Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Guten Morgen, Herr Vizekanzler! Es freut mich ganz besonders, Sie heute Morgen zu treffen. Sie haben sich ja intensiv auf diese Fragestunde, auf diese schwierigen Fragen vorbereitet.

Nun reden wir über die Kunst- und Kulturbranche, und es geht auch in meiner Frage um diesen, in anderen Bereichen würde man sagen: Braindrain, also diesen Talent- und Kompetenzverlust, und das ist besonders besorgniserregend, weil es die Kunst- und Kulturbranche, genauso wie den Tourismus, am meisten getroffen hat, und solange es keine klassische Teststrategie – auch mit Eingangstests – gibt, solange diese Bereiche auch nicht geöffnet werden können, hat das zur Folge, dass die Kunst- und Kulturschaf­fenden auch keinen Job haben, abwandern oder sich andere Bereiche suchen, die halt nichts mit Kunst und Kultur zu tun haben.

Daher ist meine Frage:

57/M

„Wie stellen Sie sicher, dass nach der Krise die heterogene Kulturbranche mit all ihren Beschäftigten und Kulturschaffenden Lösungen angeboten bekommt, die dazu führen, dass der Talent- und Kompetenzverlust so gering wie möglich bleibt?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Geschätzter Herr Abgeordneter! Die Gefahr besteht durchaus, aber auch da ist es so, dass ja zunächst einmal das Überbrücken und Helfen in der gegenwärtigen Situation vielleicht dazu führen, dass nicht zu breit eintritt, was Sie zu Recht befürchten. Da sind die Maßnahmen, glaube ich, durchaus herzeigbar und gut vertretbar. Ich denke an die diversen Fonds, wie eben – der heißt ja schon so – den Überbrückungsfonds oder den Covid-Hilfsfonds im Rahmen der Künstlersozialversiche­rung. – Das sind sozusagen die Maßnahmen in der Überbrückungsphase.

Natürlich wird es auch dann, wenn es wieder aufwärts geht, Beiträge brauchen, damit man dort anknüpfen kann. Auch da gibt es verschiedene Förderanreize und Neustartpa­kete, die jeweils durchaus im zweistelligen Millionenbereich dotiert sind, die da zum Ein­satz kommen sollen. Letztlich verspreche ich mir auch von dem angesprochenen Fair­nessprozess eine Möglichkeit dahin gehend, dass die Behaltequote oder die Rückhol­quote in diesem Bereich durchaus steigt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Es geht ja nicht nur darum, dass man ein­zelne Personen oder Kunst- und Kulturschaffende fördert, sondern wir brauchen auch den Raum. Ist das in irgendeiner Strategie, in der Kunst- und Kulturstrategie mitumfasst, dass auch Raum zur Verfügung gestellt wird, um diese Talente wieder zum Blühen zu bringen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ja, durchaus. Also zunächst einmal gibt es ja noch eine gewisse Überbrückungsphase, und auch da soll schon mit einerseits kreativen Fördermitteln dazu beigetragen werden, aber es sollen auch die Kreativen selber angelockt oder he­rausgefordert werden, in den nächsten Wochen und Monaten bestimmte, im wahrsten Sinne des Wortes zur Verfügung gestellte Räume zu nützen, das heißt, Aufführungen im Freien verstärkt zu machen oder auch die Streamingdienste entsprechend zu nüt­zen – damit haben wir im Sport schon hervorragende Erfahrungen gemacht –, sodass sich die Talente sozusagen präsentieren können und auf der anderen Seite entspre­chende Abnehmerinnen und Abnehmer in Form von Zuseherinnen und Zusehern gefun­den werden können.

Das ist natürlich, wie ich meine, nicht nur eine Wertschätzung an sich, sondern kann durchaus dazu führen, dass da auch auf, wenn man so will, ökonomisch-sozialer Basis eine Bindung besteht, aufrechterhalten wird oder überhaupt erst eingeleitet wird.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Hamann, bitte.

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Vizekanzler, du hast jetzt schon zweimal den Fairnessprozess erwähnt, den die Staatssekretärin im vergangenen Herbst angestoßen hat. Da diskutieren ja Bund, Länder, Interessenvertre­tungen verschiedene Maßnahmen, wie man die Arbeitssituation freischaffender Künstler und Künstlerinnen verbessern kann.

Welche konkreten Ziele hat dieser Fairnessprozess und wie sollen sie erreicht werden? Vielleicht könntest du das noch ein bisschen genauer ausführen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Tatsächlich war es ja so, dass über mehrere Regierungsprogram­me hinweg schon der Fair-Pay-Gedanke verankert wurde. Ich glaube, die Frau Staats­sekretärin hat eine sehr sinnvolle Ausweitung vorgenommen, sodass zwar die Bezah­lung immer noch eine zentrale Frage ist und die Bedingungen darum herum bei entspre­chenden Engagements, aber dass auch von der Seite her betrachtet wird, wie überhaupt die auch aus anderen Gründen verursachte prekäre ökonomische Situation verbessert werden kann. Und da gibt es das Ziel, das insgesamt kollegialer, wenn man so will – in unserer Sprache –, solidarischer zu gestalten und die Branche insgesamt und damit auch die einzelnen Akteure, Akteurinnen resilienter zu machen.

Momentan gibt es da beispielsweise einen durchaus sehenswerten oder anerkennens­werten Schwerpunkt durch die portugiesische Ratspräsidentschaft, was auch die Ziel­verfolgung betrifft.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Brand­stötter. – Bitte.

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Guten Morgen, Herr Vizekanzler! Zum Forschungsprojekt Restart-19 – das ist ein sehr großes Forschungsprojekt, im Au­gust 2020 wurden in Leipzig ja riesige Datenmengen erhoben. Es wurde auch Evidenz geschaffen, wie man Veranstaltungen sicher machen kann.

Einige der zentralen Punkte sind zum Beispiel: Veranstaltungshäuser benötigen eine Belüftungstechnik, die eine gute Belüftung und einen regelmäßigen Luftaustausch mit frischer Luft ermöglicht. Sinnvoll ist auch die Erstellung eines Bewertungssystems für eine adäquate Raumlufttechnik. Es braucht Hygienekonzepte, die weiterhin angewendet werden, wie Maskenpflicht in der Halle, und Hygienestewards, die zur Einhaltung der Standards beitragen. Weiters: einen Bestuhlungsplan, eine entsprechende Gästezahl. Der Zugang zu einem Veranstaltungsort sollte über mehrere Eingänge erfolgen, um Be­sucherströme zu lenken, und die Wartezonen sollten ins Freie verlagert werden. Das sind einige der Punkte, die das Ergebnis dieses Projekts sind.

Meine Frage lautet: Warum wird dieser wissenschaftlichen Evidenz durch Studien, in diesem Fall eben Restart-19, nicht Rechnung getragen, indem man bestuhlte Kulturver­anstaltungen mit geringer Kapazität ermöglicht?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, danke für das Einbringen und Aufzeigen, was es da alles gibt. In der Tat gibt es ja in mehreren europäischen Ländern vertiefende Studien – Österreich hat das in anderen Bereichen gemacht –, und daraus sollten wir durchaus Nutzen ziehen, insbesondere aus jenen der Bundesrepublik Deutschland. Das wird auch bewertet und verarbeitet; es soll und wird genau in die Rich­tung gehen, wie Sie gesagt haben.

Das wird auch zu diesen Konzepten führen, dass man mit einer bestimmten Sitzordnung, mit Maske und mit den Eintrittstests vorgehen kann. Und in der gesteigerten Form, das ist aber noch nicht endgültig durch, kann man natürlich differenzieren, dann aber nicht nach Quadratmetern, sondern Luftkubatur, Abluftsystem und allem, was Sie treffend an­geführt haben.

Ich habe nicht das Gefühl, dass man da jetzt noch die Eulen ins Gesundheitsministerium tragen muss. Das ist dort vorhanden, allerdings wird es dann noch darauf ankommen, dass wir den richtigen Zeitpunkt festlegen, wann wir die nächsten Schritte gehen kön­nen – aber wenn indoor möglich ist, dann ist das ein vernünftiges Konzept, und das wird als Erstes wohl dabei sein sollen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 6. Anfrage, 50/M, stellt Herr Abgeordneter Schmidhofer. – Bitte.