16.02

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es ist der Bevölkerung eigentlich schnuppe, ob das Finanzministerium oder das Gesundheitsministerium die Geschichte vermasselt hat. Der wahre Skandal ist, dass wir Impfstoffe, die wir haben könnten und haben müssten, nicht haben. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Kollege Schallmeiner ist ja in der misslichen Lage, immer das schönreden zu müssen, was die Regierung, insbesondere das Gesundheitsministerium, vereiert. Er sagt, ja, es sind 31 Millionen Impfdosen bestellt, aber die Frage ist ja, wann das Zeug kommt – denn das, was 2022 kommt, interessiert doch niemanden. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Der Punkt ist: Durch das Herumgeeiere der Bundesregierung – egal welches Ministe­riums – kommen im zweiten Quartal 750 000 Impfdosen von Johnson & Johnson nicht, die hätten kommen können und die hätten kommen müssen. (Beifall bei den NEOS.)

Diese 750 000 Impfdosen hätten – der Impfstoff von Johnson & Johnson wird einmal verimpft – für 750 000 Personen gereicht, das ist ein Zehntel der impfbaren Bevölke­rung, und diese 750 000 Impfdosen hätten 10,4 Millionen Euro gekostet. Also dass es offensichtlich daran gescheitert ist – es ist mir wurscht, wegen welchen Ministers, es ist wegen 10,4 Millionen Euro gescheitert. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Kollege Hanger regt sich schon auf und wärmt sich für seine Rede auf wie Manni Pranger im Starthäusl, aber der Punkt ist doch der: Die Regierung kommt immer zur Opposition und sagt: Wir hätten gerne einen Schulterschluss!, aber die Regierung hat ja nicht einmal in den eigenen Reihen eine gemeinsame Linie und zieht nicht an einem Strang. Man sieht ja an den Protokollen, die in dieser Dringlichen Anfrage veröffentlicht sind, dass die Ministerien gegeneinander und nicht miteinander arbeiten. Wir wissen aus der Beant­wortung der Dringlichen Anfrage durch Ministers Anschober von Mittwoch auch, dass Sektionschef Auer nicht den Auftrag hatte – nicht den Auftrag hatte! –, immer ein Maximum zu kaufen. (Beifall bei den NEOS.)

Zu Hause, und da müssen Sie nur in Ihren Wahlkreisen fragen – eigentlich müssen Sie nicht einmal in die Wahlkreise, Sie müssen nur Ihre Verwandten fragen –, warten die Menschen auf Impftermine. Da sind alte Menschen dabei. Ich meine, die Stadt Wien hat letzte Woche ein E-Mail verschickt und sich dafür gerühmt, dass sie „bereits“ 55 Prozent der über 90-Jährigen geimpft hat – „bereits“, nach drei Monaten! Da geht nichts weiter! Die Menschen sitzen zu Hause, nicht nur die alten, auch die schwer kranken.

Vielleicht haben Sie gestern auf ORF III das Kabarett von Thomas Maurer gesehen, dessen Vater – schwer COPD-krank und übergewichtig, ein klassischer Risikopatient – verstorben ist, weil er eben nicht geimpft wurde, weil alle möglichen Bürgermeister zuerst dran waren und eben nicht die Risikopatienten, weil das Impfen nicht funktioniert, auch wenn Sie es noch so sehr schönreden! (Abg. Stocker: Herr Kollege, wir sind unter den top zehn europaweit!)

Was hat die Regierung gemacht? – Sie hat sich selbst vermarktet. Sie hat geschaut, dass es einen schönen Auftritt gibt. Am 27. Dezember hat der Gesundheitsminister von einem Probeimpfen gesprochen und damit noch mehr Unsicherheit in die Geschichte gebracht, aber wirklich etwas weitergebracht hat die Regierung nicht. Es wüssten alle: Der einzige Weg, rasch in eine Normalität zu kommen, ist das Impfen. Eigentlich müsste der Finanzminister sagen: Diese Lockdowns sind so teuer, mir entgeht so viel Steuer­geld! Anschober, schau, wo du das Impfzeug herkriegst, koste es, was es wolle! – Das wäre die Ansage gewesen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn eine Woche Lockdown 2 Milliarden Euro kostet und für den Impfstoff 200 Millionen Euro zur Seite gelegt worden sind, dann sieht man, dass dem Finanzminister wieder etwas mit den Nullen passiert sein dürfte (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ), denn da fehlt eine. Man hat manchmal als Bürger und Zuschauer auch den Eindruck, diese vielen Lockdowns sind Ihnen gar nicht so unrecht, denn da kann man nachher Hilfen und Förderungen ausschütten (Abg. Stocker: Das ist aber sehr billig!), und Kollege Stocker kann herauskommen und sagen: Wir helfen eh so viel! (Abg. Haubner: Das ist sehr tief! – Ruf bei der ÖVP: Unglaublich!), und man bringt die Menschen in Abhängig­keiten vom Staat (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine schwere Unterstellung!), und die müssen dann dankbar sein, dass ihnen von der großzügigen ÖVP und von der großzügigen Wirtschaftskammer so viel geholfen wird.

Wenn man bei den Richtigen ist, dann gilt: „Koste es, was es wolle“. Für die AUA, die nicht einmal Österreich gehört, ist – „Koste es, was es wolle“ – sofort das Geld da. Denen werfen wir es nach – und jetzt kündigen sie doch mehr Mitarbeiter, als eigentlich avisiert war.

Wenn es um die richtige Klientel geht, zum Beispiel um die Ärzteschaft, dann ist das Geld auch da. Wenn ein Arzt in seiner Arztpraxis impft, kriegt er pro Impfling 45 Euro. Wenn ich das auf die impfbare Bevölkerung aufrechne, dann sind wir deutlich über 300 Millionen Euro – nur an Ärztehonorar fürs Impfen, ohne die Impfung selbst! Dort spielt dann das Geld keine Rolle, denn da sind wir wieder bei der richtigen Klientel, da haben wir die Richtigen versorgt – gell, Herr Dr. Smolle und Herr Dr. Saxinger? –, da spielt Geld keine Rolle. Warum dann einen Deckel beim Impfstoff? – Ich weiß es nicht. (Ruf bei der ÖVP: Das ist der NEOS unwürdig! Unwürdig der NEOS! – Unruhe im Saal.) – Ich höre, da drüben (in Richtung ÖVP weisend) geht es zu – das können die Fernsehzuschauer nicht hören –, da ist eine Unruhe. Man merkt, dass die ÖVPler lange nicht auf einem Fußballmatch gewesen sind. Da ist ein bisschen Nervosität zu spüren.

Das nächste Drama (Zwischenrufe bei der ÖVP) – geh, könnt ihr euch dann wieder in den Rapid-Sektor schleichen? (neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP) – ist die Impf­logistik, die auf uns zukommt. Kollege Schallmeiner hat gesagt, wir müssen die Ge­schwindigkeit verdoppeln; aber das funktioniert nicht. Mir hat kürzlich ein Arzt erzählt, er kriegt in der Woche sieben Impfdosen. Na wie soll das funktionieren, wenn er so wenig kriegt? Auch wenn er das verdoppelt und 14 Impfdosen pro Woche kriegt, führt das nirgendwo hin, und wir werden 2024 noch nicht mit dem Impfen fertig sein.

Ich sage Ihnen etwas: Wenn die Regierung bis zum Sommer, sagen wir, zwei Drittel der Menschen geimpft haben will, wenn das das Ziel ist, dann müssen bis Juni am Tag ungefähr 50 000 Erstimpfungen – nur Erstimpfungen! – verabreicht werden. Das schaf­fen Sie nicht. Warum nicht? – Weil wir einen Gesundheitsminister haben, der sagt: Das machen die Länder, das geht mich alles nichts an! – Um die Impflogistik hat sich keiner in dieser Bundesregierung auch nur eine Sekunde Gedanken gemacht. Die Kugel ist zu den Ländern geschubst worden, und das erst im Dezember, und das kann nicht funk­tionieren. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben einen Bundeskanzler, der erklärt hat, dass Impfen Chefsache ist. Der Herr Finanzminister hat vorhin eine deutsche Zeitung zitiert. Ich möchte auch eine deutsche Zeitung zitieren, nämlich die „Süddeutsche Zeitung“. Die hat gestern unter der Über­schrift „Das Staatsmännlein“ über Kurz Folgendes geschrieben: Das, was Kurz aufführt, ist – wörtlich – „nur peinlich“. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sollte vielleicht auch einmal gelesen werden, aber natürlich: Ausländische Zeitungen lesen Sie nicht so gern (Zwischenruf des Abg. Deimek), am liebsten „Kronen Zeitung“ und „Kurier“, denn dort lesen Sie das, was Sie gerne lesen.

Dann haben wir einen Finanzminister, der sagt, koste es, was es wolle, bei allem, nur beim Impfen nicht! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ein schwacher Auftritt!)

16.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Keck. – Bitte.