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Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ich möchte im Rahmen dieser Diskussion ein bisschen grundsätzlicher über die unterschiedlichen Zugänge der politi­schen Parteien zu diesem Thema sprechen. Kollege Reimon hat gerade gesagt, wir müssen die Migration fördern, und es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass es Menschen ermöglicht wird, aus Armut und Not nach Europa zu kommen, wenn sie den Wunsch haben. Das ist natürlich nicht unsere Meinung, aber es ist eine Meinung im politischen Spektrum, das ist die Meinung der Grünen. Die NEOS und auch die SPÖ vertreten eine ähnliche Meinung.

Die ÖVP – ich habe Abgeordnetem Gödl und Ihnen, Herr Minister, genau zugehört – zeigt hier immer den harten Kurs auf. Bei Ihnen habe ich nur gehört: Es besteht die Bereitschaft, es gibt Sicherheitsnetze, dann haben Sie natürlich in einer harten Diktion das Schlepperunwesen kritisiert. Das sind Ihre Worte. Sie sprechen von Initiativen, es wird etwas vorangetrieben, et cetera. Kollege Gödl sagt: Ja, die Integration ist eine große Herausforderung. Herr Minister Faßmann löst die Integrationsherausforderung so, dass er Eltern von Migranten gratis Dolmetscher zur Verfügung stellt. Ich weiß nicht – das ist nun nicht gerade eine gute Lösung der ÖVP, da wiedersprechen sie sich ein bisschen. Die ÖVP spielt sozusagen – und ich sage bewusst: spielt, weil Sie das mit Ihrem Abstimmungsverhalten im Rahmen des EU-Migrationspaktes werden beweisen müssen. Dieser sieht ja einige Dinge vor, die wir Freiheitliche so nicht haben wollen, und es ist unser gutes Recht, das im Rahmen eines demokratischen Pluralismus auch zum Aus­druck zu bringen.

Warum wollen wir bestimmte Dinge nicht haben? – Wir wollen erstens nicht, dass diese Kompetenz auf die Ebene der Europäischen Union geht. Es ist auch ein Ziel dieses Migrationspaktes, sozusagen die EU bestimmen zu lassen: Die Länder sind nicht in der Lage, das zu lösen, wir ziehen die Kompetenz an uns. Ähnlich war es in der Energie­politik. Das ist ja der springende Punkt im Rahmen der Europäischen Union: Welche Kompetenzen sind in der EU, welche sind gemischt – da haben wir dann das Subsi­diaritätsprinzip – und welche verbleiben bei den Nationalstaaten?

Da krallt sich die EU sozusagen diese Kompetenz – eine EU, die ja 2015 im Rahmen der Krise glänzend bewiesen hat, dass sie in dieser Frage ein Totalversager ist. Da hat ja nichts von dem, worüber Sie hier diskutieren, was Sie hier vorantreiben wollen und Ähnliches, funktioniert – weder der Schutz der Außengrenzen noch die Balkanroute noch das Thema Mittelmeer. Dort kommt es zu menschlichen Tragödien, weil wir falsche Signale setzen – und das ist ein Wahnsinn. Wir sagen der Welt: Wir retten euch, indem wir euch bei uns in Europa aufnehmen. Das ist auch der Tenor dieses vorliegenden Migrationspaktes: Wir helfen euch. Wir brauchen Migration, wir wollen sie nur besser managen.

Das Managen besteht darin, dass Länder im Rahmen des Solidaritätsmechanismus sozusagen einfach zwangsbeglückt werden. Es ist völlig egal. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lausch: ... gescheite Rede! Eine gescheite Rede ...!) Zudem ist es eine eigenartige Interpretation des Begriffes Solidarität, wenn man von oben etwas befiehlt, und der­jenige, der diesen Befehl nicht durchführt, auf einmal als unsolidarisch gilt. Ich glaube, Solidarität ist etwas anderes.

Es sind auch einige Punkte enthalten, die wir einfach so nicht haben wollen, weil wir der Überzeugung sind, dass sie nichts zur Lösung des Problems beitragen, sondern das Problem sogar noch verschärfen, zulasten derer, denen falsche Hoffnungen gemacht werden. Man spielt da mit Menschen, denen man falsche Hoffnungen macht, mit denen man ein Geschäft macht, denen man ein paar Tausend Dollar oder Euro abnimmt und sie dann irgendwo in Moria ihrem Schicksal überlässt. Das ist ja nicht in Ordnung. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Europäische Union sendet da falsche Signale aus, nämlich: Wir differenzieren nicht mehr zwischen Asyl und Migration, das ist egal. Selbst wenn ihr individuell keinen Asylgrund erfüllt, gibt es trotzdem die Chance, nach Europa zu kommen. Wir sind auch nicht so genau, wenn es um die Familiendefinition geht. In diesem Migrationspakt steht drin: Wenn man sich sozusagen auf der Reise nach Europa kennenlernt und sich zur Familie deklariert, dann ist man eine Familie, und das impliziert ja natürlich einen erhöhten Schutz – inklusive Familienzusammenführungen, die auch extensiver ermög­licht werden sollen. Macht euch keine Sorgen wegen dieser Rückkehrabkommen – der Herr Innenminister redet zwar davon, dass wir diese Rückkehrabkommen pushen, aber wir wissen doch alle, dass sie nicht funktionieren. Der einfachste Weg, sie zu umgehen, ist, die Ausweispapiere zu verlieren, somit ist nicht mehr feststellbar, aus welchem Land man kommt. Wohin wollen Sie dann rückführen, wenn Sie nicht wissen, aus welchem Land jemand kommt? Das führt im Ergebnis dazu, dass von den abgelehnten Asyl­werbern sieben von zehn im Land verbleiben. Das hat der Herr Außenminister im Ausschuss gesagt und heute noch einmal bestätigt.

Auch die Seenotrettung ist ein Riesenthema: Da spielen sich im Mittelmeer Dramen ab, das ist bedauerlich – mehr als bedauerlich, das ist ein Wahnsinn. Wir senden aber falsche Signale, wenn wir sagen: Kommt, dann retten wir euch! Ein Punkt steht über­haupt nicht in dem Kapitel Seenotrettung, nämlich jener: Wo sollen jene, die gerettet wurden, wieder an Land gebracht werden? Na ja, selbstverständlich dort, wo sie herkom­men. – Nein, das Gegenteil ist der Fall, sie werden in Italien oder sonst wo an Land gebracht.

Das sind alles Punkte, die wir nicht haben wollen, weil sie Europa belasten beziehungs­weise weil wir mit den derzeitigen Problemstellungen schon nicht zurande kommen und diese noch verschärft werden. Es dient auch den Menschen nicht, sie sozusagen in Probleme hineinzudodeln und zu sagen: So, und nun lösen wir das Problem. Das sagen wir ja nur – wir lösen es eben nicht, da gibt es ja riesige Probleme.

Das wollen wir nicht, und wir werden uns die Rolle der ÖVP ganz genau anschauen – die ist für uns Freiheitliche interessant. Wie gesagt, den Zugang der Grünen, der NEOS und der SPÖ kennen wir, das ist in Ordnung. Der Zugang der ÖVP ist, da eine harte Linie zu verfolgen, und das müssen Sie uns im Rahmen des Migrationspaktes beweisen. (Beifall bei der FPÖ.)

All diese Punkte, die ich hier eben beschrieben habe, sind für uns Freiheitliche ein Riesenproblem – das wollen wir nicht und dem würden wir auch niemals zustimmen. Ich traue mich fast eine Wette abzuschließen: Für Kollegen Gödl oder den Herrn Minister ist das hier beim Reden möglicherweise ein Problem – in Brüssel stimmen Sie dem allem zu, und zwar jedem Punkt, 1, 2, 3, 4, 5, 6. Sie haben dem auch im EU-Hauptausschuss schon zugestimmt und gesagt, das werden wir schon machen. Ich bin sehr gespannt auf die Verhandlungen, die da in Brüssel stattfinden.

Meines Erachtens bewegt sich die ÖVP auch in der Migrationspolitik auf der komplett sel­ben Linie wie die NEOS, die Grünen und die SPÖ. Das ist auch in Ordnung, nur müssen Sie es sagen und zugeben und nicht hier den Harten spielen und dann in Brüssel genau das Ge­gen­­teil davon machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Gute Rede, Axel!)

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