11.23

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Katharina Rogenhofer, Stefan Weiß-Fanzlau, Kathrin Resinger, Stephanie Kunisch, Daniela Nikolasch, Susanne Stückler und Helmut Anka: Das sind die Namen der Proponenten in der ersten Reihe des Klimavolksbegehrens, die Gesichter, die für alle anderen stehen.

380 590 Menschen haben in der sehr herausfordernden Zeit während der Corona­pan­demie dieses Klimavolksbegehren unterschrieben. Wir haben Hunderte E-Mails bekom­men, und ich möchte mich an dieser Stelle entschuldigen: Wir konnten wirklich nicht mehr alle beantworten. Wir haben es zu Beginn versucht, und irgendwann ging es nicht mehr. Vielen, vielen Dank dafür.

Alle Glaubensorganisationen, zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer, Künstler und Prominente haben dieses Anliegen unterstützt. Es wurde breit mitgetragen – und ich muss zugeben: Zu Beginn, als die Initiative aus der Taufe gehoben wurde, war ich skeptisch, weil es im Grunde genommen eine parteipolitische Initiative war, die dann allerdings zu einer breiten Initiative wurde. Für mich war es deswegen so, weil ich glaube, dass es genau darum geht: Wir müssen diese Klimathematik in der Breite sehen, nicht mehr als parteipolitisches Instrument, sondern als gesamtgesellschaftliches Anliegen, dem sich alle breit anschließen können. Das ist mein Anliegen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es kam ein älterer Herr, ein sehr rüstiger Pensionist, Herr Meirhofer, auf mich zu und hat einen Termin im Café Central in Baden mit mir ausgemacht. Da haben wir einen Cap­puccino getrunken. Es hat mich extrem berührt, und das war dann der Punkt, an dem ich gemerkt habe: Da ist ein Jungpensionist, der wirklich ein Anliegen hat, der nun versucht, mir mit Leidenschaft zu erklären, warum das so wichtig ist. Da habe ich mich dann wirklich darauf eingelassen und gedacht, ich schaue mir das tiefer gehend an und beschäftige mich mit diesen Forderungen – und die Forderungen sind legitim.

Die letzten fünf Jahre waren die wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn. Um da noch etwas drehen zu können, müssen wir aktiv werden und langfristig auch die Verbrennung fossiler Rohstoffe durchdenken. Nur: Was können wir gegenwärtig tun? – Über drei Milliarden Menschen leben mit offenem Feuer, kochen auf offenem Feuer. Wir in Österreich haben die grünste Industrie der Welt und setzen schon viele Maßnahmen. Man muss sich fragen: Können wir das wirklich schaffen? – Ich glaube, ja, ich glaube, wir können es schaffen, ich bin davon überzeugt. Aber wie?

Dafür braucht es meiner Meinung nach drei Punkte. Das eine ist, Anreize zu schaffen statt Verbote auszusprechen. Diese Weltverbesserung mit dem Zeigefinger funktioniert nicht – wir sehen es gerade bei Corona. Die Leute wollen mitgenommen werden, wir müssen sie motivieren; wenn das Gegenteil passiert, dann leisten sie Widerstand.

Herr Kassegger, wenn ich Ihnen nun sage, Sie dürfen da draußen keine Leberkäse­semmel mehr essen, dann tun Sie das anderswo. Sie haben vorhin gesagt, Sie bringen sachliche Argumente. Sie haben mehrere Studien erwähnt, Sie sind immer sehr sach­lich. Ich weiß aber menschlich gesehen nicht, ob der Fanklub von fünf Herren, die da sitzen, die über 50 sind und die das vielleicht nicht mehr in der Form betrifft, das Richtige in so einer Thematik sein kann. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Wir brauchen zudem Genehmigungsverfahren (Abg. Kassegger: Das war diskriminie­rend, ...! Diskriminieren Sie Männer über 50?!) und alles muss schneller gehen, wir sind zu langsam. Ich glaube, CO2 senken heißt immer Arbeitsplätze schaffen. Sie haben gesagt, die Arbeitsplätze gehen verloren. – Nein: CO2 senken heißt Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen.

Zweitens brauchen wir Wahlfreiheit statt Verzicht und Einschränkungen. Der Mensch hat sich in den letzten 100 Jahren ein extrem klimafeindliches Verhalten angeeignet. Um das zu durchbrechen, braucht es einen Weg, auf den wir die Leute mitnehmen. Es geht nicht, radikal zu sagen: Das und das darfst du nicht mehr! Wir müssen sie auf die Reise mitnehmen und einladen – und da braucht es eine freudvolle Haltung.

Nun komme ich zu dir, Julia! Es braucht positive Zukunftsbilder. Ich glaube, es braucht nicht diese Weltuntergangsszenarien. Mir kommt das immer ein bisschen vor wie ein negatives, depressives Gewerkschaftsseminar der Siebziger; ich sehe da immer Lino­leumboden vor mir! Das ist nicht die Haltung, die wir brauchen. Wir brauchen die Haltung, dass wir das schaffen können! „Bob der Baumeister“ brauchen wir: Können wir das schaffen? – Ja, wir schaffen das gemeinsam! – Das brauchen wir. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich bin gerade im Moment unglaublich zuversichtlich angesichts dessen, was wir mit den Impfstoffen geschafft haben. Vor einem Jahr hat diese Krise begonnen, und die Mensch­heit hat es geschafft, über Kollaboration innerhalb eines Jahres einen Impfstoff zu entwickeln, den wir nun in der Breite verteilen können. Reden wir einmal nicht über Details! Alle anderen Seuchen haben ein Drittel der Weltbevölkerung hinweggerafft, doch wir haben es geschafft, und das ist die Brillanz der Menschheit. Ich glaube, das sollten wir einmal sehen: Wir können es gemeinsam schaffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu guter Letzt danke ich für diese konstruktiven Gespräche. Für mich war es ein Erlebnis. Danke, Lukas, für deine Sitzungsführung und für das Einladen der Experten. Danke vielmals, du hast das sehr souverän und großartig gemacht, und ich kann nur versichern: Für uns von der Volkspartei sind die Anliegen von fundamentaler Wichtigkeit. Die ÖVP steht in Verbindung mit der Wirtschaft und mit der Umwelt. Ja, die Wirtschaft ist mit uns in Verbindung – das ist der Geist der ökosozialen Marktwirtschaft, der schon vor Jahrzehnten geprägt worden ist, und wir sind ihm tief verbunden. Ich glaube, es darf auf Klimaanliegen kein Copyright geben, das ist in unserer DNA genauso wie in Ihrer. Wir müssen das zu unserem gemeinsamen Thema machen, sonst werden wir es nicht schaffen.

Heute ist Freitag – ein ganz spezieller, freudvoller, sonniger Friday for Future. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Kassegger zu Wort gemeldet. – Bitte.