11.25

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Angehörige der Universitäten, die Sie zuschauen! Kollegin Martina Künsberg hat, glaube ich, sehr klar erklärt, warum wir dieser UG-Novelle in ihrer Gesamtheit nicht zustimmen können.

Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, im Ausschuss waren ExpertInnen, mit denen wir diskutiert haben: Ich habe das auch sehr genossen, aber ich muss sagen, wenn ich mich daran noch einmal zurückerinnere, Begeisterung habe ich dort auch nicht gespürt, auch nicht bei denen, die von den Regierungsparteien nominiert waren. Es sind die Worte „kleine Schritte“ und „symbolisch“ gefallen, und auch das Wort „mutlos“ habe ich gehört.

Das, was mir abgeht, ist das Verständnis dafür, dass Universität universitas ist, nämlich die Gesamtheit der Wissenschaft. Es ist ja mit einem Bundeskanzler, der sagt, sieben Wissenschafter haben zehn Meinungen, schwierig, denn er hat das Wesen der Wissen­schaft offenbar nicht erkannt. Natürlich geht es um Ausbildung. Es geht um Ausbildung – und ich scheue mich nicht davor, das Wort zu sagen –, um Ausbildung von Eliten an unseren Universitäten. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen Forscherinnen und Forschern – auch Österreichern, Österreicherinnen –, die in der Pandemie auch bei ganz wesentlichen Punkten mitgearbeitet haben. Ja, wir haben gute Leute, darüber sind wir uns eh einig, aber in die Zukunft fortgeschrieben sehe ich das nicht.

Was ich schon gar nicht sehe, ist diese Universitas, nämlich das Verständnis dafür – und das muss an Universitäten verbreitet werden –, wie sich die Gesellschaft gerade verän­dert.

Wir haben hier auch manchmal schon über künstliche Intelligenz gesprochen, und die wird unser Leben massiv verändern. Was hat das denn für Auswirkungen? Das ist ja deutlich mehr als Technik, das ist mehr als Mathematik, das ist Verständnis für das Le­ben, das ist Verständnis für das Zusammenleben. Ich erwarte mir, dass darüber auch an der Universität gesprochen wird.

Ich erwarte mir auch – ich weiß, das gehört nicht ganz hierher, aber ich sage es trotz­dem – mehr Geld. Es braucht natürlich mehr Geld. Da alle, die vom FWF, also vom Wissenschaftsfonds, Geld bekommen, sagen, es ist zu wenig für Grundlagenforschung da, brauchen wir auch dahin gehend Verständnis: Grundlagenforschung heißt, dass Menschen sehr gescheit nachdenken. Da wird nicht gleich ein Produkt daraus, aber es werden dann großartige Produkte daraus. Und da sind wir einfach zu geizig. (Befall bei den NEOS.) – Danke schön.

Vielleicht aber noch einmal zu diesem Punkt, was es heißt, dass wir die Gesellschaft als ganze verstehen müssen: Künstlerinnen und Künstler, Wissenschafterinnen und Wis­senschafter spüren ein bisschen mehr, und Universitas, Universität ist der Platz, wo man auch darüber redet.

Sie, Herr Bundesminister, haben Karl Popper genannt. Sie sind ein Homme de Lettres, habe ich schon einmal gesagt, deswegen kennen Sie natürlich auch Stefan Zweig. Er ist ein anderer aus diesem Land Vertriebener, der es Gott sei Dank geschafft hat und dann woanders leben konnte. Ich lege Ihnen wirklich ganz dringend ans Herz (das genannte Buch in die Höhe haltend): Lesen Sie dieses Buch, lesen Sie „Die Welt von Gestern“! Es ist aus vielen, vielen Gründen so faszinierend, und jede einzelne Seite ist faszinierend. – Frau Kollegin Fürst, Sie wissen es.

Warum? – Besonders faszinierend war für mich die Beschreibung des Gefühls um das Jahr 1910 herum: neue Wissenschaft, Aufbruchstimmung, den Leuten ist es immer bes­ser gegangen. Natürlich: Wir haben gerade eine Pandemie, aber auch bei uns werden wir sehen, dass wissenschaftlicher Fortschritt kommt. Das alleine ist es aber nicht: We­nige Jahre nachdem Stefan Zweig Europa beschrieben hat – „nie war Europa stärker, reicher, schöner“ –, hat das weltweite Völkerschlachten begonnen.

Was heißt das? – Dass wir Situationen begreifen müssen, dass wir verstehen müssen, in welcher Welt wir jetzt leben, und dafür haben wir die Universitäten, dort muss das diskutiert werden. Ich habe aber leider nicht das Gefühl, dass unsere Politik – in dem Fall unsere Regierungspolitik – das vermittelt. Und ich würde appellieren: Reden wir da­rüber! Reden wir darüber, wie sich die Welt verändert, wie die Menschen das verstehen können, und öffnen wir dafür auch die Universitäten!

Einerseits bedarf es Ausbildung, aber auch wirklich mehr Geld vor allem für Grundlagen­forschung, andererseits bedarf es einer Öffnung der Universitäten, dass möglichst viele Menschen verstehen, in welcher Welt wir gerade leben und in welcher wir vielleicht in ein paar Jahren leben werden. Darüber würde ich auch gerne diskutieren – mit den Stu­dierenden sowieso.

Als ehemaliger ÖH-Vorsitzender der Uni Wien sage ich auch: Gehen Sie von 18. bis 20. Mai wählen, denn Sie müssen selber dafür sorgen, dass diese Welt von morgen, eure Welt, eine gute wird! Da dürft ihr euch nicht auf uns alle hier verlassen, dafür müsst ihr selber kämpfen, und dafür wünsche ich euch alles Gute! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kaufmann. – Bitte.