16.30

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Volksanwälte! Liebe Damen und Herren hier im Plenarsaal! Liebe Zuseher! Wir diskutieren heute den Sonderbericht der Volksanwaltschaft über die Situation von Men­schen mit Behinderung am Arbeitsplatz, und ich möchte mich bei unseren drei Volks­anwälten besonders dafür bedanken, dass sie dieses Thema für ihren Sonderbericht gewählt haben, denn die Ausführungen der vielen Vorredner zeigen schon, dass da großer Handlungsbedarf besteht. Es freut mich, dass wir die Einigkeit aller Fraktionen gefunden haben und diesen Bericht auf die heutige Tagesordnung gestellt haben.

Die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben in den vergangenen Jahren 600 Be­suche in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung gemacht und dort Beschwerden aufgenommen, eben von den Betroffenen, von den Angehörigen, von den Experten und Expertinnen und natürlich auch von Vertretern der Einrichtungen.

Mir ist es wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, dass in diesen Einrichtungen schlecht gearbeitet wird, denn die Menschen dort sind eigentlich sehr zufrieden und haben sich positiv über die Betreuung geäußert.

Das Personal in den Werkstätten begegnet den Menschen mit großer Wertschätzung und die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben auch mehrere Einrichtungen als Best-Practice-Beispiele genannt.

Worin liegt nun das Problem? – Wir haben es schon gehört: Österreich hat sich durch die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, Menschen mit Behinderung ein Recht auf Arbeit zu gewähren, solch ein inklusiver Arbeitsmarkt ist derzeit aber nicht ver­wirklicht.

Im Berichtsjahr 2018 lag die Erwerbsquote von Menschen mit Behinderung bei 58,5 Pro­zent, bei jenen ohne Behinderung sind es um 20 Prozent mehr.

Ein Problem ist auch, dass junge Menschen mit Behinderung häufig schnell als nicht arbeitsfähig qualifiziert werden. Es ist daher dann schwierig, auf dem normalen Arbeits­markt einen Platz zu finden, sodass sie dann in Werkstätten tätig sind, wo es, wie schon angeführt worden ist, keine Entlohnung gibt, sondern nur ein Taschengeld. Damit einhergehend haben sie auch keinen Anspruch auf Krankengeld, Sozialversicherung nach dem Arbeitsrecht, Pensionsversicherung oder Maßnahmen des AMS betreffend Berufssuche.

Die Betroffenen sind von den Leistungen der Sozialhilfe beziehungsweise von Waisen­pensionen und den damit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen ab­hängig. Damit haben sie das Gefühl, nicht voll integriert und nicht wertgeschätzt zu sein.

Wir haben uns – das steht im Regierungsprogramm – vorgenommen, das zu ändern. Es handelt sich dabei um eine Querschnittmaterie, die alle Ministerien betrifft, aber auch die Länder und Gemeinden. Daher ist das ein großer Ansatz und nicht so einfach zu erle­digen.

Wir, die Regierungsparteien, haben heute den Selbständigen Entschließungsantrag be­treffend die Neuüberprüfung der Attestierung der Arbeitsfähigkeit eingebracht, der im Sozialausschuss behandelt werden wird. Es soll in Zukunft auch eine Durchlässigkeit von den Tagesstätten zum allgemeinen Arbeitsmarkt geben. Dies soll diskutiert werden.

Es ist ein erster Schritt und es ist ein wichtiger Schritt, um einen besseren Arbeits­marktzugang für Menschen mit Behinderung sowie deren gerechte Entlohnung und Ver­sicherung zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.