14.32

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir beschäftigen uns hier mit drei Anträgen, die alle in die gleiche Richtung gehen: Sie geben vor oder sie versuchen, die Meinungsfreiheit zu schützen. Das ist uns allen ein wichtiges Anliegen. Daher ist die berechtigte Frage: Warum stimmen wir diesen Anträgen nicht zu, warum unterstützen wir sie nicht?

Es ist so: Wir haben ja gerade das Informationsfreiheitsgesetz in die Begutachtung ge­bracht, und dieses Informationsfreiheitsgesetz ist ein wesentlicher Teil des Gesetzespa­ketes gegen Hass im Netz. Wir haben die Entscheidung getroffen, die in diesem Bereich immer zu treffen ist, nämlich dahin gehend, was passiert, wenn jemand etwas Rechts­widriges sagt, mit dem er die Rechte anderer verletzt. Dafür hat der Staat zwei Mög­lichkeiten: Die eine ist, er kann passiv bleiben, kann zuschauen, bis das Opfer sein Recht vor Gericht erstritten hat und die rechtswidrigen Inhalte gelöscht werden. Die Alternative ist, er verlangt eine Handlung, er verlangt, den rechtswidrigen Inhalt zu löschen. Auf den ersten Blick klingt es tatsächlich so, als würde das nicht viel Unterschied machen, aber es macht einen riesengroßen Unterschied für die Opfer. Es ist nämlich genau der Un­terschied zwischen Sich-wehren-Können und Zusehen-Müssen, wie Hasspostings wei­terverbreitet werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Unterschied bedeutet für die Opfer von Hass im Netz nicht selten, entweder weiter mit Anfeindungen, mit Schmähungen, mit Beschimpfungen und mit Beleidigungen zu leben oder – wenn die rechtswidrigen Inhalte verschwinden – wieder frei leben und sich in der virtuellen genauso wie in der realen Welt frei bewegen zu können. Diese Postings bleiben ja nicht im Netz, sie sind ja mit der Person verbunden. Die Person ist Menschen bekannt, hat Freunde, hat eine Familie, hat ein Umfeld, und sie alle lesen das. Deshalb ist es wichtig, dass diese Postings so schnell wie möglich aus dem Netz verschwinden.

Wir haben uns für den Weg des größtmöglichen Opferschutzes entschieden. Deshalb nehmen wir die Plattformen in die Pflicht. Wir verlangen von den Plattformen, diese Postings so rasch wie möglich zu entfernen. Schränken wir damit die Meinungsfreiheit ein? – Nein, die Meinungsfreiheit ist genau so konzipiert; unser Staatsgrundgesetz hat sie genau so konzipiert. Die Meinungsfreiheit umfasst keine rechtswidrigen, keine belei­digenden, keine hetzerischen Botschaften. Das ist nicht Teil der Meinungsfreiheit. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das hat auch nichts mit Zensur zu tun. Es entscheidet nicht darüber, welche Meinungen man gut oder schlecht findet. Es geht einzig und alleine darum, den Opfern größtmöglichen Schutz zu gewähren, die Tä­ter in die Pflicht zu nehmen und die Plattformbetreiber diese Pflicht erfüllen zu lassen.

Wir haben uns für den Weg des Opferschutzes entschieden, trotzdem haben wir Mecha­nismen vorgesehen, die sicherstellen, dass es da zu keiner überschießenden Regulie­rung kommt. Dazu wird es Rechtsprechung geben. Diese Rechtsprechung werden wir genau beobachten und uns genau ansehen. Wir schauen mit einem Blick nach Brüssel auch schon neugierig darauf, was mit dem Digital-Services-Act gelingen wird. Was wir aber nicht fortwährend anschauen wollen, sind Timelines voller Hasspostings – und dafür haben wir uns mit dem Informationsfreiheitsgesetz entschieden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.36

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Dr. Harald Troch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.