16.51
Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Meine Damen und Herren, wir haben heute schon viele Pros und Kontras gehört, ich möchte aber betonen, dass sich Österreich innerhalb der EU unter den Ländern mit dem stärksten Wirtschaftseinbruch befindet. Es gibt kaum Länder in der EU, die eine schwächere wirtschaftliche Performance haben als wir. Laut einer Auflistung der OECD liegen wir an vorletzter Stelle. Hinter uns liegt nur noch Portugal.
Zum Vergleich erwähne ich Deutschland: Dort ist der Wirtschaftseinbruch um 50 Prozent geringer ausgefallen und das Land hat auch um umgerechnet 50 Prozent weniger Arbeitslose als wir – nur so viel zu der von der Bundesregierung gerne getätigten Aussage, dass Österreich so gut durch die Krise kommt. Die Frage ist nur, aus welcher Perspektive.
Wenn wir Unternehmerinnen und Unternehmern zuhören, wenn wir Steuer- und Wirtschaftsberaterinnen und -berater – egal welcher Couleur – fragen, gibt es zwei Wörter, die diese Situation ganz gut beschreiben, nämlich: absolute Unsicherheit. Die Situation gleicht einer monatelangen Fahrt im Nebel ohne Blick auf die Küste. Von einem Hafen ist gar nicht zu reden.
Wo aber geht die Reise hin? – Es gibt viele Fragen, die weder die Wirtschaftskammer noch die Bundesregierung oder die zuständigen Ministerinnen und Minister beantworten können. Für die Zeit nach der Krise fehlen den Unternehmerinnen und Unternehmern die Perspektiven, mittel- und langfristige Strategien, der mögliche Blick nach vorne, der positive Blick in die Zukunft. Was Sie als Regierung gemacht haben, ist eine Reaktion, nicht eine Aktion. Es gibt keine oder zu wenige Maßnahmen, die sich nach vorne richten. Die Menschen haben deswegen das Vertrauen verloren, werter Herr Minister! (Abg. Haubner: Senkung der Einkommensteuer!)
Gestatten Sie mir auch noch einen Blick auf die Gastronomie- und Tourismusbranche, die es am härtesten getroffen hat. Die Betriebe sind zu, alleine in diesem Bereich sind 78 000 Menschen arbeitslos. Von der Vorwoche auf diese Woche sind 26 000 zusätzlich zur Kurzarbeit angemeldet worden, insgesamt sind es nun 130 000. Der gestrigen Pressekonferenz der Minister Kocher und Köstinger zufolge ist es der Regierung wichtig, die MitarbeiterInnen im Tourismus zu behalten. Ich frage mich nur, wie das gehen soll, da Sie gleichzeitig auch sagen, Öffnungsschritte seien viel zu riskant. Auch diesbezüglich warten alle auf einen Plan. Alle zwei Wochen zu verlautbaren, dass man nicht aufsperren darf, ist kein Plan.
Das Kriseninstrument Kurzarbeit ist gut, für sich alleine aber auch kein Plan. Es ist dramatisch, wie Existenzen und Familien in einem Schwebezustand bleiben müssen. Den anderen Branchen geht es nicht viel besser. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Die Hilfen laufen teilweise aus, den Betrieben stehen gar keine oder keine ausreichenden Einnahmen zur Verfügung. Im COVID-19-Justiz-Begleitgesetz wurde die Möglichkeit einer gesetzlichen Stundung von Kreditraten geschaffen. Diese Maßnahme läuft mit 31.1.2021 aus und wurde seitens der Bundesregierung nicht verlängert.
Daher bringe ich einen wichtigen Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung der gesetzlichen Stundungsmöglichkeiten für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgrund des anhaltenden Lockdowns und der damit verbundenen Wirtschafts- und Beschäftigungskrise aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die gesetzlichen Stundungsmöglichkeiten von Leistungsverpflichtungen für von der Corona-Krise betroffene Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer nach dem Covid-19-Justiz-Begleitgesetz zumindest bis Ende Juni verlängert wird.“
*****
Im Namen und im Sinne unserer heimischen Betriebe und der Tausenden betroffenen Beschäftigten ersuche ich Sie um breite Zustimmung zur vorgeschlagenen Verlängerung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
16.55
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Vorderwinkler,
Genossinnen und Genossen
Betreffend: Verlängerung der gesetzlichen Stundungsmöglichkeiten für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer
eingebracht im Zuge der Debatte des Dringlichen Antrages der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Zuversicht und Vertrauen – besser aus der Krise herauskommen.
Begründung
Die Corona-Krise bedroht viele Menschen in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Im Covid-19 Justizbegleitgesetz wurde deshalb für KreditnehmerInnen, die unter Einkommensausfällen aufgrund der Corona-Krise leiden, die Möglichkeit einer gesetzlichen Stundung von Kreditraten geschaffen. Diese Maßnahme ist aber mit dem 31.1.2021 befristet und wurde seitens der Bundesregierung nicht verlängert.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgrund des anhaltenden Lockdowns und der damit verbundenen Wirtschafts- und Beschäftigungskrise aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die gesetzlichen Stundungsmöglichkeiten von Leistungsverpflichtungen für von der Corona-Krise betroffene Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer nach dem Covid-19-Justiz-Begleitgesetz zumindest bis Ende Juni verlängert wird.“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.