17.54

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ja, zwischen 8 000 und 18 000 Frauen sind von diesem grausamen Ritual der Genitalverstümmelung auch in Österreich betroffen, schätzt Saama. Zahlen, Daten, Fakten gibt es ja bis dato nicht; das soll sich ab heute ändern.

Für Deutschland gibt es Zahlen. Im Jahr 2017 waren dort 50 000 Frauen und im Jahr 2020 68 000 Frauen von FGM betroffen. Schon aufgrund dieser Zahlen muss man davon ausgehen, dass auch in Österreich die Zahlen weit höher sind als geschätzt.

Seit 1. Jänner 2020, Herr Minister, gibt es eine Meldepflicht für den Fall, dass ein Kran­kenhaus im Rahmen einer Geburt feststellt, dass die Mutter genitalverstümmelt ist. Dazu haben wir im Ausschuss gehört, und das wurde uns auch bestätigt, dass diese Meldung an die KJH-Träger der Länder erfolgt und bis dato nicht an Ihr Ministerium weitergeleitet wird. Ich denke, das wäre unbedingt nachzuholen. Es braucht eine Statistik, es braucht eine Erfassung der Opfer und es braucht auch eine Erfassung, inwieweit es rechtliche Folgen gibt, denn es ist glasklar seit 2013 ein Straftatbestand.

Diesen Verletzungen sind kleine Mädchen und junge Frauen hilflos und machtlos aus­geliefert. Es ist ein grausames Ritual, das seine Wurzeln nicht in Österreich hat. FGM ist aufgrund der Zuwanderung aus Ländern mit archaischen Traditionen zu uns gekom­men, und wir müssen ganz klar feststellen: Diese kulturell bedingte Gewalt hat in Öster­reich nichts zu suchen!

Die körperlichen und psychischen Folgen sind enorm, und für manche Mädchen endet es gar tödlich: Sie verbluten, sie sterben an Infektionen. FGM findet auch in Österreich statt. Oder die Frauen reisen mit ihren Töchtern, mit ihren Familien in ihre Heimatländer genau zu diesem Zweck einfach einmal auf Urlaub. Wir müssen diese Gewalt an Frauen, die diese Familien weitergeben, durchbrechen! Wir wollen unser modernes Frauenbild nicht aufgeben, wir wollen keine Rückschritte.

Die traurige Lebensrealität von Frauen aus diesen Kulturkreisen ist wirklich so: Es be­ginnt mit dem Kopftuch, es geht weiter mit der Genitalverstümmelung und endet sehr oft in der Zwangsehe mit täglicher Gewalt – ich finde, das ist nicht zum Lächeln. Im schlimms­ten Falle lesen wir von einem Ehrenmord in der Zeitung – haben wir alle schon erlebt.

Übrigens gibt es auch in Österreich Zwangsverheiratungen. Für 2019 wurde deren Zahl auf mehr als 100 geschätzt. Aus Deutschland weiß man, dass dort im Jahr 2016 361 ver­heiratete Kinder – Kinder! – jünger als 14 Jahre waren.

Das Phänomen gibt es sicherlich – und da müssen die Alarmglocken schrillen – auch in Österreich, nur haben wir keine Statistik dazu. Eine entsprechende Datenerhebung ist auch bei uns in Österreich wichtig. Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erstellung einer Statistik über Kinderehen in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter schnellstmöglicher Setzung aller dafür notwendigen Schritte, eine detaillierte Statistik über in Österreich bestehende Ehen, bei denen beide Ehegatten minderjährig sind oder zumindest ein Ehegatte unter 16 Jahre alt ist, zu erstellen und diese dem Nationalrat zuzuleiten.“

*****

Ich ersuche um Ihrer aller Zustimmung! (Beifall bei der FPÖ.)

17.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ecker

und weiterer Abgeordneter

betreffend Erstellung einer Statistik über Kinderehen in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 27., Bericht des Aus­schusses für Menschenrechte über den Antrag 1260/A(E) der Abgeordneten Mag. Faika El-Nagashi, Dr. Gudrun Kugler, Petra Bayr, MA MLS, Dr. Susanne Fürst, Henrike Brand­stötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend weibliche Genitalverstümmelung – Stär­kung von Frauengesundheit und Frauenrechten (694 d.B.), in der 91. Sitzung des Natio­nalrates, XXVII. GP, am 25. März 2021.

Einen Schwerpunkt des vorliegenden Berichts des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag gemeinsamen Antrag aller Parlamentsparteien 1260/A(E) bildet der Stärkung von Frauengesundheit und insbesondere Frauenrechten. Letztere haben in Österreich einen deutlich höheren Stellenwert, als in vielen anderen Ländern, dennoch gilt es diese auch selbstkritisch zu evaluieren. Voraussetzung dafür, ist eine auf validen Daten beruhende Diskussionsgrundlage.

Kinderehen, also die Eheschließung eines Volljährigen mit mindestens einem/eine Min­derjährigen, sind in den meisten Ländern der Erde gesetzlich untersagt. Trotzdem gibt es zahlreiche derartige Eheverhältnisse. Meist werden diese aufgrund religiöser, kultu­reller oder sozialer Gründe geschlossen – in den wenigsten Fällen freiwillig. Laut einem Bericht von "Save the Children" haben weltweit rund 700 Millionen der heute lebenden Frauen vor ihrem 18. Geburtstag geheiratet.

In Österreich ist die Eheschließung an die Volljährigkeit der Ehepartner geknüpft. Er­wachsene dürfen ab 18 Jahren heiraten und in Ausnahmefällen ab 16, wenn ein Erzie­hungsberechtigter die Zustimmung erteilt. Kinderehen sind also in Österreich gesetzlich untersagt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass nicht auch Minderjährige (vorrangig unter 16 Jahren) in Österreich als Ehepaar zusammenleben. Die Zahl der, aufgrund eines im Ausland geschlossenen Eheverhältnisses, in Ehe lebenden Minder­jährigen in Österreich ist mangels entsprechenden Datenmaterials oder Statistiken ak­tuell nicht bekannt.

Im Vergleich dazu wurden in Deutschland Zahlen veröffentlicht: Mit Juli 2016 waren im deutschen Nachbarland 1.475 minderjährige Ausländerinnen als verheiratet registriert. 994 der Verheirateten waren zwischen 16 und 18 Jahre alt, 361 verheiratete Kinder jün­ger als 14 Jahre.

Eine im Ausland geschlossene Ehe ist in Österreich dann gültig, wenn sie nach der im jeweiligen Land üblichen und anerkannten Form geschlossen wurde. Allerdings ist die Anerkennung insofern eingeschränkt, als sie mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) unvereinbar ist. Laut Rechtsprechung des Obersten Ge­richtshofes ist dies jedenfalls dann der Fall, wenn die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwanges, der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht oder das Ver­bot der Ausbeutung der wirtschaftlichen und sozial schwächeren Partei dadurch berührt werden.

Um Kinderehen in Österreich wirksam zu bekämpfen und den Kindern die Rechte der Kinderrechtskonvention garantieren zu können, ist die Erfassung dieser Fälle ein wichtiger Schritt. Es gilt daher die Zahl der in Österreich in einem Eheverhältnis lebender Minderjähriger möglichst umfassend, allenfalls zumindest mittels statistischer Hochrech­nung, zu erfassen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter schnellstmöglicher Setzung aller dafür notwendigen Schritte, eine detaillierte Statistik über in Österreich bestehende Ehen, bei denen beide Ehegatten minderjährig sind oder zumindest ein Ehegatte unter 16 Jahre alt ist, zu erstellen und diese dem Nationalrat zuzuleiten.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Als Nächste ist Abgeordnete El-Nagashi zu Wort gemeldet. – Bitte.