11.57

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Wir haben ja heute schon einige Beispiele gehört, die verdeutlichen, warum wir eine Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch brauchen. Ich möchte noch ein Beispiel hinzufügen, um zu verdeutlichen, wie oft es pas­siert, dass Menschen auf vielerlei Art und Weise und teilweise auch vor den Augen der Öffentlichkeit missbraucht werden.

Ich spreche in dem Fall von Otto Muehl. Otto Muehl – wer ihn nicht kennt – hat in den Siebzigerjahren eine WG, eine Kommune in der Praterstraße im 2. Bezirk gegründet. Geendet hat sein Projekt als Sekte mit bis zu 600 Menschen im Burgenland in der Parn­dorfer Heide am Friedrichshof.

Über Jahre war Muehl ein gefeierter Vertreter des Wiener Aktionismus und hat aber in­nerhalb seiner selbst geschaffenen Kommune schlimmsten Missbrauch – auch sexuel­len Missbrauch – betrieben. Er hat andere Menschen gedemütigt, er hat Minderjährige sexuell misshandelt und missbraucht und wurde dann 1991 endlich zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, unter anderem aufgrund von Unzucht mit Minderjährigen bis hin zu Vergewaltigung. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Wieder draußen war aber auf die Buddys in der Kunstszene schon Verlass. Claus Pey­mann hat ihn gleich zu einer Lesung ins Burgtheater eingeladen und Noever, damals Direktor des MAK, hat die erste von zwei Ausstellungen mit ihm kuratiert, organisiert. Auf der Website des MAK heißt es heute noch zu dieser Ausstellung: „Otto Mühl, Mitbe­gründer des Wiener Aktionismus und Gründer des sozialsexuellen utoptischen Projektes ‚Kommune Friedrichshof‘, wurde durch die österreichische Justiz zu sieben Jahren Ge­fängnis verurteilt. Die Ausstellung ‚Otto Mühl 7‘ zeigt seine Reise durch diese siebenjäh­rige kreative Staatsklausur.“

Kreative Staatsklausur als Umschreibung für Gefängnisstrafe, unter anderem wegen der Vergewaltigung Minderjähriger, auf der Website eines Bundesmuseums: Das zeigt, dass da eigentlich niemand die Opfer im Blick hat. Das scheint weder damals noch heute der Fall gewesen zu sein.

Wenige Jahre später hat dann übrigens Noever eine weitere Ausstellung, eine Soloaus­stellung mit Muehl kuratiert – Einzelausstellungen sind in den Bundesmuseen ja der Olymp, die Werke des Künstlers werden noch wertvoller, noch teurer – und auch da gab es kaum eine Debatte, außer von einigen wenigen Menschen, die sich aufgeregt haben, denen aber niemand zugehört hat.

Niemand hat die missbrauchten Menschen der Kommune im Blick gehabt, und niemand hat den Direktor gefragt, ob das alles eigentlich sein Ernst ist. Da halten dann die mäch­tigen Männer doch zusammen. Kulturstaatssekretär war damals übrigens Schizopunk Franz Morak.

Das führt mich auch zum Resümee: Künstlerische Genies gibt es viel weniger häufig, als wir eigentlich glauben. Menschen, die ihre Machtposition missbrauchen, gibt es deut­lich häufiger, und noch häufiger gibt es Menschen, die das ermöglichen, die verharmlo­sen und wegschauen oder vertuschen. Deshalb ist die Vertrauensstelle gegen Macht­missbrauch extrem wichtig, und ich freue mich, dass sie kommt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.00

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMag. Dr. Agnes Totter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.