14.37

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Frauen in der Krise werden – wie heute auch – oft als unsichtbare, heimliche Heldinnen gesehen. Eine Heldin zu sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat aber seinen Preis. Diesen Preis zahlen Frauen jeden Tag, und zwar mit unbezahlter Arbeit. Kinderbetreuung, Pflege­arbeit, Hausarbeit: Die sogenannte Carearbeit liegt nach wie vor bei der Frau, und was das ökonomisch bedeutet, hat mein Kollege schon ausgeführt.

Die Coronakrise ist wie ein Vergrößerungsglas, das schon lange davor bestehende Probleme radikal aufzeigt. Kinderarmut, Armutsgefährdung von Alleinerzieherinnen, der mühsame Balanceakt, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, die doppelte und dreifache Arbeit, die zu Hause verrichtet werden muss: Das sind keine neuen Themen. Das sind Themen, die schon lange vor der Krise da waren. Das waren Ver­säumnisse der vorherigen Politik, die Corona jetzt drastisch offengelegt hat.

2008 war im Regierungsübereinkommen beispielsweise schon die Rede von der Schließung der Unterhaltslücke. Bis jetzt wurde diese – übrigens auch von der SPÖ – nicht geschlossen. Es reicht nicht mehr aus, dass man einfach nur Presseaussendungen verschickt oder Frauenforderungen beklatscht, sondern man muss Maßnahmen um­setzen. Eine ernsthafte Frauenpolitik wird an den Maßnahmen gemessen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind seit einem Jahr dabei, die größten Härten abzufedern, vor allem für die Familien, weil die Familien besonders von der Krise getroffen worden sind. Wir wissen, dass es, wenn Familien in die Armutsfalle treten, durchschnittlich vier Generationen und sehr viel Kraft braucht, bis sie wieder herauskommen. Darum haben wir beispielsweise Maß­nahmen wie die doppelte Familienbeihilfe, den erleichterten Zugang zum Unter­halts­vorschuss und den Familienhärtefonds, der immer wieder aufgestockt wurde, gesetzt. Jetzt beschließen wir bald ein umfangreiches Familienbudget von 178 Millionen Euro, das vor allem den Alleinerzieherinnen zugutekommt. Ich glaube, diese Maßnahmen müssen wir uns nicht schlechtreden lassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Es ist klar, dass es noch viel zu tun gibt. Wir sind noch nicht am Ende. Im Gegenteil! Unser Kampf gegen Frauenarmut, unser Kampf für eine bessere Absicherung für Fami­lien hat erst begonnen. Wir werden jetzt neben den schnellen kurzfristigen Hilfen, die es jetzt gerade braucht, auch langfristige nachhaltige Verbesserungen schaffen. Einen ersten Schritt haben wir beispielsweise – Sie erinnern sich – mit der Kinderkostenstudie gesetzt, die lange verschlafen wurde. Jetzt können wir die finanzielle Situation von Fa­milien nach 57 Jahren endlich neu bewerten. (Beifall bei den Grünen.)

Genauso sind wir auch dabei, Lösungen zu finden, um beispielsweise die Unterhalts­lücken endlich zu schließen. Politik für Frauen, Politik für Alleinerzieherinnen, Politik, die die Armut von Kindern und Frauen verhindert, waren immer grüne Kernanliegen und werden immer grüne Kernanliegen sein. Dafür setzen wir uns jeden Tag hier ein und wir werden nicht lockerlassen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluss noch zum 8. März: Dass ich hier als junge Frau stehen kann und dass ich mich Tag für Tag für politische Verbesserungen einsetzen darf, ist keine Selbstver­ständ­lichkeit. Darum gilt mein Dank all jenen großartigen Frauen, die dafür gekämpft haben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Wir haben heute schon Geschichten von Frauen gehört, die Vorkämpferinnen, Vorreite­rinnen waren. Nicht alle Geschichten werden oder wurden abgedruckt, aber alle Ge­schichten haben uns weitergebracht. Ich glaube, heute gilt einmal mehr: Feminismus verbindet Menschen, Geschlechter und Generationen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

14.42

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.