19.05

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Lie­bes Plenum! Ich beginne heute mit einem Zitat, es beginnt wie folgt: „Meine Tochter lacht nicht mehr, ist nicht mehr so fröhlich wie früher“. – Dieses Zitat von einer Mutter über ihre Tochter findet sich in der neuen Volkshilfe-Studie, von der wir heute schon oft gehört haben, die sich ganz konkret mit der Frage beschäftigt: Wie geht es Kindern in Öster­reich, die von Armut betroffen sind?

Die Ergebnisse dieser Studie sind im wahrsten Sinne des Wortes herzzerreißend. Die Kinder sind trauriger, die Kinder sind einsam, die Kinder schlafen schlechter (Ruf bei der ÖVP: Na geh!) und sie haben unglaublich große Sorgen: erstens Sorgen, dass sie in der Schule einiges nicht schaffen werden, zweitens Sorgen, dass das Geld ganz einfach nicht reicht.

Egal, wie klein ein Kind noch ist, es kann gar nicht sein, dass es nicht spürt, wenn die Familienkasse am Ende des Monats ganz einfach leer ist. Ein Kind in der Studie hat es mit „Toastbrotzeit“ benannt. Das ist die Zeit am Ende des Monats, in der das Geld nicht mehr für genügend Lebensmittel reicht und in der es dann zu Hause immer nur Toastbrot gibt – im Übrigen in einem der reichsten Länder dieser Welt, mitten in Österreich. Mit dieser Rede will ich gar nicht Betroffenheit erzeugen, will ich gar keine Bestürztheit in diesem Saal spüren, sondern eigentlich zum Handeln auffordern. (Beifall bei der SPÖ.)

Es liegen heute drei Anträge vor, die den Familienhärtefonds betreffen und die allesamt von den Regierungsfraktionen niedergestimmt werden – das ist nämlich der Fonds, bei dem Familien ansuchen können. Für alle, die jetzt vielleicht zu Hause zuschauen und sich nicht ganz auskennen: Das ist der Fonds, bei dem man ein Mal ansuchen kann und bei dem man dann für drei Monate Unterstützung bekommt – dann ist Sense. Wir haben jetzt ein Jahr Pandemie hinter uns. Wissen Sie, was die Familien, die da einmal für drei Monate angefragt haben, im nächsten Jahr Pandemie bekommen? – Nichts mehr. Und die Anträge – Antrag der NEOS, der FPÖ, der SPÖ, der Opposition –, die sagen: Bitte ändern wir das doch, die Pandemie gibt es immer noch!, werden heute niedergestimmt.

Da muss ich schon sagen: Dieses Mantra „Koste es, was es wolle“, das Sie immer wieder vor sich hertragen – auch heute muss ich es wieder auf den Punkt bringen –, gilt an­scheinend immer nur für die Spender und Spenderinnen an die ÖVP, aber nicht für diese Kinder, bei denen es am Ende des Monats ganz einfach nicht mehr für Lebensmittel reicht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard.)

Ich weiß schon, Sie werden jetzt sagen: Wir reagieren ja eh, es gibt diese Einmalzah­lung! – Diese Einmalzahlung ändert aber nichts am System. Ganz viele Kinder sind von Armut betroffen, weil ihre Eltern arbeitslos sind. Erhöhen Sie das Arbeitslosengeld, das würde ganz vielen Kindern in diesem Land tatsächlich helfen!

Ein allerletzter Satz, weil Kollegin Kugler gerade davon gesprochen hat, dass die Fa­milien ja jetzt „in den Genuss“ kommen, den Familienhärtefonds anzufragen, „in den Genuss“ kommen, diesen Härtefallfonds anzufragen: Das steht ihnen ja doch wohl zu! Da sieht man schon, von welchem Gesichtspunkt Sie hier tatsächlich auf diese Familien blicken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09