Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich hätte eine Frage an Sie betreffend das Projekt Nord Stream 2, an dem ja auch die OMV beteiligt ist und wo wir als Republik, denke ich, schon ein gewisses Interesse haben, das erfolgreich zu Ende zu bringen. Mich würden die dahin gehenden Aktivitäten der österreichischen Bundesregierung brennend interessieren.

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 63/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Initiativen setzen Sie, um das Projekt Nord Stream 2, an dem die OMV beteiligt ist, zu einem erfolgreichen Ende zu bringen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sie haben ganz recht, das Projekt ist, glaube ich, ein sehr wesentliches auch zur Diversifizierung unserer Versorgungswege und für unsere Ver­sorgungssicherheit im Energiebereich in Europa. Es steht ja auch kurz vor dem Ab­schluss.

Wir sind mit allen Stakeholdern in Kontakt, aber mir ist auch wichtig, darauf hinzu­weisen – weil das in der öffentlichen Debatte manchmal vermischt wird –: Wir dürfen nicht Äpfel mit Birnen vermischen, das ist in Wirklichkeit ein privatwirtschaftliches Pro­jekt, das von Unternehmen getragen wird und das wir als solches unterstützen, so wie wir auch andere Unternehmensprojekte unterstützen.

Mir ist sehr wichtig, dass wir da eine klare Unterscheidung machen. Wir haben eine klare Kante gegenüber Russland, zum Beispiel Thema Alexei Nawalny, aber dessen unge­achtet gibt es andere Bereiche, in denen wir seit vielen Jahren und Jahrzehnten gut mit Russland zusammenarbeiten, insbesondere zum Beispiel im Energiesektor. Beides geht sich aus: Dialog, Zusammenarbeit, wo möglich – Kante, wo notwendig.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nachfrage? – Bitte sehr.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Wir sollten die Birnen weglassen und bei den Äpfeln bleiben, nämlich bei der Politik und der politischen Verantwortung und nicht bei den privatwirtschaftlichen Vorgängen.

Meine Frage geht in folgende Richtung: Die Vereinigten Staaten sehen dieses Projekt re­lativ, sagen wir, skeptisch. Es stehen ja auch gewisse Sanktionen im Raum bezie­hungsweise sind geplant und könnten eintreten. Meine Frage wäre, wie die österreichi­sche Bundesregierung versucht, auf die Vereinigten Staaten – ich weiß, das ist nicht so einfach, aber im Rahmen unserer Möglichkeiten – einzuwirken, dass hier wieder Ruhe einkehrt und die „Birnen“ ihre Geschäfte weitertreiben können, ohne staatlichen Inter­ventionismus.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Herr Abgeordneter, Sie haben vollkommen recht – das war auch Thema beim Besuch des US-amerikanischen Außenministers letzten August hier in Wien; damals war es noch Mike Pompeo –: Das ist eine offene Frage zwischen Europa oder den betroffenen europäischen Staaten und den Vereinigten Staaten.

Wir haben eine ganz klare Linie: Die extraterritoriale Wirkung von US-Sanktionen lehnen wir ab, das lehnen wir als Europäische Union ganz klar ab. Das ist seit Helms-Burton, seit den Kuba-Sanktionen eine ganz klare Linie der Europäischen Union. Unser Ansatz ist: Unter Partnern muss man den Dialog suchen, das ist unsere Erwartung, und das sind eigentlich auch die Signale, die wir aus Washington kriegen. Auch wir suchen natürlich das Gespräch dazu.

Es gibt da verschiedenste Ansätze, seien es weitere vertragliche Absicherungen für die Ukraine, die USA hat einen Abstellmechanismus in den Raum gestellt, also es gibt Methoden und Möglichkeiten, wie man da vielleicht gewisse politische Bedenken, die durchaus vorhanden sind, ausräumen kann, ohne das Projekt selber infrage zu stellen. Der springende Punkt ist Dialog und nicht extraterritoriale Sanktionen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Ragger. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Wir wissen, dass täglich circa 600 bis 700 Gasschiffe aus Amerika kommen, die ebenfalls die Versorgung von Europa sicherstellen. Sollten die Sanktions­mechanismen von Amerika weiterhin aufrechterhalten werden: Welche Maßnahmen planen Sie auf europäischer und auch auf internationaler Ebene im Sinne der inter­nationalen völkerrechtlichen Auseinandersetzung, welche reziproken Maßnahmen, die mit Sanktionsmechanismen für diese amerikanischen Schiffe verbunden sind, planen Sie zu setzen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Herr Abgeordneter, wir sind noch nicht so weit, dass wir sagen, wir wollen hier reziproke Maßnahmen setzen, also Sanktionen mit Gegensanktionen beantworten, sondern unser Ansatz ist: Wir haben eine neue US-Administration, die die Hand ausstreckt, die den Dialog sucht, das auch öffentlich klarmacht und einen ganz neuen Ton an den Tag legt. Und genau das wollen wir jetzt machen, und da nehmen wir sie auch beim Wort: Wir wollen da den Dialog suchen.

Wir glauben, dass das ein Projekt ist, das für die Versorgungssicherheit Europas we­sentlich ist. Es ändert ja auch nicht sozusagen die Gesamtfördermenge. Wir sind in weiten Bereichen Europas energiepolitisch noch auf unsere russischen Partner ange­wiesen. Das ist einfach ein Faktum. Da werden wir den Dialog suchen, und ich würde jetzt nicht gleich in die Sanktionslogik reingehen. Unser Ansinnen ist eben, auch die amerikanischen Freunde davon abzubringen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Kassegger stellt die 3. Anfrage. – Bitte.