12.58

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Der Kampf für die Gleichstellung von Frauen und Männern in einer freien Demokratie währt seit über 100 Jahren, jener gegen Gewalt an Frauen, für mehr Rechte von Frauen noch wesentlich länger, nämlich mehrere Jahr­hunderte. Es ist eine Sisyphusarbeit, und jede neue Generation an Frauenbewegungen, von den Suffragetten bis zu Me too, fragt sich zu Recht: Wie kann es sein, dass wir diese Dinge immer noch diskutieren und bekämpfen müssen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In den letzten 50 Jahren ist zweifelsohne vieles erreicht worden – keine Frage! –, aber jede einzelne Krise – sei es die Wirtschaftskrise, sei es jetzt Corona – zeigt wieder schmerzlich, wie fragil diese Errungenschaften sind, denn jede Krise ist leider immer auch automatisch eine Krise der Frauen.

Im feministischen Diskurs reden wir oft vom sogenannten antifeministischen Backlash, von dem Phänomen, das etwas, das bereits erreicht worden ist und das eigentlich außer Frage gestellt wurde, wieder zur Debatte steht. Corona hat bedingt, dass Kindergärten nicht im normalen Betrieb, Schulen nicht im normalen Präsenzunterricht geblieben sind und dass viele Kinder im Homeschooling waren, Corona hat Homeoffice bedingt, Corona hat eine hohe Arbeitslosigkeit bedingt, von der überproportional viele Frauen betroffen sind.

Es droht – wie auch die Frauenministerin am Wochenende gesagt hat –, dass sich alte Rollenbilder wieder verfestigen, dass sich der in unserer Gesellschaft nach wie vor bestehende Automatismus, dass Frauen für die Kinder und für die Alten zuständig sind, wieder ausbreitet. Und selbstverständlich ist es unsere Aufgabe, alles daranzusetzen, dass das nicht passiert.

Wir haben innerhalb eines Jahres grüner Regierungsbeteiligung das Frauenbudget fast verdoppelt. Wir haben in der Armutsbekämpfung zahlreiche Maßnahmen gesetzt, die sicherstellen, dass Frauen, insbesondere alleinerziehende, nicht in die Armut abgleiten. Wir haben beispielsweise die Mindestpension auf 1 000 Euro erhöht. Altersarmut ist ein stark weibliches Phänomen. Wir haben mit dem FrühstarterInnenbonus eine Verän­derung im Pensionssystem erreicht, von dem, statt fast ausschließlich Männer, Männer und Frauen gleichermaßen profitieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich möchte an dieser Stelle auch etwas zu den Demonstrationen am Wochenende sagen. Herr Kollege Wurm, Sie erkennen hier keinen Zusammenhang, aber der Zusam­menhang ist evident: Überall dort, wo Antisemiten, wo Neonazis, wo Faschisten auf­marschieren, wird frauenverachtende Politik gemacht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steger: ...! Sie treiben sie in die Arbeitslosigkeit!)

Überall dort wird antifeministische Politik betrieben. Das sieht man in Polen, wo ganz stark gegen die Frauen gearbeitet wird, und das sieht man natürlich auch hier in Österreich auf der Straße. (Abg. Kassegger: Pseudotoleranz ist das!) Und selbstver­ständlich ist auch das ein Grund dafür, warum wir mit aller Vehemenz gegen die Neonazis, gegen die Faschisten auf der Straße auftreten müssen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Internationale Frauentag ist jedes Jahr zu Recht Anlass, den Finger in die Wunde zu legen, aufzuzeigen, was immer noch nicht in Ordnung ist, wie groß beispielsweise der Gap zwischen Männern und Frauen bei den Löhnen ist, auf die himmelschreiende Ungerechtigkeit hinzuweisen, dass es nach wie vor einen Unterschied macht, mit welchem Geschlecht man geboren wurde.

Ich möchte diesen Tag aber auch dazu nutzen, das Lustvolle, den Spaß an gemein­samem Engagement für Frauen, für feministische Arbeit zu betonen. Der Kampf für die Gleichstellung, gegen Gewalt, gegen sexistische Witzchen kann auch Spaß machen. Er vereint uns Frauen im Kampf gegen die Ungerechtigkeiten, er macht stark. (Abg. Steger: Man kann auch demonstrieren auf der Straße dagegen!)

Ich freue mich über jedes Mädchen, über jede junge Frau in der Demokratiewerkstatt oder die uns sonst hier im Parlament besucht, die sich vorstellen kann, Chefin oder Poli­tikerin zu werden. Ich freue mich über jedes Engagement der vielen, vielen Feminis­tinnen im Land, die sehr viele kreative Ideen haben, von den Omas gegen Rechts bis hin zu den Frauen bei Fridays for Future. Danke für dieses Engagement! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steger: Schauen Sie, wie viele Frauen am Wochenende dabei waren!)

Ich freue mich auch, dass wir heute eine Sondersitzung zu diesem Thema haben. Keine Partei kommt am feministischen Diskurs und an der Frauenpolitik vorbei, wobei manche Frauenpolitik deutlich rückschrittlich ist, insbesondere jene der Freiheitlichen Partei. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Einer der grünen Grundwerte ist aber feministisch, und das spiegelt sich in unserer täglichen Regierungsarbeit wider. Für uns ist 365 Tage im Jahr Frauentag. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker. – Abg. Deimek: ...! Wie im Kindergarten!)

13.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.