19.20

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist vollbracht: Mit dem heutigen Beschluss erfolgt keine Anhebung von Kategorie- und Richtwertmieten mit dem 1. April 2021; davon sind circa 750 000 Haushalte, mehr als eine Million Mieterinnen und Mieter, betroffen. Auch die Verwaltungshonorare, die ja in den Betriebskosten inkludiert sind, werden nicht ange­hoben.

Das basiert auf einer Initiative der SPÖ, die aufgegriffen wurde. Zum Beispiel zahlt jetzt ein Mieter in Wien in einer Altbauwohnung mit 80 Quadratmetern 185 Euro pro Jahr we­niger, in Vorarlberg werden das für die gleiche Wohnung 280 Euro pro Jahr sein. (Abg. Loacker: ... die Richtwertwohnungen in Vorarlberg!) Das ist sehr erfreulich, aber ab­grundtief traurig ist, dass die Bundesregierung da sonst nichts auf die Beine stellen will und kann. Die Probleme im Wohnbereich sind sehr groß und oft existenziell.

Vor Corona waren 380 000 Menschen mit den Wohnkosten überfordert, überlastet, weil sie mehr als 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens für das Wohnen ausgeben muss­ten; jetzt – Zehntausende Arbeitslose, Hunderttausende in Kurzarbeit Befindliche spä­ter – ist die Situation noch wesentlich erdrückender. Zu lange haben die Regierungspar­teien versucht, ein Zustandekommen einer Sitzung des Bautenausschusses zu verhin­dern, und in der ersten Sitzung des Bautenausschusses dieser Legislaturperiode ist es dann auch geplatzt: Die ÖVP und die Grünen arbeiten nicht einmal an einer Wohn­rechtsreform!

Die Begründung dafür ist: Man will zuerst mit den Bürgern reden, Bürgerräte einberufen, dann mit den Expertinnen und Experten reden – und das alles geht nicht wegen Corona, weil die Gespräche und Versammlungen gar nicht stattfinden können. Ich kann Ihnen aber sagen, was die Mieterinnen und Mieter sagen; die sagen: Die Mieten sind zu hoch! – Die Experten sagen: Die Vorschläge liegen auf dem Tisch; es muss endlich ge­handelt werden, es braucht eine politische Entscheidung! – Werte Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien, bitte verhandeln Sie ein einheitliches Mietrecht für alle Österreicherinnen und Österreicher!

Wie geht es den Menschen, deren Leben wegen der Coronakrise in Schieflage geraten ist? Stabilisieren Sie diese MieterInnen! Schützen Sie den Wohnungsmarkt vor unnöti­gen Turbulenzen! Wie das geht, kann ich Ihnen sagen: mit dem von der SPÖ und der Mietervereinigung vorgeschlagenen Sicher-Wohnen-Fonds, der einzurichten wäre.

Und was ist mit den leidigen Mietstundungen, die im Vorjahr beschlossen wurden? (Abg. Steinacker: Die wolltest du doch!) – Auch da ist keine Lösung auf dem Tisch, denn da sind dann vier Monatsmieten fällig und 4 Prozent Verzinsung dazu. Wir sind für eine Verlängerung dieser Stundungen, aber nicht, weil wir das als Lösung ansehen, sondern weil wir damit für die Regierung Zeit gewinnen, um an einem Fonds für die Mieterinnen und Mieter zu arbeiten.

Während der Coronakrise ist die Inflation um circa 1,5 Prozent gestiegen, die Mieten sind um 4,1 Prozent gestiegen, die Preise für Eigentumswohnungen um 7 Prozent. Es stehen circa 50 000 Kündigungen und Räumungsklagen an, und heuer drohen de facto 19 000 Delogierungen, die auch wirklich zum Tragen kommen, das heißt, die Menschen verlieren ihre Wohnung. Und was passiert mit dem Heer der Wohnungslosen?

Einige machen Gewinne, aber die drohende Wohnungslosigkeit lässt viele in der Regie­rung anscheinend kalt. Aus diesem Grund bringe ich einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Ent­lastungen für Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat baldigst eine Regierungsvorlage vorzulegen, die rasch auf die drin­gendsten Probleme der Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Pandemie eingeht und insbesondere folgende Maßnahmen vorsieht:

- eine weitere Fristverlängerung bei Mietstundungen

- die Schaffung eines Mietausfallsfonds zur Unterstützung von in Not geratene Mieterin­nen und Mieter durch die COVID-19-Pandemie

- im Jahr 2021 auslaufende befristete Mietverträge können auf Wunsch des Mieters um ein Jahr verlängert werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Mag. Ruth Becher,

Genossinnen und Genossen

betreffend weitere Entlastungen für Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Krise

eingebracht am 24. März 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 17, Bericht des Aus­schussses für Bauten und Wohnen über den Antrag (1368/A) der Abg. Johann Singer, Mag. Nina Tomaselli, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem zur Linderung der Folgen der COVID-19-Pandemie bei den Wohn­kosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (Mietzinsrechtli­ches Pandemiefolgenlinderungsgesetz – MPFLG)

Die Aussetzung der gesetzlich vorgesehenen Erhöhung der Richtwert- und Kategorie­mieten mit 1. April 2021 ist zwar ein wichtiger Schritt zur Entlastung der Mieterinnen und Mieter, doch die seit einem Jahr laufende COVID-19-Krise verlangt noch mehr Maßnah­men im Wohnungsbereich, da die österreichischen Wohnungshaushalte stark unter Druck stehen.

Wie in der medialen Berichterstattung der ersten beiden Märzwochen ersichtlich, haben 38 Prozent der Haushalte mit finanziellen Einbußen zu kämpfen. 17 Prozent der betroffe­nen Haushalte können ihre Fixkosten nicht mehr stemmen; das sind rund 500.000 Haus­halte mehr, als noch im Oktober 2020. Die meisten davon sind Haushalte mit Kindern.

Mit 31. März 2021 laufen die Maßnahmen für gesetzliche Fristverlängerungen aus, wie etwa die Mietstundungen, die bislang nicht verlängert wurden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat baldigst eine Regierungsvorlage vorzulegen, die rasch auf die drin­gendsten Probleme der Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Pandemie eingeht und insbesondere folgende Maßnahmen vorsieht:

•           eine weitere Fristverlängerung bei Mietstundungen

•           die Schaffung eines Mietausfallsfonds zur Unterstützung von in Not geratene Mieterinnen und Mieter durch die COVID-19-Pandemie

•           im Jahr 2021 auslaufende befristete Mietverträge können auf Wunsch des Mie­ters um ein Jahr verlängert werden.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Philipp Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.