17.02

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich auf einen Punkt im NEOS-Antrag eingehen, insbesondere auf die Fragen, die die Arbeitswelt – die soge­nannten Lohnnebenkosten, die Arbeitskosten – berühren. Es wurde schon einiges zum Thema Kurzarbeit gesagt, ich denke aber, dazu muss einiges richtiggestellt werden: was Kurzarbeit tatsächlich ist, was der Sinn von Kurzarbeit ist und wie es mit den Kosten tatsächlich ausschaut.

Der eine Punkt ist: Sie schreiben, die Kurzarbeit sei eine richtige Maßnahme für be­stimmte Branchen und wahrscheinlich auch eine richtige Maßnahme in der Krise – das wurde genannt –, im März habe sie noch gepasst, jetzt passe sie weniger. – Die Krise ist bedauerlicherweise noch nicht vorbei. Das heißt, das Instrument der Kurzarbeit brau­chen wir heute genauso, wie wir die Kurzarbeit im März gebraucht haben und wie wir sie im Sommer teilweise noch gebraucht haben.

Wir haben ja versucht, das Kurzarbeitsmodell für die Herausforderungen des Herbsts sinnvoll zu adaptieren. Die Kritik ist über weite Strecken durchaus angekommen, und es wurde von den Sozialpartnern auch entsprechend mitgetragen, dass man die Möglich­keit, die Arbeitszeit auf null Stunden zu reduzieren, eingrenzt, weil sie schlichtweg nicht mehr notwendig war. Man ist auf ein Modell umgestiegen, mit dem man maximal auf 30 Prozent der Arbeitszeit reduzieren kann, damit eben diese Form von großzügiger Nutzung der Kurzarbeit so nicht mehr stattfinden kann.

Bedauerlicherweise sind uns Lockdownkrisen dazwischengekommen, sodass wir teil­weise wieder zum alten Modell zurückkehren mussten. Der Erfolg spricht für dieses Modell: Wir haben – der Herr Arbeitsminister hat es vorhin schon erwähnt – 60 000 Jobs alleine dadurch gerettet, dass wir im März diese Kurzarbeit eingeführt haben und dass wir sie weiter fortführen.

Die Kurzarbeit ist auch kein statisches Modell, sie ist ein dynamisches Modell! Das zeigt sich ja alleine, wenn wir uns anschauen, dass es Mitte Mai Genehmigungen für Kurzarbeit im Ausmaß von 12 Milliarden Euro gab. Es ist regelmäßig das Budget erhöht worden, von diesen 12 Milliarden Euro sind aber bislang ja nur 5,6 Milliarden – „nur“ – tatsächlich schlagend geworden. Ja warum? – Weil sehr viel von dem, was an Kurzarbeit angemeldet worden ist, schlichtweg nicht ausgenutzt worden ist, nicht notwendig war, weil die ArbeitnehmerInnen eben länger arbeiten konnten, weil die Firmen schneller hochgefahren sind, weil das Nutzen der Kurzarbeit nicht notwendig war.

Darum ist auch der Ansatz, dass man Menschen, die in Kurzarbeit sind, in Vollzeitar­beitsplätze vermittelt, ein – Entschuldigung – vollkommen absurder. Die Menschen sind in Vollzeitarbeitsverhältnissen oder in hohen Teilzeitarbeitsverhältnissen, sie haben ein aufrechtes Arbeitsverhältnis. Sie müssen von dort nicht wegvermittelt werden, sondern in Wirklichkeit geht es darum, dass diese Beschäftigungsverhältnisse über einen gewis­sen Zeitraum in einer Krisensituation reduziert und gefördert werden, damit Einkommen bestehen bleiben, die Menschen in ihrem Betrieb bleiben können und sich die Chefs die MitarbeiterInnen nicht neu suchen müssen, wenn es wieder aufwärtsgeht. Das ist der Hintergrund. Darum ist es vollkommen absurd, zu sagen: Das sind Leute, die keinen wirklichen Job haben, die vermitteln wir in 40-Stunden-Jobs! (Beifall bei den Grünen so­wie der Abg. Pfurtscheller.)

Das ist nicht der Sinn von Kurzarbeit, das ist nicht, worum es geht. Ich verstehe ja sehr wohl den Ansatz, dass man sagt, dass Unternehmen, die Kurzarbeit und viele Steuer­mittel in Anspruch nehmen, im Nachhinein auch entsprechend Steuern zahlen sollen. Das finde ich einen gar nicht unspannenden Ansatz – grundsätzlich. Das Problem ist nur: Wenn man das jetzt ankündigt, dann wird, habe ich persönlich die große Befürch­tung, sehr viel Kurzarbeit gar nicht in Anspruch genommen werden, und das ist in Wirk­lichkeit eine kontraproduktive Maßnahme mitten in der Krise. Darum würde ich von der­artigen Schritten eher Abstand nehmen.

Dass Einstellungsförderungen vermutlich eine wesentliche Rolle spielen werden, um die Beschäftigungskrise zu überwinden: Ja, dem stimme ich zu, und es gibt sie auch schon. Es gibt beispielsweise die Eingliederungsbeihilfe, es gibt beispielsweise Kombilohnmo­delle, und es gibt den Neustartbonus. Sie sind in der Regel auf bestimmte Gruppen von arbeitslosen Menschen, die es am Arbeitsmarkt schwer haben, die schwer vermittelbar sind, die es nicht leicht haben, zugeschnitten: beispielsweise ältere Arbeitslose, Men­schen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder WiedereinsteigerInnen. Es macht auch Sinn, dass sie gefördert werden, weil sie sehr oft nicht so produktiv sind wie andere ArbeitnehmerInnen, die quasi frisch vom Arbeitsmarkt kommen. Man sagt den Unter­nehmen: Die sind nicht so produktiv, aber ihr kriegt ein bisschen Geld, und dafür stellt sie bitte an und schult sie ein!

Warum jeder und jede Beschäftigte – jeder und jede neubeschäftigte Arbeitslose – ge­fördert werden soll, ist mir nicht klar, weil es teilweise schon auch damit zusammenhängt, wie produktiv die Beschäftigten sind. Das kann dann teilweise Mitnahmeeffekte ergeben, die durchaus problematisch sind und sehr viel kosten. An sich aber sind Eingliederungs­beihilfen und Eingliederungsmaßnahmen etwas absolut Sinnvolles und Notwendiges – die Frage ist nur: Für wen? Für wie lange? Für welchen Zeitraum?

Zuletzt noch ein Punkt: Es ist gesagt worden, die NEOS wollen die Steuerquote erhöhen. Dazu kann ich nur sagen: Das stimmt absolut nicht, die NEOS haben ja schon einmal in ihrem Programm angekündigt, dass sie auf 39 Prozent runterwollen. Das sagen sie auch in diesem Antrag: „Die hohe Steuerlast in Österreich hemmt die Beschäftigung, ver­schärft den Fachkräftemangel“. Für mich ist es ein Riesenproblem, wenn immer wieder von Lohnnebenkostensenkungen, die es tatsächlich dringend brauchen würde, die Rede ist. Lohnnebenkosten, das redet sich so schön, aber was sind Lohnnebenkosten? – Das sind Sozialversicherungsbeiträge, das sind Krankenversicherungsbeiträge, das sind Pensionsversicherungsbeiträge. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Darüber sollte man einmal reden: Wenn die Leute gefragt werden: Wollt ihr eine Lohnnebenkostensen­kung?, sagen alle: Ja, das finden wir wichtig. Wenn man fragt: Wollt ihr Pensionen sen­ken, wollt ihr die Gesundheitsversorgung reduzieren?, dann wird es wahrscheinlich gleich nicht mehr so offensiv sein. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Darum: Vor­sicht bei Lohnnebenkostensenkungen – sie könnten Ihre Gesundheit gefährden! – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

17.08

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Felix Eypeltauer. – Bitte.