10.17

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Minister! Zurück zur Tagesordnung, nämlich zu den Themen Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Bewältigung derselben, die ja dringend not­wendig ist, wie wir bekanntermaßen alle wissen: Ein zentraler Inhalt der heutigen Aktuellen Stunde ist die leider sehr unzureichende Vorstellung der Aktion 40 000, die von der SPÖ als ein Nachfolgeprogramm zur Aktion 20 000 gefordert wird. Es tut mir ehrlich gesagt sehr leid, dass das Thema heute wenig Niederschlag gefunden hat, wenig besprochen worden ist und hier wieder mehr der Raum für Polemik, andere Themen und Abrechnungen war. Das soll auch seinen Platz haben und ist auch notwendig.

Allerdings ist das Thema Arbeitslosigkeit in der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik infolge einer enormen Gesundheitskrise, denke ich mir, zu wichtig, um nur dazu verwendet zu werden, politisches Kleingeld zu schlagen, darum erlaube ich mir heute, mich tatsächlich mit diesem Thema Aktion 40 000 zu beschäftigen. Was kann sie für Potenziale haben, was für Probleme hat sie und warum ist sie für uns nicht das Gelbe vom Ei und nicht von jedem Zweifel frei, aber dennoch überlegenswert und betrachtens­wert? Erlauben Sie mir, darauf einzugehen und ein paar Punkte zu erwähnen!

Die eine Sache ist: Wir haben tatsächlich, der Herr Minister hat es erwähnt, ein sehr großes Paket für eine Joboffensive geschnürt, das insbesondere auf Bildung, Qualifi­zierung, berufliche Umorientierung für jene Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, setzt. 100 000 sollen in diese Projekte, in diese Maßnahmen miteinbezogen werden, umgeschult werden, in den Bereichen grüne Jobs, Pflege, soziale Dienste, digitale Fähigkeiten weitergebildet werden, um eben Jobs mit Zukunft und Perspektive zu be­kommen.

Das betrifft einen Teil der Arbeitslosen, nämlich diejenigen, die noch nicht zu lange vom Arbeitsmarkt weg sind, die auch noch die entsprechende Motivation und Perspektive haben und in der Lage sind, sich tatsächlich dieser Auseinandersetzung, dieser Heraus­forderung zu stellen, diese Ausbildungsmöglichkeit in Anspruch zu nehmen. Ich denke beispielsweise an das vorbildliche Projekt der Pflegestiftung in Wien, das diese Woche vorgestellt worden ist, im Rahmen dessen 50 Millionen Euro dieser Joboffensive in die Ausbildung und Qualifizierung von Pflegekräften für die Zukunft investiert werden. Da gibt es derzeit eine Orientierungsphase, in der sich Menschen, die den Pflegeberuf annehmen wollen, einmal anschauen können: Bin ich dafür überhaupt geeignet?

Was auch sehr gut ist: Zusätzlich zu den Leistungen aus dem AMS, die sie im Rahmen dieser Ausbildung erhalten, gibt es auch noch 400 Euro als zusätzliche Bildungsprämie. Es ist also eine Ausbildung, eine längerfristige Ausbildung, gut sozial abgesichert, und genau dafür ist die Joboffensive da, genau dafür sind diese 700 Millionen Euro in diesem Paket da, und das ist gut investiertes Geld. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Wir wissen natürlich, dass diese Möglichkeiten nicht von allen in Anspruch genommen werden können. Wir wissen, dass die Langzeitarbeitslosigkeit besonders hoch ist. Es ist besonders für Langzeitarbeitslose sehr schwierig, wieder in Jobs zurückzukommen, wieder in Jobs zurückzufinden, Ausbildungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, weil Langzeitarbeitslosigkeit oft auch noch mit anderen Problemen einhergeht, mit anderen Vermittlungsproblemen, mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, und Langzeitarbeits­lose sehr oft ältere Arbeitslose sind, die oft nicht ausreichend qualifiziert sind. Diese Zahlen – es gibt aktuell circa 140 000 langzeitarbeitslose Menschen – fordern tatsäch­lich Aktivitäten, Maßnahmen, Schritte von uns, diese Menschen in Beschäftigung zurück­zuführen, denn jeder, der Arbeit haben will, soll das Recht haben, Arbeit zu bekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da ist natürlich die Frage von öffentlichen Beschäftigungsprogrammen, um diesen Men­schen eine Perspektive auf Jobs mit einem Einkommen zu geben, eine ganz zentrale, eine ganz entscheidende. Wir bewerten die Aktion 20 000 keinesfalls so negativ, wie sie hier in diesem Hause – teilweise auch seitens der ÖVP – kritisch bewertet wird. Wir sehen hier durchaus Potenziale, wenn man sich anschaut: Was waren die guten Seiten? Was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert?

Tatsächlich haben insbesondere Menschen, die über 55 waren, Menschen, die gesund­heitlich beeinträchtigt waren, wenn sie in dieser Aktion 20 000 waren, bessere Vermitt­lungsperspektiven gehabt. Im Gegensatz zu denen, die nicht in der Aktion 20 000 waren, haben 30 Prozent derjenigen, die in diesen Projekten waren, tatsächlich Jobs gefunden, eine Beschäftigung gefunden, längerfristige Beschäftigungsperspektiven gefunden. Aus der Aktion 20 000 sind auch teilweise Jobs entstanden, die weitergeführt werden, ich denke beispielsweise an die Altenbetreuung in den Kommunen in der Steiermark, aber auch in Niederösterreich.

Auf der anderen Seite gab es natürlich ein grundlegendes Problem: Die Aktion 20 000 war auf den gemeinnützigen und kommunalen Bereich beschränkt. Das heißt, wir haben in Wirklichkeit den gesamten privatwirtschaftlichen Bereich draußen gelassen, was ein großer Fehler war, und von den 20 000 Jobs, die man sich erhofft hat, keine Rede, tatsächlich waren es 3 800 (Zwischenruf des Abg. Muchitsch), die man mit Müh und Not irgendwie im Bereich der Kommunen und der gemeinnützigen Plätze zusammen­gekratzt hat.

Natürlich war auch die Zeit zu kurz, aber es war nicht so leicht, da tatsächlich etwas zu finden. Daraus müssen wir lernen, und darum sagen wir: Die Aktion 40 000 ist unserer Meinung nach zu hoch angesetzt und zu wenig zielgruppenspezifisch. Da wird alles als langzeitarbeitslos definiert, und die Maßnahmen werden nicht mehr speziell auf die Gruppen zugeschnitten, bei denen die öffentliche Beschäftigung etwas bringt – in die Richtung müssen wir aber gehen. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Darum sagen wir: Die Aktion 40 000 ist unserer Meinung nach zu wenig durchdacht, aber um über öffentliche Beschäftigung zu reden und um Maßnahmen zur öffentlichen Beschäftigung zu setzen, brauchen wir jetzt wirklich dringend entsprechende Schritte – dafür ist es höchste Zeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.