13.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Keck, Ihre Bedenken sind wichtig und auch ernst zu nehmen, Sie müssen aber in der eigenen Parteifamilie beginnen. Derzeit hat Portugal den Ratsvorsitz in der Europäischen Union. Wir haben vor Kurzem im europäischen Bauernverband eine Tagung mit der portugiesischen Landwirtschaftsministerin gehabt – einer sozialistischen Regierung –, die sagt, sie wolle das Mercosur-Abkommen noch mit einer Nebenvereinbarung verhandeln. Richten Sie das also bitte auch an diese Adresse und sorgen Sie innerhalb der eigenen Parteifamilie dafür, dass der freie Handel fair und ausgewogen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Freihandel wird zunehmend kritisch kommentiert. Früher hat man nur die Vorteile gesehen, heute sind derartige Abkommen immer mehr zu hinterfragen. Die Sorge der Bevölkerung ist, dass hohe Produktionsstandards gesenkt werden, dass die Trans­parenz mangelhaft ist, dass letztendlich der Einfluss der Politik sinkt und multinationale Konzerne immer mehr bestimmen. Sie erinnern sich an die heftigen Debatten, die wir bei Ceta hatten, Debatten, die wir bei TTIP hatten und jetzt auch beim Mercosur-Ab­kommen haben. Tatsächlich ist es so, dass man sich das Mercosur-Abkommen genauer ansehen muss.

Vorausschicken möchte ich: Wir als ÖVP bekennen uns eindeutig zum Handel. Die Welt ist arbeitsteilig und globaler geworden, und entsprechend ist auch der Handel global. Österreich braucht den internationalen Handel, wir profitieren sehr stark vom Export unserer Erzeugnisse. Tausende Arbeitsplätze hängen am Export, und gerade auch in der Pandemie haben unsere Industrie und unser Export bewiesen, wie stabilisierend sie als Wirtschaftsfaktoren sind und wie Arbeitsplätze gesichert werden können.

Der Export ist für die Industrie wichtig, der Export ist in Österreich für die mittelständische Wirtschaft wichtig, aber der Export ist auch für die Landwirtschaft wichtig. Wir erzeugen in manchen Bereichen mehr Lebensmittel, als wir im Inland verbrauchen, zum Beispiel Milch: Wir erzeugen 160 Prozent Milch; 100 Prozent brauchen wir selber, 60 Prozent müssen wir exportieren. (Abg. Schellhorn: ... eh was falsch!) Wir erzeugen 140 Prozent Rindfleisch und müssen dieses Rindfleisch auch exportieren, und ich darf daran erinnern: Wir exportieren auch Biolebensmittel im großen Ausmaß, darunter Biogetreide und Biomilch. Bei den agrarischen Exporten ist gerade die Biomilch oft ein Türöffner für Exporte in die Schweiz, nach Deutschland und auch nach Übersee.

Auch der Agrarbereich ist also an fairen, ausgewogenen Exportmöglichkeiten interes­siert. Unsere Handelsbilanz zeigt es ja: Wir haben 1990 in etwa 1,7 Milliarden Agrargüter exportiert, jetzt über 12 Milliarden. Wir bringen damit auch den bäuerlichen Familien Wohlstand. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der entscheidende Punkt dabei ist aber, dass der Welthandel fair sein muss, dass er für alle Partner ausgewogen sein muss und dass globale Anliegen berücksichtigt werden müssen. Der reine Warenaustausch ist zu wenig. Derartige Abkommen müssen heutzu­tage Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entsprechen, sie müssen nachhaltig sein und den Klimaschutzkriterien entsprechen. Das sind die tatsächlichen Kritikpunkte.

Beispiel: Beim Mercosur-Abkommen ist es das Pariser Klimaschutzabkommen. Ein zentraler Punkt des Abkommens ist, dass der tropische und subtropische Regenwald nicht gerodet werden soll. Brasilien, als ein wesentlicher Teil dieses Mercosur-Abkom­mens, kümmert sich darum herzlich wenig. Sie wissen, der tropische Regenwald bindet Treibhausgase wie CO2 und setzt Sauerstoff frei. Allein seit 1990 wurden rund 400 000 Quadratkilometer tropischer Regenwald abgeholzt, das ist die Fläche von Deutschland und den Niederlanden zusammen – unvorstellbar! Im Vorjahr – also in Zeiten des Pariser Klimaabkommens – wurden entgegen internationaler Verpflichtungen in Brasilien zu­sätz­lich 11 000 Quadratkilometer Regenwald brandgerodet und abgeholzt, das ent­spricht der Fläche Oberösterreichs. Gleichzeitig werden auf diesen Flächen Agrarpro­dukte erzeugt, die dann im Rahmen des Mercosur-Abkommens nach Österreich und Europa kommen. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Das können wir nicht akzeptie­ren! Es wird Rindfleisch importiert, Geflügelfleisch, Zucker und Ethanol sollen importiert werden (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), sogar Honig soll importiert werden.

Wir als Bauern wehren uns dagegen, weil es natürlich die Landwirtschaft massiv betrifft, weil einerseits die Europäische Union im Rahmen des Green Deal die Anforderungen für die Bauern noch mehr erhöht hat. Die Farm-to-Fork-Strategie und Biodiversitäts­stra­tegie bringen zusätzliche Auflagen mit sich, und die Bauern verstehen nicht, warum sie in Österreich mehr Auflagen haben und gleichzeitig Lebensmittel zu uns hereinkommen, die diesen Standards eben nicht entsprechen.

Daher ist es wichtig, dass das Mercosur-Abkommen in der jetzigen Form nicht akzeptiert wird (Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Cornelia Ecker), dass wir schauen, wie es gerecht werden kann. – Herr Kollege Leichtfried, als Arbeitnehmervertreter müs­sen auch Sie daran interessiert sein, dass wir einen Export haben, der fair ist (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried), der ausgewogen und gerecht ist, und dafür setzen wir uns ein. (Beifall bei der ÖVP.)

13.06

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner ist der nächste Redner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.