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Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Abgeordnete! Die wirtschaftliche Lage, die Arbeits­marktlage ist tatsächlich sehr herausfordernd. Alle Menschen sind in dieser Pandemie massiv betroffen, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation, in der sie davor waren. Es ist für alle Länder eine große Herausforderung, durch diese Pandemie zu kommen, und es werden die Länder besser durch die Pandemie kommen, in denen sich die gesellschaftlichen Gruppen nicht auseinanderdividieren lassen, sondern zusammen­stehen und die Herausforderungen annehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein paar Fakten klarzustellen. Das ist, glaube ich, wichtig in dieser emotionalen Debatte. Das Wirtschaftswachstum Österreichs für 2020, dafür gibt es vorläufige Daten, das sind noch nicht die endgültigen Daten, ist im Mittelfeld der Europäischen Union. Wir sind, was die Arbeitslosigkeit betrifft, in den Top-zehn-Ländern, und bei der Jugendarbeitslosigkeit haben wir die viertniedrigste Jugend­arbeits­losigkeit im EU-Vergleich. (Abg. Leichtfried: Wie war das vorher? Können Sie das beantworten? – Zwischenruf der Abg. Steger.) Das ist immer noch viel und nicht das, was unser Ziel ist, das ist keine Frage, aber das lässt sich auf die Wirtschaftsstruktur Österreichs zurückführen.

Da bin ich jetzt unverdächtig, ich zitiere den Ökonomen Gabriel Felbermayr, Präsident des Weltwirtschaftsinstituts in Kiel, der sagt, dass der Unterschied zu den anderen Ländern tatsächlich in der größeren Bedeutung des Tourismus und in der größeren Bedeutung der Gastronomie- und Freizeitwirtschaft in Österreich im Vergleich zu ande­ren Ländern liegt. (Abg. Angerer: ... das Missmanagement der Regierung! – Zwischen­ruf des Abg. Leichtfried.)

Das ist der entscheidende Unterschied. Entscheidend ist auch, dass uns diese Struktur der Wirtschaft besser durch frühere Krisen gebracht hat. Jetzt, da die Pandemie Kontakt­möglichkeiten einschränkt, da es die Gefahr der Ansteckung gibt, ist diese Struktur ein Nachteil, aber die Maßnahmen, die gesetzt werden – gerade am Arbeitsmarkt –, ver­suchen, diesen Nachteil abzufedern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage etwas zur Kurzarbeit: Die Kurzarbeit ist das Wichtigste und auch das teuerste Einzelinstrument in der Krisenbekämpfung. Ich finde, es ist ein sehr gutes Instrument. Wir haben die großzügigste Kurzarbeitsregelung in der ganzen Welt. Sie funktioniert. Sie hat dazu geführt, dass wir 1,2 bis 1,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse mittelfristig gesichert haben; die Leute wären sonst zum Großteil in die Arbeitslosigkeit gekommen. Über 6 Milliarden Euro sind für die Kurzarbeit ausgegeben worden, über 10 Milliarden Euro sind zugesagt. Das ist ein substanzieller Beitrag, um die Folgen auf dem Arbeits­markt abzufedern.

Noch ein Punkt: Die Kurzarbeit ist keine versteckte Arbeitslosigkeit. Sie ist ein Instru­ment, um eine Unterauslastung am Arbeitsmarkt auszugleichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Angerer: Das wissen schon alle, Herr Kocher! Sagen Sie uns ...!)

Sie ist aber nicht das einzige Instrument. Die Joboffensive hat der Herr Bundeskanzler angesprochen: Wir haben das größte Budget für Qualifikation am Arbeitsmarkt, das es je gegeben hat. Ich glaube, das ist auch wichtig. Das bereitet uns für die Zeit nach der Krise vor. Es gibt einen Bildungsbonus für diejenigen, die sich weiterbilden. Es gibt einen Neustartbonus, der unterstützt, Neuanstellungen vorzunehmen. Es gibt einen Lehrlings­bonus. Wir betreiben aktive Arbeitsmarktpolitik. Es gibt Stellen für Langzeitarbeitslose in den Schulen, in den Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Die Notstandshilfe wurde an das Niveau des Arbeitslosengeldes angepasst. Es gibt Pflegestiftungen – gemeinsam mit den Ländern –, um Pflegekräfte für die Zukunft auszu­bilden. Es gibt also eine Reihe von Maßnahmen, die gesetzt werden, um diese Krise zu bekämpfen. (Abg. Bösch: Die würden wir gerne kennen!) Und: Es wird auch weitere Maßnahmen brauchen, um dann, wenn die akute Krise vorbei ist, Österreich wirt­schaft­lich und am Arbeitsmarkt wieder ganz nach vorne zu bringen.

Es gibt die schöne Aussage building back better – also: besser zurückkommen aus der Krise. Das ist unser großes Ziel in der Bundesregierung, und wir werden mit aller Kraft dieses große Ziel, besser aus dieser Krise zurückzukommen, Österreich ganz nach vorne zu bringen, weiterverfolgen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

10.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zarits. – Bitte.