11.16

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir bringen heute zum zweiten Mal eine Ministeranklage gegen Bundesminister Anschober ein, da er durch die anhaltende Überschreitung des ihm gesetzlich eingeräumten Rahmens den Tatbestand der schuld­haften Rechtsverletzung nach Art. 142 unserer Bundesverfassung erfüllt. Er realisiert sozusagen ein Dauerdelikt.

Wir haben mittlerweile schon die 4. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung mit schika­nösen Maßnahmen ohne entsprechende Datenbasis, die dies rechtfertigen würde. Wir haben umfassende Ausgangsbeschränkungen, illusorische Abstandsvorschriften, zum Teil unzumutbare Maskentragepflichten, überdies nach wie vor die desaströse Sperre der Gastronomie und der Hotellerie und auch die weitgehende Beschränkung des Han­dels.

Die gesetzliche Ermächtigung, auf die sich der Gesundheitsminister stützt, der § 5 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, deckt diese Maßnahmen nicht oder zumindest zum allergrößten Teil nicht, denn dieser Paragraf ist keine pauschale Ermächtigung für eine völlig willkürliche, negative Maßnahmenspirale, die es ihm erlaubt, im Namen eines abstrakten Gesundheitszustandes oder einer Solidarität alles ohne näheren Rechtferti­gungsbedarf zu tun.

Der Gesundheitsminister versteht dies vollkommen falsch. Herr Vizekanzler, vielleicht können Sie ihm das ausrichten. Es reicht nicht, hypothetische Verläufe zu präsentieren oder von Variationen des Virus zu sprechen, sondern man muss Daten liefern. Die massiven Verletzungen der Grund- und Freiheitsrechte verlangen einfach eine laufende tägliche Überprüfung hinsichtlich der Zweckmäßigkeit, der Sachlichkeit, der zeit­lichen/sachlichen/persönlichen Angemessenheit jeder einzelnen Maßnahme.

Hinsichtlich dieser Grundrechtseinschränkungen ist das kein Jammern auf hohem Niveau, sondern es geht darum, dass da wirklich viele Grundrechte beseitigt werden – mit fatalsten Auswirkungen. Da geht es nicht um ein bissl Maskentragen und so weiter, sondern da geht es um eine unglaubliche Erhöhung der Arbeitslosigkeit, um einen Wirtschaftseinbruch, um psychische und gesundheitliche Schäden für die Bevölkerung, die sich dann auch nicht mit einem Schnips von einem Tag auf den anderen wieder beseitigen lassen. Aus meiner Sicht macht uns diese Form des Gesundheitsschutzes, die da durch den Minister realisiert wird, krank und pleite.

Die Bundesverfassung gibt dies aus gutem Grund verfassungsrechtlich nicht her und erlaubt dies nicht. Es ist auch gesundheitspolitisch nicht notwendig: Das Heimatbundes­land des Gesundheitsministers, der heute nicht da ist, ist Oberösterreich, so wie meines, und von einem Zusammenbruch, von einer Überanspannung des Gesundheitssystems ist keine Rede. Auch der Landeshauptmann von Kärnten, Kaiser, hat gestern erwähnt, dass es dort etwa sieben bis neun Coronapatienten auf den Intensivstationen und 70 bis 80 auf den Normalstationen gibt. Es gibt da also keinen Notstand.

Wenn dann immer wieder gesagt wird, dass die Zahlen steigen werden: Na ja, Sie haben es in der Hand! Mit dieser flächendeckenden Testpflicht, die jetzt in den Schulen, in den Betrieben eingeführt wird – sie soll jetzt auch in der Gastronomie und Hotellerie kommen –, steigen natürlich die Zahlen. Zudem haben wir Februar/März, und da sind Infektionskrankheiten etwas Normales. Man sollte also schon dazusagen, dass bei diesen millionenfachen Testungen eine Siebentageinzidenz von gut 50 allein schon auf­grund der Fehlerquote ganz normal erreicht sein sollte – es ist eigentlich niederträchtig, das nicht dazuzusagen. Wenn Gesundheitsminister Anschober dann davon spricht, dass die Inzidenz unter 50 gedrückt werden soll, dann muss man sagen, ergibt das wenig Sinn.

Herr Vizekanzler, weil Sie auch hier sind: Es wäre sehr nett und ich würde Sie darum ersuchen: Vergessen Sie nicht auf die Vereine, auf den Sport! Bitte öffnen Sie! Die Kinder und Jugendlichen sitzen seit Monaten zu Hause. Sie haben ihre Lieblings­be­schäf­tigung, ihre Lieblingsballsportarten, bitte haben Sie das im Kopf und öffnen Sie, die Kinder werden uns sonst depressiv! Es ist auch wirklich nicht gesund, wenn sie so viel zu Hause sitzen.

Die EU-Kommission nennt die Grenzsperre der Bayern zu Recht überschießend und undifferenziert. Ich muss aber dazusagen, dass das die Bundesregierung und Gesund­heitsminister Anschober provoziert haben, denn wir haben mit der innerösterreichischen Abriegelung begonnen und mit dieser Angst- und Panikmache auch innerhalb Öster­reichs diesen Schritt durch die Bayern provoziert.

Die Adjektive überschießend und undifferenziert gelten zum größten Teil aber leider auch für die Coronapolitik des Gesundheitsministers, und daher haben wir diese Minis­teranklage eingebracht. (Beifall bei der FPÖ.)

11.21

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.