21.11

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Rechnungshofpräsiden­tin! Kolleginnen und Kollegen! Die psychischen Erkrankungen stellen nicht nur für die Bevölkerung, sondern natürlich auch für das Gesundheitssystem eine große Herausfor­derung dar. Die steigenden Zahlen, was die Aufwendungen und die Krankenstandstage betrifft, haben wir ja von Kollegen Pöttinger schon gehört. Einer Studie der WHO zufolge werden 2030 in den Industriestaaten drei von fünf schwerwiegenden Erkrankungen den psychischen zuzuordnen sein.

Das war es dann aber auch schon wieder mit der Datenlage, denn mehr Daten stehen uns in Österreich leider nicht zur Verfügung. Es fehlt ein Gesamtüberblick über die tat­sächliche Situation bei Erkrankungen im psychischen Bereich; auch über die Medika­tionen ist wenig herauszufinden, weil viele Medikamentenpreise niedriger als die Rezept­gebühr sind. Aber auch die Akzeptanz einer psychischen Erkrankung ist keine große. Sich einzugestehen, dass eine psychische Behandlung notwendig und gut wäre, wird weithin als Schwäche ausgelegt.

Besonders ernüchternd sind die Zahlen, wenn es um das Angebot im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie geht. Da gibt es österreichweit zu wenig Plätze. Erst im Jahr 2020 gab es eine leichte Verbesserung um 40 Betten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Wiener AKH.

Wenn Studien zufolge in Österreich jeder Sechste von psychischen Erkrankungen be­troffen ist, Kolleginnen und Kollegen, dann wird mir hier jeder zustimmen, dass die Be­lastungen, die durch die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-Krise ent­stehen, nicht gerade zur Entspannung beitragen. Diese Belastungen sind inzwischen enorm: Sie reichen vom Verlust des Arbeitsplatzes über Einkommenseinbußen bis hin zu massiven Existenzängsten. Selbst bei jenen, die ihrer Arbeit nachgehen können, steigt die Belastung erheblich, vor allem bei unseren 1,4 Millionen Arbeiterinnen und Ar­beitern, die täglich in den Betrieben sein müssen oder auf Baustellen tätig sind. Während man auf der einen Seite von Homeoffice redet, können genau diese ihre Arbeit nicht mit nach Hause nehmen.

Wenn dann noch monatelang die Schulen und Kindergärten de facto geschlossen sind, wird es immer schwieriger, die Betreuung für die Kinder sicherzustellen. Das zeigen auch die steigenden Zahlen der anwesenden Kinder und Jugendlichen in Schulen und Kinder­gärten, deren Eltern vom Betreuungsangebot Gebrauch machen müssen. Da wird eine Verschiebung der Semesterferien, wie derzeit in Oberösterreich und in der Steiermark vorgesehen, schon zu einer Problemstellung, die erst einmal bewältigt werden muss.

Die Situation von vielen Familien wird zunehmend dramatischer. Die Fälle von Gewalt gegen Kinder sind 2020 um 49 Prozent gestiegen. In Umfragen von Elternvereinen stu­fen 40 Prozent der Befragten den psychischen Zustand von Schülerinnen und Schülern als schlecht bis sehr schlecht ein. Es ist dringend notwendig, Angebote für Beratungen und Behandlungen schnell auszubauen, und das Ganze so niederschwellig wie möglich, damit sie auch angenommen werden können. Die psychischen Auswirkungen der der­zeitigen Belastungen werden wir nicht wegimpfen können, diese werden uns noch Jahre begleiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hörl.)

21.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte.