch eine Impfung. Ich zitiere jetzt aus dieser Studie: „In aller Regel ist die durch­gemachte Erkrankung aus Immunisierungssicht viel wirksamer als eine Impfung. Da­durch würde die Republik viel Geld und Kapazitäten beim Impfen sparen.“

Ich frage mich, warum nicht ein Immuntest, ein Antikörpertest gemacht wird, bevor man einfach zu impfen anfängt. Damit würden wir viel Geld und viele Kapazitäten sparen. Man könnte Menschen, die diese Krankheit durchgemacht haben, vor allem im Gesund­heitsbereich, in den Pflegeheimen unbedarft an die Leute heranlassen und sie zur Arbeit gehen lassen. Das wird einfach nicht gemacht, und ich frage mich, warum.

Legt man das nun auf einen Wintersportort um – das wäre vielleicht für Kollegen Hörl interessant –, so ist aus meiner Sicht Ischgl der sicherste Wintersportort, den es auf der ganzen Welt gibt, denn dort sind meines Wissens über 40 Prozent der Menschen immun, weil sie die Krankheit bereits durchgemacht haben. Das wären positive Signale, die man auch einmal aussenden könnte, statt einen Wintersportort wie Ischgl, ich sage einmal, durch den Schlamm zu ziehen und eine ganze Branche schlechtzumachen. (Zwischen­ruf des Abg. Obernosterer.)

Was erwartet sich die österreichische Wirtschaft von dieser Bundesregierung? – Es sind Sicherheit und Planbarkeit. Stattdessen handeln Sie völlig unnachvollziehbar. Sie setzen zum Beispiel Aktionen und schlagen den Leuten vor Weihnachten vor: Kauft Gutscheine, dann könnt ihr sie einlösen, wenn der Lockdown zu Ende ist! – Der Lockdown endet aber offensichtlich nie, die Handelsbetriebe bleiben geschlossen. Es werden Hilfspakete für indirekt betroffene Betriebe versprochen, die es bis heute nicht gibt. Jetzt gibt es den neuen Ausfallbonus. Viele Unternehmer, die sich diesen Ausfallbonus schon angeschaut haben, sagen: Der passt für mich wieder nicht!, oder: Er ist viel zu gering! – Sie setzen einfach Maßnahmen, die den Unternehmen keine Planbarkeit ermöglichen.

Eine ganz besonders betroffene Branche – neben vielen anderen – ist jene unserer Gas­tronomiebetriebe und Wirte. Bei dem, was man ihnen antut, ist es ja ein Wunder, dass sie nicht schon alle verzweifeln und sagen: Ich lasse es, ich sperre zu, ich tu gar nichts mehr! – Ich möchte deshalb speziell für die Gastronomiebetriebe einen entsprechenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirtesterben ver­hindern – Gastronomiebetriebe sofort aufsperren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend jene Maßnahmen zu setzen und Schritte einzuleiten, die die Umsetzung nachstehender Forderungen sicherstellen:

- Sofortige Öffnung der Betriebe unter allen vorgegebenen Sicherheitsvorschriften.

- Keine neue Verschiebung der Wiedereröffnung.

- Keine Kontrolle von Frei-Tests seitens der Gastro-Betriebe.

- Mindestöffnung bis 23 Uhr.

- Umsatzersatz von 80% für Januar 2021.

- Klare Regelung der Mieten für die gesperrten Monate.

- Planungssicherheit für die Rekrutierung von Mitarbeitern.

- Planungssicherheit für die Beschaffung/Lieferungen der nötigen Waren.“

*****

In einem Unternehmen wäre eigentlich der Aufsichtsrat dafür zuständig, das Manage­ment, wenn es so versagt, zu entlassen. In diesem Fall appelliere ich noch einmal an den Nationalrat, ihn sehe ich als Aufsichtsrat der Bundesregierung: Entlassen Sie diese Bundesregierung! Sie ist unfähig, diese Krise zu lösen und zu managen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Mag. Gerald Hauser, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Wirtesterben verhindern - Gastronomiebetriebe sofort aufsperren

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Zuversicht und Vertrauen – bes­ser aus der Krise heraus kommen in der 79. Sitzung des Nationalrates am 20. Jän­ner 2021

Die jüngste erfolgte Verlängerung des Lockdowns und damit des weiterhin seitens der Bundesregierung erzwungenen Stillstands für die Wirtschaft ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der ohnehin schon unter massiven Liquiditätsengpässen und Zahlungsschwie­rigkeiten leidenden Gastronomiebetriebe.

Unter dem Titel „Jetzt geht es ans Eingemachte“ beschreibt unter anderem der Standard am 19. Jänner 2021 die drastische Situation im Bereich der Gastronomie:

„Viele Gastronomen und Hoteliers fürchten nach monatelangem Lockdown trotz Unter­stützung um die Zukunft ihrer Betriebe. Auch die Moral ist in vielen Betrieben am Boden.

Ich kann nicht mehr schlafen. Ich bin erledigt.“ Seit 32 Jahren ist Mario Strobl in der Wiener Gastronomie tätig, aber die Belastungen der Corona-Pandemie bringen den Wirtshausbetreiber an seine Grenzen. Die Regierungshilfen seien „zu spät oder zu we­nig“. Beim Umsatzersatz für November und Dezember würden „einige Tausender‘ feh­len, auf die Zahlungen für Angestellte in Kurzarbeit wartet der Chef des Vorstadtwirts in Wien-Donaustadt noch immer. „Es ist fünf vor zwölf“, beteuert Strobl.

(. .)

„Eine Katastrophe“

 „Eine Katastrophe“, sagt Patricia Pugl, Betreiberin des Weinguts Pugl mit Buschen­schank und Gästezimmern in der Südsteiermark. Auch sie wartet noch auf das Kurzar­beitsgeld, der Umsatzersatz sei ebenfalls zu niedrig ausgefallen.“

Wie alarmierend, existenzgefährdend und arbeitsplatzvernichtend das neuerlich verlän­gerte Aufsperrverbot insbesondere für die Gastronomie ist, belegt unter anderem eine Modellrechnung der Österreichischen Nationalbank vom Dezember des Vorjahres, die prognostiziert, dass bis 2022 fast zehn Prozent der heimischen Unternehmen pleite sein könnten. 29 Prozent davon allein in Gastronomie und Hotellerie. Dabei sind die nunmehr verlängerten Verschärfungen noch gar nicht eingerechnet.

Laut Wifo werden die Tourismuseinnahmen diese Saison um 14 Milliarden Euro einbre­chen, wobei das mit einem Anteil von insgesamt acht Milliarden Euro vor allem die Ho­tellerie und Gastronomie trifft. (Kurier am 18. Jänner 2021)

„Wir fühlen uns von der Bundesregierung im Stich gelassen“, so der Wirte-Obmann Georg Loichtl gegenüber dem Kurier am 18. Jänner 2021, und hält weiter fest: „Für ei­nige Kollegen ist es schon fünf nach 12".

Diese für viele nahezu ausweglose Situation hat nunmehr eine Initiative mit dem Titel: „Fünf vor Zwölf – Wir öffnen wieder" auf den Plan gerufen, mit der österreichweit Gast­wirte, Restaurantbetreiber und Kaffeesieder auf die triste Situation nach monatelangem Lockdown hingewiesen und unter anderem eine sofortige Öffnung der Betriebe unter allen vorgegebenen Sicherheitsvorschriften gefordert haben.

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten ist das Sterben von Cafés, Wirtshäusern und Restaurants in Folge der neuerlich erfolgten Verlängerung des Stillstands mit allen Mit­teln zu verhindern, und sind daher die seitens der Initiative „Fünf vor Zwölf – Wir öffnen wieder" erhobenen Forderungen jedenfalls zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten im Interesse der Ret­tung der heimischen Gastronomie- und Tourismusbetriebe daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend jene Maßnahmen zu setzen und Schritte einzuleiten, die die Umsetzung nachstehender Forderungen sicherstellen:

•           Sofortige Öffnung der Betriebe unter allen vorgegebenen Sicherheitsvorschriften.

•           Keine neue Verschiebung der Wiedereröffnung.

•           Keine Kontrolle von Frei-Tests seitens der Gastro-Betriebe.

•           Mindestöffnung bis 23 Uhr.

•           Umsatzersatz von 80% für Januar 2021.

•           Klare Regelung der Mieten für die gesperrten Monate.

•           Planungssicherheit für die Rekrutierung von Mitarbeitern.

•           Planungssicherheit für die Beschaffung/Lieferungen der nötigen Waren.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte.